D
ie Deutschen bezahlen Mercedes und fahren Golf – so wird in letz- ter Zeit öfter die These umschrie- ben, dass Ausgaben und Leistungen im Gesundheitswesen deutlich auseinan- der klaffen. Doch nicht nur die Effizi- enz der Ausgaben ist umstritten. „Wer bezahlt was, und wo wird was produ- ziert – bislang konnte das Statistische Bundesamt hierauf keine befriedigende Antwort geben“, sagte dessen Präsi- dent Johann Hahlen in der vergange- nen Woche in Berlin. Das soll sich än- dern: „Mit der neuen Gesundheitsaus- gabenrechnung liegt aussagekräftigesDatenmaterial vor, das die gesellschaft- lichen und politischen Anforderungen an ein modernes Rechensystem er- füllt.“
Das Konzept orientiert sich an der volkswirtschaftlichen Gesamtrech- nung. So wurden die Leistungsarten neu gefasst. Was sich langweilig anhört, ist sinnvoll. Früher gab es beispielswei- se nur grobe Kategorien wie „stationäre Behandlung“. Nun lassen sich deren
einzelne Bestandteile auch direkt ab- fragen, also stationäre ärztliche Lei- stungen, pflegerische Leistungen, Un- terkunft und Verpflegung, Arzneimittel und anderes. Außerdem unterscheiden die Statistiker jetzt nach verschiede- nen „Einrichtungen“, also Arztpraxen, Krankenhäusern und so weiter.
Die aktuellen Unterteilungen orien- tieren sich an internationalen Erforder- nissen. Das ist nützlich, wenn man die Gesundheitsausgaben verschiedener Länder vergleichen möchte, ohne allzu viele Abstriche machen zu müssen.
„Die Neuerungen ermöglichen sehr viel
genauere Analysen“, betonte Hahlen.
Ein weiterer positiver Effekt: Von 2002 an soll es nur noch etwa ein Jahr dau- ern, bis die Daten eines Berichtsjahrs vorliegen.
In der vergangenen Woche konnte der Präsident des Statistischen Bundes- amtes allerdings erst auf die Ergebnisse der Statistik für 1998 verweisen. Da- mals wurden in Deutschland 412,7 Mil- liarden DM für Gesundheitsleistungen
aufgewendet, mehr als die Hälfte davon (56,1 Prozent) von der GKV. Die Aus- gaben waren damit dreimal so hoch wie der Inlandsumsatz (ohne Mehrwert- steuer) der deutschen Automobilindu- strie. Im Gesundheitswesen waren al- lerdings mehr als viermal so viele Men- schen beschäftigt wie in der Automobil- industrie.
Am meisten Geld für „Waren“
Insgesamt entsprachen die Ausgaben 10,9 Prozent des Bruttoinlandspro- dukts. Ob das viel oder wenig ist, ist An- sichtssache. Einen gewissen Anhalts- punkt vermittelt der internationale Ver- gleich. So lagen die Gesundheitsausga- ben je Einwohner 1998 in den USA bei 4 040 Euro, in der Schweiz bei 2 770, in Deutschland bei 2 370, in Frankreich bei 2 100, in den Niederlanden bei 1 930, in Japan bei 1 860, in Italien bei 1 690 und in Großbritannien bei 1 680 Euro.
Das meiste Geld wurde 1998 für
„Waren“ ausgegeben (Grafik). Dar- unter werden Arzneimittel, Hilfsmit- tel, Zahnersatz und Implantate, Blut- produkte und medizinischer Bedarf zu- sammengefasst. Erst an zweiter Stelle folgen ärztliche, dann pflegerische und therapeutische Leistungen. Fasst man die Ausgaben im ambulanten Bereich (Arztpraxen, Apotheken, anderes) zu- sammen, belaufen sie sich auf 186,7 Milliarden DM (45,2 Prozent der Ge- sundheitsausgaben). In Krankenhäu- sern und sonstigen (teil-)stationären Einrichtungen summierten sie sich 1998 auf 157,9 Milliarden DM (38,2 Pro- zent).
Wer mehr wissen möchte, findet aus- führliche Daten des Statistischen Bun- desamtes zum Gesundheitswesen unter www.gbe-bund.de. Sabine Rieser P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 8½½½½23. Februar 2001 AA437
Gesundheitsausgaben in Deutschland
Der Weg des Geldes
Die Datenlage im Gesundheitswesen gilt als schlecht. Das Statistische Bundesamt will nun zur Verbesserung beitragen.
Grafik
Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten 1998 in Mrd. DM
Quelle: Statistisches Bundesamt
Prävention/Gesundheitsschutz (17,3)
Ärztliche Leistungen (106,7)
Pflegerische und therapeutische Leistungen (88,1)
Leistungen zum Ausgleich krankheitsbedingter Folgen (13,1) Unterkunft und Verpflegung (29,0)
Waren (107,5) Transporte (6,2)
Verwaltungsleistungen (21,5)
Forschung/Ausbildung (8,0)
nicht aufteilbare Ausgaben (Investitionen etc.) (15,1) Insgesamt 412,7
107,5 6,221,5
15,117,3 8,0
106,7
29,0 88,1 13,1 Die neuen Kategorien
sind noch ungewohnt.
„Waren“ ist der Sam- melbegriff für Arznei- mittel, Hilfsmittel, Zahnersatz und Im- plantate, Blutprodukte sowie medizinischen Bedarf. „Ärztliche Lei- stungen“ sind ärztliche Grundleistungen, Son- der-, Labor- und strah- lendiagnostische Lei- stungen. In „For- schung/Ausbildung“
sind derzeit lediglich Ausgaben der öffentli- chen Haushalte für Ge- sundheitsforschung und -ausbildung ent- halten.