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Archiv "Nahrungsfett und Brustkrebsrisiko" (03.05.1996)

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A-1202

M E D I Z I N KURZBERICHT

P

sychische Störungen haben in der Allgemeinbevölkerung eine sehr hohe Prävalenz:

Mehr als ein Drittel der Bevöl- kerung leidet irgendwann einmal im Leben an einer psychischen Erkran- kung (1, 4).

Die Mehrzahl der Erkrankten werden nicht von Psychiatern, Ner- venärzten oder Psychotherapeuten be- handelt. Statt dessen werden vor allem Allgemeinärzte von psychisch Kran- ken konsultiert; hierauf weisen auch frühere epidemiologische Untersu- chungen in allgemeinärztlichen Praxen hin (1, 5).

Gleichwohl wird den psychischen Erkrankungen in der Allgemeinmedi- zin (zum Beispiel erkennbar an den entsprechenden Weiterbildungscurri- cula) nur eine nachgeordnete Rolle zugewiesen. Analoge Konstellationen sind auch aus vielen anderen Ländern bekannt (2).

Die Weltgesundheitsorganisati- on (WHO) hat daher eine interna- tionale Studie initiiert, um die Dia- gnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen in der primärärztli- chen Versorgung zu verbessern. Vor- aussetzung hierfür ist die Feststel- lung der Prävalenz und der Behand- lungsgewohnheiten von psychischen Störungen in der primärärztlichen Versorgung und des Ausmaßes der psychosozialen Behinderung, die mit diesen Erkrankungen verbun- den ist.

Diese WHO-Studie fand in vier- zehn Ländern statt (darunter sieben europäischen Ländern). In Deutsch- land waren zwei Studienzentren (Berlin, Mainz) beteiligt, über deren Resultate im weiteren berichtet wird.

In allen Zentren wurde eine mög- lichst repräsentative Auswahl von Patienten in der primärärztlichen Versorgung mit denselben diagnosti- schen Beurteilungsinstrumenten und Dokumentationsmethoden unter- sucht, deren Reliabilität (Meßgenau-

igkeit) und Vergleichbarkeit zwi- schen den Zentren vorher etabliert worden waren.

Studienzentren Mainz und Berlin

In den beiden deutschen Studien- zentren wurden jeweils 35 (Berlin) beziehungsweise 20 (Mainz) allge- meinärztliche Praxen für die Studien- teilnahme ausgewählt. In beiden Or- ten wurde versucht, ein bezüglich der Patientenstruktur und bezüglich der fachlichen Zusatzqualifikationen der Allgemeinärzte breites Spektrum von Praxen einzuschließen. Aus der Ge- samtheit der Patienten, die in einem definierten Zeitraum eine der ausge- wählten Praxen besuchten, wurde ei- ne stratifizierte Stichprobe (n = 400 in jedem Zentrum) gezogen. Für die so ausgewählten Patienten berichtete der behandelnde Arzt seine diagno- stische Beurteilung (inklusive der so- matischen Erkrankungen) und sein therapeutisches Vorgehen.

Unabhängig vom behandelnden Arzt wurde durch Exploration mit ei- nem strukturierten Interview (CIDI) die für die Diagnose psychischer Störungen nach ICD-10 relevante Symptomatik erfragt. Weiterhin wur- de mit einem standardisierten Beur- teilungsinstrument das Ausmaß der psychosozialen Beeinträchtigung er- faßt. Diese diagnostischen Inventare sind durch Vorgaben von Fragen zur gesamten diagnostisch relevanten Symptomatik und Beeinträchtigung

so weit standardisiert, daß eine re- liable und valide Anwendung auch durch Berufsanfänger (AIP, PJ-Stu- denten, fortgeschrittene Medizinstu- denten mit klinischer Vorerfahrung) möglich ist; hierfür ist allerdings ein Training in der Anwendung struktu- rierter Interviews erforderlich (min- destens 20 fallbezogene Sitzungen).

Aus den Patientenantworten können mittels der in den Forschungskriterien der ICD-10 vorgeschlagenen diagno- stischen Algorithmen ICD-10-Dia- gnosen abgeleitet werden. Die in der untersuchten, stratifizierten Stich- probe resultierenden Prävalenzraten können dann auf Prävalenzraten, die auf die Grundgesamtheit bezogen sind, umgerechnet werden. Dabei er- gaben sich für die mit dem strukturier- ten Interview erhobenen ICD-10-Dia- gnosen die nachfolgenden Ergebnisse.

