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263

Noch einmal der vedische Savitar,

H. Oldenberg.

Daß Savitar im ?,gveda nicbt Sonnengott, sondem „Gott An¬

treiber' ist, habe ich ZDMG. 51, 473ff.i) unter Herbeiziebung der

einschlagenden prinzipiellen Probleme zu begründen gesucht. Hille -

brandt hat sich jetzt in seiner Ved. Mythologie III, S. 113 ff., 404

mit derselben Prage beschäftigt. Im ganzen widerspricht er mir

und lehrt, „daß der Sonnengott in seiner Eigenscbaft als , Erreger', in seiner Wirksamkeit der Grund der Personifizierung ist" (S. 124).

So sieht es auch Macdonell Ved. Myth. 34 an. Doch fkllt auf,

daß HiU. sich gelegentlich auch in anderm Sinn äußert. Nach S. 123

legt der Dichter von Rv. IV, 53 und ebenso der von IV, 13. 14

Zeugnis dafür ab, „daß zu seiner Zeit Savitar und Sonne nicht

mehr geschieden waren" : das Ursprüngliche wäre demnach die

Geschiedenheit gewesen.^) Und sehr ausdrücklich S. 404 (vgl. auch

407) bei der Besprechung des deva trätar, dhartar, dhätar etc.:

Götter, welche, wie H. sagt, „einen in gewisser Weise Tätigen

bedeuten, aus deren Mitte Savitar emporgewachsen und zum Sonnen¬

gott erhoben worden ist". Ich wüßte nicht, wie ich meine eigne

Auffassung besser ausdrücken könnte. Nur würde offenbar eine

Differenz bleiben — und die wäre freilich wesentlich genug — in

Bezug auf die Cbronologie jener „Erhebung" : nach H. müßte diese

vor die ygvedische Zeit fallen, nacb mir später.*) Ungeaebtet solcber

einzelner Äußerungen H.'s aber herrscht im ganzen , wie erwähnt,

bei ihm die Ansicht vor, daß der Gott von Haus aus ein Sonnen¬

gott ist. So werde ich mich im folgenden vornehmlich mit dieser

Hauptfrage zu beschäftigen haben.

Die Argumentation H.'s verläuft im Wesentlichen durch Reihen

von Einzelheiten: Einzelheiten des Rituals, einzelne Stellen des

1) Im folgenden als Z. zitiert.

2) Vgl. auch S. 107, wo es heiSt, dafi bei Savitar der etymologischen Bedeutung „schon' engere Grenzen gezogen sind.

3) Womit ich nicht leugnen will, daß Vorstufen von ihr schon im Rv.

sichtbar sein können; s. unten.

(2)

254 Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar.

Ijlgveda. Gewiß müssen die erwogen werden. Aber vor allem Detail,

meine ich, verlangen die großen, beherrschenden Linien der von

uns betrachteten Pigur ihre Würdigung.

Wird man mir das Recht bestreiten, als solche Hauptzüge

zwei hervorzuheben: den absolut klaren Namen, den absolut über¬

wiegenden Vorstellungsinhalt — beides auf das genaueste zu einander

stimmend ?

H. (S. 404) bezweifelt nicht — und ich wüßte wirklich nicht,

wie man es bezweifeln wollte —, daß deva trätar dhartar dhätar

netar, die varütrih devih personifizierte Abstrakta sind, daß ihr Wesen darin liegt, die durch ihren Namen ausgedrückte Tätigkeit auszuüben.

Gehört denn aber savitar nicht in diese Reihe , in die ihn ja

auch, wie wir saben, H. in der Tat, wenigstens für Augenblicke,

stellt? Nicht nur der grammatischen Bildung nach ist dieser

Name einer jenes Kreises — wie er denn auch gern namentlich mit

dhätar zusammen genannt wird —, sondern die Übereinstimmung

der Benennungsweise akzentuiert sich auch in der Neigung, die er

mit jenen andern teilt, das Wort deva vor sich anzunehmen, wohl

,als eine Art Fulerum für die nicht vollkommen hinreichend er¬

scheinende Bezeichnung durch das Nomen agentis' (Z. 477 Anm.).

Wo führt ein andrer solcher Name unsre Deutung iiTe?*) Warum

sollte dieser sie irre führen?

Daß er sie nicht irre führt, bestätigt sich alsdann sofort in

dem zweiten hier hervorzuhebenden Hauptfaktum, in der Vorstellung,

welche der ^Vtext in der großen Masse der Stellen mit Savitar

verbindet. Meist prägt sich diese Vorstellung in ganz bestimmter

Ausdrucksweise aus. Wie Gott Dhätar gern das Verb dha, Gott

Trätar das Verb trä bei sich hat, so hat Gott Savitar immer und

immer wieder sü bei sich, obne Präposition und mit den ver¬

schiedensten Präpositionen, in Verbalformen und in nominalen Ab¬

leitungen: immer wieder ist die Pointe der an ibn sich richtenden

Verse die , daß er antrieb , antreibt , antreiben soll. Es sind die

allerverschiedensten Objekte, auf die sicb dieses Antreiben richtet:

Menschen, Götter, Tiere, Lebende und Tote, Licht und Wasser-)

'■— von der unübersehbaren Fülle der Materialien habe ich Z. 478

1) Vielleicht beraft sich H. auf seineu Mondgott Brahmanaspati. Aber dieser ist eben kein Mondgott, sondem ,HerT des Zauberworts', worauf ich an anderm Ort zurückkomme. Der Fall liegt sehr ähnlich wie der von Savitar. — Hier sei noch bemerkt, dai3 die rgvedische Sprache keineswegs ein Appellativum savitar ,die Sonne' kennt, welches einen Sonnengott Savitar h&tte herbei¬

fiihren können.

2) Daß er die Wnsser antreibt, wird die Veranlassung sein, daß er I, 22, 6;

X, 149,2 (vgl. dazu Gray, Arch, für Religionswiss. III, 21) mit dem Namen des Gottes benannt wird, welcher äiuhimä in den Wassern weilt, ApSm napät.

