• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "AIDS: Der Wissensstand 1990" (04.10.1990)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "AIDS: Der Wissensstand 1990" (04.10.1990)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

K N RESSBERICHT

AIDS: Der Wissensstand 1990

S

pektakuläre Neuigkeiten wur- den nicht vorgetragen auf dem VI. Internationalen Aids- Kongreß, der vom 20. bis 24.. Juni in San Francisco (Kalifornien, USA) stattfand. Dafür aber eine Vielzahl von Einzelergebnissen, die bisherige Erkenntnisse über die Immunschwä- chekrankheit und ihre Behandlung bestätigen, vervollständigen und er- weitern. Wie die beiden Kongreß- präsidenten Prof. John Ziegler (Uni- versity of California, San Francisco) und Prof. Paul Volberding (University of California, San Francisco) zum Abschluß der Veranstaltung resü- mierten, scheint die Hoffnung auf ei- nen Impfstoff heute allerdings reali- stischer zu sein als jemals zuvor. Als erschreckend wurden von den rund 12 000 Kongreßbesuchern aktuelle epidemiologische Daten über die Verbreitung der HIV-Infektion in den Entwicklungsländern gewertet.

[--

Epidemiologie

Bis zum Jahr 2000 werden 15 bis 20 Millionen Menschen mit dem Aids-Erreger HIV infiziert sein.

Zum gleichen Zeitpunkt wird die Im- munschwächekrankheit nach jüng- sten Schätzungen der Weltgesund- heitsorganisation (WHO) bereits bei sechs Millionen Menschen zum Aus- bruch gekommen sein. „Diese Pro- gnose werden wir allerdings weit nach oben korrigieren müssen, wenn sich HIV in Asien und Lateinameri- ka schneller ausbreitet — und davon gehen wir aus —, als zur Zeit berück- sichtigt wurde", so Epidemiologe Dr.

James Chin vom WHO-Hauptquar- tier in Genf. Die stärkste Zunahme an Neuinfektionen verzeichnen die Entwicklungsländer: Wurden hier im Jahr 1985 rund 50 Prozent aller HIV-Infizierten registriert, sind es heute bereits 66 Prozent (3,5 Millio- nen 1VIenschen), und zur Jahrtau- sendwende, so die Angaben der WHO, wird der Anteil sogar 80 Pro-

VI. Internationaler AIDS-Kongreß,

20. bis 26. Juni, San Francisco

zent betragen. In einigen zentral- und ostafrikanischen Städten ist jetzt schon jeder fünfte Erwachsene im Alter zwischen 20 und 40 Jahren HIV-infiziert. Alarmierend ist die Si- tuation in Uganda, wo in ländlichen Gegenden durchschnittlich bis zu 25 Prozent, in Handelszentren sogar bis zu 53 Prozent der Bevölkerung HIV- infiziert sind.

Für die Länder der Europäi- schen Gemeinschaft rechnen die Ex- perten mit 30 000 bis 40 000 weiteren Aids-Erkrankungen innerhalb der nächsten zwei Jahre. Waren es in der Vergangenheit überwiegend homo- und bisexuelle Männer, die erkrank- ten, wird in den nächsten Jahren die Mehrzahl der Aidsfälle unter den Drogenabhängigen auftreten. Dies ist auch der Grund, weshalb der he- terosexuelle Übertragungsweg im- mer mehr an Bedeutung gewinnt.

Nach Prognose der WHO werden in diesem Jahr 60 Prozent, im Jahr 2000 sogar rund 80 Prozent aller HIV-In- fektionen als Folge heterosexuellen Geschlechtsverkehrs auftreten.

Auf Grund der umwälzenden politischen Veränderungen in Ost- europa erhalten die Epidemiologen nun erstmals ein Bild über die tat- sächliche Rate an HIV-Infektionen und Erkrankungsfällen dieser Regio- nen. Nach Angaben von Prof. Sieg- hart Dittmann vom Zentralinstitut für Hygiene, Mikrobiologie und Epi- demiologie (Berlin, DDR) wurden in Osteuropa die ersten Aids-Erkran- kungen 1985 und 1986 diagnostiziert,

„also mit einer — im Vergleich zu den westlichen Industriestaaten — zeitli- chen Verzögerung von vier bis fünf Jahren". Als Infektionsquelle gibt der Ostberliner Epidemiologe homo- und heterosexuelle Kontakte mit Reisenden sowie kontaminierte

Blutprodukte an, die aus dem We- sten geliefert wurden. „Derzeit liegt die Zahl der Aidsfälle in Osteuropa im Vergleich zum Westen um den Faktor hundert niedriger und die Rate der HIV-Infektionen um den Faktor 30", so Dittmann. Der WHO wurden bis Ende Juni 74.8 Erkran- kungen und 4925 HIV-Infektionen gemeldet. Allerdings werde sich die- se Situation in Osteuropa aufgrund der Reisefreiheit und des Konsums von Drogen bald deutlich ver- schlechtern. „Seit Ende 1988 beob- achten wir beispielsweise in Polen ei- nen dramatischen Anstieg an HIV- Infektionen unter Drogenabhängi- gen (613 von insgesamt 880 Infizier- ten)", so Dittmann.

