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«Angst: warum es gut ist, nicht allein zu sein»

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Academic year: 2022

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«Angst: warum es gut ist, nicht allein zu sein»

Predigt zu Apostelgeschichte 27,9-36 am 13. März 2022

«9Mittlerweile hatten wir viel Zeit verloren. Das Wetter wurde allmählich zu gefährlich für längere Seereisen, da es schon spät im Herbst war, und Paulus sprach mit den Seeleuten darüber. 10»Männer, wir werden in Schwierigkeiten geraten, wenn wir jetzt aufbrechen. Uns drohen nicht nur Schiffbruch und Verlust der Fracht, sondern auch Gefahr für Leib und Leben.« 11Doch der Offizier, der für die Gefangenen verantwortlich war, hörte mehr auf den Steuermann und den Schiffseigner als auf Paulus. 12Und da der Hafen an einer ungeschützten Stelle lag - ein wenig geeigneter Ort, um dort zu überwintern - wollte die Mehrheit der Besatzung weiter an der Küste Kretas entlang nach Phönix segeln und den Winter dort verbringen.

Phönix war ein guter Hafen, der sich nur nach Südwest und Nordwest öffnete. 13Als sich dann ein leichter Südwind erhob, dachten die Seeleute, sie könnten es schaffen. Also lichteten sie den Anker und segelten in Küstennähe weiter, an Kreta entlang. 14Doch plötzlich schlug das Wetter um, und ein Wind mit der Kraft eines Wirbelsturms (den man »Nordost«

nennt) kam auf. 15Als es ihnen nicht gelang, das Schiff in den Wind zu drehen, gaben sie auf und ließen es treiben. 16Wir segelten südlich an einer kleinen Insel mit Namen Kauda vorbei, wo wir mit großer Mühe das Rettungsboot an Bord zogen, das wir im Schlepptau mitführten. 17Dann spannten wir Seile um den Schiffsrumpf, um ihn zu sichern. Die Seeleute hatten Angst, zu den Sandbänken der Syrte vor der afrikanischen Küste getrieben zu werden; deshalb warfen sie den Anker aus und ließen sich vor dem Wind hertreiben. 18Am nächsten Tag, als stürmische Winde dem Schiff weiter zu schaffen machten, fing die Besatzung in ihrer Not an, Fracht über Bord zu werfen. 19Am folgenden Tag entledigten sie sich sogar der Schiffsausrüstung.

20Der schreckliche Sturm tobte tagelang, ohne nachzulassen, und verdunkelte Sonne und Sterne, bis schließlich alle Hoffnungen auf Rettung verflogen waren. 21Schon lange hatte niemand mehr etwas gegessen. Da rief Paulus die Besatzung zusammen und sagte: »Männer, ihr hättet von Anfang an auf mich hören sollen. Hättet ihr Kreta nicht verlassen, dann wäre

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euch dieser Schaden und dieser Verlust erspart geblieben. 22Aber lasst den Mut nicht sinken. Keiner von euch wird sein Leben verlieren, obwohl unser Schiff untergehen wird. 23Letzte Nacht stand ein Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, neben mir 24und sagte: `Hab keine Angst, Paulus, denn du wirst auf jeden Fall vor dem Kaiser vor Gericht stehen! Und Gott in seiner Güte hat jedem sicheres Geleit zugesagt, der mit dir segelt.´

25Seid mutig! Denn ich glaube Gott und vertraue darauf, dass es genauso kommen wird, wie er es mir gesagt hat. 26Aber wir werden vor einer Insel Schiffbruch erleiden.«

27Als wir in der vierzehnten Nacht dieses Sturms gegen Mitternacht in die Adria getrieben wurden, merkten die Seeleute, dass Land in der Nähe war.

