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(1)629 Der vedische Kalender und das Alter des Veda

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629

Der vedische Kalender und das Alter des Veda').

Von H. Oldenberg.

Die scbarfsinnigen Untersuebungen Jacobi's-) über die

Indicien , weicbe der vediscbe Kalender für die Altersbestimmung des Veda liefert, veranlassen micb, meine Ansicht über diesen Gegen¬

stand hier darzulegen. Abweichend von Jacobi halte ich es für

unzweckmässig dabei von den Daten des Rgveda auszugehen. Viel¬

mehr beschäftige ich mich zunächst mit dem durch eine reiche

Fülle von Materialien in wesentlichen Punkten gesicherten Zustand

der Brähmanaperiode ; von dieser breiten und vergleichsweise festen

Grundlage aus sollen dann die wenigen Zeugnisse des Bgveda,

welche in Betracht kommen können, geprüft werden.

Die Bahn , welche der Mond in etwa 27 Tagen durchläuft,

wird, wie bekannt, durch das System der 27 Naksatras bezeichnet,

bei deren jedem der Mond sich eine Nacht aufhält. Wenn die

Sonne am Fixsternhimmel ungefähr dieselbe Bahn zurücklegt wie

der Mond , so ist es wichtig zu beachten , dass diese Bahn doch

für die ältere indische Litteratur durchaus nur als Mondbahn in

Betracht kommt, als welche sie, wie die Zahl 27 zeigt, von Haus

aus gedacht ist. Unter welchen Fixsternen der Mond sich bewegt,

lehrt der Augenschein und konnte schon für einen recht primitiven

Standpunkt Gegenstand der Beachtung sein. Dagegen verlangt es

1) Erst als das Manuscript dieses Aufsatzes sich nicht mehr in meinen Händen befand, langte in Kiel das Heft der Proceedings ofthe American Or. Society 1894 an, welches S. LXXXIIff. einen Aufsatz Whitney's über den hier behandelten Gegenstand enthält. Einen Theil dessen , was ich gegen Jacobi's Hypothesen sage, hat mir der hingegangene Forscher, dem unbedingt die Priorität gebührt, vorweggenommen. Ich habe meinen Aufsatz doeh nicht zurückhalten wollen, theils da ich in einer Keihe von Punkten meinen eigenen Weg gehe, theils weil bei den Auffassungen, in welchen ich mit Wh. zusammen¬

treffe, eben die Uebereinstimmung zweier ganzlich unabhängig von einander entstandener Darlegungen vielleicht dazu beitragen wird, deren Ueborzeugungs¬

kraft zu verstärken.

2) Festgruss an Roth 68 if.; Nachrichten der Gött. Ges. d. Wiss., phil.- hist. Classe, 14. April 1894. Die auf dem Orientalistencongress zu Genf ge¬

gebenen Auseinandersetzungen Jacobi's sowie diejenigen Bühler's (Ind. Ant.

Sept. 1894, 238 fg.) haben hier noch nicht berücksichtigt werden können.

(2)

630 Oldenherg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda,

verhältnissmässig complicirte, die Sphäre des unmittelbar Wahr¬

nehmbaren weit überschreitende Erwägungen festzustellen , bei

welchen mit ihr zusammen doch nie sichtbaren Fixsternen die Sonne

steht'). Ich weiss mich in der That keiner Stelle aus der älteren

Litteratur zu erinnern — in jüngeren Texten wie der Maitr. Upa¬

nisad, dem Nidänasütra (bei Weber, Nax. II, 285) und dem Jyotisa

verhält sich dies begi-eiflicherweise anders — wo von der SteUung

der Sonne bei dem einen oder andern Naksatra die Rede wäre ^) ;

immer handelt es sich nur um den Mond.

Als nächste Folgerung aus dem eben Bemerkten drängt sich

auf, dass ein chronologischer Ansatz, welcher, wenn richtig, erheb¬

liche Wichtigkeit besitzen würde, wenigstens in seiner hergebrachten

Form nicht aufrecht zu erhalten sein wird : die Datirung der Nak¬

satrareihe in ihrer vedischen, mit den Kyttikäs (Plejaden) anhebenden Gestalt auf die Zeit, in welcher die Kfttikäs iPrühlingszeichen

waren, d. h. auf die Zeit um 2500 vor Chr. In der Darstellung

Jacobi's (Festgruss 71) erhält der Anfangspunkt der Kyttikäs

noch eine verstärkte Bedeutung dadmch, dass J. die Spuren eines

älteren Anfangspunktes bei Mygasiras zu erkennen glaubt: so stelle

sich die Annahme der Kfttikäs als Resultat einer Correction

dar ') und werde gerade dadurch um so viel vnchtiger, da sie nun

besonders sicher für die Zeit der Correction ungefähr richtig ge¬

wesen sein müsse. Es ist wichtig zu beachten, auf wie unsicheren

Grundlagen alles dies ruht. Verdanken die Kfttikäs wirklich ihre

SteUe an der Spitze der Reihe ihrer Geltung als Früblingspunkt,

d. h. als Bezeiclmung des Punktes , an dem die Sonne um die

Frühlingsnachtgleiche steht? Dass man auf diese Annahme hat

verfallen können, ist ja begreiflich genug. Die spätere Astronomie

hat den Anfangspunkt bekanntlich auf Asvini als den damaligen

Frühlingspunkt verlegt: so bot sich leicht die Auffassung dar, dass

der alte Anfangspunkt, Kfttikäs, der alte Frühlingspunkt gewesen

ist. Aber man darf nicht übersehen, dass das spätere System hier,

wie längst erkannt ist, unter griechischem Einfluss steht. Auf

diesem beruht , oder wenigstens durch diesen vpird befördert die

Verwendung der mit dem Zodiacus gleichgesetzten Naksatrareihe

zur Bestimmung von Stellungen der Sonne; auf diesem Einfluss

beruht auch die Beachtung des Frühlingspunktes (Anfang von

Asvini gleich Anfang des Widders) und dessen Erhebung zum

1) Scbon Alex. v. Humboldt hat dies erkannt. Siehe seiuen Brief an

Weber, den dieser Ind. Studien X, 249f. mittheilt. Vgl. auch die Be¬

merkungen von Whitney, J. R. As. Soc, N. S. I, 329.

2) So ist mir auch kein Zeugniss dafür gegenwärtig, dass sich der Veda mit dem Problem de.i heliakischen Auf- und Unterganges irgend welchor Sterne beschäftigte. Taitt. Br. 1,5,2, 1, in welcher Stelle Tilak (Orion 33) etwas derartiges zu sehen scheint, hat in der That mit jenem Problem nichts zu thun.

3) Welcher dann weiter in späterer Zeit eine zweite Correction gefolgt wäre, die Verlegung des Anfangs von den KrttikSs nach dem in der jüngeren indischen Astronomie geltenden Punkt im Anfang von Asvini.

(3)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 631

Anfangspunkt des ganzen Systems. Für die Inder der alten Zeit

aber baben, wie wir saben, die Naksatras gar nicbt die Bedeutung,

Stellungen der Sonne zu bezeichnen ; wir können hinzufügen, dass

bei ihnen auch allem Anschein nach die Nachtgleichen ebenso un¬

beachtet bleiben , wie man im Gegensatz dazu den Solstitien, den

Anfangspunkten des nördlichen und des südlichen Sonnenlaufs , die

lebhafteste Aufmerksamkeit widmete. Dass also der Beginn der

Naksatrareihe auf der Stellung der Sonne um die Zeit der Frühlings-

nacbtgleiche beruhe, ist eine Annahme, welche in dieser Form für

die vedische Vorstellungswelt recht wenig Wahrscheinlich¬

keit hat.

Den hier hervorgehobenen Bedenken liesse sich allerdings

entgehen, indem man jener Hypothese eine veränderte Gestalt

giebt, bei welcher die Beziehung auf den Umlauf der Sonne ver¬

mieden wird. Der Kreis der Naksatra hat einen nördlichsten und

einen südlichsten Punkt: wer jenen Kreis in Verbindung mit dem

Sonnenlauf betrachtet, wird die beiden Punkte als die der Solstitien

erkennen, aber auch ganz ohne jene Beziehung konnten dieselben

einfach vermöge ihrer Lage nach Norden resp. Süden bei den auf

die Himmelsgegenden bekanntlich immer sehr aufmerksamen Indern

Beachtung finden. So konnten diese den Kreis betrachten als in

einen nördlichen und einen südlichen Halbkreis zerfallend; Grenz -

punkte der beiden Hälften mussten im Osten resp. Westen eben

die Punkte sein, welche für uns die Aequinoctien bezeichnen.

Eine solche Auffassung des Naksatrakreises liegt allem Anschein

nach der im Taittiriya Brähmana (1 , 5 , 2 , 6 f ) ausgesprochenen

Unterscheidung der devanaJcsaträni und yamanaksaträni zu Grunde,

jene von Krttikäs bis Visäkhe , diese von Anurädhäs bis Bbarani

reichend: jene, heisst es, gehen rechts, diese Hnks herum. Die

Identität dieser Auffassung mit der späteren z. B. im Süryasiddhänta

(XII, 45. 55) ausgesprochenen lässt sich schwer verkennen, nach

welcher die mit dem Widder beginnende Hälfte der Zodiakalzeichen

den Göttern, die mit der Wage beginnende den Dämonen sichtbar

ist; fttr die auf dem Meru wohnenden Götter drehen die Gestime

sich nach rechts, für ihre Antipoden, die Dämonen, nach links.

