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Auch trifft es nicht zu, "dass es Heisenberg bis dahin versäumt hatte, sich offen und deutlich über die Begleitumstände und Motive seines damaligen Besuchs zu äußern.&#34

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Leserbrief

Zu: „Bohrende Fragen“ von Alexander Pawlak, März 2002, Seite 7 und „Drama ohne Ende?“ von Bernd Gausemeiner und Michael Schüring, April 2002, Seite 54-57

Der Bericht von A. Pawlak ist im großen und ganzen korrekt, berücksichtigt jedoch nicht ausreichend die Erklärungen, die sich für die von Bohr geäußerten Ansichten aus Heisenbergs Darstellungen zum Verlauf des Gesprächs ergeben. Auch trifft es nicht zu, "dass es Heisenberg bis dahin versäumt hatte, sich offen und deutlich über die Begleitumstände und Motive seines damaligen Besuchs zu äußern." Heisenberg hat das bereits 1947 bei seinem in Begleitung eines englischen Offiziers durchgeführten Besuch bei Bohr versucht, musste aber erkennen, dass ihm seine Erklärungsversuche nicht abgenommen und als Ausreden oder Erinnerungsfehler interpretiert wurden. Bohr blieb bei seiner abweichenden Darstellung.

Danach hatte Heisenberg den Eindruck, Bohr und er hätten beschlossen, die Geister der Vergangenheit ruhen zu lassen und sich den Aufgaben der Zukunft zuzuwenden. Die jetzt veröffentlichten Entwürfe nicht abgesandter Briefe Bohrs zeigen, dass der missglückte Besuch Heisenbergs Bohr weiterhin intensiv beschäftigte, was Heisenberg nicht wusste. Auch Heisenberg bedauerte lebenslang, dass die entstandenen Missverständnisse zwischen ihm und Bohr nicht hatten ausgeräumt werden können, wenn auch das freundschaftliche Verhältnis zwischen ihnen weiterhin bestand.

Auch dem Artikel „Drama ohne Ende?“ ist mit wenigen Einschränkungen weitgehend zuzustimmen. Dass Wissenschaft auch im „Dritten Reich“ ein kollektiver Prozess war und dass der Erfolg großtechnischer Projekte, wie es die Erprobung und Anwendung von Methoden zur Entwicklung von Atomwaffen im Zweiten Weltkrieg war, von gruppendynamischen Prozessen und Koordinationsproblemen abhing, ist sicher richtig.

Ebenso richtig ist aber auch, dass es bei der Antwort auf die Frage, ob der Bau von Atomwaffen in einer übersehbaren Zeit überhaupt technisch möglich war, auf die Größe der kritischen Masse ankam und dass bei Beginn des Krieges nur ganz wenige Physiker in Deutschland zu deren Berechnung in der Lage waren. Es wurde stets auf Heisenbergs Berechnungen zurückgegriffen.

Dass die Bedeutung von Handlungen von der politischen Situation abhängt, wie die Autoren feststellen, ist natürlich ebenfalls richtig. Aber diese Situation wird von verschiedenen Akteuren unterschiedlich wahrgenommen, und so ist auch die Interpretation der Bedeutung unterschiedlich. So standen für Bohr Heisenbergs besorgte Bemerkungen über Bohrs Boykott deutscher Einrichtungen im Vordergrund. Heisenbergs Besorgnis ergab sich aus dem im September 1941 (fast ganz Europa war besetzt, deutsche Armeen waren nach großen Siegen auf dem Weg nach Moskau, die USA waren neutral) nahezu unvermeidbar erscheinenden Sieg Deutschlands, aber für Heisenberg war dies bei seinem Besuch nur ein Nebenthema.

Sein Hauptinteresse galt einer (allerdings nur verschlüsselt führbaren) Diskussion über die Fragen, die von der gerade erkannten prinzipiellen Machbarkeit von Atomwaffen aufgeworfen wurden. Dass sein Freund Bohr diese Diskussion abbrach, kaum dass sie begonnen hatte, erfüllte ihn mit tiefer Traurigkeit, ja Verzweiflung. Es stimmt: Heisenbergs Naivität bestand darin, dass er geglaubt hatte, das persönliche Verhältnis zwischen ihm und Bohr sei 1941 noch dasselbe wie 1926.

Wissenschaftshistorisch kann die Episode des Besuchs Heisenbergs bei Bohr – wie durch die Autoren geschehen – „als ein Steinchen in einem großen Mosaik“ angesehen werden. Für das Bild vom menschlichen Charakter Heisenbergs sind die aus der Betrachtung dieses Steinchens durch einige Historiker und Journalisten öffentlich gezogenen Schlussfolgerungen jedoch von

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so tiefgreifender Bedeutung, dass es notwendig ist, dort korrigierend Stellung zu nehmen, wo Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, die widerlegt werden können oder die im Zusammenhang mit den Zeitereignissen in einer anderen Weise interpretiert werden müssen.

Hierher gehört vielleicht auch Heisenbergs Reise nach Krakau auf Einladung des ihm seit seiner Pfadfinderzeit gut bekannten Generalgouverneurs Hans Frank. Hier muss berücksichtigt werden, dass Heisenberg von der SS und der Partei weiter mit aufmerksamem Misstrauen beobachtet wurde. Die Ablehnung der Einladung seines Jugendgefährten, der in der Nazi-Hierarchie einen hohen Rang bekleidete, wäre gefährlich gewesen. Andererseits konnte seine Fürsprache bei nicht auszuschliessenden künftigen Gefährdungen Heisenbergs und seiner Mitarbeiter von Nutzen sein. Die Autoren fragen, ob Heisenberg klar gewesen sei, dass Frank „im selben Jahr die Einwohner des Krakauer Ghettos in den Tod geschickt hatte.“

Wer die Nazi-Zeit noch selbst bewusst erlebt hat, weiss, dass diese Frage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit „Nein“ zu beantworten ist. Woher sollte Heisenberg das gewusst haben? Die von den Nationalsozialisten verübten Verbrechen in den besetzten Gebieten wurden in Presse und Rundfunk nicht erwähnt und unterlagen strikter Geheimhaltung. Auch die mündliche Weitergabe solcher Nachrichten unterlag als „Greuelpropaganda“ oder

„Untergrabung des Wehrwillens“ schwersten Strafen. Aber selbst wenn Heisenberg durch vertrauliche Verbindungen – etwa durch Mitglieder der „Mittwoch-Gesellschaft“ – davon erfahren hätte, hätte er sich auf dieses Wissen nicht berufen können.

Prof. Dr. Klaus Gottstein

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