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Wolfgang Voigt (1911-1982)

Von Ernst Hammerschmidt, Hamburg

Am 30. August 1982 ist Leitender Bibliotheksdirektor i.R. Dr. Dr.

h.c. Wolfgang Voigt im Alter von 71 Jahren zu Berlin verstorben.

Wolfgang Voigt wurde am 17. Juli 1911 in Friedenau (das erst seit

1920 zu Berlin gehört), Kreis Teltow, geboren'. Von 1931 bis 1935 stu¬

dierte er an der Umversität Berlin Orientalistik, und zwar die Fächer

Indologie (bei Heinrich Lüders und Bernhard Breloer) und Ira¬

nistik (bei Hans Heinrich Schaeder), sowie Theologie (bei Alfred

Bertholet, Adolf Deissmann, Leonhard Fendt, Hans Lietz¬

mann, Erich Seeberg und Ernst Sellin), — von 1935 bis 1936 an

der Universität Marburg Orientalistik (Indologie und Tibetologie) bei

Johannes Nobel und Friedrich Heiler sowie Theologie (vor allem

bei Rudolf Bultmann und Hans von Soden). Am 7. November

1936 (Datum der Urkunde) wurde er an der Umversität Marburg mit

der Arbeit Die Wertung des Tieres in der zarathustrischen Religion (im

Druck erschienen: München 1937) zum Doktor der Philosophie promo¬

viert (Hauptfach: Indologie, Nebenfächer: Religionswissenschaft und

Philosophie) ; die Prädikate der Dissertation und der mündlichen Prü¬

fungen lauteten: sehr gut. Im Jahre 1937 legte er vor dem Konsistorium

der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg das Erste theolo¬

gische Examen ab.

Vom 1. Oktober 1936 bis 30. September 1938 war er als Wissen¬

schaftlicher Assistent am Orient-Institut der Universität Berlin tätig.

Am 1. Oktober 1938 trat er als Bibliotheksreferendar in die Uruversi-

tätsbibliothek Berlin ein und ging am 1. Oktober 1939, d.h. zu Beginn

seines zweiten Ausbildungsjahres, an die Preußische Staatsbibliothek über. Schon vor dieser Zeit hatte er sich auf orientalistisch-bibliotheka¬

rischem Gebiet bewährt gehabt: In mühevoller Kleinarbeit hatte er den

Nachlaß des Iranisten und Indologen Karl Friedrich Geldner (der

in Marburg aufbewahrt wird) geordnet. Nach der bibliothekarischen

Fachprüfung für den höheren (damals: wissenschaftlichen) Bibliotheks-

' Vgl. auch meinen biographischen Abriß in der Wolfgang Voigt gewidme¬

ten Festschrift (vgl. u. Anm. 10) S. V-VlI.

1 ZDMG I3S/I

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dienst am 4. Juni 1940 wurde er am 1. Oktober 1940 zum außerplanmä¬

ßigen und am 1. Juni 1941 zum planmäßigen Bibliothekar ernannt.

Bereits 1940 war er aber zum Militärdienst einberufen worden, wurde

im Krieg schwer verwundet und kehrte erst nach Kriegsende als zu 100

Prozent Kriegsbeschädigter zurück. Bis November 1947 war er infolge

seiner Kriegsverletzungen arbeitsunfähig; der amtliche Prozentsatz sei¬

ner Kriegsbeschädigung konnte durch die Behandlung in verschiedenen

Lazaretten und Krankenhäusern von zunächst 100 auf 75 und dann auf

den späteren Stand von 50 Prozent reduziert werden. Seine Leistung in

den kommenden Jahrzehnten muß auch auf diesem Hintergrund gese¬

hen werden.