Wenn also das Taittiriya Brähmana die Krttikäs an die Spitze der

Göttergestirne stellt '), scheint das allerdings im Resultat in ge¬

vrisser Weise auf dasselbe heraus zu kommen , wie wenn man sie

als das Zeichen der Frühlingsnachtgleiche auffasste. Es fragt sich

nur, ob in dem allen nicht vielmehr ein ziemlich modemer Einfall

zu erkennen ist , als eine uralte Theorie , welche der Anordnung

1) Und, kann man vielleicht hinzufügen, wenn das Satapatha BrShmana (II, 1, 2, 3) von den KrttikSs sagt, dass sie „nicht aus der östlichen Gegend weichen". Mein verehrter College Prof. Kreutz bemerkt mir zu dieser Stelle :

„Zu der Zeit wo die Plejaden die Länge O" hatten, standen sie zagleich im Aequator, d. h. sie gingen genau im Ostpunkte des Horizontes auf."

4 4

(4)

632 Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

der Naksatrareihe zu Grunde gelegen hätte ; verfiel man etvya in

der Zeit des Taitt. Brähmana auf jene Halbirnng des Kreises , so

ist es bei der in solchen Dingen im Veda herrschenden Ungenauig¬

keit begreiflich genug, dass man der einmal feststehenden Ordnung

der Naksatras entsprechend die Abtheilung bei den Krttikäs machte,

auch wenn dieselben in Wirklichkeit damals schon merklich von

dem wahren Fiühlingspunkt entfernt waren. Welches der vdrk-

liche Grund der Bevorzugung der Krttikäs gewesen ist, würde in

diesem Fall eine unbeantwortete Frage bleiben. Irgend einen Anfang

musste die Reihe doch haben ; möglich , dass es einfach die so

eigenartig in die Augen fallende Erscheinung der auch in der

Sagenpoesie beliebten Plejaden gewesen ist, die ihnen zu dem ersten Platz verholfen hat.

Wir müssen noch darauf hinweisen , dass in deb vorstehenden

Bemerkungen die Frage nach der Bedeutung der Krttikäs durchaus

nur im Hinblick auf die astronomischen Vorstellungen des vedischen

Indien betrachtet worden ist. Ein ganz anderes Aussehen würde

die Sache annehmen , wenn sich — worüber ich mit meinem Ur¬

theil zurückhalten muss — der ausserindische Ursprung des Nak-

satrasystems bestätigen , wenn es sich zeigen sollte , dass in den

indischen Krttikäs sich babylonische Vorstellungen über den „Stern

der Grundlage" -), die Plejaden, fortsetzen. Die Gründe, aus welchen

es uns unwahrscheinlich war, dass die Inder die Krttikäs als

Frühlingsäquinoctialzeichen an die Spitze der Reihe gestellt haben

sollen , würden natürlich den Babyloniern gegenüber nichts

entscheiden. Statt dessen würde die Erkenntniss, dass hier ein von

den Babyloniern um 2500 vor Chr. festgestelltes System in Indien

entlehnt worden ist, für uns die Consequenz haben, dass jeder

Hypothese , welche in den auf die Naksatra bezüglichen Facten

Spuren indischer Culturverbältnisse aus der Zeit vor 2500 ent¬

decken wollte, von vorn herein der Boden entzogen wäre.

Es sei zum Schluss dieser Erörterungen über die Krttikäs nur

noch bemerkt, dass, wenn die von uns kritisirte Deutung des

Krttikä-Anfangs als eines Frühlingspunktes fortfällt , schon damit

der Hypothese eines noch älteren Mrgasü'as-Anfangs , welche mir

im Uebrigen nur auf Vermuthungen von überaus zweifelhaftem

Charakter zu beruhen scheint''), der Boden entzogen sein dürfte.

1) Hätte die betreffende Auffassung in ulter Zeit eine Eolle gespielt, so dürfte man allem Anschein nnch die Consequenzen derselben in der Vertheilung der Naksatras auf die verschiedenen Gottheiten anzutreffen erwarten : offenbar würden dann z. B. die pitaras als Gottheit eines der yamanalcsatra erscheinen.

2) Siehe Hommel, Ausland 1892, S, 62. 105; ZDMG. 45, 616f.

3) Es handelt sich um die Benennung des MärgaJira - Vollmonds als Ägrahäyai.iT, woraus J. (Festgruss 70 f.) eine uralte Geltung des Märg. als Anfangsmonat eines t>arad-Jahres und entsprechend vou Mrgasiras als Frühlings¬

zeichen entnimmt. Die Texte, welche die Agrahäyanl-Feier beschreiben, markiren 4 4

(5)

Oldenherg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 633

Doch wir kehren von dieser Digression dazu zurück, die

Grundlagen des Kalenders, mit welchem die Brähmanatheologen

operiren, zu entwickeln.

Die sichtbaren Wahrzeichen der zwölf Monate des Jahres sind

die zwölf Vollmonde, welche während des Jahreslaufs die Mondbahn

entlang im Kreise herum vorrücken. Bezeichnen die Naksatras den

Weg des Mondes, so macht das Verweilen des Vollmondes bei dem

einen oder dem andern Naksatra die in die Augen fallenden Haupt¬

stationen dieses Weges aus. Da es nun 27 Naksatra , aber nur

12 Monate gab, so wurden zwölf aus der Zahl jener siebenund¬

zwanzig so zu sagen als eponyme Naksatra der Monate ausgewählt;

auf die Gebiete dieser zwölf wurden olfenbar in irgend einer Weise,

mit grösserer oder geringerer Exactheit — über die näheren Moda¬

litäten sind wir für die alte Zeit nicht unterrichtet — die jedes¬

mal angrenzenden Gebiete der nicht eponymen Naksatra vertheilt:

der Monat wurde je nach dem eponymen Gestirn, in dessen eigent¬

lichen oder in der bezeichneten Art erweiterten Bezirk sein Voll¬

mond fiel, als Phälguna, Kärttika u. s. w. benannt. Dabei ist uer

Monat, seiner natürlichen Bedeutung entsprechend, durchaus als die

Lebensdauer eines Mondes, von seinem Erscheinen resp. dem Zeit¬

punkt wo sein Erscheinen sich vorbereitet, durch sein Zunehmen

und Abnehmen hindurch bis zu seinem Verschwinden zu verstehen.

Der Monat reicht also von Neumond bis Neumond, so dass der

Vollmond ihn halbirt und gewissermassen seinen Höhepunkt be¬

zeichnet

Wo lag nun für die Brähmanazeit in der Eeihe der zwölf

Monate der Jahresanfang?

Die Texte geben uns auf diese Frage zwei Antworten, die

beide in der Weise der Brähmanas, den stehenden Dictis derselben

zugehörig, unendlich häufig wiederholt werden. Der Jahresanfang

ist der Frühling, und der Jahresanfang ist der Phälguna-VoUmond.

Wo wir immer alte Aufzählungen der Jahreszeiten haben —

dieselbe als eine winterliche, vermuthlich dem Eingang des Winters angehörige.

Ich prätendire selbstverständlich nicht zu wissen, woher der hier allem Anschein nach sich zeigende Jahresanfang im Märgasira stammt; dass er etwas mit dem von den vedischen Indern schwerlich beachteten Herbstäquino.x zu thun gehabt haben soll und dass auf diesem Zusammenhang eino in sehr entfernte Jiihr- tausende zurückreichende Datirung, sowie eine entsprechende mit Alig.'v-.inis anhebende Form der Naksatrareihe aufgebaut werden darf, hat mir schlechter¬

dings nichts Einleuchtendes.

1) Es ist klar, dass für die natürliche Vorstellungsweise der Neumond in ganz anderem Sinne einen Abschnitt macht, den Beginn eines neuen Zeitraums markirt, als der Vollmond, bei welchem man ununterbrochen fortfährt, denselben

Mond zu sehen. So wird denn auch durchweg im Veda die Hälfte des zu¬

nehmenden Lichts als die „frühere Hälfte", die des abnehmenden als die

„spätere Hälfte" ( piirvapaksa resp. aparapaksa) bezeichnet, der Monat mithin so wie heutzutage im südlichen Indien, und im Gegensatz zu dem im nörd¬

lichen Indien herrschenden Gebrauch, vom Neumond bis zum Neumond ge¬

rechnet.

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634 Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

nicht allein in den Brähmanatexten, sondern auch schon in den

Samhitäs') — wird stehend der Frühling an die Spitze gestellt;

er wird der Mimd des Jahres, die Thür des Jahres, das Gesicht

der Jahreszeiten genannt; in der Symbolik der jüngeren Samhitäs

und der Brähmanas gehört er mit dem Brahmanen imter den

Kasten, mit Agni unter den Göttem, dem Trivrt unter den Stomas

u. s. w. zusammen, wie der Sommer dem Ksatriya, dem Gott Indra,

dem pancadaJa stoma etc. entspricht.

In ganz ähnlichen Ausdrücken aber ist von der phälguni

paurnamäsi — gelegentlich kürzer vom Phälgunamonat — die

Rede ^). Auch dieser Vollmond heisst in häufiger Wiederholung

der Mund des Jahres; noch ausdrücklicher wird gesagt, dass die

uttare phalgH — das Gestirn, bei welchem der Mond in der be¬

treffenden Vollmondsnacht steht — den Mund des Jahres oder die

erste Nacht des Jahres büden '^), die pürve pkalgü dagegen — das

jenem vorangehende Naksatra, bei dem der Mond in der Nacht vor

jener Vollmondsnacht steht — den Schwanz oder die letzte Nacht

des Jahres *).

1) Siehe die Materialien aus den Samhitäs hei Zimmer, Altindisches Leben 373 f., die aus den Brähmanas bei Weber, Die ved. Nachrichten von den Naxatra II, 352. Schon Kgveda X, 90,6 wird mit Wahrscheinlichkeit zu diesen Zeugnissen gerechnet werden dUrfen.