Verschleiert wurde die Aids- Problematik auch unter der Herr- schaft des rumänischen Staatspräsi- denten Ceaugescu, der die Existenz von HIV in Rumänien verneinte, diagnostizierte Aidsfälle verheim- lichte und jegliche HIV-Tests unter- sagte. So wurde beispielsweise „un- ter den Tisch gekehrt", daß Kinder durch den mehrfachen Gebrauch kontaminierter Nadeln und unkriti- schen Einsatz von Blutprodukten mit HIV infiziert wurden: 92 Prozent von insgesamt 670 registrierten Aids- fällen betreffen Kleinkinder, von de- nen die Mehrzahl (79 Prozent) in öf- fentlichen Heimen lebt. Derzeit wer- den auf Anordnung des neuen Ge- sundheitsministers alle 12 500 rumä- nischen Heimkinder unter drei Jah- ren dem ELISA-Test unterzogen. 85 Prozent sind bereits getestet: Da- nach sind acht Prozent der Zöglinge aus Waisenheimen und 20 Prozent der Kinder aus Behindertenheimen HIV-positiv. Allerdings steht die Be- stätigung durch den Western-Blot- Test noch aus.

Impfstoffe

Jüngste Fortschritte bei der Ent- wicklung eines Impfstoffs zum Schutz vor Aids verstärken die Hoff- nung, daß eine Vakzine innerhalb der nächsten zehn Jahre zur Verfü- gung stehen könnte. Während noch auf dem vorjährigen Aids-Kongreß Dt. Ärztebl. 87, Heft 40, 4. Oktober 1990 (71) A-3003

(2)

in Montreal die Chance, jemals ei- nen Impfstoff entwickeln zu können, als äußerst gering eingestuft worden war, liefern die Ergebnisse zahlrei- cher Versuche mit Tieren und Frei- willigen nach Ansicht der Experten den Beweis, daß das Immunsystem sich gegen eine Infektion mit HIV zur Wehr setzen kann. Bereits in den nächsten zwei bis vier Jahren wird man nach Angaben von Prof. Wayne Koff (National Institutes of Health, Bethesda, USA) genügend Informa- tionen über Wirksamkeit und Ver- träglichkeit von mehr als 30 verschie- denen Impfstoff-Prototypen haben, die derzeit weltweit getestet werden.

Trotz dieser ermutigenden Aussagen stehen dem Ziel noch eine Reihe von Hindernissen im Wege.

Wird der Organismus herausge- fordert, ein Virus zu bekämpfen, dann reagiert er mit verschiedenen Waffen. Dazu gehören einerseits zel- luläre Komponenten — wie T-Lym- phozyten (mit CD4- oder CD8-0- berflächen-Molekülen), B-Lympho- zyten, natürliche Killerzellen und Makrophagen — sowie andererseits lösliche Substanzen (Immunglobuli- ne, Zytokine, Interleukin 1-10, al- pha-, beta-, gamma-Interferon, Tu- mornekrosefaktor, Kolonie-stimulie- rende Faktoren und Mediatoren).

Bei der Entwicklung eines Aids- Impfstoffs stehen die Wissenschaft- ler jedoch vor dem zentralen Pro- blem, daß das HIV die Zellen des Immunsystems befällt und ihre Funktion stört. Beispielsweise be- günstigt das Virus paradoxerweise die Entwicklung von Antikörpern, die seine Ausbreitung fördern („en- hancing antibodies"), anstatt sie zu verhindern. Darüber hinaus werden auch Antikörper gebildet, die gegen eine Vielzahl körpereigener Struktu- ren gerichtet sind (zum Beispiel Blutzellen, Phospholipide, Kollagen) und daher Autoimmunsyndrome hervorrufen können. HIV-Infizierte bilden zwar auch neutralisierende Antikörper und zytotoxische T-Lym- phozyten (Killerzellen), doch die Antwort des Immunsystems ist zu schwach, um den Ausbruch der Er- krankung zu verhindern. Erschwe- rend kommt hinzu, daß HIV auf Grund genetischer Veränderungen (Mutationen) ständig seine äußere

Hülle verändert und somit von der körpereigenen Abwehr nicht mehr erkannt wird.