Ein-Monats-Prävalenzen

Psychische Erkrankungen sind bei Patienten von allgemeinärztlichen Praxen in beiden Studienzentren sehr häufig. 30,6 Prozent (Mainz) bezie- hungsweise 25,2 Prozent (Berlin) der Patienten litten zum Zeitpunkt des Be- suchs beim Allgemeinarzt beziehungs- weise während der vierwöchigen Peri- ode vor diesem Termin an einer im Diagnosemanual ICD-10 definierten psychischen Erkrankung, wobei ma- nualgemäß ein Patient mehrere Dia- gnosen erhalten kann. Die beiden häu- figsten ICD-10-Diagnosen in beiden Zentren waren „Depressive Episode“

(häufigste Störung in Mainz) und „Ge- neralisiertes Angstsyndrom“ (GAD) (häufigste Erkrankung in Berlin) (Ta- belle). Während die Prävalenzen der meisten Störungen in beiden Studien- zentren ähnlich waren, wurden depres- sive Episoden in den Mainzer Allge- meinpraxen doppelt so häufig wie in Berliner Praxen diagnostiziert (Tabel- le). Entsprechend ergibt sich in Mainz (66) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996

Psychische Erkrankungen in der Allgemeinpraxis

Ergebnisse und Schlußfolgerungen einer WHO-Studie

Wolfgang Maier

1

Michael Linden

2

Norman Sartorius

3

1Psychiatrische Klinik und Poliklinik (Direktor:

Prof. Dr. med. Wolfgang Maier), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

2 Psychiatrische Klinik (Direktor: Prof. Dr.

med. Hanfried Helmchen), Freie Universität Berlin

3 Weltgesundheitsorganisation (WHO), Di- vision of Mental Health (Ehem. Direktor: Prof.

Dr. Norman Sartorius), Genf

(2)

auch eine höhere Gesamtprävalenz für psychische Störungen als in Berlin. Ein möglicher Grund für die Diskrepanz der Prävalenzraten könnte im ver- mehrten Angebot spezialisierter psy- chiatrischer / psychotherapeutischer / psychologischer Behandlungseinrich- tungen in Berlin liegen. Diese Einrich- tungen halten insbesondere für die Be- handlung depressiver Störungen ein

breites Angebot bereit. Diese unter- schiedliche regionale Versorgungssi- tuation könnte zu Unterschieden in der Inanspruchnahme mit der Folge einer Reduktion des Anteils jener Pa- tienten in Allgemeinpraxen führen, für die gesonderte Therapieprogramme in Spezialeinrichtungen verfügbar sind.

Die in der Tabelle angegebenen Erkrankungsprävalenzen sind von ei- ner Reihe von Einflußfaktoren ab- hängig:

1 Geschlecht: Bei Frauen sind depressive Episoden und GAD unge- fähr zweimal häufiger als bei Män- nern, Alkoholabhängigkeit/-abusus ist bei Männern mehr als viermal so häufig wie bei Frauen.

1 Alter: Bei jüngeren Patienten ist die Häufigkeit von Alkoholab- usus/-abhängigkeit deutlich erhöht, während sich bei anderen psychischen Erkrankungen keine ausgeprägte Al- tersabhängigkeit zeigte.

1 Gleichzeitiges Vorliegen chro- nischer somatischer Störungen: Chro-

nische somatische Störungen (wie Diabetes mellitus, koronare Herz- krankheit oder Polyarthritis) erhö- hen das Risiko für psychische Störun- gen (vor allem für Neurasthenie). Die hohe Prävalenz psychischer Störun- gen ist aber nicht ausschließlich auf ei- ne psychische Begleitsymptomatik chronischer somatischer Erkrankun- gen zurückzuführen. Psychische Stö-

rungen ohne assoziierte chronische somatische Störungen wurden näm- lich bei 6,0 Prozent der Berliner und 6,1 Prozent der Mainzer Patienten festgestellt.

