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Archiv "Serie: Sekundärprävention der koronaren Herzerkrankung – Kardiologische Aspekte" (03.07.1998)

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rotz kaum noch zu verbessern- der Erfolge in der Therapie des akuten Myokardinfarktes und der instabilen Angina pectoris durch Thrombolyse, spezifische Thrombo- zyten-Aggregationshemmung und in- terventionelle Kathetertechnik bleibt die koronare Herzkrankheit an der Spitze der Mortalitätsstatistik der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die mei- sten Todesfälle im akuten Infarkt als Erstmanifestation der koronaren Herzkrankheit noch vor Erreichen des Krankenhauses auftreten. Daher wäre eine signifikante Prognosever- besserung nur durch breit angelegte präventive Therapiekonzepte zu er- warten. Daß Maßnahmen der Primär- und Sekundärprävention zu positiven Ergebnissen führen können, zeigen Daten über einen Rückgang der koronaren Mortalität von bis zu 25 Prozent in einigen Gegenden der USA über den Zeitraum von 1985 bis 1990 (22).

Die Sekundärprävention der koronaren Herzkrankheit umfaßt bei Patienten vor dem ersten Infarkt alle

Maßnahmen, die die Progression der Koronarsklerose hemmen (oder sogar zu einer Regression führen) sowie zur Stabilisierung der koronaren Plaque zur Verhinderung des Übergangs in ein akutes koronares Syndrom (insta- bile Angina pectoris und akuter Myokardinfarkt) beitragen. Zusätzli- che Aspekte bei Patienten mit Zu- stand nach Myokardinfarkt sind auch die Therapie der linksventrikulären Dysfunktion zur Reduktion des links- ventrikulären „Remodelings“ sowie die spezifische antiarrhythmische Ri- sikostratifizierung zur Verhinderung des plötzlichen Herztodes. Sekundär- prävention betrifft hingegen nur indi- rekt die symptomatische, antianginöse Therapie, da die stabile Angina pecto- ris bei erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion eine gute Prognose aufweist. Entsprechend ist der pro- gnostische Vorteil einer symptomati- schen Therapie gering.

Aktuell noch sehr kontrovers dis- kutierte Aspekte, auf die in dieser Übersicht daher nicht näher einge- gangen werden soll, betreffen den Stellenwert der Antioxidantien-The- rapie, die Hormonsubstitution bei postmenopausalen Frauen, das Po- tential der Angiotensin-II-Antagoni- sten als Ersatz zur ACE-Hemmer-Ga- be nach Myokardinfarkt und den Stel- lenwert der antibiotischen Therapie bei akuten koronaren Syndromen (In- fektions-Hypothese durch Chlamydia pneumoniae).

Allgemeine Aspekte der Sekundärprävention

Durch zahlreiche epidemiologi- sche Studien ist die Bedeutung der Risikofaktoren für die Entstehung und Progression der koronaren Herz- krankheit belegt (33, 53). Entspre- chend konnte durch Interventions- studien gezeigt werden, daß eine Minimierung der Risikofaktoren mit einer Prognoseverbesserung einher-

geht. !

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Kardiologische Aspekte

Luciano Pizzulli Berndt Lüderitz

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Medizinische Klinik und Poliklinik, Innere Medizin (Direktor: Prof. Dr. med. Berndt Lüderitz), Rheinische Friedrich-Wilhelm-Uni- versität, Bonn

Stichwörter: Koronare Herzerkrankung, Atherosklerose, Sekundärprävention

Eine effektive Prävention der Atherosklerose könnte die ungünstige Prognose der Koronarpatienten bessern. Der Patient kann durch Gewichtsreduktion, Verzicht auf Ni- kotinkonsum, diätetische Maßnahmen sowie körperliche Betätigung entscheidend dazu beitragen. Möglichkeiten zur Verbesserung ergeben sich durch effektivere Umsetzung von Studienergebnissen in der Praxis. Nach Myokardinfarkt pro-

fitieren die Patienten bei persistieren- der Ischämie von einem Betablocker,

bei reduzierter Pumpfunktion von einem ACE-Hemmer.