Daß es dennoch grundsätzlich möglich ist, einen Impfstoff gegen HIV herzustellen, leiten die Wissen- schaftler aus verschiedenen erfolg- reichen Experimenten ab. Beispiels- weise gelang es, Rhesusaffen nach Impfung mit abgetöteten Viren vor einer Infektion mit SIV (Simian Im- munodeficiency Virus) — einem na- hen Verwandten des Aids-Erregers HIV — zu schützen. Da eine solche Totvakzine aber noch Bestandteile enthalten könnte, die nach Infektion eine Vermehrung des Virus begün- stigen, halten die Wissenschaftler sie für die Anwendung am Menschen für nicht sicher genug.

Nach Ansicht von Prof. Jay Ber- zofsky vom National Cancer Institute

(Bethesda, USA) ist daher ein gen- technisch hergestellter „synthetisch- er" Impfstoff der mehr Erfolg ver- sprechende Weg. „Ein solches Kunstprodukt ist sicherer und effek- tiver", so Berzofsky, „da es einerseits frei von Bestandteilen ist, die für die Entstehung von Aids verantwortlich sind. Andererseits besitzt es die ge- netischen Codes der Antigene, wel- che die Produktion neutralisierender Antikörper und Killerzellen gegen eine möglichst große Zahl von Virus- stämmen stimulieren."

Gentechnologische Ansätze In den Laboratorien werden ver- schiedene Ansätze verfolgt: Eini- ge Arbeitsgruppen verwenden zur Impfstoffherstellung beispielsweise nur Bestandteile der äußeren Virus- hülle (gp 160; gp 120), andere wie- derum benutzen Eiweißstoffe aus dem Viruskern (p17) oder Kombina- tionen („Impfstoff-Cocktails"). Um eine Verstärkung der Immunantwort zu erzielen, wurden einige Testvakzi- ne auch mit Adjuvantien kombiniert.

So hat die amerikanische Arzneimit- telbehörde (FDA) kürzlich eine Alu- miniumverbindung zugelassen, die sich bereits bei der Hepatitis-B-Imp- fung bewährt hat.

Ubereinstimmend haben einige Gruppen herausgefunden, daß eine große Anzahl neutralisierender An- tikörper immer dann gebildet wird, wenn der Impfstoff eine bestimmte

Region des gp-120-Hüll-Proteins (GPGRAF-portion of V3-loop) ent- hält. Ein gentechnischer Impfstoff- Prototyp, der mehrere dieser V 3-Schleifen beinhaltet, bewirkte die Produktion von Antikörpern, die 85 Prozent der heute bekannten HIV-Isolate neutralisieren.

An der Universität Seattle (Washington, USA) integrierte man gentechnisch gp-160-Abschnitte der Virushülle in das harmlose Impfvirus

„Vaccinia", mit dem man früher Pockenschutzimpfungen vornahm.

Das Immunsystem von Versuchsper- sonen reagierte zwar auf den Inhalt des „Trojanischen Pferdes" — aller- dings nicht in dem Ausmaß, wie die Wissenschaftler es erhofft hatten.

Erst als sie bei einer Auffrischimp- fung ausschließlich mit rekombinan- tem gp 160 immunisierten, konnten sie sowohl neutralisierende Antikör- per als auch zytotoxische T-Lympho- zyten nachweisen.

Der Erfolg eines Impfstoffkan- didaten wird aber gerade davon ab- hängen, ob er sowohl die humorale als auch die zelluläre Abwehr akti- viert. Nach Versuchen des John Hopkins Hospitals in Baltimore scheint ein gentechnischer gp-160-Impfstoff besonders geeignet zu sein, die gewünschten Killerzellen zu aktivieren. Inzwischen wurden mehr als 200 Personen (gesunde Freiwillige und HIV-Infizierte) in Dosierungen zwischen zehn bis 1280 Mikrogramm immunisiert.

Bereits vor einigen Jahren fand man im Blut von gesunden HIV-Infi- zierten bestimmte Lymphozyten, die CD8-(Suppressor-)T-Lymphozyten, welche die Virusreplikation in vitro hemmen. Einige Laboratorien wie- sen außerdem nach, daß virusinfi- zierte Zellen von den CD8-T-Lym- phozyten sogar zerstört werden. Bei Tierversuchen konnten diese zytoto- xischen CD8-T-Lymphozyten, die sich gegen verschiedene Hüllantige- ne (gag, pol, env) des Virus richten, den Krankheitsprozeß sogar ein- grenzen.