Dies sei wegen H. 124 Anm. 2 bemerkt, wo gesagt wird, daß sich Savitars Be¬

zeichnung als Apäip napät von einem Sonnengott Savitar sehr gut, von einem bloßen Abstraktum sehr schwer verstehen läßt.

(3)

Oldenberg, Noeh einmal der vedische Savitar. 255

nur eine Auswahl gegeben.Fortwährend aber bestätigt es sich,

daß, wo Savitar erscheint, die Vorstellung des Antreibens im Spiel

zu sein pflegt, wo die Vorstellung des Antreibens erscheint, die

starke Neigung besteht Savitar zu nennen. In diese feste und enge

Verbindung des Antreibers und des Antreibens jedesmal die Vor¬

stellung der Sonne einfügen heißt, scheint mir, das Gedankenbild

mit einem ihm fremden Ballast beschweren, der immer entbehrlich,

oft störend ist.*)

Auch H. übersieht zwar nicht, daß der prasava des Gottes

im 9v. lebhaft betont wird.») Aber dies Faktum muß nicht nur

bemerkt, es muß in die ihm gebührende zentrale Stellung gerückt

werden. Eine mit wenigen Worten feststellbare Tatsache kann dem,

der einer solchen Untersuchung folgt, leicht im Verhältnis zu andern

Tatsachen, die ausführlichere Darlegung verlangen, ein der Kürze

ihrer Erwähnung entsprechendes minderes Gewicht zu besitzen

scheinen. Ich habe den Eindruck, daß der Leser der H.'scben Dar¬

legungen wohl in Gefahr ist, solcher Täuschung zu verfallen. Um

so nachdrücklicher muß betont werden, daß naeh dem Tatbestand

der fgvedischen Erwähnungen des Gottes keineswegs Savitar der

Antreiber und der — nach H.'s Behauptung — solarisch aufzufassende 1) Ich mSchte bier aus der jUngeren Vedaliteratur, die eine nicht weniger nnfibersehbare Menge derartiger Materialien bietet, nur ganz weniges hervor¬

heben. Zanichst die Tdtt. Samh. III , 4, 5, 1 und sonst aich findende Formel, welche die Götter aufzählt und bei jedem angibt, fiber welehe Wesenheiten er ddhipati ist. Wie da süryo divdh, candrdmä ndkfatränäm, söma ösadhi- näm Oberherr ist, »o ist es savita prasavänam. Weiter die an Savitar ge¬

richtete Nivid ÖänkhByana äraut. VIII, 18, wo wir (auf 6 Zeilen von H.'s Aus¬

gabe) leaen satyasavanah, prOsuvat, saiHmani, äsuvam, sävisat. Was alles für Wesen der Gott durch seinen Antrieb in Bewegung setzen öder forttreiben

soll, möge man dort nachlesen. — Im BrhadSranyaka VI, 4, 19 regt SaviUr aucb zur Zeugung an.

2) Schon hier aber möchte ich hervorheben, dafi die Zurttcknihrung des Savitar auf die abstrakte Vorstellung des Antreibens von mir nicht in dem Sinn gemeint ist und nie gemeint war (vgl. meine Rel. des Veda 66), dafi die Abstraktion sich in ahsoluter Reinheit gehalten haben mttfite. Ein Heran¬

treten gewisser konkreter Züge ist, wo die Abstraktion sich einmal als göttliche Persönlichkeit bypostasiert hat, sehr natürlich. 0. Gruppe (Griech. Mythologie 1068f) bemerkt Ober die göttlichen AbstrakU Griechenlands, dafi von Ihnen, weil die Bedeutong des Namens durchsichtig blieb , weniger hänfig Mythen erzählt wurden, als von andem Göttern, .aber der Unterschied ist keinesweg*

absolnt, wie neben vielen gelegentlich auf sie übertragenen persönlichen Zügen;

aucb viele wirkliche Mythen . . . beweisen*. Das gilt, wie sich von selbst!

versteht und hinreichend belegt werden kann, für Indien so gut wie für Griechen¬

land. H. (124) spricht von „Attributen wie hiranyajihva, hiranyapäni, Ayo- hanu VI, 71, 3. 4, welche sebr wenig zu einer rein abstrakt gedachten Person-, liehkdt passen wollen*. Zu einem abstrakten Gott in dem Sinn, um den es sich hier allein handeln kann, passen sie durchaus. H. weist selbst treffend, anf .das Feblen eines Sagenschatzes" (abgesehen von der Begebenheit mit den.

ßbha) bei Savitar hin (133, Anm.); ich brauche kaum bervorzabeben, in wi«.

vollkommenem Einklang das mit meinen Auflassungen steht.

3) Warum spricht er aber von solchen Äufierungen der Texte als von Wort¬

spielen (118)? Icb meine, das ist nicht Spiel, sondern einfacher, gerader Emst

2 i '

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266 Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar.

Savitar einander gleichstehen: jener nimmt vielmehr durchaus den

Hauptteil der Bildfläche ein.

Unsere Untersuchung, welche die Wahrscheinlichkeiten gegen

einander abzuwägen hat, findet also von vom herein einen stärk

tiberwiegenden, anf der Übereinstimmung der signifikantesten Tat¬

sachen beruhenden Antrieb, Savitar als den Gott des prasava zu

deuten.

Ehe wir fragen, ob andere Momente dem entgegenstehen, möchte

ich nur, auf das Z. 479 f Gesagte zurückkommend, von den Be¬

stätigungen sprecben, die Savitar's Auftreten im Opferritual der von

mir verfochtenen Auffassung seines Wesens bringt. Ich habe mich

hier mit einigen Gegenbemerkungen H.'s (119 Anm. 1) auseinander¬

zusetzen.

