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(1)Lösung eines Räthsels im Veda

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Lösung eines Räthsels im Veda.

Von K. Koth.

Um anschaulich zu machen, was im folgenden besprochen

wird, erlaube ich mir ein Beispiel zu geben.

Wenn man von Schülers Räthseln das vom Regenbogen und

das vom Weltgebäude so ineinanderschiebt, dass man von jenem

je den ersten und dritten, von diesem je den zweiten und vierten

Halbvei-s nimmt, so entstehen folgende Strophen:

Von Perlen baut sich eine Brücke

Auf unsichtbaren Säulen, Sie baut sich auf im Augenblicke

Und keiner darf drin weüen.

Der höchsten Schiffe höchste Masten,

Ist es mit Kunst gezimmert —

Sie selber trug noch keine Lasten, Die es mit Pracht durchschinunert.

Ein gewöhnlicher Leser wird an der ersten Strophe kaum etwas

aussetzen, höchstens das „drin" fällt ihm auf Die zweite freilich

wird ihm nicht eingehen wollen. Stelleu wir uns aber vor, dass

ein begeisterter Verehrer Schülers , dem die Echtheit der Verse

feststände, mit den Künsten der Exegese vertraut und etwas mystisch angelegt, wie diejenigen die für den Veda eine besondere „Rhetorik",

also auch eine solche Logik in Bereitschaft haben — dass ein so

geübter die Lösung unternähme, so würde es ihm möglich seiu,

das „es" durch eine Beziehung auf „Schiff", den Mangel eines Zelt¬

worts durch Ellipse zu erklären. Und nur für das letzte Hemistich

wird er etwa zur Annahme eines Fehlers gedrängt sein, wenn er

nicht doch — der Ueberlieferung treu in Preud und Leid — das

„die" als Akkusativ auf die vorgenannte Brücke und das „es" wie¬

derum auf das Schiff zu deuten vorzieht.

Denken wir aber solche Strophen in dem keineswegs geläufigen

Sauskrit des Veda, statt in dem verständlichen Deutsch geschrieben,

so wird die Kunst dieses Exegeten noch ungleich mehr Aussicht

1 1

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110 Roth, Lösung eines Räthsels im Veda.

haben die nicht zusaminengehörigen Glieder vortrefflich aneinander zu kitten — nolentes volentes.

Was das Beispiel anschaulich machen soll, das ist wirklich

vorhanden im Rigveda im 44. Lied des fünften Buchs; die Kunst

der Exegeten von Säjana an hat sich auch wirklich bewährt und

die Ghimära hat bis daher für eine richtige Ziege gegolten. Grass¬

mann aUein hat wemgstens Verdacht gehegt, das Lied als schwülstig

und in absichtliches Dunkel gehüllt bezeichnet, damit also

gesagt, dass für ihn kein Sinn zu findeu sei.

Ich gestehe, dass ich diesem verfänghchen Stück stets aus dem

Wege gegangen bin imd wenn ich da und dort von Abschnitten

im Veda redete, die für uns wohl unzugänghch bleibeu werdeu,

weil sie entstellt oder verderbt seien, als ersten Beleg dieses hn

Auge hatte. Kürzlich zwang mich die Reihenfolge der Erklärung

in Vorlesungen dem Räthsel wirkhch zu Leibe zu gehen, und die

einfache Lösung, die ich längst hätte fmden sollen, spiegelt sich in

der obigen Probe aus Schiller.

Wer die dreizehn Verse des Lieds — die drei letzten sind

Anhängsel und leicht verständlich — genau prüft, dem kann nicht

entgehen , dass niemals zwei nebeneinander stehende Pädas

richtig zusammenpassen. Die wenigen Fälle, wo eine leidüche Ver¬

binduug des Sinnes sich herstellen liesse, sind, wie das kombinierte Schiller-Räthsel zeigen kann, ein Spiel des Zufalls.

Im ersteu Vers z. B. fehlt zum ersten Päda ein Zeitwort

ebenso im vierten, wo als Ergänzung „sollen herführen" verlaugt wird, ein verlorenes Glied, das im ganzen Stück uicht zu finden ist.

Dem letzten Päda des 7. Verses muss nothwendig der Name eines

Gottes vorausgehen, dessen Schutz verlangt wird. Uud so weiter.

Dagegen zeigt sich, dass je die ungeraden und die geraden

Viertel auf einen gleichartigen Inhalt deuten, dass also 1 und 3

demselben Zusammenhang entnommen sind und ebenso 2 uud 4

einem andem. Man sehe Vers 4:

Her mögen euch die wohlgeschulten (Rosse) im Lauf zum Opfer —

[führen u. s. w.]

Mit lenkenden, gebieterischen Zügeln — [zum Haus des Opferers

geleitet oder dgl.J

Ebenso fallen in Vers 9 das zweite und vierte Viertel in den¬

selben Gedankengang:

das Somaopfer missräth nicht, iu welchem sie ') aufgespannt ist

wo das Gebet tadellos gefügt ist.