Eine Senkung des LDL-Cholesterins (< 130 mg/dl) kann durch qualitative Veränderung der Plaqueoberfläche die Rate an Myokardinfarkten und die Mortalität signifikant senken. Spezifische Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor-Anta- gonisten führen zu einer weiteren signifikanten Prognose- verbesserung im Vergleich zur Acetylsalicylsäure.

ZUSAMMENFASSUNG

Key words: Coronary artery disease, atherosclerosis, secondary prevention

The prognosis for patients with coronary artery disease remains poor, but may be improved by increasing the effi- cacy of primary and secondary prevention. By stopping smoking, regulating body weight, eating a healthy diet, and undertaking moderate physical activity, the patient himself can contribute substantially to this goal. Further improve- ments can be achieved by transferring the results of large randomized prevention trials to the daily health care rou-

tine. Following myocardial infarction, patients with evidence of persistent ischemia benefit from

beta-blocker therapy, those with left ventricular dysfunction and heart failure from angiotensin-converting-enzyme inhi- bitors. It has been shown conclusively that the reduction of LDL-cholesterol (< 130 mg/dl) leads to a stabilization of the coronary plaque surface and, thus, lowers the rate of myocardial infarction and mortality significantly. Glyco- protein-IIb/IIIa-receptor antagonists may further improve the prognosis of CAD-patients in comparison with aspirin.

SUMMARY

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Nikotinkonsum und körperliche Aktivität

Es besteht ein linearer Zusam- menhang zwischen Menge und Dauer des Nikotinkonsums und der Inzidenz der koronaren Herzkrankheit. Niko- tinverzicht führt zu einer signifikanten Reduktion der kardialen Mortalität, wobei besonders die Rate des plötzli- chen Herztodes abnimmt (11). Ursa- che hierfür sind Zusammenhänge zwi- schen Nikotinkonsum und Änderun- gen des Vasomotorentonus mit der Neigung zu Vasospasmen sowie des endogenen Gerinnungssystems (23).

Eine verminderte körperliche Betätigung geht mit einer erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität einher. Regelmäßiges Aus- dauertraining führt zu einer Abnah- me der Herzfrequenz und des diastoli- schen Blutdrucks, einer Zunahme des Kollateralkreislaufs und verbessert damit die maximale Belastungskapa- zität. Zudem kommt es auch unab- hängig von einer eventuellen Reduk- tion des Übergewichts zu einer allge- meinen Verbesserung des Glukose- und Lipidstoffwechsels (Anstieg der HDL-Fraktion, Abnahme der Trigly- zeride und erhöhte Insulinsensitivität des peripheren Gewebes). Weitere protektive Veränderungen betreffen rheologische Parameter, hier insbe- sondere die Thrombozytenaggregabi- lität und Thrombozytenadhäsion. Da- mit kann regelmäßige körperliche Aktivität als wirksame Maßnahme zur Sekundärprävention empfohlen werden (19).

Hypertonie

Die Korrelation zwischen erhöh- ten Blutdruckwerten und kardiovas- kulärer Morbidität und Mortalität ist zweifelsfrei erwiesen (33, 39). Die arte- rielle Hypertonie, deren Prävalenz in der Erwachsenenbevölkerung bei bis zu 20 Prozent liegt, ist der Hauptrisiko- faktor für den apoplektischen Insult und einer der wichtigsten Risikofakto- ren für die koronare Herzkrankheit.

Antihypertensive Interventions- studien zeigten aber im Vergleich zur Reduktion zerebrovaskulärer Ereig- nisse von 35 bis 40 Prozent eine gerin- gere Effektivität der antihypertensi- ven Therapie in der Prävention koro-

narer Ereignisse (nur etwa 15 Pro- zent) (24, 50). Ursache hierfür könnte die Auswahl der bisher eingesetzten antihypertensiven Substanzen sein, da durch Betablocker und Diuretika die Lipidkonstellation (häufig schon ungünstig vorbestehend) weiter ver- schlechtert werden kann (12). Lang- zeit-Ergebnisse mit stoffwechselneu- tralen Substanzen wie den ACE- Hemmern stehen noch aus.