Als charakteristisch für Savitar bezeichnete ich es, im Ritual

im Eingang größerer Opfer verehrt zu werden, deren Vollzieher so

für den Zweck seines heiligen Werks die Antreibekraft des gött¬

lichen Antreibers auf sich zu lenken suchte. Die Reihe von Bei¬

spielen, die ich gab,^) bliebe gewichtig genug, selbst wenn irgend

ein einzelnes daraus zu streicben sein sollte. Aber hat H. auch

nur eines beseitigt? Da ich mich auf Savitar's Rolle bei der

Präyaniya des Somaopfers bezog, so hält er entgegen: ,Man sieht

hier die Subjektivität der O.'schen Methode. Er übersieht, daß

gerade beim Somaopfer Savitar seine Stellung beim Abendsavana

hat und die Präyaniyä nur eine Hilfszeremonie ist, die das Opfer

einleitet, wie die Udayaniyä es ausleitet . . . und die Gottheiten beider Istis ganz dieselben sind, von der Reihenfolge abgesehen".

Das Wesen der Präyaniyä als einer einleitenden Hilfszeremonie wäre

von mir überseben? Aber ich spreche ja gerade von nichts anderm

als eben von dem typischen Auftreten Savitar's in solchen ein¬

leitenden Riten ! Die Ausleitung aber stellt sich , wie H. selbst

konstatiert, einfach als eine Wiederholung äer Einleitung dar. Auch

im Rv. — wie das begreiflich genug ist — hat ja Savitar die

Funktion , die Bewegung nicht nur anzutreiben , sondern auch zur

Ruhe zu bringen. Wir haben also, wenn man will, in dem Hinweis

auf die Udayaniyä eine Vervollständigung meiner auf Vollständig¬

keit keinen Anspruch machenden Bemerkungen , aber nicbts , das

sich in meine Argumentation nicht auf das glatteste einfügte. Endlich

die SavitaiTerehrang beim Abendsavana des Somaopfers gehört doch

off'enbar auf ein ganz andres Blatt als die hier uns beschäftigende

Gimppe von Riten.^ Savitars charakteristische Eigenschaft, größere

1) Ich füge als ähnlich hier noch hinzu, daß an der Spitze der Feuer- reibnngslitanei (Schwab, Tieropfer 79 etc.) der Savitarvers 1,24, 3 steht. Das Ait. Kr. (1, 16) gibt dazu folgende charakteristische Bemerkung: tad ähur yad

agnaye mathyamänäyänu väcähätha kasmät sävitrim anvaheti. Savitä vai

prasavänam iie savitrprasütä evainam tan manthanti, tasmät sävitrim anväha.

2) Im Sinn H.'s wäre icb Übrigens berechtigt, dem das Abendsavana be¬

trefl'enden Einwand damit zu begegnen, daß die urspriingliche Stelle des Sävitra-

(5)

Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar. 257

Opfer und dergl. so zu sagen als Vorläufer, als Hilfsperson ein¬

zuleiten, ist klarermaßen von seiner Fähigkeit, unter gegebenen

Umständen an irgend einer Stelle eines solchen Opfers auch als

Hauptperson aufzutreten, ebenso sehr verschieden wie damit ver¬

einbar.^) Unter den göttlichen Hauptpersonen der Somafeier nun

figuriert er am Abend, was beiläufig bemerkt seiner Auffassung

als Sonnengott keine sebr starke Unterstützung zu bringen scheint.

Warum gerade am Abend, wissen wir nicht sicher; vermutet kann

vielleicht werden — man vergleiche, was schon H. 102 sagt —,

daß für geringere, möglicherweise auch erst später zum Somaopfer

zugelassene *) Götter leichter beim dritten Savana, neben der Gesell¬

schaft der ViÄve deväs, sich Platz schaffen ließ, als bei den wohl

von altersher fester gefügten und vornehmeren beiden ersten. ^)

Doch darüber denke man wie man will : was wird denn aber durch

all das an meiner Ansicht von Savitar's typischem Erscheinen im

Eingang größerer Opfer geändert ? Und wo steckt die Subjektivität,

deren ich mich schuldig gemacht haben soll?

Eher möchte ich die Deutung subjektiv finden, die H. (117)

den vor dem Eoßopfer ein Jahr hindurch täglich wiederholten Opfer¬

spenden an Savitar gibt: ,auch dieser Zeitraum weist auf den Gott,

der über das Jahr herrscht, hin*. Jener Savitarritus ist nun offenbar

— ganz im Einklang mit dem eben Dargelegten — Vorbereitung

für das Roßopfer. Als Zweck wird denn auch ebenso ausdrücklich

wie unverdächtig angegeben : Savitä ma imarn yajnam prasuväd

iti und dergl. mehr (Z. 480). Nun muß bekanntlich das Opferroß

vor dem Opfer ein Jahr (nach Andern eine kürzere Zeit) umber-

schweifen; während dieser Zeit wird täglich ein bestimmter Kreis

von Riten, darunter die Savitarspenden, wiederholt. Wenn es durch

die Dauer dieser Vorbereitungszeit des Asvamedha gegeben ist, daß

jene Spenden eventuell durch ein Jahr sich hindurchzuziehen haben,

graha ja vielmehr das Morgensavana gewesen sei (vgl. S. 114). Aber H.'s Meinung, dafi dies aus der Legende Kaus. Br. XVI, 2 folgt, mutet unsrer Gläubigkeit an die Brähmanas doch etwas zu viel zu. Ursprünglich, so wird dort erzählt, sei der Ritus des Morgens gefeiert, was zu bösen Konsequenzen fiihrte. Dann des Mittags; die Folgen blieben dieselben. Dann des Abends mit besserem Erfolg. Welchor Leser der Brähmanas kennt nicht Massen von Oeschichten nach genau diesem Schema, und wer wird sie ernst nehmen?