Am 1. Dezember 1947 nahm er in Marburg als Wissenschaftlicher

Angestellter seine Arbeit an der Hessischen Bibliothek (später: West¬

deutsche Bibliothek), die 1946 aus den in die westdeutschen Besat¬

zungszonen ausgelagerten Beständen der Preußischen Staatsbibliothek

gebildet worden war, wieder auf

Im Marburg gehörte Wolfgang Voigt „zu jenen Männern der ersten

Stunde, die aus einem Bücherhaufen von 1,7 Millionen Bänden und den

umfangreichen Sondersammlungen an Handschriften, Karten und

Autographen wieder eine gebrauchsfähige Bibliothek zu machen hat¬

ten. . . . Damals waren geistige Beweglichkeit, Organisationstalent und

Entscheidungsfreude besonders gefragt, alles Eigenschaften, die Wolf¬

gang Voigt in hohem Maß besaß" ^ In jener Zeit mußten die Bestände

der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek aus Bergwerken gebor¬

gen und in Notunterkünften aufgestellt werden. Wolfgang Voigt hat

dabei nicht nur selbst mit Hand angelegt, sondern durch sein Verhand¬

lungsgeschick auch entscheidende Zugeständrüsse der damaligen

Besatzungsmacht erreicht. Außerdem hat er sich von Anfang an inten¬

siv um Verbindungen und Kontakte zu den entsprechenden ostdeut¬

schen Institutionen bemüht, um den wissenschaftlichen, kulturellen

und menschlichen Zusammenhalt, auch im Bereich der Orientalistik, zu

wahren und auszubauen.

Nach seiner Ernennung zum Bibliotheksrat am 1. Oktober 1949

wurde er zum Leiter der Benutzungsabteilung und der „Orientalischen

Sammlung" (wie die heutige Orientabteilung damals hieß) bestellt: Ihre

beiden Komponenten, die orientalischen Handschriften und die weltbe¬

rühmte Handbibliothek des Orientalischen Lesesaales der ehemaligen

Preußischen Staatsbibliothek, hatten den Krieg weitgehend unversehrt

^ Ekkehart Vesper: Wolfgang Voigt 1911-1982. In: Zeitschrift für Biblio¬

thekswesen und Bibliographie 29 (1982), 535.

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Wolfgang Voigt (1911-1982) 3

überstanden, — ihnen galt nun das Hauptinteresse von Wolfgang

Voigt (die Leitung der Benutzungsabteilung konnte er später in andere

Hände legen).

Die organisatorischen Bedingungen der Anfangszeit waren allerdings

bescheiden: Die Orientabteilung war aus budgetären Gründen Jahre

hindurch ein Ein-Mann-Betrieb. Wolfgang Voigt hat es verstanden,

die Abteilung schrittweise aus- und aufzubauen, internationale Kontake

zu schaffen und zu pflegen und den Handschriftenbestand durch den

Erwerb wertvoller Sammlungen zu erweitern; nur drei Beispiele seien

genannt: die Nachi-Handschriften, die die Staatsbibliothek aus den

Sammlungen des aus Österreich stammenden und 1962 in Honolulu

(Hawaii) verstorbenen Joseph Francis Rock erwerben konnte und

die nach dem Tod von Rock durch Klaus Ludwig Janert (Köln)

bearbeitet werden, die Bereicherung des Altbestandes an mongoli¬

schen, kalmückischen und burjatischen Handschriften und Blockdmk-

ken durch den Einsatz von Walther Heissig (Bonn) und schließlich

eine Gruppe islamischer, vor allem türkischer Handschriften, die Karl

Süssheim (1878-1947) „mit wissenschaftlichem Spürsinn erworben

und trotz immer bedrängterer Lebensumstände unter Opfern zusam¬

mengehalten" hattet Es ist Wolfgang Voigt zu verdanken, daß die

Berliner orientalischen Handschriften heute zu den bedeutendsten

Sammlungen der Welt gehören.

Am 1. November 1960 wurde Wolfgang Voigt zum Bibliotheks¬

oberrat, am 1. Dezember 1967 zum Bibliotheksdirektor und am 19. Ok¬

tober 1971 zum Leitenden Bibliotheksdirektor ernannt. Über diesem

seinen persönlichen Aufstieg darf nicht übersehen werden, was er in

personeller Hinsicht für die Orientabteilung zu erreichen wußte, denn

„wenn aus dem bescheidenen Anfang der fünfziger Jahre bei Voigts

Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Jahre 1976 in der Orientabtei¬

lung wieder zwölf Mitarbeiter tätig waren, die Hälfte davon mit akade¬

mischer Ausbildung, so war das sein Verdienst: Er hat sie alle angewor¬

ben, ausgebildet, eingearbeitet"".