2) Die Stellen giebt Weber, Naxatra II, 329j Jacobi, Festgruss 70.

3) Auf den Jahresanfang im Phälguna scheinen auch die Daten der Astakäs zu führen. Diese stehen in der Mitte der dunkeln Monatshälilen in den dem Phälguna vorangehenden Monaten des Jahresschlusses und der kürzesten Tage: die rechte Zeit des Manencultus. Die Astakä des Mägha geniesst als die dem Jabresscbluss nächst benachbarte besondere Bevorzugung. — Hier sei beiläufig noch das bemerkenswerthe Factum hervorgehoben , dass das auf den Phälguna-VoUmond fallende Neujahr in die Mitte eines Monats trifft, so dass Jahresanfang und Monatsanfang aus einander fallen; vermuthlich ist hierbei die sacrale Bevorzugung des Vollmondtermins massgebend gewesen.

4) Jacobi a. a. 0. liest aus den betreffenden Zeugnissen unbegreiflicher¬

weise zwei verschiedene Jahresanfänge, ein üarsä-Jahr und ein himä-3a\n heraus. Während es sich da wo vom Phalguni-Vollmond oder dem Phälguna¬

monat die Rede ist, selbstverständlich üm die Stellung des Mondes beira Gestirn Ph. handelt, bezieht er die Stellen , welche die uttare phalgü als den Anfang, die pürve phalgü als den Schluss des Jahres bezeichnen (Taitt. Br. 1.

1, 2, 8; Kaus. Br. V, 1), auf die Stellung der Sonne bei den Ph. und gelangt so zu einem um sechs Monate gegen den früheren verschobenen Jahresanfang.

Ohne allen Grund; die beiden Gruppen von Stellen gehören evidentermassen zusammen. Ganz abgesehen von dem allgemeingültigen Satz, dass die Naksatras in den älteren Texten die Position nur des Mondes, nicht der Sonne bezeichnen, wird man an der Deutung von Kau.«. Br. V, 1 nicht zweifeln, sobald man die Stelle im Zusammenhang liest. Es liandelt sich um die uttare phalgü als um das Gestirn des PhalgunT-V oll mon d s und um den Phalg.-VoUmond als die Zeit des ersten der drei Tertialfeste : wodurch jede Deutung auf einen Sommer¬

monat, in welchem die Sonne in Ph. steht, abgeschnitten wird. Auch in dem Tempo der Bewegung — heute Nacht die pürve ph., morgen Nacht die uttai-e ph. — erkennt man deutlich das Tempo des Mondumlaufs wieder. [Uebrigens scheint J. in den Nachr. der G. G. d. W., a. a. 0. S. 3 des Sep.-Abdr., die hier bekämpfte Zweitheilung der Phalgunl-Stellen stillschweigend zurückzunehmen.]

(7)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 635

Geben nnn diese das Phalguni-Gestirn betreffenden Zeugnisse

irgend welches Recht zu dem Schluss, den Jacobi (Festgruss 70)

aus ihnen zieht, dass hier die Spuren einer Auffassung der uttare

phalgü als des Sommersolstizes , des Phälguna-Vollmonds als des

Wintersolstizes') vorliegen? Wo ist auch nur der leiseste Anhalt

dafür, hier an die Solstitien zu denken? Die Inder sprechen vom

Jahresanfang beim Phälgunl-VoUmond. Konnte das Jahr nm¬

an einem der astronomisch bedeutsamen Punkte , bei einem Solstiz

oder Aequinox beginnen? Offenbar doch nicht. Vielmehr sagen

uns ja die Brähmanas so ausdrücklich wie möglich, dass man das

Jahr mit dem Frühjahr, also nicht mit dem Solstiz — und,

kann man in Anbetracht der indischen klimatischen Verhältnisse

hinzufügen, was freilich für ims hier gleichgiltig ist: ebenso wenig

rnit dem Aequinox — begann. Die Brähmanas nennen den Phälguni-

"\ oiimond speciell als den Termin des ersten der drei Tertialfeste :

diese Peste aber fielen auf den Beginn der Hauptjahreszeiten ^),

und es kann , wenn man die bezüglichen Materialien überblickt,

wohl kein emstlicher Zweifel sein, dass das erste derselben den

Frühlingsanfang bezeichnete. So schliesst sich , meine ich , sobald

man jene den Phälguni-Vollmond betreffenden Stellen statt mit

einer allzu ausschliesslichen Vorliebe für Koluren und Präcession

zunächst vielmehr vor allem Andern im Zusammenhang des ganzen

Anschauungskreises betrachtet, in welchen die Ueberlieferang sie

naturgemäss hineinstellt. Alles mit grosser Wahrscheinlichkeit zu

dem Ergebniss zusammen, dass das Neujahr beim Phälgunl-Vollmond

als der das Jahr eröffnende Frühlingsanfang zu verstehen ist*).

Nicht die Verhältnisse des Sonnenlaufs , sondem , wie es bei einem

für astronomische Beobachtungen so wenig interessirten Volke be¬

greiflich ist, die des irdischen Naturlebens sind hier entscheidend gewesen.

1) Jacobi (S. 70) freilich spricht ungenau von einem „himä-Jahr, dessen erster Monat also Phälguna war". In der That mUsste es sich um einen winterlichen Jahresanfang nicht mit dem Monat Phälguna . sondern mit dem diesen Monat halbirenden Vollmond handeln. Dass ganz eigentlich dieser Vollmond als Anfangspunkt zu verstehen ist , zeigen die Stellen , welche den vorangehenden Tag (den Tag der pürve phalguni) als Jabresscbluss bezeichnen.

2) Siehe Weber, die Naxatras II, 329 A. 3. — Maitr. Samh. I, 6, 9 heisst es ausdrücklich : phalgunipürnamäso vä rtünäm mukham.

3) Jacobi (Nachr. der Gött. Ges. d. W. a. a. O. Iff.) benennt die Auffassung, welche den Jahresanfang an den Anfang einer der drei natürlichen Jahreszeiten Indiens verlegt, als die Tertiaitheorie; ihr stellt er seine eigene Auffassung, bei welcher Alles auf die Aequinoctien und Solstitien ankommt, als die Quartaltheorie entgegen. Auf die Argumentation, durch welche er die Tertialtheorie zu widerlegen sucht, kommen wir weiterhin zurück; hier erinnern wir nur daran, wie tief eingewurzelt im Veda und ebenso in der Folgezeit (man vergleiche z. B. Bühler, ZDMG. 46, 74) der vom Naturlauf den Indern so unvermeidlich nahe gelegte Begriff des Tertials ist; und wir fragen dem gegenüber: wo spielt im Veda der Begriff des Quartals und wo der damit unzertrennlich zusammenhängende der Aequinoctien eine Rolle V

4 4*

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636 Oldenberg, Der vedische Kalender, und das AUer des Veda.

Der chronologischen Verwerthung dieses Resultats stellen sich

nun freilich leider recht emstliche Schwierigkeiten entgegen. Der

Phälgunl-Vollmond ist ein so unbestimmtes Datum wie etwa für

uns der Pebruar-Vollmond sein würde, imd der Begritf des Prüblings- cintängs ist nicht viel bestimmter: es liegt auf der Hand, dass aus

der Grleichsetzimg zweier Grössen von so unsicherem Werth sehr

feste Besultate nicht werden abgeleitet werden können. Jacobi") meint, der Frühlingsanfang, an sich selbst nicht scharf ausgeprägt,

habe nur von dem festen Ausgangspunkt des Beginnes der Regen¬

zeit aus, als vier Monate vor demselben liegend, bestimmt werden

können. So würde man , argumentirt er weiter , bei der Annahme

eines gegen Ende Febraar mit dem Phälguna 2) beginnenden Früh¬

lings auf eine Stellung der Nachtgleichen geführt werden , welche

der Zeit von frühestens 600 vor Chr. entsprechen würde; die

Brähmana-Litteratur also — und zwar die ganze Brähmana-

Litteratur , da die betreffenden Zeugnisse , weitverbreitet wie sie

sind , offenbar zum ältesten Bestände derselben gehören — würde

in die buddhistische Zeit gerückt werden : ein Ergebniss aus dessen

Unannehmbarkeit J. schliesst, dass der Phälguna eben nicht als

erster Frühlingsmonat, sondem allein in anderer Eigenschaft den

Anfang des Jahres gebildet haben kann , nämlich als der Monat

des Wintersolstizes •').

Ich muss die Beweiskraft dieser Argumentation dm-chaus be¬

streiten. Man erwäge zuvörderst, dass die vedische üeberlieferang

neben der JahrestheUung in sechs rtu und ihr oifenbar an Alter¬

tbümlichkeit vorangehend eine solche in fünf rtu kennt. Dass

diese Fünftheilung zu einer Sechstheilung mit Eücksicht auf die

12 Monate umgestaltet worden ist, drängt sich von selbst auf

So lange aber die Sechstheilung nicht vorhanden war, braucht auch

die Distanz zwischen Frühlingsanfang und Anfang der Regenzeit

schlechterdings nicht eben auf zwei Jahressechstel d. h. auf vier

Monate bemessen gewesen zu sein. Weiter aber erwäge man, dass

in dem Ansatz des Frühlingsanfangs auf einen Vollmond ^) schon

an sich liegt , dass hier nicht mit dem Ansprach auf vnrkliches,

genaues Zutrefifen nachgerechnet werden darf. Die vedischen

Materialien lassen auch noch direet mit grosser Wahrscheinlichkeit

1) In seinem Aufsatz in den Nachr. der G. G. d. W., S. 2. 3 des Sep.-Abdr.

2) Genau genommen handelt es sich übrigens, wie wir bereits erinnert haben, um den Ph.-Vollmond als an der Spitze des Jahres stehend.