28Sie warfen das Lot und stellten fest, dass das Wasser nur siebenunddreißig Meter tief war. Etwas weiter warfen sie das Lot noch einmal und maßen kaum achtundzwanzig Meter. 29Und da sie fürchteten, dass wir auf die Felsbänke vor der Küste auflaufen könnten, warfen sie deshalb am Heck vier Anker aus und hofften auf das Tageslicht. 30Dann versuchten die Seeleute, das Schiff zu verlassen, indem sie das Rettungsboot hinabließen, aber so taten, als wollten sie vom Bug aus Anker werfen. 31Doch Paulus sagte zum Offizier und den Soldaten: »Wenn die Seeleute nicht an Bord bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.« 32Da kappten die Soldaten die Seile und ließen das Boot ins Meer fallen. 33Als der Morgen dämmerte, bat Paulus alle, etwas zu essen. »Seit zwei Wochen habt ihr keine Nahrung angerührt«, sagte er. 34»Esst etwas, denn es hilft euch zu überleben. Keinem von euch wird ein Haar gekrümmt werden.«

35Dann nahm er etwas Brot, dankte Gott vor ihnen allen, brach ein Stück ab und aß es. 36Da fassten sie neuen Mut und begannen zu essen…»1

Sie mag keine Hunde. Eigentlich fürchtet die junge Frau sich vor ihnen. Wenn sie bei einem Spaziergang oder einer Velotour einem Hund begegnet, der nicht angeleint ist oder der von einem Bauernhof her bellend auf sie zukommt, möchte sie am liebsten flüchten. Zur Angst hinzu kommt noch Ratlosigkeit, wenn wohlmeinende Hundehalter ihr raten: «Sie brauchen keine Angst zu haben – wissen sie: der Hund spürt, wenn sie sich fürchten.»

1 Apostelgeschichte 27,9-36 (Neues Leben Übersetzung).

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Mit der Angst ist es so eine Sache. Auch wenn Angst an sich eine gute, oft gesunde und gar lebensrettende Reaktion ist (es gibt Hunde, denen man lieber nicht zu nahe kommen sollte), hindert sie uns im Alltag oft daran, frei zu leben. Manchmal schleicht die Angst sich an, manchmal überfällt sie einen unvorbereitet. Gottseidank verschwindet sie oft wieder von selbst, vielfach kann man auch lernen, mit ihr umzugehen und sie an den Ort verweisen, wo sie hingehört: in gefährliche lebensbedrohliche Situationen.

Viele Menschen reden nicht gerne über ihre Angst. Zeugt sie doch – so meinen wir vielleicht – auch ein Bisschen von fehlendem Gottvertrauen und lässt uns schwach erscheinen. Je nachdem, wie wir mit Angst umgehen, wenn wir innerlich gelähmt werden oder im übertragenen Sinn um uns schlagen, macht Angst oft auch einsam.

Nicht immer, aber es kann geschehen, dass wir uns in unserer Angst alleingelassen fühlen, auch wenn wir mitten in einer Gemeinschaft sind. Was selten hilft, ist die gutgemeinte Aufforderung: «Du brauchst keine Angst zu haben?» Oder auch: «Hab keine Angst!»

Ich kann mir deshalb vorstellen, dass die Männer, die mit Paulus mitten im Sturm auf dem Schiff waren, wenig Verständnis für seine Aufforderung aufbringen konnten: «Nun ermahne ich euch, guten Mutes zu sein. Keiner von euch wird ums Leben kommen, nur das Schiff wird untergehen.»2 Was weiss ein Wanderprediger schon über die Gefahren eines Sturms mitten auf dem Meer? Und ist nicht gerade der Untergang eines Schiffes das Schlimmste, das in einer solchen Situation geschehen kann? Keine Aussage also, die die Angst schwinden lässt, nicht einmal, wenn ein Engel des Herrn Paulus erschienen ist. So hatte die Ermutigung von Paulus beim ersten Mal keinen Erfolg.

Was brauchen wir, dass uns Ermutigungen in Situationen voller Angst erreichen? Was hilft uns dabei, aus dem eisernen Griff der Angst herauszukommen, mindestens so weit, dass wir wieder einigermassen atmen können?

Als die Matrosen von Panik überwältigt wurden und der Hauptmann auf dem Schiff hart durchgreifen musste, versuchte es Paulus nochmals: «Bis in die Morgendämmerung hinein, ermunterte Paulus alle, wieder Nahrung zu sich zu nehmen und sagte: heute ist schon der vierzehnte Tag, dass ihr ohne Essen ausharrt und nichts zu euch nehmt. Darum rate ich euch, etwas zu essen, denn das kommt eurer Rettung

2 Apostelgeschichte 27,22.

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zugute. Keinem von euch wird nämlich auch nur ein Haar auf seinem Kopf verloren gehen. Nachdem er diese gesagt und Brot genommen hatte, dankte er Gott vor aller Augen, brach es und begann zu essen. Da fassten alle neuen Mut…»3

Wenn der Sturm durch unser Leben weht, wenn unser Lebensschiff hin und her geworfen wird, kann uns das Angst machen, sogar in Panik versetzen oder in eine Depression versinken lassen. Warum war Paulus eigentlich nicht gelähmt vor Angst?