Die Forscher leiten daraus ab, daß für die zelluläre Abwehr sowohl die Anwesenheit von CD4- als auch CD8-T-Lymphozyten erforderlich ist. Mit einer gentechnisch herge- stellten Vakzine aus 30 Aminosäu- A-3004 (72) Dt. Ärztebl. 87, Heft 40, 4. Oktober 1990

(3)

ren (HGP-30), die vom p17-Kern- Antigen des Virus abgeleitet wurde, konnte auch beim Menschen die Produktion von zytotoxischen CD8- T-Lymphozyten erzielt werden.

Auch wenn einige Testvakzine bereits bewiesen haben, daß sie das Immunsystem von HIV-Infizierten und gesunden Freiwilligen anregen können, bleibt die Frage offen, ob diese Effekte auch über einen länge- ren Zeitraum anhalten. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint es einfacher zu sein, dem Ausbruch der Erkrankung vorzubeugen, als eine Infektion zu verhindern. Derzeit scheint ein „Impf-Cocktail", also die Kombination verschiedener Antige- ne, am aussichtsreichsten zu sein, ei-

Therapien

Die zunehmende Zahl an Aids- kranken wird in den 90er Jahren da- zu führen, daß Hausärzte und Allge- meinmediziner die Schlüsselrolle bei der Betreuung und Behandlung von HIV-Infizierten übernehmen müs- sen. „Neue Therapiekonzepte haben die HIV-Infektion zu einer chroni- schen Erkrankung werden lassen", so Prof. Margaret Fischl von der Uni- versität in Miami (Florida, USA),

„die mit der Behandlung von Herz- kranken, Krebspatienten, Diabeti- kern und Hypertonikern vergleich- bar ist."

In bezug auf medikamentöse Therapieformen haben jüngste Stu- dien gezeigt, daß Azidothymidin (AZT, Retrovir®) bereits symptom- losen HIV-Infizierten verordnet werden sollte und nicht erst — wie bislang üblich — im Erkrankungsfall.

Diese Empfehlung wurde abgeleitet aus den Ergebnissen von zwei Plaze- bo-kontrollierten Studien (ACTG Protocol 019 und 016) der „Aids Cli- nical Trials Group", einer Arbeitsge- meinschaft von mehr als 30 amerika- nischen Kliniken, die etwa 2000 Per- sonen umfaßte: Die Protokolle sa- hen vor, daß HIV-Infizierte ohne Beschwerden 500 mg oder 1500 mg AZT pro Tag erhielten und Infizier- te mit milden Krankheitssymptomen jeweils 1200 mg der Substanz. Bei al-

ne umfassende Immunantwort des menschlichen Organismus zu provo- zieren.

Um möglichst bald einen größe- ren Personenkreis impfen zu kön- nen, rät Prof. Ayre Rubinstein, Di- rektor der Aids-Forschung am New Yorker Albert Einstein College, HIV-infizierte Frauen zu immunisie- ren, die schwanger sind. Auf diese Weise könnte man feststellen, ob die daraufhin gebildeten mütterlichen Antikörper in der Lage sind, das Kind vor einer Infektion mit HIV zu schützen. Rubinstein hatte bereits in vorangegangenen Studien beobach- tet, daß HIV-infizierte Frauen, die gesunde Babies zur Welt bringen, spezielle Antikörper bilden.

len Patienten — also auch bei der ge- ringsten Dosierung — konnte das durch das Auftreten von opportuni- stischen Infektionen sowie des Voll- bildes von Aids deutlich herausgezö- gert werden.

Um den Zeitpunkt des Einsatzes von AZT genau festlegen zu können, empfehlen die Experten, die Zahl der CD4-T-Lymphozyten zu bestim- men: Die Abnahme von CD4-Zellen ist nämlich ein sehr verläßliches Zei- chen dafür, daß die Krankheit fort- schreitet. Unterschreiten diese Lym- phozyten die Marke von 500 bezie- hungsweise 200 pro Kubikmillimeter Blut (Norm: 600 bis 1200), sollten zwei prophylaktische Schritte unter- nommen werden: Unter 500 Zellen empfehlen die Experten die Gabe von 500 mg AZT pro Tag, und unter 200 Zellen sollte der Pneumocystis- carinii-Pneumonie mit Pentamidin oder Cotrimoxazol vorgebeugt wer- den. Sind die CD4-T-Lymphozyten auf rund 300 abgesunken, muß der Hausarzt mit opportunistischen In- fektionen (Herpes, Zytomegalie, Toxoplasmose, Cryptococcus) rech- nen.