Antiarrhythmische Risikostratifizierung

Die Ergebnisse der CAST-(Car- diac Arrhythmia Suppression Trial-)- Studien (Klasse-I-c-Antiarrhythmika Flecainid, Encainid und Moricizin), die eine Zunahme der Gesamtmorta- lität trotz signifikanter Suppression ventrikulärer Arrhythmien belegten, führten zu einer Änderung im Ma- nagement der Postinfarktpatienten (7). Aus den Studienergebnissen wur- de deutlich, daß nicht die Anzahl der ventrikulären Extrasystolen, sondern die linksventrikuläre Funktion für die Prognose der Patienten ausschlagge-

bend ist. Nachdem auch die SWORD- (Survival with oral D-Sotalol-)Studie (32) wegen einer erhöhten Mortalität unter Medikation vorzeitig abgebro- chen wurde, ist das therapeutische Spektrum für Postinfarktpatienten weiter eingeengt worden. Zur medi- kamentösen Therapie stehen letztlich nur „konventionelle“ Betablocker so- wie Amiodaron zur Verfügung. Eine generelle Empfehlung richtet sich nach der Malignität der Rhythmus- störung sowie der Einschränkung der

LV-Funktion. In zwei aktuellen Stu- dien konnte Amiodaron die Rate des plötzlichen Herztodes und die Episo- den von Kammerflimmern signifikant senken; in einer der Studien nahm die Gesamtmortalität um 21 Prozent ab.

Als weitere Therapieoption bei Post- infarkt-Patienten mit einem erhöh- ten Risiko für arrhythmiebedingte To- desfälle kommt der implantierbare Kardioverter-Defibrillator (ICD) in Betracht (26). Eine Zusammenfas- sung über diese speziellen Aspekte der antiarrhythmischen Therapie bei Postinfarktpatienten wurde kürzlich im Deutschen Ärzteblatt publiziert (16).

Spezielle Aspekte der Sekundärprävention

Betablocker

Aufgrund ihrer vielfältigen Wir- kungsmechanismen sind Betablocker neben der Acetylsalicylsäure (ASS) bei allen Erscheinungsformen der koronaren Herzkrankheit (stabile Angina pectoris, Postinfarktpatien- ten, instabile Angina pectoris und akuter Myokardinfarkt) indiziert und wirksam. Bei instabiler Angina pecto- ris zeigte eine Analyse der Ergebnisse an zirka 5 000 Patienten eine stati- stisch signifikante Abnahme der In- farktrate um 13 Prozent ohne Nach- weis einer Prognoseverbesserung.

Diese konnte hingegen im akuten Myokardinfarkt durch mehrere Studi- en eindeutig belegt werden. Dabei zeigte sich die größte Effektivität (Senkung der Reinfarkte und Morta- lität) bei frühzeitiger intravenöser Gabe am Infarkttag (9, 52). Zur Se- kundärprävention liegen zahlreiche Studien bei Postinfarktpatienten vor.

Die Rate an Re-Infarkten und die kardiovaskuläre Mortalität konnten durch Propranolol (43), Timolol (45) und Metoprolol (13) signifikant (um 25 bis 36 Prozent) gesenkt werden.

Die Prognoseverbesserung scheint für das erste Jahr nach Infarkt am stärk- sten ausgeprägt zu sein (51). Für die norwegische Timolol-Studie zeigten aber auch die Sechs-Jahres-Daten ei- ne signifikante Prognosebesserung (27). Generell scheinen Patienten mit Postinfarktphase

l allgemeine Maßnahmen c+

l Betablocker (mindestens 1 Jahr) l Lipidsenkung

LDL-Cholesterin < 120 mg/dl c+

l ACE-Hemmer bei reduzierter LV-Funktion

l Cordarex bei reduzierter LV-Funktion + häufigen VES l Kardioverter-Defibrillator bei

malignen Arrhythmien

(3)