3) Nachrichten u. s. w S. 7 erklärt Jacobi die Cäturmäsyafeier im Phäl¬

guna für ein Frühlingsfest seiner dritten Periode (nach 600 vor Chr.). Auch dies Datum geht durcb die Brähmanalitteratur hindurch: wie steht es hier uun mit der soeben besprochenen Argumentation, dass so „die ganze Brähmana- Litteratur in die buddhistische Zeit gerückt werden würde" (Nachrichten S. 3)?

4) Sollte für diesen Ansatz nicht, wie schon bemerkt, ein sacrales Moment entschieden haben, die im vedischen Ritual so stark hervortretende VorUebe für den Vollmond als Festzeit?

4 « *

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Oldenberg, Der vedische Kalender und das AUer des Veda. 637

so viel erkennen, dass das betreffende Datum für das Frühlingsfest resp. das vier Monate später liegende für das Fest der Eegenzeit,

nach dem Eintreten des Vollmonds hin und hei-schwankend w^ie es

war, doch eher in Gefahr stand dem Naturlauf gegenüber wesent¬

lich zu früh, als zu spät zu fallen. Denn die Vorschrift, den

Eintritt des Frühlings am Phälguna-VoUmond, den der Regenzeit

am Äsädha-Vollmond zu feiern, wird durch die Zulassung des

jedesmal nächstfolgenden Vollmonds, der Caitri resp. Srävani er¬

gänzt: in welcher Bestimmung meines Erachtens nur eine über¬

mässige VorUebe für astronomische Schlussfolgerungen die Erinnerung

an ein Jahrtausende älteres Aussehen des Sternenhimmels finden

kann, während es sich in der^ That offenbar einfach danim handelt,

für den Fall, dass z. B. der Asädha-Vollmond allzu lange vor dem

Avirklichen Beginn dei- Eegenzeit eintritt, statt seiner den dann

eine grössere Annäherung an das Eichtige gewährenden nächsten

Vollmond zu gestatten '). Interpretiren wir das Datum des Phälguna-

1) So wird sich auch der doppelte Ansatz der Buddhisten fiir den Beginn des vassa erklären, Mahävagga III, 2. 3. — Wenn Jacobi (Festgruss 71; Nachr.

der 6. G. d. W. S. 7) den beiden hier besprochenen Festterminen noph einen dritten — VaisSkhi für den Frühling, BhädrapadT für die Regenzeit, Pausl für den Winter — als eine gleichberechtigte Eventualität an die Seite stellt, so scheint er mir diesem von einem Seholiasten referirten Einfall (siehe Weber, Nax. II, 330 f.), dessen Sinn so unerfindlich ist, wie der von zahllosen solchen Einfällen in der vedischen Rituallitteratur , allzu viel Ehre zu erweisen: die Auffassung, dass sich in dieser Notiz der Sternenhimmel einer allerurältesten Periode von 4500—2500 v. Chr. widerspiegele, wird wohl nur dem einleuchten, der von vornherein entschlossen ist, die Präcession als allgemeinen Schlüssel für alle Varianten vedischer Kalenderdaton 7.11 handhaben. — Hier sei auch bemerkt, dass es mir, so lange nicht irgend wolcho andere Momente entscheidend hinzutreten, durchaus bedenklich erscheint, aus den Daten für den Anfang des vedischen Schulsemesters (Festgruss 69) Schlüsse der gleichen Art zu ziehen.

Die Texte verlegen diesen Anfang bald auf die Zeit um das Erscheinen der jungen Kräuter, auf den Vollmond von Srävana, auf den Hasta-Tag des Monats

SrSvana oder auoh in die helle Hälfte des Srävana-Monats im Allgemeinen;

bald sprechen sie vom Bhädrapada-Vollmond oder aucb dem Asädha-Vollmond (Baudh. Dharm. I, 5, 12, 16). Wenn dabei eine Anknüpfung der Schuleröffnung an die Regenzeit in der That hervorzutreten scheint, so haben wir doch keinen Anlass diesen Gesichtspunkt für so alleinherrscbend zu halten, dass man die verschiedenen genannten Termine ohne Weiteres als die Anfangsdaten der Regenzeit in den verschiedenen Jahrtausenden interpretiren dürfte. Schwerlich war die natürliclio Hcileutung der Rogenzeit für die Brahmanenschüler auch nur annähernd so gross wie etwa für die wandernden buddhistischen Mönche.

Das Ende der Schulzeit ist in jedem Fall vom Ende der Regenzeit vollkommen unabhängig und scheint mit einer gewissen Vorliebe in die Gegend des Winter¬

solstizes gelegt worden zu sein. Häufig begegnen wir auch Vorschriften, welche bei Gewitter und Regengüssen die Betreibung des Vedastudiums geradezu aus¬

schliessen: eine Warnung vor allzu übertriebenen Vorstellungen über den Zusammenhang von Regen- und Schulzeit. Man erwäge noch, dass, wer die Bewahrung eines um mehrere Jahrtausend» zurückliegenden Varsa-Termins in den Sütren und dem Rämäyana (IV, 28, 54) für möglich hält, damit doch that¬

sächlich die praktische Unabhängigkeit des Schulbeginns vom Beginn der Regenzeit zugiebt: dadurch aber verliert räckwärts der Schluss, dass.jenes

Bd. XLVIII. 42

(10)

638 Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

Vollmondes im Sinn dieser Erwägungen, so lässt sich meines Er¬

achtens leicht zeigen, dass es mit den herkömmlichen Auffassungen

über das Alter der vedischen Litteratur in voUem Einklang steht.

Nehmen wir als die ältere Brähmanazeit etwa die Zeit um 800

vor Chr. an , und setzen wir weiter den Fall , dass der Phälguna-

VoUmond , dessen Stellung innerhalb eines weiten Gebiets am

Himmel variiren konnte , genau bei seinem Naksatra , den vitare

jihcdgü eingetreten sei '), so würden wir für diesen Vollmond die

Länge von etwa 133", also für die Sonne um dieselbe Zeit die

Länge von 313'*-) erhalten: dies würde auf den 1. bis 2. Pebruar

führen. Man wird nicht bestreiten, dass dies ein sehr annehmbares

Datum für den nordindischen Frühlingsanfang ist, und wird, wenn

vier Monate später der Eintritt der Begenzeit gefeiert werden soll, auch hierin keine Schwierigkeit finden, wenn man sich eben erinnert,

dass das künstlich zurechtgemachte System nicht an allen Stellen

zugleich zum Naturlauf passen kann und dass die vedische üeber¬

lieferung selbst darauf führt, dass diese Reihe von Daten an irgend

einer SteUe dem Bedenken unterworfen war wesentlich zu früh

zu fallen.

Das Eesultat dieser Erwägungen fassen wir dahin zusammen,

dass, wie uns das aus der Krttikäreihe folgende Prühjahrsäquinox

von 2500 vor Chr. durchaus zweifelhaft schien , vdr so auch das

aus dem Phälgunlneujuhr sich ergebende M'^intersolstiz von 4500

vor Chr. für illusorisch halten zu müssen glauben.

Datum eben das Varsa-Datum irgend eines älteren Zeitalters gewesen sein müsse, alle Bewoi.skraft. Wie die Bevorzugung des Gestirns Hasta allem An¬

schein niitli daiiuif beruht, dass dasselbe dem Savitar, dem Herrn der Sävitri gehört (vgl. Gobh. III, 3,9), so mag die Wahl der Prosthapadäs in irgeud einer Rücksicht oder einem Einfall begründet sein , den aufdecken zu können wir uns kaum vorpflichtet fühlen dürfen. Es sei übrigens bemerkt, dass die pürve prosthapadäs in dem Ruf stehen , tejas und brahmavarcasam zu ver¬

leihen (Weber, Nax. II, 389).

1) Wir wissen, wie schon oben berührt worden ist, nicht, wie weit man in der Brähmanazeit exacte Vorstellungen über die Grenzen des Gebietes, innerhalb dessen der Vollmond z. B. Phälguna-VoUmond hiess, besass; und vollends darüber , wo die etwaigen Grenzpunkte liegen , sind wir gänzlich im Unklaren. Helfen wir uns damit, wie ich es hier thue, das Eintreten des Vollmonds in der Länge des betreffenden Gestirns als „Normalfall" anzusetzen, so darf nicht übersehen werden , dass man damit bei den verschiedenen Ge¬

stirnen zu sehr verschiedenen, zu einander nicht passenden Ergebnissen kommt.

Immerhin wird, wenn man die Lage der Utt.-Phalguni in ihrem Verhältniss zu

^Icrjenigen der andern Naksatras in Betracht zieht (man sehe z. B. die Pigur ira Journ. Amer. Or. Soc. VI, 322), in diesem Fall das Eintreten des Voll¬

monds bei dem Gestirn selbst wohl als dem ungefähren Mittel entsprechend angesehen werden dürfen.

2) Nach einer Tafel, die ich der Güte von Prof Kreutz verdanke.

Jacobi's Tafel würdo circa 134" resp. 314" ergeben. Prof. Kreutz belehrt mich, dass die hier anzuwendende Präcessionsconstante (die für 2000 v. Chr.

giltige) 49." 2953 (für 100 Jahre 1" 37, oder für 73 Jahre 1») ist.

(11)

Oldenberg, Der vedUche Kalender und das Alter des Veda. 639

Ich muss bei dem nm das Phälgnni-Neujahr sich bewegenden

Gedankenkreis noch etwas länger verweilen, um mich mit den Con¬

structionen zu beschäftigen, welche Jacobi (Nachrichten etc. S. 8 f.)

auf den Aeusserungen einiger vedischer Texte über die Termine

des Jahresopfers {gaväm ayana) erbaut.