1) H. (118) sagt von den Fällen „wo wir im Ritual Savitar selber als Mittelpunkt einer Handlung trelfen", dafi „wir ihn über die bloQe Gestalt eines Antreibers hinausgelangt sehen". Ich weifi nicht recht, worin sich das bei der Savitarehrung des dritten Savana zu erkennen geben soll; die dabei verwandten Texte wiederholen einmal Uber das andre den Hinweis auf das Antreiben. Zu¬

treffen wird H.'s Bemerkung allerdings auf das Sävitracayana (Taitt. Br. IU, 10;

Äpastamba XIX, 11, Iff), welcher späten rituellen Künstelei kaum besondres Gewicht beizulegen ist.

2) An die Möglichkeit späterer Zulassung denkt, wie ich, auch II. (1.S2).

3) Hängt diese Stellung des Savitar im Ritual damit zusammen, dafi der Uv. ibm mehrfach (I, 35, 10; VI, 71, 4) die Zeit pi-aiidofdm zuweist? Auch das iddhim dhna ujiavdcyah IV, 54, 1 klingt danach, als ob es hierher gehörte.

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258 Oldenberg, Noch einmal der vedisclie Savitar.

soll dann ein Anlaß bleiben, aus dieser Jahresdauer auf solarisches Wesen des Gottes zu schließen?

Nicht triftiger scheint es mir, wenn H. (117) dieselbe Folgerung

aus der mehrfach erscheinenden Darbringung eines Opferkuchens

von 12 Kapälas an Savitar zieht. Es werde dadurch der Gedanke

an die Zwölfzahl der Kapäla bei Opfem für Vaisvänara nahegelegt :

in diesem Gott aber sieht H. eine Form des Sonnengottes. Wäre

damit über Vaisvänara richtig geurteilt, so läge es immer noch

ebenso nahe zu sagen , daß für Sürya die Einzahl des Kapäla gilt,

mithin Savitar sich von ibm in dieser Beziehung unterscheidet.

Weiter wiegt die Zwölfzahl bei Savitar nur vor und herrscht keines¬

wegs ausschließlich; schon H. hat das selbst bemerkt. Wir lesen

z. B. bei Äpastamba XX, 6, 1. 6: Savitre prätar a^täkapälarn nir¬

vapati . . . Savitre prasavitra ekädaJakapälam madhyamdine,

Sävitra äsavitre dvädaäakapälam aparähne. Haben wir nun da

nicht den Schlüssel zur Zwölfzahl? Ofifenbar müssen wir ja doch,

ehe wir die Zwölf des Savitar ohne weiteres mit irgend einer

andem Zwölf vergleichen, die Umgebungen, in denen jene Zwölf

auftritt, untersuchen. Und da weist die Stelle des Apastamba darauf

hin, daß diejenige Zwölf vorliegt, die in so zahllosen rituellen

Spielereien auf eine Acht und Elf folgt, entsprechend der Silben¬

zahl von GäyatrT, Tristubh, Jagati, entsprechend weiter den drei

Kasten, entsprechend der Götterreihe Agni-Indra-Visve deväs etc. etc. ;

ich hebe von unzähligen Zeugnissen der Bitualtexte hier nur ganz

wenige heraus: Ait. Br. II, 23, 4; III, 28; Sat. Br. IV, 2, 5, 20;

Apast. XII, 4, 1. Da ist es wohl begreiflich, daß Savitar, der beim

dritten Savana, mit den Viäve deväs zusammen, seine Verehrung

empfing, zur Zwölfzahl neigte, ganz so wie Vaiävänara, dem ja ein

Teil des Ägnim äratam, ebenfalls beim abendlichen Savana, gehörte.

Danach kann es mir nur als illusorisch erscheinen , wenn H. jene

Zwölfzahl, in allzu rascher Anknüpfung an die zwölf Monate und

an den ihren Gang regierenden Sonnengott,*) zu den Dingen rechnet,

,die gestatten Savitar's Wesen bestimmter" — nämlich in solarischem Sinn — ,zu benennen*.

Alle die Argumente, mit denen wir uns hier beschäftigen,

verlassen die breiten Fundamente, auf denen die Rekonstraktion

der alten Gottesgestalt allein sicher rahen kann; dafür begeben sie

sich in das Reich der kleinen Anklänge, der Berührangen, der Hin¬

deutungen — in diese Sphäre des Nebensächlichen , in der überall

hundert Kombinationen für eine möglich sind, und in der es der

Untersuchung H.'s kaum immer zu gelingen scheint, unter jenen

möglichen Kombinationen die durch die Lagerung der Materialien

als die natürlichste empfohlene zu trefifen. —

1) Vgl. H. II, 113. Brähmanastellen, wie sie dort fiber die 12 Kapllas des VaiivSnara beigebracht werden, können an diesem Urteil nichts ändern.

War einmal die Zahl 12 da, widerstanden die Theologen der Brähmanas dem Sicheindrängen der Jahresidee nicht leicht.

(7)

Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar. 259

Wir verlassen das Gebiet des Rituals und kebren zur Hymnen¬

poesie zurück. Es wurde schon oben hervorgehoben, wie diese in

ihrer vollen Breite die Auffassung Savitar's als des göttlichen An¬

treibers begünstigt. Wir müssen nun (vgl. Z. 481 f ) die von H.