kompliziertem Infarktverlauf (ventri- kuläre Arrhythmien, Re-Ischämien) von einer Betablocker-Therapie be- sonders zu profitieren. Für Patienten mit unkompliziertem Infarktverlauf (Erstinfarkt ohne Beteiligung der Vorderwand, junge Patienten, keine VES, normale globale LV-Funktion) ist der Nutzen einer Betablocker-The- rapie nicht belegt. Diese Einschrän- kung trifft auch für den Einsatz von Betablockern mit intrinsischer sympa- thomimetischer Aktivität (ISA) zu, da offensichtlich die Prognosever- besserung nach Myokardinfarkt mit der Frequenzreduktion durch Beta- blockade einhergeht. In einer Meta- analyse zeigte sich unter den Beta- blockern mit ISA nur ein geringerer, statistisch nicht mehr signifikanter Vorteil in der Behandlungsgruppe im Vergleich zu Plazebo (52). Es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß die gün- stigen Ergebnisse für die Betablocker aus Studien vor der Thrombolyse-Ära resultieren. Es fehlt zwar der statisti- sche Nachweis, daß dieses Therapie- konzept auch für Patienten mit Re- vaskularisation im akuten Infarkt (Thrombolyse oder PTCA) zutrifft.

Aus pathophysiologischen Überle- gungen gibt es aber keinen Grund, an der Prognoseverbesserung unter Be- tablockern auch bei akut revaskulari- sierten Patienten zu zweifeln.

ACE-Hemmer

Mehrere große randomisierte In- terventionsstudien haben den Einfluß einer frühen ACE-Hemmer-Gabe im akuten Myokardinfarkt prospektiv untersucht. Dabei zeigte sich bei allen Studien mit oraler Gabe eine si- gnifikante Prognoseverbesserung (10, 15) unter Verum-Gabe. Nur in der CONSENSUS-II-Studie mit intra- venöser Enalapril-Therapie für alle Patienten am ersten Infarkttag war kein Nutzen nachzuweisen. Die bei äl- teren Patienten aufgetretene erhöhte Nebenwirkungsrate durch schwere Hypotonien führte zum vorzeitigen Studienabbruch (40). Die umfangrei- chen Studienergebnisse an > 110 000 Patienten erlauben eine detaillierte Empfehlung zur ACE-Hemmer- Gabe im akuten Myokardinfarkt: Bei ausreichender Beachtung der gene- rellen Vorsichtsmaßnahmen zur

ACE-Hemmung (systolischer RR

< 100 mmHg, relevante Niereninsuf- fizienz) sollten alle Patienten am In- farkttag (idealerweise unmittelbar nach Revaskularisation) eine niedrig- dosierte perorale Gabe eines ACE- Hemmers mit kürzerer Halbwertszeit

(zum Beispiel Captopril 6,25 bis 12,5 mg) erhalten, die unter engmaschiger Kontrolle der Hämodynamik und Re- tentionswerte innerhalb von 48 Stun- den nach Blutdruck-Tolerabilität auf höhere Dosen (zum Beispiel 50 bis

100 mg Captopril/die) gesteigert wer- den sollte.

Das Ausmaß der Prognosever- besserung bei Fortführung der ACE- Hemmer-Medikation über die akute Infarktphase hinaus hängt vom indivi- duellen Risiko des Patienten ab. Zur Risikostratifizierung können klini- sche (Reinfarkte, instabile Postin- farkt-Angina, Herzinsuffizienz, mali- gne ventrikuläre Arrhythmien) sowie objektivierbare (linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40 Prozent, Myo- kardischämie unter Belastung) Para- meter herangezogen werden. Die ungünstigste Prognose haben Patien- ten mit Herzinsuffizienz und Re- Ischämien, den günstigsten Verlauf Patienten mit erhaltener globaler Funktion des linken Ventrikels und ohne objektivierbare Belastungs- ischämie. ACE-Hemmer können das linksventrikuläre „Remodeling“ bei eingeschränkter Pumpfunktion, be- sonders nach ausgedehnten Vorder- wandinfarkten, reduzieren und somit einer weiteren Gefügedilatation des linken Ventrikels entgegenwirken.