Die Taittiriya Saiphitä (VTI, 4, 8) und nahezu wörtlich gleich¬

lautend das Paiicaviip§a Brähmaija (V, 9) theilt eine Reihe ver¬

schiedener Ansichten darüber mit, wann die vorbereitende Weihe

(diksä) für jenes Opfer zu beginnen hat. Man soU die Ekästakä

(den achten Tag der dunkebi Hälfte des Mägha) wählen. Das hat

aber den Nachtheü, dass man damit in eine leidenvoUe, zerrissene

Gegend des Jahres geräth. Man beginne also am Phälguna-VoUmond,

der an der Spitze des Jahres steht (wörtUch: welcher der Mund

des Jahres ist). Das hat den Nachtheü, dass dann der Visuvant-

Tag in die wolMge Jahreszeit fäUt. So beginne man am Caitra-

Vollmond, der an der Spitze des Jahres steht [der das Auge des

Jahres ist, Pafic. Br.]: dabei ist jeder Nacbtheil vernüeden. Oder

man beginne vielmehr vier Tage vor diesem Vollmond: dann fällt

der Somakauf auf die Astakä, so dass man sich auch diese nicht

entgehen lässt.

Ich versuche , die Motive , auf welchen mir diese Discussion

zu beruhen scheint , kurz zu skizziren '). Der natürUche Anfangs¬

punkt eines Jahresopfers ist der Jahresanfang, und um den Jahres¬

anfang herum bewegen sich in der That sämmtliche in Frage

kommende Termine -). Zweifelhaft kann aber sein, ob der Beginn

der eigentlichen Somapressungen oder schon der Beginn der Diksä

als Anfangspunkt anzunehmen ist. Die erstere Auffassung führt,

wenn man den in der Brähmanazeit so oft genannten Neujahrs¬

termin des Phälgima-Vollmondes zu Grunde legt, für die Diksä

annähemd auf die Asfakä des Mägha, welcher Termin dann, ob¬

wohl er eben nur annähernd zutrifft, doch begreiflicherweise als

ein von besonderer mystischer Heiligkeit erfüllter Tag die Diksä

auf sich gezogen hat. Es waltet dabei aber das Bedenken ob, dass

dann die Diksä in die Zeit so zu sagen des untergehenden Jahres

geräth und der Jahreswechsel die Periode der das Opfer vor¬

bereitenden Weihen zerschneidet. Dies wird vermieden, wenn man

entsprechend der zweiten der oben bezeichneten Auffassungen nicht

die Somapressungen, sondern schon die Diksä am J.iliresanfang, also 1) Dabei stimme ich in einigen Punkton mit Jacobi üborein, was jedes¬

mal in Einzelnen zu bemerken überflüssig sein wird.

2) Dass das Jahr dabei ursprünglich als Sonnenlauf vom tiefsten bis zum höchsten und wieder zurUck zum tiefsten Punkt verstanden worden ist, würdo angenommen werden müssen, wenn die Muhixvratagebräuche mit Recht von Hille bran dt („Sonnwendfeste in Alt-Indien") und mir („Religion des Veda"

444; vgl. auch K.iu«. Br. XIX, 3) als Sonnwendgebräucho aufgefasst sind. In den' Te.ttDU , um die es sich hier handelt , wäre dann — was irgendwann iu jedem Fall geschehen sein muss — der Gedunke an das Jahr in diesom Sinne vor der Rücksiclit auf das im Alit 'gsleben goliiufige Jahr zurückgetreten.

48»

(12)

540 Oldenberg, Der vedüche Kalender wnd da» AUer de» Veda.

nach der in den Brähmaijas vorherrschenden Auffassung am Phälguna-

VoUmond beginnen lasst. Wir sahen aber schon oben, dass bei

der variabeln Lage der einzelnen Vollmonde der Pall eintreten

kann, dass diejenige SteUe des Jahreslaufs, welche der Phälguna-

Vollmond bezeichnen soU , ia der That mit grösserer Genauigkeit

durch den Caitra-Vollmond bezeichnet wird: daher es, vrie erwähnt

freisteht, das erste der drei Tertialopfer an jenem oder an diesem

Vollmond zu feiem. Ganz ebenso alternirt auch hier der Caitra-

Vollmond mit dem des Phälguna: wobei die Texte bemerken, dass

jener in Bezug auf die dann sich ergebende Lage des Visuvant

Vortheüe bietet. ScUiessUch hat man den EinfaU, bei diesem

Termin doch zugleich auch die segensreichen Wirkungen, welche

den A^t&li^ätagen anhaften, sich anzueignen : man braucht nur statt

am VoUmond selbst vier Tage vor demselben mit der Diksä zu

beginnen; dann Mit der Somakauf auf die Astakä.

Mir scheint, das AUes ist auf das Ungezwungenste verständ¬

lich als das Hin- und Hergehen der Meinungen von Theologen,

welche Alle mit einem und demselben Kalender arbeitend bald auf

die eine bald auf die andere Weise die mystische Kraft der kalen¬

darischen Elemente fiir ihre Riten auszunutzen, die Schädlichkeiten

derselben zu vermeiden beflissen sind. Ganz anders Jacobi.

Gewohnt, sich mit Vorliebe in astronomischen Gedankenkreisen zu

bewegen, sieht er das vomehmste Motiv jener Meinungsverschieden¬

heit in der Präcession und in den Veränderungen, welche diese

während eines Zeitraums mehrerer Jahrtausende dem Sternenhimmel

mitgetheüt hat. Von vier theologischen Unterrednera, die er heraus¬

zuerkennen glaubt, lässt er zwei aus den Anschauungen einer ältesten

Periode, 4500—2500 v. Chr. sprechen, die beiden andem dagegen

auf dem Boden einer jüngsten Zeit , etwa von 600 v. Chr. an,

stehen '). Wenn der Phälguna-VoUmond empfohlen vrird , soU er

als uralter Termin des das Jahr eröfihenden Wintersolstizes ge¬

dacht sein : vrir haben zu zeigen versucht, was von dieser Deutung

des betreffenden Vollmondes zu halten istWenn der Caitra-

1) Seltsam, dass wenn schon so Terschiedene chronologische Systeme durch einander gewirrt sein sollen , wohl die Zeit von 4500—2500, aber gar nicht die von 2500—600 dabei vertreten ist.

2) Ich glaube, beiläulig bemerkt, dass wenn man in dem Phälguna-VoUmond den Frühlingsanfang, nicht das Wintersolstiz sieht, sich auch Jacobi's Bedenken .(S. 11) betrelfend die Aeusserung des Paüc. Br. über das Avabhrthabad leicht

erledigt. Dieser Toit wendet gegen den Termin der Ekä.^.takä ein, dass dann das Schlussbad des gauzen Opfers, offenbar wegen der Kälte des Wassers, un¬

behaglich sei; dom entgeht, wer statt der Ekäftakä den Ph.-Vollmond wählt.

Jacobi huzweifelt, dass dieser Unterschied von einigen zwanzig Tagen hinreichen könne dem Wasser eine angenehme Temperatur mitzutheilen. Aber wer die Dlk^ä an Ph.-Vollmond btyinnt. dessen Avabhrtha findot — wenn wir den obigea (S. 638) Ansatz für den Ph.-Vollmond zu Grunde legen, um das Endo d< > nächsten Februar statt. Diiss, wer dann badet, bessere Chancen hat, als wer es 24 Tage vorher thut, wird doch behauptet werden dürfen.

(13)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 641

Vollmond empfohlen wird, soll dies auf einem um mehrere Jahr¬

tausende jüngeren Himmelsaussehen beruhen; das Jahr soll diesmal

mit dem Friihlingsäquinox anheben und dies jetzt in den Caitra

fallen ich wüsste nicht, wo sich in den litterariscben Schichten,

um welche es sich hier handelt, eine Spur solcher dem Frühlings -

äquinox erwiesenen Ehren fände. Hier wie bei einer Reihe weiterer

Aufstellungen, welche im Einzelnen zu verfolgen ich nicht unter¬

nehme -), meint man es vor sich zu sehen , wie der Scharfsinn

Jacobi's sich von der Versuchung fortreissen lässt, mit seinem einen

Schlüssel allzu viele Schlösser öffnen zu wollen. Das Vorrücken

der Nachtgleichen bietet ja, wenn man sich nur den Spielraum der

nöthigen Jahrtausende zu gönnen freigebig genug ist, die Möglich¬

keit, den allerverschiedensten Punkten der Naksatrareihe Bedeut¬

samkeit als Solstitien oder Aequinoctien abzugewinnen; ob die be¬

trelfenden Materialien sich nicht auch ohne eine so gewagte Annahme

wie die des Durcheinanderwirrens mehrerer durch Jahrtausende

getrennter Kalender einfacher und harmloser deuten lassen, wäre

nicht überflüssig gewesen zu fragen.

