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„Betreuung an 365 Tagen im Jahr“ – Beispielhaftes Projekt in der Palliativmedizin

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Bayerisches Ärzteblatt 1/2006 37

Ärzte und ihre Realitäten

Die palliativmedizinische Versorgung ist ein The- ma, dem seit einigen Jahren – gemessen an den öffentlich vorgetragenen Willensbekundungen vieler Politiker und anderer Verantwortlicher im Gesundheitswesen – eine zunehmende Bedeu- tung zukommt. Auch in der aktuellen Koalitions- vereinbarung zwischen Union und SPD findet sich dazu eine eigene Passage. In der Realität ist man allerdings längst noch nicht so weit, wie es sich die Patienten und deren Angehörige wün- schen würden. Ändern sollen dies bislang vor al- lem Einzelinitiativen, wie das Beispiel eines neu- en Palliativprojekts, das im Januar 2006 im Landkreis Mühldorf am Inn starten wird, zeigt.

Wir haben mit dem Verantwortlichen, dem Anäs- thesisten Josef Hell, gesprochen.

Herr Hell, wieso haben Sie sich auf Palliativ- medizin spezialisiert?

Hell: Ich habe während meines Medizinstu- diums meinen Vater verloren. Nachdem er vorher viel Leid erlebt hat, konnten wir auf der Palliativstation der Barmherzigen Brüder in München erfahren, dass es möglich ist, je- mandem mit einer guten Schmerztherapie zu helfen. Ab diesem Zeitpunkt hatte mein Va- ter keine Schmerzen mehr.

Und wie kam es dann zu Ihrem palliativme- dizinischen Engagement in Mühldorf?

Hell: Zwei Jahre vor dem Beginn meiner Tä- tigkeit als Assistenzarzt am Krankenhaus in Mühldorf hat mein Chef, Dr. Hans Dwor- zak, den Anna Hospizverein gegründet. Un- ser gemeinsames Ziel war es, Palliativmedizin

vor Ort zu etablieren. Ich habe verschiedene palliativmedizinische Kurse belegt und unter anderem bei Home Care Berlin hospitiert.

Entscheidend war auch meine Weiterbildung am Interdisziplinären Zentrum für Palliativ- medizin in München-Großhadern in den letzten beiden Jahren.

Vor Ort begann mein palliativmedizinisches Engagement im Jahr 2001, als der Anna Hos- pizverein dann ein Haus ersteigern wollte, um dort Hospizplätze für sechs Menschen einzu- richten. Es wurde aber schnell klar, dass das Geld zur Deckung der laufenden Personal- kosten nicht ausreichen würde.

… und da entschlossen Sie sich, eine Alterna- tive zu schaffen?

Hell: Richtig. Ich habe das von der Bundesar- beitsgemeinschaft für Palliativmedizin ent- wickelte Konzept des ambulanten Palliativ- beratungsdienstes vorgestellt und konnte den Vorstand des Hospizvereins überzeugen, dass wir so mit geringen finanziellen Mitteln viele Menschen erreichen können. Gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe habe ich dann ein ent- sprechendes Konzept für den Landkreis Mühldorf am Inn entwickelt, auf das wir sehr stolz sind.

Was ist denn das Besondere an diesem Konzept?

Hell: Eine Besonderheit des Konzepts des Anna Hospizvereins ist es, dass von Anfang an neben einer Palliative Care Schwester eine Sozialarbeiterin hinzugezogen wurde. Darü- ber hinaus arbeitet Dr. Hans Dworzak schon seit Jahren engagiert mit den niedergelasse- nen Hausärzten zusammen und stand auch immer schon dem Krankenhaus beratend zur Seite, wenn es um palliativmedizinische Fra- gen ging. Gemeinsam können wir nun 365 Tage im Jahr ambulante ärztliche palliativme- dizinische Betreuung anbieten. Parallel bieten wir im Krankenhaus Schulungen und Super-

vision für Schwestern und Pfleger an. Dieses Angebot kommt sehr gut an.

Erhalten Sie für diese Tätigkeit und Ihre ständige Rufbereitschaft denn auch eine Ver- gütung?

Hell: Dr. Dworzak hat eine Ermächtigung für den ambulanten Bereich. Wir vetreten uns im Urlaub gegenseitig. Ich möchte so eine gewisse Vernetzung zwischen ambulantem und stationärem Sektor schaffen. Denn im Landkreis Mühldorf am Inn gibt es nun ein- mal keinen niedergelassenen Palliativmedizi- ner. Unser Ziel ist es, vielen Menschen zu er- möglichen, in ihrem Zuhause sterben zu können.

Und die steigende Inanspruchnahme Ihres An- gebotes eines palliativmedizinischen Bera- tungsdienstes gibt Ihnen ja Recht.

Hell: Das sehe ich auch so. Seit drei Jahren nehmen die Anfragen und die Zahl der Ster- bebegleitungen kontinuierlich zu. Allein in diesem Jahr waren es bis Ende Oktober fast 100 Patienten – 80 Prozent starben Zuhause.

Im Gegensatz dazu sterben in Deutschland ja bekanntlich 70 Prozent der Tumorkranken in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Wenn man die Statistik betrachtet, sollten wir damit nahezu alle Menschen im Landkreis ambu- lant erreichen, die Unterstützung brauchen.

Erfreulicherweise sind auch die Spenden an den Anna Hospizverein gestiegen.

Und durch diese Spenden wird es möglich, ab Januar 2006 mit einem sektorenübergreifen- den Palliativ-Team die Betreuung von Pallia- tivpatienten auch in der Kreisklinik zu inten- sivieren.

Mein beruflicher Traum, als Palliativmediziner auf dem Land, sowohl stationär als auch am- bulant tätig zu sein, geht damit in Erfüllung.

Das Gespräch führte Verena Stich (KVB)

„Betreuung an 365 Tagen im Jahr“ –

Beispielhaftes Projekt in der Palliativmedizin

Josef Hell

37.qxp 23.12.2005 15:44 Uhr Seite 37

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