Wie aus der epidemiologischen Forschung bekannt ist, beeinflussen diese Faktoren ebenso die Prävalenz der psychischen Störungen in der All- gemeinbevölkerung.

Prävalenzraten im europäischen Vergleich

Diese WHO-Studie hat die Grundlage für den Vergleich der Häu- figkeiten von psychischen Störungen und den Behandlungsgewohnheiten bei psychischen Störungen zwischen verschiedenen Ländern geschaffen.

In allen Studienzentren wurden ana- loge Methoden zur Auswahl der un- tersuchten Stichproben und dieselben Methoden der Fallidentifizierung und der Befunddokumentation verwandt.

Der Überblick über die Prävalenzra- ten von psychischen Störungen in der primärärztlichen Versorgung in ande- ren europäischen Ländern (andere beteiligte europäische Zentren:

Athen, Groningen, Manchester, Pa- ris, Verona) zeigt mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede zu den Ergebnissen der beiden deutschen Zentren.

Die Ein-Monats-Prävalenzen für irgendeine der untersuchten psychi- schen Störungen (das heißt der in der Tabelle genannten Erkrankungen) variierten zwischen 31,2 Prozent (Pa- ris) und 12,4 Prozent (Verona). In al- len Zentren waren depressive Episo- den und GAD die beiden häufigsten psychischen Störungen. Die Präva- lenzraten für depressive Episoden va- riierten zwischen 18,3 Prozent (Man- chester) und 4,7 Prozent (Verona) und für GAD zwischen 14,9 Prozent (Athen) und 3,7 Prozent (Verona).

Die Prävalenzraten der beiden deut- schen Zentren liegen also ungefähr in der Mitte dieser Variationsbereiche (Tabelle).

Die beobachteten Variationen der Prävalenzraten sind nicht auf die unterschiedlichen geographischen Lagen (Süd- versus Mittel-/Nord- europa) oder die Unterschiede im Gesundheitssystem (freie Arztwahl versus nationaler Gesundheitsdienst) zurückzuführen.

Psychosoziale Beeinträchtigung

Für diese WHO-Studie wurde von einer niederländischen Arbeits- gruppe ein detailliertes und reliables Beurteilungsinventar für den Grad der krankheitsbedingten Beeinträch- tigung in der Erfüllung gewohnter so- zialer Rollen entwickelt. In der Fremdbeurteilung zeigten 3,5 Prozent (Berlin) und 5,0 Prozent (Mainz) aller Patienten der allgemeinärztlichen Praxen eine ausgeprägte soziale Be- einträchtigung durch die gegenwärti- ge psychische Symptomatik. Bei Pati- enten mit definierten psychischen Störungen nach ICD-10 zeigten 10,2 Prozent (Berlin) und 8,8 Prozent (Mainz) eine ausgeprägte Beeinträch- tigung in der Erfüllung ihrer sozialen Rollen. Weiterführende Analysen zeigten, daß die häufiger ausgeprägte A-1204

M E D I Z I N KURZBERICHT

(68) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996 Tabelle

Ein-Monats-Prävalenz psychischer Störungen (ICD-10) bei Patienten in allgemeinärztlichen Praxen (Prozent)

Studienzentren

ICD-10-Diagnose Berlin Mainz

Depressive Episode 6,1 11,2

Dysthymie 0,5 0,9

Agoraphobie 1,5 1,6

Panikstörung 0,9 1,7

Generalisiertes 9,0 7,9

Angstsyndrom

Alkoholabhängigkeit 5,3 7,2

Alkoholabusus 4,0 3,0

Neurasthenie 7,4 7,7

Somatisierungsstörung 1,3 1,2

Irgendeine der vorgenannten

psychischen Störungen 25,2 30,6

(3)

psychosoziale Beeinträchtigung von Patienten mit psychischen Erkran- kungen nicht auf assoziierte chroni- sche somatische Störungen zurückzu- führen ist. Gleichwohl war bei gleich- zeitig vorhandenen psychischen und chronischen somatischen Erkrankun- gen der Anteil von Patienten mit aus- geprägter psychosozialer Beeinträch- tigung maximal.