Dieselben Verstbeile stimmen endlicb auch in Vers 13 zusammen:

der schöpft (trinkt) den gauzen Schlauch der Weisheit aus,

wer fleissig repetiert -), der lernt, nicht der Langschläfer.

1) Die mit Fäden oder Gewebe verglicbene lieilige HandluiiK oder Hede.

2) Studiert sva. anüüämi.

1 1

(3)

Roth, Lösung eines Rätlisds im Veda. III

Wer kam aber dazu unvereinbares so wunderlich zusammen¬

zuflicken? imd zu welchem Zweck? Liesse sich diese Frage auch

nicht beantworten, so wäre gleichwohl das was der Augenschein

lehrt, nicht ungeschehen zu machen, es wird uns aber immerhin

erwünscht sein eine Erklärung dafür zu finden, um nicht auf eine

absichtliche Verstümmelung oder Täuschung schliesseu zu müssen.

Und sie liegt ganz nahe. In den Opfer- und Festhtaneien gab es

neben den einfachen und verständlichen Recitationen der heUigen

Lieder auch künstliche ¥md unvernünftige. Zu den letzteren gehörte

nicht blos das sog. düro/iana, das schwierige Hinauf- und Herunter¬

steigen, für welches nach A9valäjana auch unser Lied gebraucht

wurde und worüber das Wörterbuch u. d. W. Auskunft giebt, son¬

dem auch mehrere Arten von Vermengung zweier Lieder durch

Versetzung von Vierteln, Halbversen, Dreivierteln uud ganzen Versen,

bald in einfacher Weise, vihxirana genannt, bald künstlich ver¬

schränkt , vi/atiinarga. Für solche Kunststücke dienten besonders

die Välakhilya - Lieder , welche paarweise kombmirt wurden, sich'

aber auch am ehesten dazu eigneten, da sie wohl zu diesem Zweck

parallel abgefasst sind. Erläuterang über den Hergang findet man

soviel ich weiss am vollständigsten bei Säjana zu Aitareya Bräh¬

mana C, 24, in Haugs Uebersetzung S. 417. Die dort gelehrte

künstliche Versetzung der acht Viertel zweier aus verschiedenen

Liedern genommener Verse , zeigt, wenn man die Viertel des einen

mit 1 bis 4, die des anderen mit 5 bis 8 numeriert, nachstehende

Reihenfolge: 1. 6 — 5. 2 — 3. 8 — 7. 4.

Von einer so verwickelten Anordnung, die ich auch in unserem

Liede zunächst suchte, habe ich nichts entdecken können. Wäre die¬

selbe befolgt, so hätten wir wenigstens den Inhalt der kombinierten

Lieder voUständig, wir müssten nur die Brachstücke ablösen und

richtig wieder zusammensetzen. So günstig trifft es sich nicht.

Was uns vorUegt sind Fi'agmente, wie wenn man zwei beschriebene

Blätter der Länge nach in der Mitte zerschnitten und dann die

Imke Hälfte des ersten mit der rechten des zweiten Blattes zu¬

sammengeklebt hätte. Das ist eine einfachere aber sinnlosere Art

des Kunststücks der Kombinierung, die gleichwohl keine geringe

Anstrengung des Gedächtnisses vom Recitierenden verlangte, deshalb

besonders wirksam und gut belohnt war. Unser Lied ist eine Auf¬

zeichnung, um dabei dem Gedäcbtniss zu Hülfe zu kommen.

Für uns hat die absurde Veranstaltung die Folge, dass wir

um zwei Lieder ärmer sind. Denn aus den zerschnittenen GUedem

Ulsst sich nichts machen, um so weniger als beide Lieder nicht

einfach und leicht gewesen sind. Auch mag der Text , der durch

keiuen Sinn inehr geschützt war, erheblich gelitten haben.

Auf die Komposition des Rigveda fäUt aber dadurch ein neues

Licht, auf d.as wir merken sollten. Wir sehen uns genöthigt das

Lob, das mau nach Vorgang der Inder dem Geschick und der uu-

übertrettlicli(?n ZuverliLssigkeit der Sammler des Rigveda zu spenden

(4)

112 Hoth, Lösung eines Räthsels im Vedn.

pflegte , mit immer meiir Vorbehalten zu umgeben '). Dass unser

Lied, in dieser Form, Aufnahme fand ist ein schwerer Missgriff der

Sammler. Sie durften nach der ganzen Anlage ihres Werkes keine

Litaneien oder was dem gleich ist aufnehmen. Haben sie es zu¬

gelassen, so geschah es, weil sie nicht wussten, dass es aus zweierlei

Tuch zusammengenäht war. Ein neuer Beleg für die Unsicherheit

ihres Verständnisses der Texte; das vedische Ansehen des Stückes

verführte sie. Nur seine Stellung am Schluss eines Anuväka, wohin

sonderbares häufig verwiesen wird , könnte eine ungünstige Ver¬

muthung andeuten.