Im Rahmen seines bibliothekarischen Wirkens ist auch seine Tätig¬

keit im Verein Deutscher Bibliothekare zu erwähnen; von 1955 bis 1961

gehörte er dem „Marburger Vorstand" an und arbeitete viele Jahre in

den Kommissionen für Benutzungs- und für Handschriftenfragen aktiv

mit. Zehn Jahre nach seiner Orient-Literatur in Deutschland und Öster-

' Barbara Flemming: Türkische Handschriften. 1. Wiesbaden 1968.

(VOHD. Xlll, 1.), X.

■* Ekkehart Vesper (vgl. o. Anm. 2) 536.

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reich 1945-1950 (Marburg 1950) veröffentlichte er das Sigelverzeichnis

für die Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins

(Wiesbaden 1960), das damals schon 2612 Bibliotheken umfaßte.

Das Schwergewicht der wissenschafbichen Verdienste von Wolf¬

gang Voigt liegt aber ohne jeden Zweifel auf dem Aufbau, der Organi¬

sation und der Leitung der Katalogisierung der orientalischen Hand¬

schriften in Deutschland (KOHD) seit dem Jahre 1957. Es ist unrichtig,

wenn mitunter der Eindruck vermittelt wird, die KOHD sei einem ein¬

samen Entschluß von Wolfgang Voigt entsprungen. Dem war kei¬

neswegs so. Er selbst hat anläßlich seiner Ehrenpromotion öffentlich

erklärt, daß er über die ihm zugedachte Aufgabe zunächst gar nicht so

erfreut war, führte sie ihn doch weit über den Rahmen der ihm vertrau¬

ten und ans Herz gewachsenen Orientabteilung hinaus^. Es zeigte sich

auch in seinem Fall wieder, daß es besser ist, wenn geeigneten und fähi¬

gen Menschen Aufgaben von außen — mitunter gegen anfängliches

Widerstreben — zuwachsen, als wenn sich Menschen mehr oder weniger

krampfhaft selbst um solche Aufgaben bemühen.

Daß Wolfgang Voigt am 27. Februar 1957 in Marburg von den

Teilnehmern einer konstituierenden Besprechung für die KOHD die

Planung und Durchführung des neuen Schwerpunktunternehmens der

Deutschen Forschungsgemeinschaft übertragen worden war, erwies

sich als eine glückliche Entscheidung. Ein sich derartig ausbreitendes

und in vielerlei Hinsicht schwieriges Forschungsprojekt konnte in

seinem Verlauf nur deshalb so erfolgreich sein, weil es in Wolfgang

Voigt einen spiritus rector im besten Sinne des Wortes gefunden hatte:

Orientalistische Fachkenntnisse (weit über sein Fachgebiet, die Indolo¬

gie, hinaus) verbanden sich mit organisatorischem Geschick, einer aus¬

geprägten Begabung für die Anbahnung und den Ausbau von Kontak¬

ten, einem außerordentlich geschärften Sinn für das Praktische und

Durchführbare sowie mit der Fähigkeit, im wissenschaftlichen und

menschlichen Bereich ein Beispiel zu setzen und damit immer positiv

motivierend zu wirken. Nur am Rande sei erwähnt, daß er sich auch auf

die Kunst des Delegierens verstand, — für jedes größere Unternehmen,

das erfolgreich sein will, eine dringende Notwendigkeit.

^ Zur Vorgeschichte der KOHD (etwa 1955-57), in der die Deutsche For¬

schungsgemeinschaft, vertreten durch Wolfgang Treue, und der damalige

Generalsekretär der DMG, Hans Robert Roemer, aktiv wurden, vgl. Dieter

George: 25 Jahre Katalogisierung der orientalischen Handschriften in Deut¬

schland (1957-1982). In: Mitteilungen der Staatsbibliothek Preußischer Kultur¬

besitz 15 (1983), 157 f.