ICD-10 und

diagnostisches Urteil

Der Allgemeinarzt stellte bei je- dem untersuchten Patienten fest, in welchem Umfang eine psychische Beeinträchtigung vorlag, woraus ei- ne diagnostische Beurteilung durch den behandelnden Arzt abgeleitet wurde. Die Prävalenz der Fälle mit psychischer Beeinträchtigung auf- grund des Arzturteils war in beiden Studienzentren im Vergleich zur Prävalenz für irgendeine psychische Störung nach ICD-10 erhöht: 32,5 Prozent (Berlin) beziehungsweise 33,0 Prozent (Mainz) der Patienten sind nach dem Urteil des behandeln- den Arztes psychisch krank im Ver- gleich zu 25,2 Prozent (Berlin) und 30,6 Prozent (Mainz) aufgrund einer unabhängigen ICD-10-Diagnose (Tabelle).

Diese beiden diagnostischen Be- urteilungen zeigten eine deutliche po- sitive Assoziation: So betrug der An- teil der Patienten mit einer psychi- schen Störung nach ICD-10, die zu- gleich nach dem Arzturteil psychisch krank sind, 56,0 Prozent (Berlin) be- ziehungsweise 60,0 Prozent (Mainz);

der Anteil der Patienten, die nach ICD-10 keine Diagnose für eine psychische Erkrankung erhielten und ebenso vom Allgemeinarzt als nicht psychisch krank betrachtet wurden, betrug 63,8 Prozent (Berlin) oder 74,5 Prozent (Mainz).

Die relativen Diskrepanzen zwi- schen beiden Methoden der diagno- stischen Urteilsbildung weisen auf un- terschiedliche Konzepte und Wahr- nehmung psychischer Störungen hin, deren Ursachen noch ungeklärt sind.

Jedenfalls lassen sich diese Diskre- panzen nicht auf unterschiedliche Schwellenwerte bei der Fallidentifi- kation zurückführen.

Behandlung psychischer Störungen

Die überwiegende Mehrzahl der Patienten mit psychischen Erkran- kungen (> 75 Prozent) wird vom All- gemeinarzt über Ursachen und den Umgang mit ihren psychischen Be- schwerden beraten.

Daneben stehen für eine Unter- gruppe psychischer Erkrankungen spezifische pharmakologische und psychotherapeutische Therapiestra- tegien zur Verfügung (zum Beispiel für depressive Erkrankungen und Angststörungen). Von diesen, erwie- senermaßen wirksamen Behand- lungsmethoden wird aber nur in ei- ner Minderzahl der Fälle Gebrauch gemacht: Bei 11,4 Prozent (Berlin) und 10,5 Prozent (Mainz) der Patien- ten mit depressiven Episoden (ICD- 10) werden Antidepressiva verord- net; bei 10,0 Prozent (Berlin) bezie- hungsweise 10,5 Prozent (Mainz) der Patienten mit Angststörungen wer- den Antidepressiva und bei 25,0 Pro- zent (Berlin) beziehungsweise 15,9 Prozent (Mainz) dieser Patienten werden Sedativa verordnet.

Daneben erhalten in jedem der beiden Zentren, Mainz und Berlin, deutlich weniger als 5 Prozent der Patienten mit depressiven oder Angststörungen eine systematische Psychotherapie.

Schlußfolgerungen

1 Die Erkennung und Therapie psychischer Erkrankungen bilden ei- nen substantiellen Teil der in allge- meinmedizinischen Praxen anfallen- den Versorgungsaufgaben. Diese Feststellung wird durch die hohe Prävalenz psychischer Störungen bei Patienten von Allgemeinärzten und durch die ausgeprägte psychosoziale Beeinträchtigung in dieser Patienten- gruppe belegt.

1 In der allgemeinärztlichen Versorgung sollten körperliche und seelische Gesundheit der Patienten gleichrangige Behandlungsziele dar- stellen. Die hohe Prävalenz von gleichzeitig vorhandenen psychischen und somatischen Störungen und die dabei erhöhte psychosoziale Beein- trächtigung erfordern die simultane

Beachtung und gegebenenfalls Be- handlung der beiden Symptom- ebenen.

1 Im allgemeinärztlichen Sektor muß eine hinlängliche Kompetenz zur Diagnostik und Therapie von psychi- schen Störungen etabliert werden.

Die erhöhte psychosoziale Beein- trächtigung von Patienten mit psychi- schen Störungen (ICD-10) unter- streicht diese Konsequenz.

