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Archiv "Palliativmedizin - ein ganzheitliches Konzept: Erster Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und der Deutschen Krebshilfe" (14.02.1997)

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Academic year: 2022

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nter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Prof. Dr. Ro- man Herzog fand am 27. und 28. September 1996 der erste Kongreß für Palliativmedizin statt.

Die 1994 gegründete Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin rich- tete den Kongreß in Köln aus. Vor fast 700 Teilnehmer wurde eine breit ge- fächerte Thematik dargestellt, wobei Grundsätzliches in Plenarsitzungen am Vormittag, Teilbereiche und Spe- zielles am Nachmittag in jeweils zwei Parallelsitzungen abgehandelt wur- den.

Entwicklung der Palliativmedizin

Im Jahr 1985 waren etwa zehn Prozent der Todesursachen Krebs- leiden. Nach einer Hochrechnung der Weltgesundheitsorganisation muß bereits im Jahr 2015 mit einem Anteil der Krebsleiden von 15 Prozent ge- rechnet werden. Hinzu kommt, daß im gleichen Zeitraum eine Zunahme der Weltbevölkerung von vier auf sie- ben Milliarden erwartet wird.

Solange die überwiegende Zahl von Krebskrankheiten nicht grund- sätzlich behandelt werden kann – und dieses Ziel ist zur Zeit noch nicht in Sicht –, muß, basierend auf der Hoch- rechnung der WHO, mit einer erheb- lichen Zunahme unheilbarer Krebs- leiden gerechnet werden.

Besonders dramatisch, wenn auch in den Absolutzahlen geringer, wird die Entwicklung der Immun- schwächekrankheit AIDS durch die WHO eingeschätzt. Auch dies ist ein wichtiges Feld für palliativmedizini- sche Ansätze. Daneben befaßt sich die Palliativmedizin unter anderem mit chronischen neurologischen Lei- den wie Multiple Sklerose und Amyotrophische Lateralsklerose im fortgeschrittenen Stadium.

Die heutige Palliativmedizin ist eng mit dem Namen von Cicely Saun- ders verknüpft, einer Ärztin, die 1967 die erste moderne Einrichtung zur pal- liativen Behandlung in London grün- dete (St. Christopher’s Hospice).

Nachdem in den folgenden Jahren weltweit ähnliche Institutionen einge- richtet wurden, geschah dies in Deutschland erst 1983 mit der Eröff- nung einer Station für palliative Thera- pie am Universitätsklinikum in Köln.

Mittlerweile (Stand April 1996) stehen in Deutschland 26 Palliativsta- tionen, 30 stationäre Hospize, sechs Tageshospize, 368 Hausbetreuungs- dienste, 183 Hospizinitiativen mit ins- gesamt 539 Betten zur Verfügung.

Palliative Therapie ist integrierte Behandlung. Medizinisch besteht sie vor allem in Symptomkontrolle, einschließlich individueller Schmerz- therapie. Das Hauptziel dieser Be- handlung ist es, den Kranken in einen Zustand zu versetzen, in dem er wie- der für die ihm verbleibende Zeit am Leben teilnehmen kann. Um dies zu erreichen, arbeiten Ärzte verschiede- ner Fachrichtungen unter Einbezie- hung des Hausarztes mit Kranken- schwestern und -pflegern, Kran- kengymnastinnen und -gymnasten, Sozialdiensten, bei Bedarf auch mit Psychologen, Geistlichen und ande- ren Therapeuten, eng zusammen. Ge- rade im palliativen Bereich sind für den Kranken feste Ziele, wie die Ver- besserung der Lebensmöglichkeiten und der Ermöglichung neuer Lebens- erfahrungen (zum Beispiel die Aus- einandersetzung mit dem bisherigen eigenen Leben und seinem Sinn), von großer Bedeutung, so Schmeling-Klu- das, Hamburg.

Während die Vorträge am Vor- mittag zentrale Themen der Palliativ- medizin behandelten, kam das breite Spektrum der verschiedenen Behand- lungen und Hilfen, insbesondere auch der Pflege im Palliativbereich, in den

Nachmittagssitzungen deutlich zur Darstellung.