Von dem um den Phälguna-VoUmond sich bewegenden Kreise

von Betrachtungen wenden wir uns jetzt zu einem Datum, welches

mir bei einer Discussion derjenigen kalendarischen Indicien, die auf

ein sehr hohes Alter des Veda führen könnten, viel ernstlichere

Beachtung zu verdienen scheint als die bisher besprochenen. Eine

bekannte SteUe des Kausitaki Brähmana (XIX, 3) lässt die Sonne

mäghasyämäväsyäyäm in ihrem Lauf inne halten , um sich nach

Norden zu wenden: worauf sie sechs Monate nach Norden geht,

wieder innehält und nun sechs Monate nach Süden geht. Auch

diese Stelle, welche das thatsächUch unter allen Mondphasen sich

1) Man bemerke, wie ganz verschieden bei Jacobi dasselbe Aiterniren von PhSlguna- und Caitra-Vollmond als Jahresanfang, welches ebensowohl in den Bestimmungen über das erste der drei Tertialopfer, wie hier in den Regeln für die DTk.«5 des Jahresopfers auftritt, in beiden Fällen erklärt wird (Nach¬

richten u. s. w. S. 7, 10 f.). Das einemal sollen Caitra und Phälguna die Anfangsmonate des Vasanta (der natürlichen, nicht astronomischen Jahreszeit) in zwei Perioden, Caitra in der älteren (2500—600 v. Chr.), Ph. in der jüngeren (nach 600 v. Chr.) sein ; das anderemal soll Ph. als Rest aus einer urältesten Periode, als Wintersolstizmonat von 4500—2500 v. Chr., neben Caitra als dem Vertreter der ganz jungen Zeit, als dem Monat des Frühlingsäquinoxcs von 600 V. Chr. an stehen. Erweckt ein solches Hin- und Hergreifen, dem die verschiedensten Möglichkeiten so bequem und reichlich zu Gebote stehen, Vertrauen dazu, dass hier ernstliche und haltbare Resultate zu Tage gefördert werden?

2) Durchaus zutreffend scheint mir übrigens Jacobi's Argumentation darüber, dass die Angabe über den Visuvant, welcher bei Anfang der Diksä um den Phälguna-VoUmond , nicht aber bei Anfang derselben um den Caitra-Vollmond in die wolkige Zeit fällt, eher auf die Zeit nach als vor 1000 vor Chr. weist:

ein werthvolles Datum — das einzige, welches mir die in Rede stehenden Stellen wirklich zu liefern scheinen und neben dem auf andere Zeitalter zu recurriren wir, wie ich meine, keinen Anlass haben.

(14)

642 Oldenherg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

hin und her bewegende Solstiz an einen Neumond knüpft, trägt

das Gepräge starker Unkenntniss oder einer nicht minder starken,

etwa aus saöralen Motiven üiessenden Nichtachtung des wirklichen

NaturlaufsSoweit unter diesen Verhältnissen eine chronologische

Verwerthung der Stelle denkbar ist, hängt natürlich Alles davon

ab, ob unter dem Neumond des Mägha d. h. des Monats, dessen

Vollmond in Maghäs steht, der Neumond am Anfang oder am Ende

dieses Monats verstanden vrird. Nach dem späteren Sprachgebrauch

könnte, wie bekannt, allein das Monatsende in Betracht kommen;

die amäväsyä bescbliesst den Halbmonat, die pratipad eröffnet ihn.

Es muss hinzugefügt werden , dass eine Reihe von Stellen eben

dieselbe Auffassung auch als vedisch erweisen -); so wird sich nicht läugnen lassen, dass es das Nächstliegende ist, die in Rede stehende

Angabe in diesem Sinne zu verstehen. Doch fehlt es nicht ganz

an Momenten , welche auch die andere Auffassung als denkbar er¬

scheinen lassen. Man spricht bekanntlich von einer pürva und

uttarä paurnamäsi, und die Ansichten schwanken darüber, ob der

upaväsa auf die pürvä oder auf die uttarä zu legen ist *): ein

Arrangement, welches für das Zeitalter einer noch nicht vollkommen fest ausgeprägten Terminologie wohl auf die Möglichkeit hindeutet,

dass auch von dem Anfang des Halbmonats als dem Voll- resp.

Neumondstag gesprochen werden konnte. Eine Bestätigung scheint

mir dies durch die Argumentation zu empfangen, welche vrir Kaus.

1) Wo man mit einem so variabeln Zeitpunkt wie dem des Mägha-

Neumonds vorlieb nabm um das Wintersolstiz zu finiren, wird man auch, wie hier beiläufig bemerkt sein möge, bei der Bestimmung des himmlischen Pols koine besonders hohen Ansprüche an Genauigkeit gestellt haben. Ein Stern, der nur bei sehr gutem Willen als einigermassen unbeweglich gelten konnte, wird als Polarstern acceptirt worden sein. Es ist mir daher unmöglich, den Schlüssen beizustimmen, welche Jacobi (Festgruss 72 f.) aus dem Fehlen eines nach unsern Massstäben denkbaren Polarsterns in den nicht allerältesten Zeiten zieht.

2) So Taittiriya Sarnhitä VII, 1,4,3, wo die amäväsyä und der ihr folgende Tag ausdrücklich als zwei verschiedenen ardhamäsa zugehörig be- ze'chnet werden, jene mithin als Schluss der Monatshälfte gerechnet ist. — Satapatha Brähmana XI, 1, 1, 7 wird gesagt, dass der Vai.säkha-Neumond unter das Gestirn RohinT fallt, was nur auf den dem Vaisäkha-Vollmond folgenden Neumond passt. — In Sänkhäyana Sraut. XV, 12, 3 ff. (vgl. Weber, Räjasüya 123 f) zeigt der Zusammenhang, dnss die mäghl amäväsyä unmittel¬

bar der hellen Hälfte des Phälguna vorausgeht, also am Schluss des Mägha steht. — Auch die Ausdrucksweise von Äsvaläyana G. II, 3, 1. 2 caturdasyäm päurnamäsyäm vä lässt kaum einen Zweifel, dass die paurnamäsi als fünf¬

zehnte, also den Schlnss des paksa bildende Tithi aufgefasst wurde.

3) Kau.«. Br. III, 1 (vgl. Kätyäyana II, 1, 1; Gobhila I, 5, 3). Den Dissensus über den ujxiväsa hebe ich ausdrücklich hervor, weil es in der in Frage kommenden Stelle des Kaus. Br. heisst, dass die Sonne und ihr ent¬

sprechend die Opfercr am Mägha-Neumond upavasanti: das entscheidet also nicht für die pürvä amäväsyä. — Man vergleiche auch die Berechnung bei Weber, Na.\. II, 343, nach welcher für gewisse Schulen der erste Opfertag des

Gavämayana auf den zweiten einer schwarzen Monatshälfte, der voran¬

gehende Fasttag also auf den ersten fallt.

(15)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 643

Br. I, 3 lesen. Dort liandelt es sich um den Termin des punar¬

ädheya. Es wird die Ansicht erwähnt, dass man für dasselbe um

die Mitte der Regenzeit {madhyavarse) das Gestirn punarvasu,

abpassen solle Dem wird entgegengehalten, dass die Conjunetion

des Mondes mit diesem Gestirn um die betreffende Jahreszeit nicht

in den (für das Opfer günstigen) pürvapaksa fällt. Daher solle

man den auf den Äsädha-Vollmond folgenden Neumond wählen,

wodurch man sich die segensreiche Kraft des Neumonds, der Eegen¬

zeit und des Gestirn: punarvasu zugleich aneignet. In diesem

Ansatz, der von der vorher empfohlenen Mitte der Regenzeit auf

deren ersten Anfang zurückgreift *), liegt doch allem Anschein nach,

dass dieser Termin den Anstoss des aparapaksa vermeidet: was

die Stellung des Neumonds am Anfang des Monats klar implicirt.

Ich möchte keine Entscheidung darüber wagen, ob wir uns

auf Grund dieser Erwägungen in der That für berechtigt halten

dürfen , die Angabe des Kaus. Brähmana über das Wintersolstiz

auf den Neumond vor dem Mägha-Vollmond zu deuten'). Wäre

diese Deutung richtig, so kämen wir damit auf dasselbe Datum,

welches auch dem System des Jyotisa zu Grunde liegt: unzweifel¬

haft nicht als ein für die Zeit dieses gewiss ziemlich jungen Tractats thatsächlich zutreffendes , sondern als ein sei es aus älterer üeber¬

lieferung empfangenes , sei es durch abrundende Systematisirung,

die uns den Schein höheren Alters erwecken muss, entstandenes *).

1) Dies Gestirn selbstverständlich wegen seines Kamens.

2) Ich weise bei dieser Gelegenheit auf die treffenden Bemerkungen hin, die Jucobi, Nachrichten etc. S. 8 über das Datum dieses auf Punarvasu fallenden Neumonds macht. Er zeigt , dass dasselbe sehr alt nicht sein kann.

Offenbar musste auch in einem ziemlich jungen Zeitalter noch ein Stück guten Willens angewandt werden, um dies Datum, das die Rücksichten der Ritual¬

kunst als besonders erstrebenswerth erscheinen liessen, eben noch möglich zu ünden.

3) Auf diese Auffassung läuft auch die indische Exegese der betreffenden Stelle hinaus; siehe Weber, Nax. II, 345 f.

4) Man erwäge, um das bekannte Solstizialdatum des Jyotisa zu würdigen, neben den schon von Whitney (J. R. As. Soc, N. S. I,317ff.) hervor¬

gehobenen Gesichtspunkten noch Folgendes. Im Jyotisa, wo Alles auf die Handhabung eines glatten und flachen Schematismus hinauslief, von Rücksicht illlf dio Wirklichkeit aber nicht die Rede war, musste es sich von selbst ver¬

stehen, dass das Yuga mit dem Beginne eines Sonnenlaufs und zugleich eines

^ondlaufs anzuheben hatte, und dass dieser Nullpunkt des Systems auf den Anfangspunkt eines Nak.«atragebiets fallen musste. Als ersten Monat wäblte man den Mägha, worin schwerlich mehr reelle Bedeutung gefunden werden darf, als allenfalls die, dass der Mägha um die Zeit der Feststellung des Systems an den betreffenden Platz mit grösserer Annäherung passte als der Pausa: was in der That einen recht weiten chronologischen Spielraum lässt. Steht nun der Vollmond des ersten Monats ungefähr beim Centrum des Gebietes von Maghäs, so folgt rechnuncsmässig, dass der das Yuga eröffnende Neumond, sollte er auf den Anfang eines Nak.^atra fallen , sich nur auf den Anfang von Sravisthäs legen liess. Mehr in der betreffenden Angabe zu sehen, hiesso raeines Erachtens einem System, welches durch den Ansatz des fünfjährigen Yuga auf 1830 Tage charakterisirt wird, zu viel Ehre erweisen.