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Wolfgang Voigt (1911-1982) 5

Wolfgang Voigt und der KOHD waren freilich auch andere

Umstände günstig. Das Unternehmen kam in einer Zeit des wirtschaft¬

lichen Aufschwungs in Gang, als die Mittel für wissenschaftliche Pro¬

jekte wieder reichlicher flössen. Wolfgang Voigt fand in der Deut¬

schen Forschungsgemeinschaft einen verständnisvollen Partner: Der

stete Einsatz von Wolfgang Treue (DFG) ist ganz sicher ein wesent¬

licher Aspekt des Erfolges der KOHD. Als Herausgeber des Verzeichnis¬

ses der orientalischen Handschriften in Deutschland (VOHD) und der Sup¬

plementbände dazu (VOHD-S), des konkreten Ergebnisses der Katalo¬

gisierungsarbeiten, stand Wolfgang Voigt der Franz Steiner Verlag

(Wiesbaden)mit Karl Jost zur Verfügung, dessen Aufgeschlossenheit

und Kooperationsbereitschaft bald zu einer harmonischen und soliden

Zusammenarbeit führten. In der Staatsbibliothek selbst kormte sich

Wolfgang Voigt der Unterstützung durch efllziente Mitarbeiter

erfreuen; hier seien nur die Namen seines Nachfolgers im Amt und in

der KOHD bzw. im VOHD(-S), Dieter George, von Günter Meier

(Orientabteilung) luid Ernst Bartelt (Restaurierungswerkstatt)

sowie der Mitarbeiter der Marburger Geschäftsstelle Irene Wagner

und Rudolf Bergmann genannt. Daß die Staatsbibliothek (zunächst

in Marburg, dann wieder in Berlin) in ihrem jeweiligen Generaldirektor

die KOHD und das VOHD(-S) als einen wesentlichen Teil ihrer wissen¬

schaftlichen Selbstdarstellung betrachtete, macht ihr alle Ehre. Ent¬

scheidend war letzten Endes natürlich, daß sich ein Kreis von orientali¬

stisehen Fachgelehrten fand, die bereit waren, die Arbeit an den zu

erschließenden Handschriften — zumindest für einige Zeit — zum Mittel¬

punkt ilirer wissenschaftlichen Tätigkeit zu machen. So konnten unter

der Herausgeberschaft von Wolfgang Voigt von 1961 bis 1982 insge¬

samt 59 Katalogbände und 33 Supplementbände erscheinen'.

Ihrem Wesen nach ist die KOHD nicht nur auf den unmittelbaren,

praktischen Zweck der wissenschaftlichen Registrierung kostbaren

Handschriftenbestandes ausgerichtet, sondern bedeutet darüber hin¬

aus eine geistes- und kulturgeschichtliche Grundlagenforschung ersten

Ranges, da durch die ausführliche Beschreibung der Handschriften

Texte und Bildwerke der Forschung und Lehre zum ersten Mal erschlos¬

sen werden. Diese Erschließung schafft ihrerseits die Voraussetzungen für weitere Studien in den verschiedenen orientalistischen Disziplinen,

* Der Gesamtplan wird in nahezu allen Bänden abgedmckt und jeweils auf

den neuen Stand gebracht; für den Stand vom Januar 1981 vgl. Ernst Ham¬

merschmidt - Veronika Six: Äthiopische Handschriften. 1. Wiesbaden 1983.

(VOHD. XX, 4.) nach S. 352.

(8)

aber auch auf Gebieten wie Geographie, Medizin, Naturwissenschaften

und Technik. Die Supplementbände zum VOHD bringen erläuterndes

und ergänzendes Material, Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte oder

Editionen von besonders wertvollen, mit der KOHD in irgendeiner Ver¬

bindung stehenden Einzeltexten oder Bildhandschriften. Über die Tat¬

sache, daß in der KOHD über 100 Fachwissenschaftler der verschiede¬

nen Altersgruppen aus den verschiedenen Erdteilen in kollegialer

Weise zusammenarbeiten, hat sich Wolfgang Voigt selbst klar und

prägnant geäußert: „Durch diese beispielhafte Zusammenarbeit wird

auch sichergestellt, daß Wissen, das (wie in der Orientalistik oft der

Fall) nur bei einem Fachvertreter vorhanden ist, der nächsten Genera¬

tion in einer sehr lebendigen, da an den betreffenden Kulturdokumen¬

ten unmittelbar demonstrierten Weise übermittelt wird. Der in den letz¬

ten Jahren so oft beschworene 'Generationskonflikt' ist in dem ünter-

nehmen der 'Katalogisierung' nicht zu finden: Ältere Gelehrte, die in

der internationalen Wissenschaft schon längst als Autoritäten gelten,

arbeiten harmonisch mit den jungen Wissenschaftlern, so daß man sich

an die eingangs zitierten Worte von Kratschowski erinnert fühlt: 'Die

Jahre vergehen, die Geschlechter der Gelehrten wechseln, aber die

Arbeit geht hier ohne Stillstand weiter'"'.

