Brechmitteleinsatz
Kammer fordert Verzicht
Keine Beteiligung von Ärzten an gewaltsamer Beweissicherung
D
ie Kammerversammlung der Ärztekammer Ham- burg hat sich Ende April er- neut dagegen ausgesprochen, mutmaßlichen Drogendealern gewaltsam Brechmittel zu ver- abreichen. Sie lehnt auch die indirekte Beteiligung von Ärz- ten an solchen Maßnahmen ab.Hintergrund für den Be- schluss sind Klagen von Ärz- ten aus dem Institut für An- ästhesiologie am Universitäts- klinikum Hamburg-Eppen- dorf. Sie waren nach dem Tod eines Kameruners im Dezem- ber von der Klinikleitung per Dienstanweisung verpflichtet worden, sich in einem Neben- raum des Instituts für Rechts- medizin bereitzuhalten, wenn dort einem mutmaßlichen Dealer mithilfe einer Nasen- sonde gewaltsam Brechmittel verabreicht werden. Nach An-
sicht der Antragsteller wird auf diese Weise ein Rechts- konstrukt geschaffen, das den Einsatz der Anästhesisten als nicht ablehnbare Hilfeleistung, nicht aber als Beteiligung an unärztlicher Gewaltanwen- dung erscheinen lässt.
Eine eindeutige Lösung des ethischen Konflikts sei nur der grundsätzliche Ver- zicht auf den gewaltsamen Ein- satz von Brechmitteln, heißt es in dem Beschluss der Kam-
merversammlung. „Die Ärz- tekammer fordert die Verant- wortlichen auf, diesen Stand- punkt zu respektieren.“
Frankreich
Krise in der Ärztekammer
Gesundheitspolitische Auseinandersetzungen führen zu Rücktritten.
D
er Präsident, der Hauptgeschäftsführer und weitere Mandatsträger der französischen Ärztekammer haben am 23. Mai geschlossen ihren Rücktritt erklärt. Neuwahlen sind für den 13. Juni angesetzt. Die Krise wurde ausgelöst durch die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit dem Ge- sundheitsministerium und den Krankenkassen. Dabei ging es um den nächtlichen Bereitschaftsdienst und den Einsatz an Wochenenden. Vor dem Hintergrund der seit Monaten andauernden Streiks der Allgemeinärzte für höhere Ho- norare führte dies dazu, dass zwei Drittel der Mitglieder des Conseil National ihrer Führung das Misstrauen ausspra- chen. Ein Vermittlungsversuch ist inzwischen gescheitert.Der zurückgetretene Generalsekretär Dr. Pierre Haehnel er- klärte: „Wir haben viel zur Realisierung der Gesundheitsre- form unternommen, unsere Meinung war gefragt, aber schließlich hat man uns zu den Sündenböcken gemacht.“
A K T U E L L
A
A1468 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 22½½½½31. Mai 2002
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ie Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkas- se und des BKK-Landes- verbands Bayern, Professor Dr. Norbert Klusen und Ger- hard Schulte, warnen in ei- ner gemeinsamen Stellung- nahme vor unüberlegtem Aktionismus bei der Umset- zung des vom Koordinie- rungsausschuss vorgeschlage- nen Disease-Management- Programms (DMP) zur besse- ren Versorgung von Diabetes mellitus Typ 2 und der noch folgenden Versorgungspro- gramme. Sie kritisieren die„illusorisch kurzen Zeitplä- ne“ für die Einführung der Programme und plädieren dafür, zunächst die Erfahrun- gen aus Modellvorhaben und Strukturverträgen zur Behand- lung chronischer Erkrankun-
gen auszuwerten. Nach An- sicht von Schulte wird der administrative Aufwand der Programme und das erheb- liche Manipulationspotenzial unterschätzt. Es sei seriös nicht möglich, Patienten in- nerhalb weniger Monate ent- sprechend ihren möglichen chronischen Krankheiten zu klassifizieren und für die Ein- schreibung in die jeweiligen Programme zu motivieren.
Als einen Kardinalfehler be- zeichnen Klusen und Schulte die Verknüpfung der Versor- gungsprogramme mit dem Risikostrukturausgleich. Die Techniker Krankenkasse geht davon aus, dass die DMP-Um- setzung kassenartenübergrei- fend Beitragssatzsteigerungen von bis zu 0,3 Prozentpunkten nach sich ziehen wird.
Einem Kameruner wurde zwangsweise Ipecacuanha verabreicht. Er starb.
Disease Management
Kassen warnen vor Aktionismus
Kritisiert werden enge Zeitvorgaben für Einführung der Disease-Management-Programme.
Behinderte Kinder
Merkblatt mit Steuertipps
Broschüre erstmals auch im Internet abrufbar
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er Bundesverband für Körper- und Mehrfachbe- hinderte hat sein Steuer- merkblatt für Eltern mit behinderten Kindern ak- tualisiert. Es soll betroffe- nen Familien helfen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Das Merkblatt gibt zudem Hinweise auf Gesetzesänderungen für den Veranlagungszeitraum 2002.Eltern mit behinderten Kindern, Familien mit be- hinderten Angehörigen, aber auch berufstätige Er- wachsene mit einer Behinde- rung können zahlreiche Ver- günstigungen bei der Lohn-
und Einkommensteuer gel- tend machen. Die Broschüre folgt dem Aufbau der Formu- lare für den Lohnsteuerjah- resausgleich und die Einkom- mensteuererklärung.
Das Merkblatt ist im In- ternet unter www.bvkm.de abrufbar. Die Druckversion kann beim Bundesverband für Körper- und Mehrfachbe- hinderte, Brehmstraße 5–7,
40239 Düsseldorf, bestellt wer- den. Ein frankierter Rückum- schlag sollte beiliegen.
Eltern behinderter Kinder erhalten Steuervergünstigungen. Foto: epd
Foto:dpa