Über die außerordentlichen Schwierigkeiten, die es bei der Eta- blierung der Palliativmedizin im eng- lischsprachigen Raum zu überwinden galt, sprach D. Doyle,Edinburgh. Er selbst hat die Verbreitung der Pallia- tivmedizin entscheidend beeinflußt und gefördert. Inzwischen hat sich vor allem in England ein festes Ausbil- dungssystem für die verschiedenen beteiligten Berufsgruppen entwickelt.

Aulbert, Berlin, stellte den zen- tralen Komplex der Symptomkon- trolle in der Palliativmedizin dar. Die unterschiedlichen Organisationsfor- men der Palliativmedizin waren Ge- genstand eines Vortrags von Herbst, Regensburg. Die ethische Dimension der palliativen Medizin umriß Roy, Montreal, in einem vielbeachteten Referat. In einem ergänzenden Bei- trag stellte Klaschik, Bonn, die Eu- thanasiediskussion in Deutschland dar. Einzelne Begriffe wie aktive, pas- sive und indirekte Sterbehilfe so- wie Sterbebeistand wurden definiert.

In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe unter bestimmten Bedin- gungen möglich. Derartige Eingriffe wurden dort inzwischen mehrere tau- sendmal vorgenommen. Auch Fälle nichtfreiwilliger Euthanasie sind be- kannt geworden. Demgegenüber hat die Palliativmedizin weltweit gezeigt, daß sie in der Lage ist, dem Kranken bis zu seinem natürlichen Tod ein Le- ben in Würde zu ermöglichen.

Unsicherheit im Umgang mit Organisationsformen

In einer Podiumsdiskussion wur- de der wichtige und aktuelle Komplex der Finanzierung von ambulanten, teilstationären und stationären Pal- liativ- und Hospizeinrichtungen an- gesprochen. Vertreter der Palliativ-

A-380

M E D I Z I N

(48) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 7, 14. Februar 1997

KONGRESSBERICHT

Palliativmedizin – ein ganzheitliches Konzept

Erster Kongreß der Deutschen Gesellschaft für

Palliativmedizin und der Deutschen Krebshilfe

(2)

A-381

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 7, 14. Februar 1997 (49) medizin, der Krankenkassen und der

Deutschen Krebshilfe, der Bundes- ministerien für Arbeit und Sozial- ordnung sowie für Gesundheit, der Bundesarbeitsgruppe Hospiz und der Krankenhausverwaltungen ka- men zu Wort. Im Ergebnis ließ sich deutlich erkennen, daß bezüglich der Finanzierung derartiger Einrichtun- gen gerade auf Regierungsebene ei- ne große Unsicherheit, oft Hilflosig- keit herscht. Offensichtlich sind in Anbetracht der derzeitigen gesund- heitspolitischen Schwierigkeiten die Probleme besonders groß, mit den verschiedenen Organisationsformen der Palliativmedizin umgehen zu können.

Symptomkontrolle in der Palliativmedizin

In den Parallelsitzungen des Nachmittags wurden neben den Grundprinzipien der Schmerzthera- pie die invasive Schmerztherapie und der problematische Schmerz themati- siert. Noch immer sind die Grundsät- ze einer kontinuierlichen, antezepti- ven Schmerztherapie nicht ärztliches Allgemeingut. Das gilt für das WHO- Stufenschema der Schmerztherapie ebenso wie für die Anwendung und Kombination unterschiedlich wirken- der Schmerzmittel. In den meisten

Fällen kann mit einer ausgewogenen oralen Therapie eine entscheidende Verbesserung des Befindens und da- mit des Lebens insgesamt erreicht werden. Bei höchstens zehn Prozent der Schmerzpatienten ist eine invasi- ve Therapie notwendig und erfolg- reich. Verschiedene Verfahren (per- kutane Neurolyse, neuroablative Maßnahmen, rückenmarksnahe Ap- plikation von Opioiden und anderer Analgetika) gelangen zur Anwen- dung. Eine typische Konstellation ist die perkutane, meist unter computer- tomographischer Kontrolle durchge- führte Zöliakusneurolyse bei fortge- schrittenem Pankreaskarzinom.