Warum wollte er nicht in Panik fliehen? Warum war sein Gottvertrauen so gross? Ich vermute zwei Gründe dafür. Einerseits musste er in seinem Leben schon durch viele Situationen gehen, die einem unendliche Angst machen können, und erlebte darin, dass Gott ihn immer bewahrt hat. Er wurde geschlagen und gesteinigt, erlitt dreimal Schiffbruch, trieb einen Tag und eine Nacht auf dem Wasser. Auf seinen Reisen war er Gefahren ausgesetzt: reissende Flüsse und Räuber. Er erklärte den Christen in Korinth: «Es gab Mühsal und Plage, ich ertrug viele durchwachte Nächte, Hunger und Durst, häufiges Fasten, Kälte und Blösse.»4. Zu erleben, wie Gott ihn auch in früheren angsteinflössenden Lebensmomenten nicht im Stich gelassen hat, stärkte sein Gottvertrauen. Vielleicht dachte er bei sich: «Der Gott, der mich bis hierher getragen hat, wird auch mit diesem Sturm fertig.» Ein anderer Grund war vermutlich, dass er wusste, wie Gott ist. Wir lesen in der Bibel viele Aufforderungen und Ermutigungen, uns nicht zu fürchten. Ganz oft sind diese Aufforderungen mit einer Zusage verbunden.

Nicht nur «Fürchte dich nicht», sondern sich nicht fürchten, weil Gott da ist. «Fürchte dich nicht, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir» - so hörte es Josua5, «Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir! Hab keine Angst, denn ich bin dein Gott!» - so kann Jesaja formulieren6 und der Psalmist betet so ermutigend wie kaum ein anderer: «Wandere ich auch im finstern Tal, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir!»7

Um sich aus dem eisernen Griff der Angst zu befreien, kann es heilsam sein, sich an das zu erinnern, was Gott bereits getan hat, und sich bewusst zu machen, wie Gott ist: Immanuel – Gott ist mit uns.

Wo haben wir selbst schon erlebt, wie Angst ihre Macht verloren hat, wenn wir gemerkt haben, wir sind nicht allein: Wir haben einander und Gott selbst möchte bei uns sein?

3 Apostelgeschichte 27,33-36.

4 2. Korinther 11,27.

5 Josua 1,9.

6 Jesaja 41,10.

7 Psalm 23,4.

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«Fürchte dich nicht!» - auch dann, wenn wir wissen, wie Gott ist und was er bereits getan hat, lässt sich diese Aufforderung oft nicht einfach umsetzen. Auf Befehl, auf Knopfdruck hin die Angst loszuwerden und sich ihrem eisernen Griff zu entziehen, ist oft menschenunmöglich.

Ich glaube, diese Aufforderung zur Furchtlosigkeit ist keines jener Gebote, die wir erfüllen müssen, um in der Gemeinde und vor anderen oder vor Gott möglichst gut dazustehen. Vielmehr spricht sie von Gottes Traum für uns und seinem Willen für unsere Leben, von seiner Liebe. Sich nicht zu fürchten, können wir oft nicht selbst tun, aber wir können uns dazu verändern lassen. Gott, der jede und jeden von uns sieht und mit liebenden Augen anschaut, möchte nicht, dass irgendetwas uns in einem eisernen Griff hält. Keine Angst vor bellenden Hunden und Stürmen im Leben, keine Furcht vor schwierigen Situationen Nicht das Böse, keine Schuld und Sünde, keine Last, keine Angst. Nichts soll uns im Griff haben und wir selbst müssen nichts im Griff haben. Ich glaube, Gottes Traum für uns alle ist eine Freiheit mit entspannten Händen und offenen Armen. Unsere Angst muss uns nicht mehr in ihrem eisernen Griff halten, denn unser Gott nimmt uns sanft bei der Hand und umfängt uns mit seinen liebenden Armen.

Amen.

Pfrn. Yvonne Szedlàk-Michel, 13. März 2022, SDG

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