1 Der gegenwärtige Anteil der Unterrichts- und Weiterbildungszeit bei Medizinstudenten und Ärzten, der psychischen Erkrankungen ge- widmet ist, steht im krassen Mißver- hältnis zur hohen Prävalenz dieser Störungen und zu dem Ausmaß des subjektiven Leidens und der psycho- sozialen Beeinträchtigung, das mit psychischen Erkrankungen verbun- den ist. Daher ist eine Revision der Ausbildungscurricula unerläßlich. Im Medizinstudium und in der Weiterbil- dung zum Arzt für Allgemeinmedizin muß der Bedeutung der häufigen psy- chischen Erkrankungen zur Siche- rung einer optimalen Patientenver- sorgung in wesentlich größerem Um- fang Rechnung getragen werden. In der Fortbildung der Allgemeinärzte müssen die Diagnostik und Therapie der häufigen psychischen Störungen einen breiten Raum einnehmen, wo- bei die in den vergangenen Jahren entwickelten diagnostischen Hilfsmit- tel (zum Beispiel kriterienbezogene Diagnosen, strukturierte Interviews) genutzt werden sollten.

1 Die Optimierung der Versor- gung psychischer Erkrankungen in der Allgemeinpraxis erfordert nicht nur eine verstärkte Anwendung ver- fügbarer diagnostischer Verfahren und verfügbarer wirksamer Therapie- verfahren. Die Zurückhaltung in der Anwendung dieser Behandlungsstra- tegien kann auch in unzulänglicher Evaluation spezifischer psychiatri- scher und psychotherapeutischer Be- handlungsstrategien in der allgemein- medizinischen Praxis begründet sein.

Daher ist es eine wichtige For- schungsaufgabe, geeignete Therapie- verfahren für psychische Störungen in der allgemeinmedizinischen Versor- gung, die in begrenzter Zeit und mit belegter Effektivität anwendbar sind, zu entwickeln und zu prüfen. Bei der Diagnostik psychischer Erkrankun- A-1205

M E D I Z I N KURZBERICHT

Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996 (69)

(4)

gen wurde zwischenzeitlich ein erster Schritt in diese Richtung vollzogen:

die WHO hat ein gesondertes, handli- ches Manual für die Klassifikation nach ICD-10 im allgemeinärztlichen Bereich vorgelegt, das gegenwärtig in primärärztlichen Versorgungseinrich- tungen evaluiert wird.

Literatur:

1. Dilling H, Weyerer S, Castell R: Psychische Erkrankungen in der Bevölkerung. Stutt- gart: Enke, 1984

2. Üstün TB, Sartorius N: Mental illness in ge- neral health care. An international study.:

Johen Wiley & Sons, Chichester 1995 3. Wittchen HU, Robins LN, Cottler LB et al:

Cross-cultural feasibility, Reliability and sources of variance of the Composite Inter- national Diagnostic Interview (CIDI). Br J Psychiatry 1991; 159: 645–653

4. Wittchen HU, Essau CA, Zerssen von D, Krieg JC, Zaudig M: Lifetime and six- month prevalence of mental disorders in the Munich follow-up study. Eur Arch Psy- chiatry Clin Neurosci 1992; 214: 247–258 5. Zintl-Wiegand A, Cooper B: Psychiatric

illness in general practice: a survey in Mannheim. Nervenarzt 1979; 50: 352–359

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Wolfgang Maier Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Universität Bonn

Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-1202–1206 [Heft 18]

A-1206

M E D I Z I N KURZBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

(70) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 18, 3. Mai 1996

Wir danken den teilnehmenden Allgemeinärzten für ihre Mitar- beit. Eine ausführliche Darstel- lung der Ergebnisse in den ver- schiedenen Studienzentren und der zentrenübergreifenden Ana- lysen und Schlußfolgerungen fin- det sich in dem Buch „Mental Ill- ness in General Health Care. An International Study“, Herausge- ber: T. B. Üstün, N. Sartorius, J.

Wiley, Chichester, 1995. Eine detaillierte Analyse der Ergebnis- se in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Län- dern wird in „Der Nervenarzt“

erscheinen (Linden et al.).