(16)

644 Oldenherg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

Wir würden damit immer noch in sehr frühe Zeit zurückgeführt,

und ich wenigstens würde es für wahrscheinlich halten , dass der

weite Baum , welchen uns die Ungenauigkeit des Datums nach

beiden Seiten hin lässt , durchaus im Sinne der Verschiebung in

eine wemger ferne Vergangenheit ausgenützt werden müsste. Ist

trotzdem das streitige Datum auf den Neumond am Ende des

Mägha zu beziehen, so würden wir in der That in eine wahrhaft

unheimliche Ferne zurückgeführt werden'). Sollen wir das bei eineni

jener Brähmanatexte , die im Uebrigen so junge Daten enthalten

wie die S. fi41. Anm. 2 und S. 643, Anm. 2 besprochenen, wirklich

acceptiren? Sollen wir glauben, dass ein Text derselben Gruppe,

welche beständig auf den Phälgunl-Vollmond als auf den Frühlings¬

anfang hinweist, den Neumond am Ende des Mägha mit dem Solstiz

identificiren, also zwischen Solstiz und Frühlingsbeginn, in schreiendem

Widerspruch mit der Wirklichkeit, nur einen halben Monat rechnen

wird ? Möge hier ein Jeder nach seiner Ueberzeugung urtheilen ;

was mich anlangt, kann ich mich schwer entschliessen, auf Grand

jenes Solstizialdatums — falls es wirklich in der zuletzt bezeich¬

neten Weise zu verstehen ist — die Brähmana-Cultur um einige

Jahrtausende weiter, als ich sonst Anlass zu finden glaube, zurück

zuverlegen ; ich würde eher geneigt sein, das betreffende Datum iu

den monströsen Ungenauigkeiten zu zählen, deren Vorkommen leider

auf dem hier in Rede stehenden Gebiet nicht bestritten werden kann.

Wir hatten es bisher ausschliesslich mit Daten der Brähmana¬

zeit zu thun. Unter ihnen war es namentlich das Neujahr des

Phälguna-Vollmonds , welches Jacobi auf die fernsten Tiefen des

von ihm angenommenen rgvedischen Alterthums , auf die Zeit um

4-500 vor Chr. zurückführt: mit welchem Recht, haben wir zu

zeigen versucht. Wir müssen uns jetzt noch mit zwei Stellen des

Rgveda selbst beschäftigen , aus denen J. das gleiche Resultat ab¬

leiten will. Beide gehören den jüngeren oder jüngsten Partien des

ßgveda an 2); es sind die Vei-se VII, 103, 9 und X, 85, 13. Der

1) Jacobi (Festgruss S. 70, A. 1) unterschätzt dieselbe, wenn er hier das Datum der Ki ttikSreihe wiederzufinden glaubt. Wenigstens wenn wir genau rechnen, ohne vou dem überall nach vorwärts wie nach rückwärts bleibenden unsichem Spielraum Gebrauch zu machen , ergiebt sich ein wesentlich anderes Resultat. Denken wir uns den ganzen Umkreis in 27 gleiche Theile getheilt und betrachten die Krttikäs (das Gestirn selbst, wie auch Jacobi zu thun scheint, nicht einen vor demselben liegenden fingirten Theilpunkt) als Null¬

punkt, so steht der Mond beim MäghT-Vollmond durchschnittlich in 7, die Sonne also in 20.50. Einen halben Monat später, um die Wintersonnenwende, steht sie etwas weiter als bei 21. 50; ein Vierteljahr (= 6. 75 Naksatratheilen) nach diesem Termin , beim Frühlingsäquinox . also nicht in O (bei den Krttikäs), sondern circa in 1. 25: was doch eineu recht erheblichen chronologischen Unterschied bedeutet.

2) Es ist nicht überflüssig dies liervorzuhobeu. Die Argumentation Jacobi's würde uns nöthigen, sogar diese jüngsten Theile des Kv. in jenes fernste Alterthum, das J. für die vedische Cultur zu erschliessen sucht, hinaufzurücken.

(17)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das AUer dea Veda. 645

erste soll ein um die Sommersonnenwende beginnendes Jahr, der

zweite den Eintritt dieses Jahresanfangs unter dem Grestim Phalguni erweisen.

Von den Pröschen, welche den Beginn der Regenzeit stets

richtig wahrnehmen, sagt VII, 103, 9 der Dichter: deoahitirn ju-

gupur dvädaias^ya rtum naro na pra minaniy ete. Jacobi meint,

dvddada köime hier nicht ,das Zwölftheilige' (d. h. das Jahr)

bedeuten, da die zwölftheilige Wesenheit nicht ausdrücklich genannt sei. „Es wird dann immer das Ordinale in seiner eigentlichen

Bedeutung verstanden werden ;' so sei gemeint , dass die Prösche

,die heilige Ordnung hüten, nie des zwölften (Monats) rechte Zeit

vergessen ')* — also Jahreswechsel um den Beginn der Regenzeit).

Ich möchte wissen, was zu der Auffassung berechtigt, dass dvädaJa

seiner eigentlichen Bedeutung nach nur Ordinale ist. Das

Wort heisst (wie entsprechend ekädasa etc.) , zwölftheilig', ,der

zwölfte', „mit zwölf verbunden'. Von einer Grandbedeutung „der

zwölfte' aus liesse sich die Entstehung der andern Bedeutungen

nicht verstehen ; die Grandbedeutung ist aber offenbar zu formuliren

als: „die Wesenheit der Zwölfzahl in sich tragend' — was dann

mit vollkommen gleicher Berechtigung äuf ein Zwölftheiliges wie

auf ein Zwölftes angewandt werden kann. Dass die Nennung des

„Zwölftheiligen" ohne Substantiv, wo das zwölftheilige Jahr ge¬

meint ist, der rgvedischen Dietion unangemessen sei — der rgvedischen

Dietion mit ihrer Neigung, die Dinge nicht geradezu zu nennen,

sondem von Seiten irgend einer mystisch bedeutsamen Eigenschaft

auf sie hinzudeuten : dies zu lesen mag manchem in die Denk- und

Redegewohnheiten des Itgveda eingelebten Vedisten doch ein wenig

Denn von einer Anpassung der Dichter an überkommene kalendarische Vor¬

stellungen , die fiir ihre eigene Zeit nicht mehr zutrafen , kann nicht die Sede sein. Es handelt sich, wie wir sehen werden, um den Eintritt der Eegenzeit

und um das Wiederlautwerden der Frösche. Und, wie Barth bemerkt, „ni

les pluies, ni les grenouilles ne peuvent etre soupgonnies d'avoir, par com¬

plaisance pour un calendrier suranni, recommend, les unes ä tomber, les autres ä sortir de leurs trous quand le soleil itait dans les Phalgunis"

(siehe Barth's Besprechung des ersten Jacobi'schen Aufsatzes, Journ. asiatique, Jan. Febr. 1894, S. 14 des Separatabzugs).

1) Beiläufig bemerkt — warum zieht J. den Genitiv dvädasasya nicht zu devahitim, sondern zu rtum? Als Eegel hat doch zu gelten, dass der Satzbau nach der Pädatheilung zu beurtheilen ist; wo kein gewichtiges Moment und vollends — wie in unserem Fall — wo auch nicht das allergeringste Moment dem entgegensteht, muss nach dieser Eegel interpretirt werden. J. aber bahnt sich so den Weg zu der Paraphrase: „den richtigen Monat, den zwölften, und in ihm den richtigen Zeitpunkt": ein kleiner Vortheil für seine Argumentation, den ihm streitig zu machen nicht ganz überflüssig ist.

2) Genau genommen: Beginn der Eegenzeit im zwölften, nicbt, wie der Tenor von J.'s ganzer Argumentation erwarten liesse, mit dem ersten Monat:

welchen Punkt ins Gleiche zu bringen bei J. ein eigenes Auskunftsmittel nötbig ist, welches das genaue Zutreffen und die Ueberzeugungskraft seiner ganzen Construetion nicht vermehrt.

(18)

646 Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

überraschend gewesen sein. Bedenken wir, dass es sonst in der

älteren Zeit an allen Spuren von einem Jahi-esschluss um den Be¬

ginn der Regenzeit fehlt, bedenken wir weiter, dass das Jahr aus¬

drücklich im Aitareya Brähmana (V, 29) dvädaJa und — was für

unsern Zweck ungefähr ebenso viel werth ist — caturvimda ge¬

nannt wird, so werden wir es, meine ich, für höchst wahrscheinlich

halten, dass das fragliche Wort nicht anders zu verstehen ist als

vrie schon Säyana es verstanden hat : dvädaiasya dvädadamäsät-

maka^sya sarnvatsarasya — wo dann natürlich die Stelle über

einen Jahresanfang nichts aussagt/

Die Argumentation Jacobi's beruht nun darauf, dass in dieses

Glied der Kette, dessen Festigkeit vrir eben geprüft haben, ein

anderes hineingreift. Von der Hochzeit der Süryä wird gesagt

(X, 85, 13), dass man unter dem Gestirn Aghäs (d. h. Maghäs) die

Kühe schlachtete, unter den Arjuni (d. h. Phalguni) die Brautfahrt

hielt. „Es ist nun, denke ich, ohne weiteres klar, dass wenn von

der Hochzeit der Sonne, von ihrem Umzug in das neue Haus ge¬

redet wird, dieser Zeitpunkt nur in den Beginn eines neuen Sonnen¬

umlaufs gesetzt werden kann. Und da nun ein vedisches Jahr, vrie

wir eben sahen '), um die Sommersonnenwende begann , so muss

dieselbe nach obiger Stelle damals in Phalguni angenommen worden

sein." Sollte sich die Phantasie der vedischen Rsis. . damit abgesrebeno o

haben, die Hochzeit der Sonnenjungfrau mit Soma dem Monde an

irgend einen bestimmten Punkt des Sonnen- und Mondlaufs zu

knüpfen, so mag diese Aufgabe wohl als misslich empfunden worden

sein. Dachte man an den Vollmond, so waren Gatte und Gattin

ja eben dann so weit von einander entfernt wie überhaupt möglich;

dachte man an den Neumond , so war der Gatte verschwunden ^).

