A2840 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 42⏐⏐19. Oktober 2007
A K T U E L L
Dass die Lebenserwartung kontinu- ierlich steigt – sie hat im Zeitraum von 1980 bis 2002 im Mittel um 5,8 Jahre zugenommen –, ist vor al- lem auf die verbesserten Leistungen in der Kardiologie zurückzuführen und der damit verbundenen sinken- den Mortalität bei Herz-Kreislauf- Erkrankungen. „Mit 2,62 Jahren ist sie für etwa die Hälfte der gewon- nenen Lebensjahre verantwortlich“, diesen Schluss zieht Prof. Dr. Rainer Dietz (Berlin) aus dem „Herzbericht 2006“, der beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Kardio- logie in Köln präsentiert wurde.
Nachdem die EuroASPIRE-III- Studie eindeutig bewiesen habe, dass sich die kardiovaskulären Risi- kofaktoren in den letzten Jahren weit- gehend verschlechtert haben, sei die Zunahme der Lebenserwartung nicht auf die Prävention zurückzuführen.
Vielmehr seien die moderne Arznei- mitteltherapie der Herzinsuffizienz sowie die rasche Wiedereröffnung von Infarktgefäßen im Katheter-La- bor für den positiven Trend verant- wortlich, erläuterte Dietz.
2006 standen in Deutschland 653 Linksherzkatheter-Messplätze für Erwachsene zur Verfügung. „Das sind 8,3 Prozent mehr als im Vor- jahr“, sagte der Herausgeber des Herzberichts, Dr. Ernst Bruckenber- ger (Hannover). Die Zahl der Links- herzkatheter-Untersuchungen stieg entsprechend um 4,5 Prozent auf 806 533, die Zahl der Ballondilata- tionen (PCI) um 7,4 Prozent auf 291 050. Dabei werden immer häu- figer Stents eingesetzt (249 486), wobei sich der Anteil der arzneimit-
telbeschichteten Stents (DES) im Vergleich zum Vorjahr – trotz hefti- ger wissenschaftlicher Diskussionen – von 28 auf 33 Prozent erhöht hat.
Der Herzbericht 2006 spiegelt auch die Situation der Herzchirurgie in Deutschland wider. Die Gesamt- zahl der Operationen lag mit 149 000 auf konstantem Niveau. Al- lerdings werden die Eingriffe immer komplexer (zum Beispiel kombi- nierte Herzklappen- und Koronar- eingriffe) und die operierten Patien-
ten deutlich älter. Auch wenn die Zahl von Bypass-Operationen abge- nommen hat (minus 4,2 Prozent), ist diese Art der chirurgischen Interven- tion mit 65 000 Eingriffen weiterhin die häufigste. „Bemerkenswert ist, dass hier der Anteil derjenigen Ein- griffe, welche ohne Herz-Lungen- Maschine durchgeführt wurden, wie- derum zunahm und nun mehr als neun Prozent beträgt“, betonte Herz- chirurg Prof. Dr. med Arno Krian (Duisburg).
An zweiter Stelle stehen mit 20 000 Eingriffen Operationen an den Herzklappen. „Ihr Zuwachs ist besonders durch die Zunahme von Aortenklappen-Operationen bei äl- teren Patienten bedingt“, sagte Krian. Stolz sind die Herzchirurgen, dass Mitralklappenvitien heute etwa bei jedem zweiten Patienten (55 Prozent) rekonstruiert werden kön- nen; in einigen ausgewählten Zen- tren ist dies sogar zu 90 Prozent der Fall. „Damit gehört Deutschland international zur Spitzengruppe“, betonte Krian. In den USA liege der Anteil der Mitralklappen-Rekon- struktionen bei nur 20 Prozent. zyl
In Deutschland hat im ersten Halb- jahr dieses Jahres die Zahl der HIV- Neuinfektionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen. Sie stieg um neun Prozent auf 1 334 Fälle,
wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin mitteilte.
64 Prozent der Betroffenen seien Homosexuelle. Das entspricht im Vergleich zu 2006 einem Zuwachs von fünf Prozentpunkten in dieser Gruppe. Ende des vergangenen Jah-
res waren dem RKI zufolge 56 000 Menschen in Deutschland mit dem Virus infiziert.
„Wir müssen die Entwicklung sorgfältig beobachten, auch die Prä- ventionsbemühungen müssen auf ho- hem Niveau gehalten werden“, sagte der RKI-Präsident, Prof. Dr. Rein- hard Kurth. Er kündigte an, die Maß- nahmen zielgruppengenauer gestal- ten zu wollen. Nach RKI-Angaben wurden 16 HIV-Infektionen bei Kin- dern und Neugeborenen diagnosti- ziert. Sie infizierten sich über die Mutter. Dem RKI zufolge sind erst seit September dieses Jahres Ärzte verpflichtet, diese Tests bei Schwan- gerschaftsvorsorgeuntersuchungen zu empfehlen.
Das RKI plant nach eigenen An- gaben eine Inzidenzstudie, die den Anteil der kürzlich erworbenen HIV-Infektionen unter den Neudia- gnosen bestimmen soll. ddp HIV
Zahl der Neuinfektionen steigt
HERZBERICHT 2006
Leistungsstarke Kardiologie
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