Es mag wohl sein, dass im Veda grössere oder kleinere Stücke

ähnlicher Art noch auftauchen, wenn man misstrauischer als bisher

und mit immer schärferen Gläsern sucht.

Unwillkürlich erinnert iie Anwesenheit eines solcben Zwitters,

sowie die des halbsinnlosen parodirenden A^vin-Liedes in 10, 106

an ein Fabrikat gleicher ja schlimmerer Art, das sich in das Avesta

eingedrängt hat, das sogenannte Vishtasp Yasht. Wenn jene beide

durch Mangel an Scharfblick der Sammler Eingang fanden, das

Lied 5, 44 für seinen Zweck emst gemeint, das A9vin-Lied ur¬

sprünglich wohl eine Spielerei war , so ist dieses Yasht auf wirk¬

liche Täuschung berechnet, aber auch noch nicht von allen durch¬

schaut. Die Ausleger des Veda wie des Avesta sollten sich durch

solche Thatsachen warnen lassen.

Zum Schluss kann ich ein fabula docet, zugleich ein Wort

zu Grassmauns Gunsten nicht unterdrücken. A. Ludwig sagt in

den Bemerkungeu am Schlüsse unseres Liedes : „Grassmanns Ueber¬

setzung — es ist nicht ganz klar, ob die von v. 13 oder des

ganzen Lieds — zu "discutieren ist nicht der Mühe wert; um die

Worte des Dichters von vorliegendem Süktam zu gebrauchen kann

man nur sagen, dasz Gr. nicht zu denen gehört, die

die anuväkyä sprechen." Lassen wir die harmlosen anu¬

väkyä beiseite, die hier überhaupt nicht hergehören, rmd suchen

des dunkeln Wortes stacheligen Sinn zu fassen, so will L. wobl

sagen, dass Gr. nichts verstehe; er übersetzt ja, weun

auch falsch, in v. 13 „der die anuväkyä spricht versteht disz".

Ort und Anlass dieser Sentenz könnten nicht unvorsichtiger gewählt

sein , nachdem L. soeben einen sinnlosen Text für baare Münze

genommen hat. Er springt mit beiden Püssen, Gr. tritt zögernd

und misstrauisch iu die Schlinge, scheint also doch mehr „ver¬

standen" zu haben. Er ist wenigstens bis zum Zweifel gelangt.

1) Ich verweise .auf meine Abh.indlung in der Ztschr. f. vergl. Sprach¬

forschung '2G, ir> ff.

(5)

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Sah Tahmäsp I. und seine Denkwürdigkeiten

Von F. Tenfel.

Bereits vor mehreren Jahren wies Prof. Sachau gelegentlich

einer Besprechung von Schefer's Ausgabe und Uebersetzung des

Mir Abdü'l-karlm Buchäri (Lit. Centralblatt 1877 sp. 237) nach¬

drücklich auf die Wichtigkeit der Memoirenlitteratur für gründliche

Erforschung morgenländiscber Geschichte hüi und bezeichnete die

Veröffentlichung der einschlägigen Litteratiu-werke als höchst wün¬

schenswerth. Diese Bemerkung, auf 'Abdü'l-karim ohne weiteres

nicht anwendbar, ist an sich gewiss in hohem Grade richtig und

unsre Kenntiüss morgenländiscber Geschichte würde zweifeUos an

Lebendigkeit und Tiefe ungemein gewinnen, wenn die autobiogra¬

phischen Aufzeichnungen von Männem, die in den Geschicken muham-

madamscher Völker eine hervorragende Rolle spielten, allgemein

zugänglich wären. Indess bei dem in den Grundbedingungen morgen¬

ländischen Lebens wurzelnden Mangel an kraftvoUer Entwickelung

des Individuums vermochte dieser Litteraturzweig im Orient nie¬

mals zu jener reichen Entfaltung zu gelangen, die er im Occident

schon früh erreichte, und wir müssen es als eine selten glückliche

Fügung ansehn, wenn das zehnte Jahrhimdert der Flucht aUein,

abgesehn von einigen unbedeutenderen Producten verwandter Art^),

drei Memoiren werke aus der Feder hervorragender muslimischer

Fürsten aufzuweisen hat: Bäbur's Waqäi', Mirzä Haidar's Ta'rich-i

RäSidl und §äh Tahmäsp I. Tadkirat.

Ueber Bäbur's unschätzbares Werk an dieser Stelle mich des

weitem zu äussern wäre überflüssig : durch treffUche Uebersetzungen

ist dasselbe auch dem Nichtorientalisten schon seit geraumer Zeit

erreichbar und Ihninskij's Ausgabe des ßagatai'schen Originals ist

jedem Kenner des Türkischen zur Hand. FreUich bedarfs noch

1) Vorgetragen bei dor 36. Versammlung deutscher Philologen, Schulmänner und Orientallsten zu Carlsruhe.

2) Wie die Tagebücher Sulaimän des Ersten, die Autobiographie Chniru'l- din Pasa's (Barbarossa's) u. a. m.

Bd. XXXVII. 8

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