(120 ff.) betonten angeblich entgegenstehenden Äußerungen prüfen,

die in solarischer Richtung zeigen sollen. Daß diese in ihrer Ver¬

breitung keineswegs, wie der Leser der H.'scben Darlegungen leicht

glauben kann, den auf den prasava hinweisenden Zeugnissen auch

nur entfernt gleichstehen, haben wir schon bemerkt. Wir müssen

uns jetzt mit der Art ihrer Verteilung im 5v. und vor allem mit

ihrem Inhalt beschäftigen.*)

.Läßt sich nachweisen*, sagt H. (120), ,daß jene SteUen, die

Savitar's belebende Tätigkeit preisen , älter sind als die anderen

(d. h. als die, weicbe ihm nach H. ,die Merkmale des Sonnengottes*

beilegen), so hat Oldenberg recht*. Gewiß, wenigstens mit Wahr¬

scheinlichkeit. Aber unwillkürlicb kehrt der Leser den Satz auch

um : läßt sich jener Nachweis nicht führen , würde ich unreebt

haben. Und H. selbst äußerst sich äbnlich ; die gleichzeitige Ver¬

herrlichung beider Seiten Savitar's deutet ihm auf die Unmöglichkeit,

zwei aufeinander folgende Perioden, die des Belebers und die des

Lichtgottes, zu unterscheiden (S. 124). Ich muß hier entschieden

widersprechen. Geben wir für einen Augenblick zu — was wir

alsbald doch abzuleugnen Grund finden werden —, daß Savitar

schon im Rv. als Sonnengott auftritt, so würden wir bei Gleich¬

zeitigkeit der betreffenden Zeugnisse mit den andersgearteten eben

nur anzunehmen nötig haben, daß die Weiterentwicklung des Gottes

Antreiber zum Sonnengott vor die Zeit der Texte fällt : dann

würde es ja eben nur das zu Erwartende sein, daß in den Texten

der neue Zug seines Wesens durchaus neben dem alten erscheint.

Was für Schwierigkeiten jener Annahme eventuell entgegenstehen

sollten, wüßte ich nicht.

Doch nun zu den vgvedischen Zeugnissen selbst.

Ich gehe von den Liedern IV, 13. 14 aus, in denen nacb H.

(123) Savitar und Sonne nicht^) geschieden sind; Macdonell (33)

rechnet 14, 2 zu den Stellen, an welchen , Savitar and Sürya appear

to be spoken of indiscriminately to denote the same deity*. Der

Eingang von 13 schildert die Szenerie der Morgenfrühe: Agni hat

der Morgenröte entgegengeglänzt. Die Aävin sollen zum Hause

des Frommen kommen. Sürya geht leuchtend auf. Gott Savitar

hat Lichtglanz erhoben. Mitra und Varuna folgen der Ordnung,

1) Ich erinnere zu diesem Kreis von Fragen noch an die Z. 474 f., 483 f.

von mir teils allgemein, teils mit spezieller Beziehung auf Savitar geführten Untersuchungen darüber, wie sich das Bild eines Naturgottes, der sich zum Agens einer bestimmten Art des Handelns entwickelt, und andrerseits das Bild eines göttlichen Agens, der bestimmte Naturzüge annimmt, von einander unter¬

scbeidet. Ich habe keinen Anlaß diesen Darlegungen hier etwas hinzuzufügen.

2) Genauer sagt H. .nicht mehr' : s. oben 8. 253.

2 4*

(8)

260 Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar.

indem sie den Sürya am Himmel aufsteigen lassen. Der Rest des

Liedes verherrlicht Sürya. Aus alledem soll die Identität von Savitar

mit der Sonne (nach H.) oder gar mit dem Gott Sürya (nach Macd.)

folgen ?i) Mir scheint nichts deutlicher als daß die erstere Identität sich nicht ergibt, die zweite ausgeschlossen wird. Savitar tritt eben

nur unter dem Götterpersonal auf, das bei Sürya's Aufgang be¬

schäftigt ist, neben Agni, üsas, den Aivin, Mitra und Varuna. Mit

diesen zugleich waltet auch er. Er bewirkt, daß Licht aufsteigt.

Aber er ist nicht Sürya; er geht nicht auf wie Sürya; das tut

hier und im ganzen Rv. immer wieder nur Sürya, nie Savitar. 2)

Savitar steht neben Sürya so gut wie Agni etc. neben diesem

steht. Er stebt neben ihm offenbar vermöge seiner uns bekannten

maßgebenden Eigenschaft:') der Antreiber, der alles in Bewegung

1) Wenn nach H. Savitar und Sürya für die rgvedischen Sänger Sonnen¬

götter in der Weise sind, dai3 „jeder Gott als eine durch seinen Namen hestimmt ausgeprägte Individualität gilt und als Sonderwesen empfunden wird", so ist mir eine solche Doublette doch — um mich vorsichtig auszudrücken — nicht eben wahrscheinlich. Gewiß ist es ohne Weiteres denkbar, daß mehrere Götter z. B. regnen oder gewittern ; in dieser Vorstellung liegt keine größere Schwierig¬

keit, als daß mehrere Menscben dieselbe Handlung vollbringen können. Aber hier ist der Fall doch etwas anders. Sürya (d. h. „Sonne") kommt mit seinen Bossen licbtbringend gefahren, Savitar kommt mit seinen Rossen lichtbringend gefahren: nnd der Eine soll nicht der Andre sein, aber der Eine soll so gut wie der Andre die Sonne oder der göttlicbe Beseeler der Sonne sein. Ich bezweifle, daß die Rsis das hätten vorstellen können. Die ünterscheidung von Katurobjekt und Agens, von Sonne und Sonnenbeseeler, hilft über die Schwierig¬

keit nicht binweg; Sürya ist in der Tat gleichermaßen das Eine wie das Andre.

Ebensowenig hilft die Berufung darauf, daß auch Mitra neben Sürya steht, ,der an sich dieselbe Erscheinung bezeichnet' (123, vgl. 127 f.). Wie H. verstebe auch ich Mitra als „alten Sonnengott', aber wie H. meine ich, daß er im vedischen Indien „ganz verblaßt ist', „seine Lebenskraft schon ausgehaucht hat". Für die vedische Zeit kann da von einer Kollision mit Sürya nicht die Eede sein. Wie es in prähistorischer Zeit um die beiden Götter stand, darüber haben unsre Vermutungen leider mehr Spielraum, als wir brauchen, und weniger Anhalt als wir wünscben.