Von den beiden Bezugspunkten: Orientabteilung der Staatsbibliothek

und KOHD ausgehend, hat sich Wolfgang Voigt auch in manch

anderer Hinsicht um die Orientalistik verdient gemacht. Es ist dabei

nicht möglich, auf Details einzugehen, — so ungerecht dies auch dem

erscheinen mag, der einmal erfahren hatte, wie sehr sich Voigt zu jeder

Zeit für die Anliegen und Aufgaben der Orientalistik (und ebenso der

Orientalisten !) eingesetzt hat. Einige Hauptpunkte müssen aber

genannt werden:

Wolfgang Voigt war Leiter des Nepal Research Centre (Thyssen-

Haus) in Kathmandu und des Nepal-German Manuscript Preservation

Project, zu dessen Zustandekommen er maßgeblich beigetragen hatte

und das Ronald E. Emmerick als „one ofthe most important scienti¬

fic projects ever undertaken in the field of Indian studies" bezeichnete*.

Durch dieses Projekt sind die Filme von mehr als 80.000 nepalesischen

Handschriften in die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz

gelangt. Es bedeutete für Voigt eine große Beruhigung, daß er dieses

große Untemehmen einige Zeit vor seinem Tod in die Hände des Ham-

' Die Katalogisierung der orientalischen Handschriften und das „ Verzeichnis ".

In: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 13 (1976), 164.

> BSOAS 37 (1974), 629.

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Wolfgang Voigt (1911-1982) 7

burger Indologen Albrecht Wezler legen konnte. Damit wurde

Wezler auch editor des von Voigt begründeten Journal of the Nepal

Research Centre. Mit Recht sagt Bernhard Kölver: „For more than

a decade, things Nepalese held a prominent place in Dr. Voigt' s plans

and works"'.

Wolfgang Voigt hat auch an der im Auftrag der Deutschen For¬

schungsgemeinschaft erstellten Denkschrift zur Lage der Orientalistik

(Wiesbaden 1960) mitgewirkt (vgl. dort S. V), die die Entwicklung und

den Ausbau der Orientalistik in den sechziger Jahren nachhaltig in posi¬

tiver Weise beeinflußte.

Von 1962 bis 1977 war Voigt Erster Geschäftsführer der Deutschen

Morgeniändischen Gesellschaft und versah dieses mitunter nicht

leichte Amt mit Gewissenhaftigkeit und Tatkraft. Mit dieser Funktion

war auch die faktische Betreuung des Orient-Instituts der DMG in Bei¬

rut verbunden.

Von 1964 bis 1980 war er Erster Vorsitzender der Helmuth von Glase¬

napp-Stiftung, die sich die Förderung der Indienforschung zur Aufgabe

gemacht hat.

Voigt wurde auch in andere Gremien berufen: So war er ständiges

Mitglied der Besprechungsgruppe der Deutschen Forschungsgemein¬

schaft „Hochkulturen Asiens und Afrikas" und vertrat seit 1964 die in

der Bundesrepublik Deutschland tätigen Orientalisten durch die In¬

temationale Orientalistenvereinigung bei der UNESCO.

Das Wirken von Wolfgang Voigt fand auch die ihm gebührende

äußere Anerkennung: Am 5. Februar 1975 verlieh ihm der Fachbereich

Orientalistik der Umversität Hamburg den Ehrendoktor der Philoso¬

phie. Am 24. Februar 1976 wurde ihm das Verdienstkreuz am Bande

des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Am

29. März 1976 wählte ihn das Institut d'Egypte in Kairo zum Membre

Associ6. Zu seinem 65. Geburtstag beschenken ihn seine orientalisti¬

sehen Fachkollegen mit einer Festschrift, die die geographische Weite

und geschichtliche Tiefe der Gesamtorientalistik in eindrucksvoller

Weise dokumentiert'".