Die thrombolytische Behandlung des akuten ischämischen Schlagan- falls wurde bisher wegen der hierbei gehäuft auftretenden Hirnblutungen kontrovers diskutiert.

Nachdem in einer Pilotstudie bei Patienten der frühzeitige Einsatz von rt-PA zu günstigen Ergebnissen ge- führt hatte, wurde eine amerikanische Multicenterstudie zu dieser Fragestel- lung initiiert.

In dieser Studie wurden 624 Pa- tienten mit akutem ischämischen Schlaganfall binnen drei Stunden ran- domisiert in doppelblinder Manier mit dem Thrombolytikum rt-PA (re- combinant tissue plasminogen activa- tor) in einer Dosis von 0,9 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht über 60 Minuten behandelt.

Neben den üblichen Ausschluß- kriterien für Thrombolysen wurden antikoagulierte Patienten oder Pati- enten mit Krampfanfall im Rahmen der Apoplexie von der Studie ausge- schlossen.

Der Blutdruck wurde gemäß vor- her festgelegten Kriterien eingestellt.

Eine weitere Behandlung mit Anti- koagulantien oder Thrombozyten- aggregationshemmern war erst nach 24 Stunden möglich.

In der Frühphase konnte in der rt-PA-behandelten Gruppe keine signifikante Verbesserung des neu-

rologischen Defizits gegenüber der Plazebo-Gruppe festgestellt werden, obwohl sich ein positiver Trend bezüglich neurologischer Verbesse- rung abzeichnete. Dagegen war nach drei Monaten die Wahrschein- lichkeit, keine oder nur eine minimale Störung aufzuweisen, um 30 Prozent größer.

Symptomatische intrakranielle Hämorrhagien traten in den ersten 36 Stunden bei 6,4 Prozent der lysierten Patienten, dagegen nur bei 0,6 Pro- zent der Kontroll-Gruppe auf. Trotz- dem lag die Gesamtmortalität nach drei Monaten in der rt-PA-Gruppe mit 17 Prozent niedriger als mit 21 Prozent in der Plazebo-Gruppe.

Die Autoren folgern, daß trotz einer erhöhten Rate an hämorrhagi- schen Komplikationen die thrombo- lytische Behandlung des ischämischen Schlaganfalls mit rt-PA zu einer signi- fikanten Besserung der neurologi- schen Defizite nach drei Monaten

führt. acc

The National Institute of Neurological Disorders and Stroke rt-PA Stroke Study Group: Tissue plasminogen activator for acute ischemic stroke. N Engl J Med 1995; 333: 1581–7

Dr. J. Marler, Div. of Stroke and Trauma, National Institute of Neurological Disor- ders and Stroke, Federal Bldg., Rm 800, 7550 Wisconsin Ave., Bethseda, MD 20892, USA

Thrombolyse mit rt-PA beim Schlaganfall

Obwohl die altersspezifische Brustkrebsinzidenz in verschiedenen Ländern um mehr als das Fünffache schwankt, scheint der Fettkonsum – im Gegensatz zu früheren Hypothe- sen – das Risiko für Brustkrebs nicht zu beeinflussen. In Tierexperimenten und Fall-Kontroll-Studien hatte sich in den 70er Jahren ein Zusammen- hang zwischen Fettkonsum und dem Brustkrebsrisiko gezeigt.

Eine Gesamtanalyse von sieben prospektiven Studien aus den Verei- nigten Staaten, Kanada, Schweden und den Niederlanden mit insgesamt 337 819 Teilnehmerinnen, davon 4 980 erkrankten Frauen, widerlegte

diese Theorie: Auch bei Frauen, die weniger als 20 Prozent ihres tägli- chen Energiebedarfs als Fett zu sich nehmen, vermindert sich das Brust- krebsrisiko nicht.

Ob die Nahrungsfette gesättigt sind, mehrfach ungesättigte Fett- säuren oder viel Cholesterin ent- halten, macht ebenfalls keinen Un- terschied. silk Hunter DJ, Spiegelman D et al: Cohort studies of fat intake and the risk of breast cancer – a pooled analysis. New Engl J Med 1996, 334: 356–361

Dr. Hunter, Channing Laboratory, 180 Longwood Ave., Boston, MA 02115, USA

Nahrungsfett und Brustkrebs-

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