Die Ausweitung der Indikation für AZT läßt die Zahl der Therapie- bedürftigen allein in den USA von 40 000 auf mehr als 600 000 Perso- nen schnellen. Mit dem neuen Do- sierungsschema (100 mg alle vier Stunden — 500 mg pro Tag), das die Vermehrung von HIV wirksam un- terbindet, konnte die Rate der Pa-

tienten, welche die Therapie wegen starker Nebenwirkungen abbrechen mußten, auf ein Prozent reduziert werden. „Es gibt zur Zeit daher kei- nen Grund, weshalb AZT höher als 500 mg pro Tag verabreicht werden sollte", so Kongreßpräsident Prof.

Paul Volberding. Einige Arbeitsgrup- pen überprüfen sogar eine weitere Reduzierung der Dosis auf 300 mg pro Tag. Volberding bezweifelt aller- dings, daß sich Nebenwirkungen noch weiter minimieren lassen. Un- klar ist allerdings noch, ob der früh- zeitige Einsatz geringer AZT-Men- gen auch die Entstehung von Resi- stenzen vorverlagert. Nach den bis- herigen Erfahrungen treten Resi- stenzen eher bei Patienten mit fort- geschrittener HIV-Krankheit auf als bei symptomlosen Infizierten.

Um die Effektivität der Therapie zu steigern und gleichzeitig die Rate an Nebenwirkungen und Resisten- zen zu vermindern, überprüfen die Forscher derzeit auch Kombinatio- nen verschiedener Substanzen. Da- bei scheint es besonders vorteilhaft zu sein, Wirkstoffe zu kombinieren, die in die verschiedenen Stadien der Virusvermehrung eingreifen: Anla- gerung von HIV an Zellen, Um- schreibung der Virus-RNA in DNA, Vervielfältigung der Virus-DNA (Provirus) im Zellkern der Wirtzelle sowie Ausschüttung neuer Viren in die Blutbahn. Auf diese Weise ließe sich, so die Überlegung der Wissen- schaftler, sowohl die akute als auch die chronische Phase der Infektion blockieren.

Insgesamt befinden sich in die- sem Jahr 61 Substanzen in der Ent- wicklung (1989: 55), und 71 verschie- dene Wirkstoffe werden am Patien- ten erprobt — nach Ansicht der Be- troffenen in viel zu festgefahrenen Schienen angesichts der vitalen Be- drohung Millionen HIV-Infizierter.

Und so bleibt AZT, das den Verlauf der Infektion und den Ausbruch der Erkrankung nur verzögern, sie aber nicht kausal beeinflussen kann, noch das Mittel der Wahl — begleitet von synergistisch wirkenden Substanzen.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn An der Münze 12-18

5000 Köln 1

Dt. Ärztebl. 87, Heft 40. 4. Oktober 1990 (75) A-3007

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Durch eine Lohnsteu- eraußenprüfung wurden die Jahre 1980 bis 1983 geprüft und festgestellt, daß der Klä- ger Jahresquittungen über im Prüfungszeitraum an seine Mutter

Eine Mehr- heit der Befragten hält es für wün- schenswert, wenn niedergelassene Ärzte auch die Infrastruktur der Kran- kenhäuser mitbenutzen könnten.. 54 Prozent

Diese Entwicklung ist für die 99 Prozent der HIV-Infizierten, die sich die Triple-Therapie nicht lei- sten können,

Solche Kanuwanderungen sind eine ideale Möglichkeit für Eltern, mit den Kindern zusammen einen sportlichen Urlaub intensiv zu erleben. Es gibt andere Routen, die mehr

Die Linie arbeitet mit den Island anfliegenden Flug- gesellschaften zusammen, so daß man auch die Hinreise per Schiff mit einem Rückflug (oder umgekehrt) kombinie- ren

Grundsätzlich können alle Aufwendungen einer Reise, egal ob In- oder Ausland, als Werbungskosten geltend ge- macht werden.. Hierunter fal- len vor allem die Reisekosten mit dem

Die Autoren kommen zu der Schlußfolgerung, daß bei HIV-infi- zierten, symptomatischen Kindern die Behandlung mit Immunglobulin sicher ist und die Zeit ohne schwere Infektion

Nach Jucken und Rötung der Haut an den Lippen ent- wickelten sich kleine Bläs- chen, die nach etwa zehn Ta- gen eintrockneten und wieder verschwänden. Gefährlicher sei