2) Neben den massenhaften Belegen des Rv. für ud-i, uc-car (einmal auch ud-yä) in Bezug auf Sürya und Süra findet sich in der Tat nicbts der¬

gleicben für Savitar. So oft Savitar Licht aufsteigen läßt, ganz wie das von Sürya gesagt wird — Licht aufsteigen lassen kann eben auch ein andrer Gott als dieser —, so durchaus wird die Wendung, die für Sonne und Sonnengott charakteristisch ist, das „Aufgehen", bei Savitar vermieden Daß er dafür zu sehr Agens, zu wenig Naturobjekt sei, wird man nicbt sagen können; ud-i paßt an sich sehr wohl zu persönlichem Subjekt. Bei einem Gott, der nach H. an gewissen Stellen des Kv. , vom Namen abgesehen, sich von Sürya nicht unter¬

scheidet, gibt eine solche Beobachtung doch zu denken. Sio zeigt die Grenze, über welche die Annäherung der beiden Vorstellungsmassen nicbt binaus gegangen ist, und bringt so Auffassungen über deren weit ausoinanderliegende Ausgangs¬

punkte eine Bestätigung, die für sich allein gewiß nicht entscheiden würde, aber ebenso gewiß als Verstärkung anderweitiger Argumentationen beachtet werden muß.

3) Dafür ist bezeichnend I, 124, 1 udydn sürya urviyU jyötir asr et, devo no dtra savitä nv drtham priisävid dvipät prd cdtuspad ityai und VII, 66, 4 süra Udite . . . suvdti savita. Die Funktion des Sürya ist es auf-

2 4 *

(9)

Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar. 261

setzt, was sich bewegt, muß er nicht auch dem am Morgen über

das Himmelsgewölbe sich erhebenden Lichtglanz seinen göttlichen

Antrieb mitgeteilt haben? Ganz ähnlich in Lied 14, das durch

gleiche Verszahl und identischen Schlußvers mit 13 zusammen¬

gehalten wird: aucb hier (v. 2) ist Savitar, der Helligkeit empor-j

steigen läßt und der ganzen Welt Licht bringt, nicht dieselbe'

Gottheit wie der strahlenglänzende Sürya, sondern es sind zwei beii

demselben Vorgang miteinander und mit dem daneben genannten^

Agni etc. gemeinschaftlich beteiligte Gottheiten. Das, meine ich,^

ergibt der Text, liest man ibn unbefangen. Und das bestätigt sich;

in entscheidender Weise, wenn wir auch sonst Savitar und Sürya

engverbunden so nebeneinander stehen seben , daß docb an ibrer

Geschiedenheit kein Schatten von Zweifel sein kann: wie I, 35, 9!

(von Savitar) vSti süry arn, oder 1,123,3 devö no dtra saväd \

ddmünä dnägaso vocati süryäya. Wir haben kein Recht und nicht'

den allermindesten Anlaß, das Verhältnis von Savitar und Sürya

in IV, 13. 14 anders aufzufassen als an diesen Stellen; auch dort

sind die beiden Götter in ibrer Aktion eng aneinander gerückt,

nicht mehr. Daß auf Seiten Savitar's hierbei etwas andres be-j

stimmend gewesen sei als seine Herrschaft über jeden prasava,i

wird durch nicbts nahegelegt. ^

Solcbe Aneinanderrückung kann nun natürlich in verschiedenen^

Fonnen erfolgen : eine andre solche liegt im Lied VII, 63 vor, aufi

dessen dritten Vers sicb H. 124 A. 2 bezieht. Das ganze Liedj

handelt von Sürya und spricbt von diesem — neben der üblichen-

Verherrlichung seines Glanzes etc. — an zwei Stellen in Ausdrücken»

der Savitarphraseologie, v. 2 prasavitä jdnänäm, v. ijdnäh suryena,

prdsütäh : was natürlicb keine Identität beweist (so wenig wie auSj

Agni's gelegentlicher Bezeichnung als Vrtratöter seine Identität mitj

Indra folgt), dafür aber allerdings dazu beiträgt es uns begreiflich,

zu macben, daß zwischen Sürya und Savitar Ähnlichkeit und Zu-j

sammenhang besteht. In diesem Lied v. 3 heißt es nun esd me

devdh savitä cachanda. Dürfen wir mit Macdonell (33) sagen,,

daß hier „Savitar is apparently mentioned as the same god" (wiej

Sürya)? Durchaus nicht. Ich babe schon Z. 482 darauf auf-i

merksam gemacht, wie diese Stelle in der Verwendung des Verbs,

chand sich zu I, 163, 4 oder VI, 28, 5 stellt, wo das Opferroß?

dem Sänger „gleichsam als Varuna erscheint", die Kühe ihm ,als<

Bhaga, als Indra erscheinen". Also wieder nahe Aneinanderrückung,,

nicht mehr. .

Weiter betrachte ich V, 81, in welchem Lied nach H. (120)'

,vom Namen abgesehen, kein Unterschied zwischen Savitar und,

Agni-Sürya ist". Das Lied verherrlicht Savitar und hebt an ihm;

hervor: visvä rüpäni prdti muncate kavih (v. 2). In alieni

zugehen; die Funktion des Savitar ist es, bei Sürya's Aufgang das zu tun, was er auch sonst beständig tut: die Welt in Bewegung zu setzen.

(10)

262 Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar.

Formen betätigt der Gott seine Macht.*) Er ist Mitra (v. 4). Er

ist Püsan (v. 5). Wie kann es verwundem, daß da auch Ausdrücke

begegnen , die den großen Bringer von Leben und Bewegung wie

Sürya erscheinen lassen: vi näkam äkhyat savitä vdrenyö 'nu,

frayärxam usdso vi räjati (v. 2) und — zugleich mit ausdrück¬

licher Unterscheidung der beiden Gottheiten — %Ud süryasya

radmibhih sdm ucyasi (v. 4)? Man muß die Phantasiespiele des

Dichters in ihrer luftigen Leichtigkeit richtig verstehen und nicht

bitteren Ernst mythologischer Gelehrsamkeit aus ihnen herauspressen :

wird man etwa versuchen wollen, mit allem, was V, 3, 1 ff. gesagt

ist, Ernst zu machen?