Klinisch resultiert eine Abnahme der Linksherzdekompensationen, die mit einer reduzierten Re-Infarktrate und Mortalität einhergeht. Entsprechend haben Postinfarktstudien bewiesen, daß ACE-Hemmer die Langzeit-Pro- gnose von Patienten nach ausgedehn- ten Vorderwandinfarkten und redu- zierter LV-Funktion statistisch signifi- kant bessern.

In der „Survival and Ventricular Enlargement“(SAVE-)- Studie redu- zierte eine im Mittel elf Tage nach In- farkt begonnene Captopril-Gabe die Mortalität über einen Zeitraum von 42 Monaten um 20 Prozent (28). In der „Acute Infarction Ramipril Effi- cacy“-(AIRE-)Studie wurden Patien- ten eingeschlossen, die am Infarkttag Zeichen der Herzinsuffizienz aufge- wiesen hatten. Durch eine nach im Mittel fünf Tagen eingeleitete Rami- pril-Medikation konnte die Gesamt- mortalität nach 15 Monaten um 27 Prozent reduziert werden (42). Die Grafik 1 zeigt zusammenfassend die Ergebnisse der Sekundärprävention unter ACE-Hemmern in der Post- infarktphase. Je selektionierter die Studienpopulation war (hohes Aus- gangsrisiko), desto größer der Nutzen unter Therapie (28, 42, 47).

Prognoseverbesserung bei Infarkt-Studien mit ACE-Hemmern

30%

20 10

0 AIRE TRACE SAVE SOLVD GISSI-3 ISIS-4E Postinfarkt-Phase Frühe

Infarktphase Grafik 1

Unterschiedliches relatives Ausmaß der Prognose- verbesserung unter ACE-Hemmer-Therapie in den Studien der frühen Infarktphase (ohne Patientense- lektion) und Postinfarktphase (bei Patienten mit reduzierter LV-Funktion). Je höher der Anteil der Risikopatienten (mit reduzierter LV-Funktion), desto größer die Prognoseverbesserung durch ACE- Hemmergabe.

Glossar der Studien mit den entsprechenden ACE-Hemmern

(fettgedruckt):

1. AIRE: Acute Infarction Rami- pril Efficacy Study

2. TRACE: Trandolapril Cardiac Evaluation

3. SAVE: Survival and Ventricular Enlargement Study (Captopril) 4. SOLVD: Studies of Left Ventri-

cular Dysfunction (Enalapril) 5. GISSI-3: Gruppo Italiano per lo

Studio della Sopravvivenza nell’

Infarto Miocardico (Lisinopril) 6. ISIS-4: International Study of

Infarct Survival (Captopril) Literatur

1. Lancet 1993; 342: 821–828.

2. Circulation 1995; 92: 3132–3137.

3. N Engl J Med 1992; 327: 669–677.

4. N Engl J Med 1992; 327: 685–691.

5. Lancet 1994; 343: 1115–1122.

6. Lancet 1995; 345: 669–685.

(4)

Lipidstoffwechsel

Unter allen atherogenen Risiko- faktoren kommt der Höhe des LDL- Cholesterins in bezug auf die koronare Herzkrankheit die entscheidende Rol- le zu. Die Bedeutung des Cholesterins wurde lange Zeit unterschätzt, da nicht auf die einzelnen Fraktionen (HDL-Cholesterin mit protektiver Wirkung; LDL-Cholesterin mit athe- rogener Wirkung) geachtet wurde.

Zudem wurden in frühen Interventi- onsstudien die Zielwerte für das Ge- samt-Cholesterin zu hoch (< 200 mg/dl) angesetzt. Durch die aktuellen prospektiven Studien zur Lipidsen- kung bei koronarer Herzkrankheit konnte zweifelsfrei neben quantitati- ven angiographischen Veränderungen (Abschwächung der Progression und meßbare Regression der Koronarskle- rose) auch eine signifikante klinische Besserung hinsichtlich Mortalität und Morbidität nachgewiesen werden.

