Limitierend für einen umfassen- deren Einsatz sind vor allem die Ko- sten, insbesondere auch weil die erfor- derlichen Dosen in diesen Situationen relativ hoch sind. Der derzeitige Preis für rhEPO ist mitbestimmt durch eine auf Dialysepatienten zugeschnittene Kalkulation, aber auch durch die Ko- sten der Herstellung in aufwendigen Säugetierzellkulturen. Nachdem zu- nächst ein gentechnologisches Produkt entwickelt wurde, das dem endogenen Hormon soweit als möglich entspricht, gehen Entwicklungsansätze deshalb heute schon dahin, das Molekül gezielt zu modifizieren, um beispielsweise die Stabilität und damit die Wirksamkeit zu erhöhen oder auch eine orale Ein- nahme zu ermöglichen. Eine andere aufsehenerregende Strategie gelang im letzten Jahr mit der Herstellung von einfachen, 14 bis 20 Aminosäuren lan- gen, nicht mit EPO strukturverwand- ten Peptiden, die den EPO-Rezeptor in vivo und in vitro stimulieren und da- mit das Hormon möglicherweise völlig ersetzen können (Grafik 4)(45, 101).
Dieses „Molecular mimicry“ gilt als Sensation im Bereich der Biotechnolo-
gie und könnte erhebliche Auswirkun- gen auf die Behandlungskosten und damit auch die Therapieoptionen ha- ben. Auch gentechnologische Ansätze werden tierexperimentell verfolgt, bei denen ein modifiziertes EPO-Gen
vorübergehend in unterschiedlichen Zellen exprimiert wird, die daraufhin das Hormon sezernieren (30, 86). Ob- wohl solche Strategien noch weit vom klinischen Einsatz entfernt sind, ist durchaus nicht auszuschließen, daß sie nach weiteren zehn Jahren Erfahrung mit EPO als Therapeutikum zum Be- handlungsrepertoire von Anämien gehören werden.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-285–290 [Heft 6]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift des Verfassers
Priv.-Doz. Dr. med. Kai-Uwe Eckardt Abteilung Innere Medizin
mit Schwerpunkt Nephrologie und Intensivmedizin
Charité-Virchow-Klinikum Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
A-290
M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT/FÜR SIE REFERIERT
(46) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 6, 6. Februar 1998
Der Autor dankt Herrn Prof. Dr. med. U. Frei und Herrn Priv.-Doz. Dr. med. D. Kampf für Ihre Unterstützung bei der Erstellung des Manuskriptes.
Frauen mit der höchsten radiolo- gisch ermittelten Knochendichte haben ein erhöhtes Risiko, ein postmenopau- sales Mammakarzinom zu entwickeln.
Dieser Zusammenhang zwischen der Knochendichte, die als Maß für die Höhe der körpereigenen Östrogenwer- te genommen wurde, und dem Auftre- ten postmenopausaler Mammakarzi- noma zeigte sich in einer Gruppe von 1 373 Frauen aus der Framingham Stu- die, bei denen in den Jahren von 1967 bis 1970 eine posterioanteriore Rönt- genaufnahme der Hand gemacht wur- de. In der Gruppe traten bis Ende 1993 insgesamt 91 Brustkrebsfälle auf, wo- bei die Frauen mit der dichtesten Korti-
kalis am zweiten Metakarpalknochen überdurchschnittlich häufig betroffen waren (RR 3,5 im Vergleich zu 1,0 bei den Frauen der höchsten Quartile an Knochendichte im Vergleich zur nied- rigsten Quartile). Die Hintergründe dieses Zusammenhangs sind bisher nicht völlig geklärt, die kumulative Wirkung körpereigener Östrogene könnte eine Rolle spielen. silk Zhang Y, Kiel DP et al.: Bone mass and risk of breast cancer among post- menopausal women, N Engl J Med 1997;
336: 611–617.
Dr. Y. Zhang, Rm. b-612, Boston Univer- sity Medical Center, 88 E Newton St., Boston, MA 02118, USA.
N 52
L 2 L 3 F 93
A
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C 181 L 6
L 5L 4
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N L 1
Grafik 4
Die Bildung eines Dimers aus zwei EPO-Rezeptormolekülen ist Voraussetzung für die Aktivierung des EPO- Rezeptors und damit die zelluläre Wirkung von EPO auf erythropoetische Vorläuferzellen. Dazu bindet norma- lerweise ein EPO-Molekül an die extrazellulären Komponenten von zwei Rezeptormolekülen, die sogenannten EPO-bindenden Proteine. Die Grafik zeigt eine dreidimensionale Darstellung eines Komplexes aus einem Dimer künstlich synthetisierter EPO-mimetischer Peptide (im Zentrum). Diese nur 20 Aminosäuren langen Peptide, die nicht mit EPO strukturverwandt sind, können die Funktion des 165 Aminosäuren langen EPO- Moleküls ersetzen. Reproduziert aus Livnah et al. 1996.