Nach dem, was wir bis jetzt erkannt baben, darf ich mir er¬

lassen , auf jede einzelne von H. beigebrachte Stelle einzugehen ;

ich glaube, der Leser, den zu überzeugen mir gelungen sein sollte,

wird sich mit jenen Stellen leicht zurechtfinden. Nur ein paar

zerstreute Einzelheiten berühre ich hier noch.

H. läßt Savitar mit seinen Strahlen''^) die Welt zur Ruhe

bringen und zur Tätigkeit treiben (S. 121). Es handelt sich um

IV, 53, 3 niveädyan prasuvdnn aktübhir jdgat. An sich könnte

eine solche Ausstattung des Gottes mit Strahlen — heißt er doch

suryaradmth — auch den Anhänger der ^rowam-Auffassung nicht

im allermindesten befremden. Aber ich glaube, daß vielmehr zu

übersetzen ist „vermittelst der Nächte": das Kommen der Nacht

markiert den Antrieb Savitar's zur Ruhe, ihr Gehen den zur Be¬

wegung. Man vergleiche, daß X, 37, 9 (an Sürya) gesagt wird

ydsya te vidvä bhuvanäni ketunä prd c&rate nl ca viddnte alctdbhih

(hier wie im obigen Vers das Verb ni-vid) : da aber wird teils

durch das gleich folgende dhnähnä die Übersetzung „Nächte' wahr¬

scheinlich, teils durch den andern Süryavers I, 50, 7 dhä mimäno

aktubhih, was H. II, 46 gewiß richtig übersetzt „die Tage mit den

Nächten messend". Man vergleiche zu dem von mir angenommenen

Hinweis auf die Nacht in jenem Savitarvers etwa I, 85, 1 hvdyämi

rätrim jdgato nividanirn (das oben mehrfach wiederkehrende ni-vidV)

hvdyämi devdm savitäram; das. v. 4 (von Savitar) kfsnä rdjärnsi

tdvisim dadhänäh; V, 81, 4 (von Savitar) utd rätrim ubhaydtah

pdriyase. Man berücksichtige aucb , daß IV, 53, 7 (in demselben

Liede, dem der in Rede stebende Vers angehört) Savitar angerufen

wird: sd nah ksapäbhir dhabhid ca jinvatu. So scheint mir der

mit seinen Strahlen die Welt in Bewegung und Ruhe versetzende

Savitar fortzufallen.

Weiter figuriert unter H.'s Stützen für Savitar's Sonnennatur

der im Rbhumythus erscheinende Agohya (S. 115f.). Dieser sei

nach I, 110, 2. 3 mit Savitar identisch; es sei aber kein Grund

von Säyana (zu 1,161,11; IV, 33, 7) abzuweichen, der ihn als

1) Einigermaßen ähnlich ist das Thema von X, 149.

2) Von H. selbst gesperrt.

(11)

Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar. 263

äditya erklärt. Meines Erachtens ganz unsicher oder bedenklich.

Agohya wird der stehend genannt, in dessen Hause die Rbhu schlafen :

I. 161, 11. 13; IV, 33, 7. "Warum sollte das eine andre Persön¬

lichkeit sein als eben ein uns weiter nicht bekannter Mann oder

Heros namens Agohya? W^arum soll es Savitar sein, der gerade

in dieser Geschichte — und in ihr immer wieder — diesen andern

Namen tragen müßte, der ibm sonst nirgends beigelegt wird?

I, 110, 2. 3 beweist nichts für eine solche Auffassung; dort scheint

nur erzählt , daß die Rbhu Zehrung (?) suchend wanderten und

caritasya bhümdnä zu Savitar's Haus gelangten. Worauf dieser

ihnen amftaivdm äsuvat; sie aber, den Agohya rühmend (von dem

sie vielleicht Grund hatten die gesuchte Zehrung zu erwarten),

wanderten weiter — vermutlich zu dessen Hause, wo dann das

Schlafabenteuer stattfand. Die Unterschiedenheit von Savitar und

Agohya scheint klar. Sollte doch, der Wahrscheinlichkeit zum

Trotz, es Savitar selbst sein — vermöge irgend einer Wendung

der Geschichte, die erraten zu wollen aussichtslos wäre —, der

sich hier unter dem Namen Agohya versteckt, so wäre natürlich

die Chance gering, daß ein solcher Märchenzwischenfall mit dem

ursprünglichen Wesen des Gottes in der organischen Verbindung

stände, für welche die alte Lust am Pabulieren, den Mythenforschern

zum Possen, nun einmal nicht die gebührende Vorliebe hat. ünd

über das alles wäre dann weiter für jeden, der nicht ein für alle¬

mal in solarische Vorstellungen eingesponnen ist, der Sprung vom

Namen Agohya zum Sonnengott immer noch mehr als bedenklich.

Was für ein Argument ist es, mit dem H. hier operiert, daß wir

keinen Grund haben Säyana — er hätte auch auf Yäska XI, 16

verweisen können — hierüber nicht zu glauben? Wir fragen um¬

gekehrt: haben wir denn irgend einen Grund ihm zu glauben —

ihm, dessen mythologisches Wissen, ebenso wie das Yäska's, H.

selbst treffend als Triebsand bezeichnet (Bd. III, S. VI)? Nichts

ist klarer, als daß sich in Säyana's Kommentar seine absolute

Unkenntnis der Erzählung, um die es sich handelt, verrät. Für

ihn sind die Rbhu Sonnenstrahlen; das Haus des Agohya, wo

sie weilen, bedeutet dem entsprechend das ädityasya mandalam.

Einer Erklärung dieses Schlages sollen wir allen Grund haben zu

glauben ?