Das diesem Nachmf vorangestellte Bild zeigt Wolfgang Voigt als

Redenden, im Gespräch, und ist gerade deshalb für ihn typisch: Er war

' Journal ofthe Nepal Research Centre 5/6 (1981/82), III.

'° Herbert Franke — Walther Heissig — Wolfgang Treue [Hrsg.]:

Folia rara. Wolfgang Voigt LXV. diem natalem eelebranti ab amicis et catalogorum

codicum orientalium conscribendorum collegis dedicata. Wiesbaden 1976.

(VOHD-S 19.)

(10)

in Mann des Logos, des Wortes, der stets die unmittelbare Begegnung

mit dem anderen vorzog, weil er hierin die beste Voraussetzung für die

Verwirklichung aller Möglichkeiten in dem konkreten Augenblick sah.

Hier konnte er dann seine Schlagfertigkeit, seinen Witz und auch etwas

von seiner gelegentlichen Aggressivität ausspielen, die aber immer gut¬

gemeint war und im Grunde auf eine ähnliche Reaktion des anderen

wartete. Und von einem Gespräch mit Wolfgang Voigt schied der

Partner meist mit dem Bewußtsein, etwas gelernt, etwas — im vollen

Sinne des Wortes — erfahren zu haben.

Gegen Tätigkeiten „mit der Feder" hatte er dagegen — auch wenn

andere die Schreibarbeiten übemehmen konnten — eine ausgeprägte

Abneigung. Seine brieflichen Mitteilungen waren oft sehr „amtlich" und

knapp, was bei den Empfängern mitunter Befremden auslöste. Mehr als

einmal habe ich versucht, ihn zu einer etwas verbindlicheren Diktion zu

bewegen, hatte damit aber nicht viel Erfolg. Sein Argument war auch

schwer zu widerlegen: Es gelte nur, einen Sachverhalt oder eine Ent¬

scheidung mitzuteilen, und dafür genügen in jedem Fall zwei, drei

Sätze; alles andere sei entbehrliches Beiwerk. Wenn man ihm aus

bestimmten Gründen in einer wichtigeren Angelegenheit eine ausführli¬

chere Äußemng zumutete, konnte man sich sehr schnell mit der Auf¬

gabe betraut wiederfinden, diese doch zu verfassen.

Wolfgang Voigt war ein gütiger, verständnisvoller und hilfsberei¬

ter Mensch: Immer wieder war er mit den Sorgen und Anliegen anderer

(und beileibe nicht nur von Orientalisten) beschäftigt, — Dinge, die ihn

wirklich innerlich berührten und bewegten. Immer wieder kam er auf

diese Sorgen und Probleme seiner Mitmenschen zurück und fand sehr

oft einen Weg zur Hilfe. Es nimmt nicht wunder, daß er bei seinen

Bemühungen zu helfen gelegentlich selbst zwischen verschiedene Feuer

geriet, und es muß auch gesagt werden, daß er manche Enttäuschung

und manchen Undank erfahren hat. Von daher ist wohl zu erklären, daß

der eine oder andere seiner Entschlüsse mitunter etwas änigmatisch

anmutete und daß er sich in manchen Äugenblicken auf eine Position

zurückzog, wo er durch rationale Argumente nur mehr schwer zu beein¬

dmcken war.

Zu den hervorstechenden Gharakterzügen von Wolfgang Voigt

gehörten seine Großzügigkeit und seine eiserne Selbstdisziplin. Es sind

viele, die sich dankbar seiner Großzügigkeit als Gastgeber erinnern

werden; auch ihm machten solche Stunden Freude, denn er war ein

fröhlicher und geselliger Mensch. Und seine Selbstdisziplin bewährte

sich in den letzten Jahren, als ihm verschiedene Leiden immer wieder

zu schaffen machten. Solange es nur irgendwie ging, ließ er sich nichts

(11)

Wolfgang Voigt (1911-1982) 9

anmerken, ließ sich nicht von seiner Arbeit abhalten. Ein Ereignis muß

hier überliefert werden: Im Sommer 1982 war er zweimal operiert wor¬

den und lag nun im Berliner Franziskus-Krankenhaus. Als der Geburts¬

tag seiner Ehefrau Elsa da war, brachte er die Ärzte tatsächlich dahin,

daß sie ihn für einige Stunden nach Hause entließen, weil er seiner Frau

— die von dieser Initiative nichts wußte — „eine Freude machen" wollte.