Muss denn aber der Tag, auf welchen man diese himmlische Hoch¬

zeit , das Prototyp der irdischen Hochzeiten , legte , nach astro¬

nomischen Motiven bestimmt gewesen sein? Liegt es nicht

mindestens ebenso nah, an astrologische zu denken? Die

irdische Hochzeit war wie jeder wichtigere Vorgang des Lebens

abhängig von der Rücksicht auf die heilsame oder schädliche Macht

der Gestirne. Soll das himmlische Gattenpaar seine Hochzeit nicht

unter einem Gestirn gehalten haben, welches auch für menschliche

Hochzeiten als besonders heilbringend betrachtet wurde ? Ein solches

Gestirn aber waren, für die Hochzeit wie für die Anlegung der

heiligen Feuer und für das Pflügen des Feldes, die Phalguni-'):

1) Vorher hatte es gehiessen: „Es liegt nun nahe zu vermuthen, dass diese [die Sommersonnenwende] , ich möchte sagen , wissenschaftlich den Anfang des t)ar«ä-Jahres markirte." Die „naheliegende Vermuthung" hat sich, wie man sieht, schnell zu einem vollgültigen Factum entwickelt.

2) Oder ist die Vorstellung vom Neumond als einem Zusammenwohnen von Sonne und Mond wirklich alt? Ich habe die hier einschlagenden Materialien augenblicklich nicht zur Hand.,

3) Siehe Weber, Naxatra Ii, 294;'365, Anm. 2; 387 f.

(19)

Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda. 647

mag nun diese Geltung derselben auf ihrer so oft von uns be¬

rührten Beziehung zum Frühlings- und damit dem Jahresanfang

oder vrorauf immer sonst beruhen Ist es , wo diese Erklärung

für den "Vers des Süryäliedes sich so leicht darbietet nicbt mehr

als gewagt, ihm eine Datirung „für den Beginn eines neuen Sonnen -

Umlaufs' entnehmen zu wollen'')?

Man beachte schliesslich noch Folgendes. Wenn im Veda von

dem Vollziehen irgend einer ritueUen Handlung unter einem Ge¬

stirn die Rede ist , so ist nach stehendem Sprachgebrauch der

Termin gemeint, an welchem der Mond bei jenem Gestirn steht.

Kein Zweifel , dass auch der uns beschäftigende Rgvers bedeutet,

dass man die Rinder getödtet und den Hochzeitszug gehalten hat,

als der Mond bei Maghäs resp. Phalguni stand*), wie es ebenso

bei der menschlichen Hochzeit die Conjunction der betrelfenden

Gestirne mit dem Monde ist, welche als günstiger Zeitpunkt

empfohlen wird. Jacobi aber versteht die Worte arjunyoh

(= phalgunisu) pary uhyate dahin , dass die Phalguni es waren,

bei welchen die Sonne im Beginn eines neuen Umlaufs stand ^).

Wir glauben schon oben (S. 634, Anm. 4) seine Deutung einiger

Brähmanastellen, welche nach ihm die Phalguni in ihrer Con-

1) Die maghäs, deren Namen man doch wohl um die schlechte Vor¬

bedeutung zu vermeiden aus aghäs (so der Rv.) umgeformt hatte , werden zu den grausamen (krüra) Gestirnen gerechnet; sie stehen mit den Weinenden (rudantaJi) und dom Herabfall (apabhramsa) in Verbindung; ihre beherrschende Gottheit sind die Manen (s. die Materialien bei Weber, Nax. II, 386. 387).

Darum, sowie wegen ihrer Stellung vor den Phalguni, werden sie das Gestirn sein, unter dem man vor der Hochzeit die Kühe tödtet.

2) Barth in seinem oben citirten Artikel (S. 7 des Separatabdrucks) stellt dieselbe gleichfalls als möglichen Einwand der gens de peu de foi gegen Jacobi hin ; nur ist seine Formulirung d'e, dass man hier an den Himmel eine irdische Gewohnheit verlegt habeu könnte de celebrer . . . les mariages de 2>reference et Vepoque de l'annee oit le soleil itait en Maghä et en Plial- guni. Er schwächt das Gewicht dieses Einwandes durch die Bemerkung ab ; la coutume en question ns serait en tout cas pas sanctionnce par le rituel postirieur. Hätte B., wie dies angezeigt war, von der Stellung nicht der Sonne, sondern des Mondes in M. und Ph. gesprochen (s. sogleich im Text), so wäro die letzte Bemerkung ausgeschlossen gewesen.

3) Die zahlreichen Stellen dor Grhyas, die sich mit den für die Hochzeit geeigneten Zeitpunkton beschäftigen, knüpfen zwar mehrfach an den hior be¬

sprochenen Vers des Rv. an, ich finde aber kein Zeugniss dafür, dass man die Sommersonnenwende als günstig betrachtet hätte.

4) Man vergleiche beispielsweise auch die genau zu unserem Vedavers stimmende Stelle des Rämäyana, welche Weber, Nax. II, 305, A. 2 bespricht;

dieselbe zeigt sehr klar, dass es sich um die Position des Mondes handelt.

5) Es wäre ein Nothbehelf, aber doch eben nur ein solcher, sieh darauf zu stützen, dass beim Neumond unter Phalguni ausser dem Mond auch die Sonne sich bei jenem Gestirn befindet. Dies hiesse zu den Textworton, welche einfach sagen , dass bei jener Götterhochzeit der Mond in Ph. stand , hinzu- interpretiren, dass dabei an einen Neumondstag gedacht, und weiter, dass dieser Neumond auf das Sommersolstiz gefallen sei : eine Erklärung, die der Mahnung Goethes im Auslegen munter zu sein allerdings vollauf gerecht werden würde.

4 5

(20)

648 Oldenberg, Der vedische Kalender und das Alter des Veda.

junction mit der Sonne für das Anfangsgestirn des Jahres erlilären,

widerlegt zu haben ; wir haben darauf aufmerksam gemacht , dass

man in der älteren Zeit die Stellung der Sonne durch die Nak¬

satras zu bestimmen überhaupt nicht verstanden zu haben scheint.

So scheint mir Jacobi's Interpretation des Verses von der Süryä-

hochzeit in der That keine sehr grosse Ueberzeugungskraft zu

besitzen.

Jene Interpretation aber ist es, die einer Theorie, welche das

Alter der vedischen Cultur gegenüber der bisher herrschenden

Ansicht um mehrere Jahrtausende zurückschieben würde, als Haupt¬

stütze zu dienen bestimmt ist.

4 5

(21)

649

Bemerkungen zu der sabäischen Vertragsinschrift

Glaser 830 (1076).

Von Fr. Fraetorins.

Vgl. Glaser, Skizze der Geschichte Arabiens 1. Heft S. 87 f.;

Mordtmann, Himjarische Inschriften und Alterthümer S. 121f. ;

Winckler, Altorientalische Forschungen II, S. 186 ff.; D. H.

Müller, Epigraphische Denkmäler aus Abessinien S. 73ff.; Glaser,

Bemerkungen zur Geschichte Altabessiniens und zu einer sabäischen Vertragsinschrift S. 20 ff.

Zu der in neuester Zeit mehrfach behandelten, gleichwohl an

manchen Stellen noch recht dunklen Vertragsinschrift möchte ich

hier einige Bemerkungen machen, die zum grösseren Theil freilich

auch nur Vermuthungen , ein endgültiges Verständniss des Textes

doch hier und da zu erreichen hotfen.

Die von Glaser und Mordtmann gegebene Deutung von aDinjJ

als Kapelle, Ort wohin man in Procession zieht oder

ähnl. scheint recht wahrscheinlich. Es würden auch äthiop. fl'fl

Hochzeit (vgl. AdTl^n — I^'fl'l-fi) und amhar.

"jTl/l^lO ein Fest feiern (Abbadie diet. 620) zu vergleichen

sein; s. auch Guidi, giorn. soc. asiat. ital. III. 16.5.

"OiSN Zl. 3 vielleicht von AV. (j«..c.; dann besser Pfähle als Pfeiler.

•;n:3': Zl. 5 u. 7 scheint hier specialisirten Sinn zu haben

= r:zii2 Hal. 485, 2, wofür zwei Zeilen später ebenfalls

bloss inrs?: (vgl. Bd. 37, 347 f.). So im Chamir mikän schlechthin

Kirche (Reinisch, Chamirsprache II, 78), ausgehend von speciali¬

sirten Ausdrücken wie C^'<\i (f^CjPf^ , «^'OJ .' V"A

u. a. m.

D"nr , das Zl. (! u. S beidemal nach + Dependenz steht,

halte ich für einen den Begritf der Gesammtheit verstärkenden

C.i ■ >

Zusatz (wie im Arabischen ,t«j>l nach JJ + Dependenz). Freytag

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