Bei den Studien mit primär an- giographischem Endpunkt konnte mit verschiedenen Lipidsenkern (Statine, Cholestyramin, Fibrate, Niacin) und diätetischen Maßnahmen ein gün- stiges Interventionsergebnis gezeigt werden, vorausgesetzt, daß die zuvor deutlich erhöhte LDL-Fraktion signi- fikant gesenkt oder normalisiert wur- de (4, 20, 29). Die Lipidsenkung führ- te schon nach kurzen Interventions- zeiten (ein bis zwei Jahre) zu angio- graphisch faßbaren, wenn auch abso- lut nur geringen quantitativen Verän- derungen (Zunahme des minimalen Lumendiameters um 0,1 bis 0,3 mm).

Die Diskrepanz zwischen dem relativ geringen Ausmaß der quantitativen Veränderungen und dem klinischen Nutzen hinsichtlich Morbidität und Mortalität läßt sich durch stabilisie- rende Effekte der LDL-Cholesterin- Senkung auf die Oberfläche der koro- naren Plaques erklären. Diese quali- tativen Veränderungen umfassen die Verminderung des Lipidgehalts in der Plaque, die Verbesserung der Endo- thelfunktion durch eine Zunahme der NO-vermittelten Vasodilatation, eine Verminderung der inflammatorischen Reaktion an der Plaqueoberfläche und antithrombotische Effekte durch eine Abnahme der Thombozytenad- häsivität (8, 37, 49). Daraus resultie- ren eine Stabilisierung der Plaque-

kappe und eine Abnahme der Wahr- scheinlichkeit einer Plaqueruptur.

Da das Ausmaß der Prognose- verbesserung mit der Abnahme des LDL-Cholesterins korreliert, konnte mit Einsatz der Statine, die eine signi- fikante Reduktion des LDL-Chole- sterins um 25 bis 35 Prozent ermögli- chen, ein Durchbruch in der Primär- und Sekundärprävention erzielt wer- den. Dabei bewies die 4S-Studie (Scandinavian Simvastatin Survival Study) (35) die allgemeine Wirksam- keit der Senkung des LDL-Choleste-

rins in der Sekundärprävention bei Patienten mit und ohne Myokard- infarkt. Eine sechsjährige Behand- lungsphase führte bei der Verum- Gruppe zu einer 30prozentigen Re- duktion der Gesamt- und > 40prozen- tigen Reduktion der koronaren Mor- talität. Auch die klinischen Ereignisse (Myokardinfarkt, koronare Revasku- larisation durch aortokoronare By- pass-Operation) konnten um über 35 Prozent reduziert werden. Die positi- ven Ergebnisse waren unabhängig vom Patientenalter. In der WOS- (West of Scotland-)Studie (38) konnte bei einer Patientenpopulation mit ausgeprägter Hypercholesterinämie eine signifikante Reduktion der kar- diovaskulären Morbidität (Abnahme der Rate an Myokardinfarkten um 31 Prozent und der Notwendigkeit einer koronaren Revaskularisation um 37 Prozent) und Mortalität (koronar um 28 Prozent und kardiovaskulär ge- samt um 32 Prozent) in der Primär- prävention erzielt werden. Die Grafik 2faßt die wesentlichen Ergebnisse der beiden Studien zusammen.

Als reine Sekundärpräventions- Studie bei Postinfarkt-Patienten mit mittelgradiger Hypercholesterinämie war die „Cholesterol and Recurrent Events“-(CARE-)Studie (34) ange- legt. Über einen Beobachtungszeit- raum von fünf Jahren konnten eben- falls die Morbidität (Rate an instabi- ler Angina pectoris um 22 Prozent;

Notwendigkeit der koronaren Revas- kularisation um 27 Prozent; Myo- kardinfarkt-Rate um 25 Prozent) und koronare Mortalität (um 24 Prozent) signifikant gesenkt werden.