Patienten mit problematischen Schmerzen sollten heute Zentren für Schmerztherapie zugewiesen werden, denen das gesamte, breite Spektrum dieser Behandlung und die spezielle Erfahrung mit ihrer Anwendung zur Verfügung steht. Dies gilt vor allem für jene problematischen Schmerzfor- men, die mit der heute wohlausgereif- ten medikamentösen Standardthera- pie nicht ausreichend behandelt wer- den können. Dabei ist zu berücksich- tigen, daß die Dimension derartiger Schmerzen weit in den physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Bereich ausgreifen kann.

Weitere wichtige Themen waren die Appetitlosigkeit, die künstliche Ernährung – wo sind ihre Grenzen in

fortgeschrittener palliativer Situati- on? – sowie die Symptome Übelkeit und Erbrechen. Häufige und quälen- de Krankheitserscheinungen wie Ob- stipation, Obstruktion, Dyspnoe und neuropsychiatrische Symptome wa- ren Themen der Veranstaltung am Samstagnachmittag.

Parallel dazu wurden am Nach- mittag beider Tage die ambulante und stationäre Palliativpflege, die Seelsor- ge in der Palliativmedizin, der The- menkomplex „fortschreitende AIDS- Erkrankung“ und die Kommunikati- on unter den Behandlern angespro- chen.

Analysiert wurden hierbei die hierarchischen Strukturen im Kran- kenhaus und ihre Konsequenzen für die Gruppenarbeit. Teambildung und -kultur, Gruppendynamik und Lei- tungsproblematik waren einige wich- tigen Themen. Kontrovers diskutiert wurde das Thema „ehrenamtliche Helfer“ mit seiner speziellen und viel- schichtigen Problematik.

Viel Interesse fanden Beiträge zur Kunst- und Musiktherapie. In ei- nem bewegenden Referat sprach Frau Jonen-Thielmann über die Be- treuung des Sterbenden.

em.oö. Prof. Dr. med. Dr. med. dent.

Heinz Pichlmaier Lindenallee 5 50968 Köln KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

In einer multizentrischen Fall- kontrollstudie bei jungen Schlagan- fallpatientinnen konnte gezeigt wer- den, daß das Risiko einer ischämi- schen Apoplexie durch die Einnah- me oraler Kontrazeptiva nicht we- sentlich erhöht ist, wenn nicht gleich- zeitig weitere Risikofaktoren vorlie- gen.

Die Autoren untersuchten im Zeitraum von 1989 bis 1993 an 21 verschiedenen Zentren in 17 ver- schiedenen Ländern insgesamt 697 Patientinnen im Alter von 20 bis 44 Jahren und verglichen dieses Kollek- tiv mit 1 962 Kontrollen. Dabei ergab sich insgesamt ein um den Faktor 2,9 erhöhtes relatives Risiko für das Auftreten einer zerebralen Ischämie

bei Einnahme von oralen Kontrazep- tiva (Östrogen/Gestagen-Kombina- tionen).

Jüngere Patientinnen, Nichtrau- cher und solche, die vor Beginn der Kontrazeption Blutdruckkontrollen erhielten, wiesen ein noch niedrige- res Risiko auf, ebenso war eine gerin- gere Östrogenkonzentration des Präparates (< 50 µg) mit einem nied- rigeren Risiko assoziiert. Dagegen ergab sich bei Patientinnen mit einer Hochdruckanamnese ein 10,7fach er- höhtes relatives Risiko. Die Dauer der oralen Kontrazeption hatte kei- nen Einfluß auf die Apoplexierate, auch konnte nach Absetzen der Me- dikation keine Erhöhung des Risikos beobachtet werden.

Die Autoren der Studie sehen bei den ohnehin selten auftretenden zerebralen Ischämien bei Frauen die- ser Altersgruppe keinen wesentli- chen Einfluß einer oralen Kontra- zeption. Sie führen dies im wesentli- chen auf die gegenüber den früheren Jahren deutlich reduzierten Östro- genanteile der Kombinationspräpa- rate zurück, warnen aber trotzdem vor einer Anwendung der Kontra- zeptiva bei Frauen, die die aufgeführ- ten Risikofaktoren aufweisen. acc WHO Collaborative Study of cardiovas- cular disease and steroid hormone con- traception. Lancet 1996; 348: 498–505 Dr. N Poulter, Department of Epidemio- logy and Public Health, University Colle- ge London Medical School; London WC1E 6BT, Großbritannien

Erhöhtes Schlaganfallrisiko durch orale Kontrazeptiva?

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