Der Besuch war dann von einer erneuten Verschlechterung seines

Zustandes überschattet, die ihn schon zu Hause ins Bett zwang, zwei

Tage später war er in tiefe Bewußtlosigkeit gefallen und nach weiteren

vier Tagen starb er, ohne das Bewußsein wiedererlangt zu haben.

Wolfgang Voigt war schließlich ein zutiefst christlicher Mensch, —

er ist im Grunde immer auch der Theologe geblieben, als der er einst

angetreten war. Dieser Aspekt seines Wesens mag Außenstehenden

vielleicht nicht immer so klar und deutlich geworden sein, — wer ihn

näher kannte, wußte aber, wie sehr ihn christliche und kirchliche Dinge

bewegten, wie sehr er an allem Anteil nahm, was sich in diesem Bereich

ereignete. Sorge, ja Unmut, erfüllte ihn, wenn er in den letzten Jahren

gewisse Strömungen innerhalb seiner, der evangelischen Kirche beob¬

achten mußte, die seiner Uberzeugung nach nicht auf den richtigen

Weg führten. Und das Tischgebet wurde im Hause Voigt immer von

ihm gesprochen.

Das Wirken von Wolfgang Voigt ist aus der Geschichte der Orien¬

talistik in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts nicht mehr wegzu¬

denken. In Abwandlung eines Wortes von Horaz ( Oden III 30, 1) gilt von

ihm:

exegit monumentum aere perennius.

(12)

Von Peter W. Pink, Hamburg

Am 8. Mai 1983 starb nach langem, tapfer ertragenen Leiden Prof.

Hans Kähler, der langjährige Direktor des Seminars für Indonesische

und Südseesprachen der Universität Hamburg.

Hans Kähler wurde am 16. 2. 1912 im holsteinischen Uetersen

geboren. Nach dem Abitur absolvierte er zunächst eine kaufmännische

Lehre, bevor er im SS 1933 an der Hansischen Universität Hamburg bei

den Professoren Dempwolff, Panconcelli-Calzia, Thilenius und

Termer das Studium der Austronesischen Sprachwissenschaften, der

Phonetik und der Völkerkunde aufnahm, das er bereits am 31. Januar

1936 mit der Doktorprüfung abschloß; die Gutachter seiner Disserta¬

tion Untersuchungen über die Laut-, Wort- und Satzlehre des Nias waren

Otto Dempwolff und Carl Meinhof. Nach kurzer Tätigkeit als

„freiwilliger wissenschaftlicher Mitarbeiter" trat er April 1937 im Auf¬

trag der niederländischen Kolonialregierung eine Forschungsreise nach

Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, an, die der Untersu¬

chung zahlreicher nur wenig bekannter Sprachen Sumatras galt, insbe¬

sondere auf den seiner West- und Ostküste vorgelagerten Inselgruppen

und in den Niederungen im Osten der Insel. Diese Tätigkeit fand im Mai

1940 mit der Internierung, die bis zum Winter 1946 währte, ein unge-

plantes Ende. Doch konnte er diese Zeit teilweise zur Ausarbeitung des

gesammelten Materials und zum Studium weiterer Sprachen nutzen.

Seit Juli 1947 war Hans Kähler bis über seine Pensionierung hin¬

aus ununterbrochen am Hamburger Seminar tätig. Schon 1949 erfolgte

seine Habilitation mit einer Schrift Texte von der Insel Simalur. Im

Januar 1956 ernannte ihn die Umversität zum außerplanmäßigen Pro¬

fessor. Von da an leitete er die Geschicke des Seminars bis zu seinem

Ausscheiden im Jahre 1979, eine Aufgabe, die ihn viel seiner Arbeits¬

kraft gekostet hat. 1959 rief er die Reihe „Veröffentlichungen des Semi¬

nars für Indonesische und Südseesprachen der Universität Hamburg"

ins Leben, die einzige deutschsprachige Reihe auf diesem Gebiet. Er hat

selbst viele Bände zu ihr beigesteuert. Ihr 17. Band erschien 1982 als

Festschrift zu seinem 70. Geburtstag.

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