Von „anderen Übereinstimmungen' zwischen Sürya (resp. Vaisvä¬

nara) imd Savitar, die H. erwähnt (131 Anm. 1), berühre ich nur

kurz den beiderseits sich findenden Zug, daß sie als reinigend

{pavitrena, pavitravän u. Ag\) auftreten: eine durchaus nebensäch¬

liche Beilegung, die auch bei einer Reihe andrer Götter erscheint.

Weiter weist H. darauf hin, daß Gobhila (III, 3, 9. 13) von einem

Savitartage spricht Dieser Tag spielt eine bestimmte Rolle beim

Schulunterricht, für den ja — man denke an den Sävitri vers —

Savitar von besonderer Bedeutung ist. Gemeint scheint der Tag,

an welchem der Mond mit Savitai-'s Nak.satra Hasta in Konjunktion

(12)

264 Oldenberg, Noch einmal der vedische Savitar.

steht. Was das mit Savitar's angeblicher Sonnennatur zu tun haben

soll, entgeht mir vollständig.

Bleibt uns nach alledem etwas übrig den solarischen Savitar

des Rgveda im Dasein zu erhalten ? Steigt man zur späteren Zeit

herab , deren Theoretisieren in der Tat Savitar zum Sonnengott

gemacht hat, wie deutlich verrät sich die betreffende Anschauung

alsbald I Gerade dieser Kontrast macht das Pehlen von Ähnlichem

im höheren Altertum doppelt fühlbar. Dort finden wir eben nur

Annäherungen an den Sonnengott, höchst begreiflich bei der natür¬

licben Verknüpfung des Antriebs zu Leben und Bewegung mit der

Morgenstunde , bei der Kraft der Sonne , aufgehend die Welt wie

Savitar zur Tätigkeit anzuspornen , untergehend sie wiederum wie

Savitar zur Ruhe einzuladen : Annäherungen, sage icb , wie sie in

der Sphäre der so gern die Götter unter einander annähernden

Rgvedadichtung ebenso unendlich häufig wie mythologisch nichts¬

sagend sind — Annäherungen, die durch die klar daneben einber-

gebende ünterscheidung in das rechte Licht gestellt werden, ünd

neben diesen Annäherungen dann alle jene geringfügigen Hin¬

deutungen des einen auf das andre , Übereinstimmungen des einen

mit dem andern in irgend einer nebensächlichen Beziehung, welche

Übereinstimmungen in der Regel von selbst verschwinden , läßt

man sich nur Zeit, die in Frage kommenden Züge, ebe man sie zu

Schlußfolgerungen verwendet, aus ihrem eignen Aussehen und aus

der ümgebung, in die sie von Natur hineingehören, zu interpretieren.') Vielleicht ist es mir gelungen zu zeigen, daß die breiten und natür¬

lichen Grundlagen, auf denen die üntersuchung sich aufzubauen

hat, anderswo liegen. Auf ibnen fußend gelangen wir zum Bilde

des göttlichen Antreibers Savitar, der an manchen Stellen des

Rgveda die Tendenz zeigt, sich dem Aussehen eines Sonnengottes

zu näbern, und der später zum Sonnengott geworden ist.

1) Die metliodologiscbe Sachlage vergleicht sich etwa der jenen „Be¬

rührungspunkt' von Soma und Brhaspati (B. I, 409) betreffenden, welchen ich ZDMG. 49, 174 Anm. geprüft habe.

(13)

265

Amitagati's Subhäsitasamdoha.

Sanskrit und Deutsch herausgegeben von

Richatd Schmidt und Johannes Hertel.

Amitagati ist den Sanskritisten schon lange kein Unbekannter

mehr : bereits Colebrooke hat ihn besprochen und die Angabe des

Datums in der Schlußstrophe mit der Chronologie der Fürsten von

Mälwä in Beziehung gesetzt (Miscellaneous Essays II, 53. 462 f.:

, dated in the year 1050 from the death of Vicramaditya, and iu

the reign of Munja, who was uncle and predecessor of Räjä Bhöja').

Über die genaue Festlegung des Datums besteht eine geringe

Meinungsverschiedenheit, indem Leumann (WZKM. XI, 311) und

Goldstücker (Dictionary, p. 366 unter Amitagati) 993 A. D.

angeben, R. G. Bbandarkar (Report, Bombay 1884, p. 4")) und

Duff (Chronology of India, p. 102) 994 nennen, während Bühler

(Epigraphia Indica I, p. 228, Anm. 31) sich auf Grund inschriftlicher

Zeugnisse für 993/94 entscheidet. Bhandarkar spricht noch

einmal — in den Transactions of the Ninth International Congress

of Orientalists, London 1893, I, 425 — über den Subhäsitasamdoha.

ohne indes dessen Datum zu bestimmen; er sagt nur ,was written

in Vikramasamvat 1050'. Nilkantha Janärdan Kirtane endlich

setzt als Abfassungsjahr 994 A. D. an (On three Mälwä Inseriptions.

Indian Antiquary VI, 1877, p. 51). Colebrooke hat 1. c. 462

die Jahreszahl A. D. 993—4, 4j63 aber A. D. 993. Ganz neuerding,r

hat nun Paridit Bhavadatta Sästri, der uns mit seiner .^.u^gabe

des Subhäsitasamdoha in der Kävyamälä (no. 82) zuvorgekommen

ist, in der Vorrede einiges über den Verfasser gesagt. Danach hat

Amitagati sein Werk 994 A. D. gesehrieben, und zwar in Ujjayni;

(p. 4). Daß er außer dem Subhäsitasamdoha noch die Dharma¬

pariksä^) verfaßt hat, ist liingst bekannt; wie es sich rait : einer

Autorschaft bezüglich des Srävakäcära und der anekagmntht'^

verhält, die ihm Bhavadatta außerdem noch in der Vorrede zu-

1) Über diese vgl. X. Mironow, Die Dharmapariksä des Amitag ui.

Ein Beitrag zur Literatur- und Religionsgeschicbte des indischen Mittelalters.

Leipzig 1903 (Straßburger Diss.).

Bd. LIX. IS

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