Aus den bisherigen Studiener- gebnissen läßt sich bei Patienten mit hohen LDL-Cholesterinwerten, be- sonders wenn zusätzliche Risikofak- toren vorliegen, ein Nutzen der Lipid- senkung schon in der Primärpräventi- on nachweisen. Für die Sekundär- prävention ist eine generelle Progno- severbesserung durch Senkung der Cholesterinwerte bei allen Patienten (unabhängig vom Risikoprofil) be- wiesen. Da die Prognoseverbesserung vom Ausmaß und der Dauer der Sen- kung des LDL-Cholesterins abhängig ist, sollten niedrig-normale Werte von zirka 100 bis 120 mg/dl angestrebt werden. Die Medikation muß unter regelmäßiger Kontrolle des Gesamt- Tabelle

Mittleres Thrombozytenvolumen bei koronarer Herzkrankheit

Koronarangiographie MTV (fl)

keine KHK (n = 97) 8,2+/–0,9 fl KHK (n = 884) 8,8+/–1,1 fl p < 0.01

Klinische MTV (fl)

Symptomatik

stabile Angina (n = 688) 8,7+/–1,1 instabile

Angina (n = 108) 9,4+/–1,2

instabile p < 0,01

Angina (n = 52) 10,4+/–1,0 + akut-PTCA p < 0,001

Prävention bei Hypercholesterinämie

25 20 15 10 5 0

Sekundärprävention Primärprävention

%

Plazebo

in 4S Simvastatin in 4S Plazebo

in WOS Pravastatin in WOS Grafik 2

Ergebnisse der Scandinavian Simvastatin Survival Study (4 S) in der Sekundärprävention der korona- ren Herzkrankheit, in der eine Simvastatin-Therapie über einen Sechs-Jahres-Zeitraum zu einer signi- fikanten Reduktion der Morbidität und 30prozen- tigen Reduktion der koronaren Mortalität führte. In der West-of-Scotland-(WOS-)Studie konnte auch in der Primärprävention (bei geringerer absoluter Morbidität und Mortalität) eine signifikante Bes- serung der Prognose erreicht werden. Modifi- zierte Kaplan-Meier-Analyse des kombinierten Stu- dienendpunktes Myokardinfarkt oder Mortalität.

Shepherd et al., 1995 (35).

(5)

Cholesterins und der Fraktionen (HDL und LDL) auf Dauer fortge- führt werden.

Thrombozytenfunktion

In der Pathogenese der koronaren Herzkrankheit und besonders akuter koronarer Ischämien spielt die Throm- bozyten-Aggregation und -Adhäsion an koronaren Plaques eine entschei- dende Rolle. So konnte nachgewiesen werden, daß die Thrombozyten-Ag- gregabilität bei Patienten schon vor Erstmanifestation der koronaren Herz- krankheit im Vergleich zu Koronar- gesunden erhöht ist (41). Neben an- deren Triggermechanismen ist auch die zirkadiane Rhythmik der Plätt- chenadhäsion und -Aggregation ein auslösender Faktor für die erhöhte In- zidenz an akuten Myokardinfarkten in den frühen Morgenstunden (48). Zu- dem ist bekannt, daß Thrombozyten- funktion und -morphologie korrelie- ren. Größere Thrombozyten weisen ei- ne erhöhte Dichte an alpha-Granula auf, schütten mehr Thromboxan B 2 pro Thrombozyt aus und aggregie- ren bevorzugt nach Gabe von ADP auf Plättchensuspension. Entspre- chend weisen Patienten mit akutem Myokardinfarkt ein signifikant erhöh- tes mittleres Thrombozytenvolumen (MTV) auf (5). Ein erhöhtes MTV er- wies sich in einer Studie von Martin et al. (21) als unabhängiger Prädiktor für Re-Infarkte und koronare Mortalität über einen Zwei-Jahres-Zeitraum. In einer eigenen Untersuchung an 981 Pa- tienten konnten wir einen Zusammen- hang zwischen dem mittleren Throm- bozytenvolumen und dem Nachweis atherosklerotischer Koronarverände- rung sowie der klinischen Symptoma- tik von Koronarpatienten nachweisen (31). Patienten mit angiographisch do- kumentierter Atherosklerose (n = 884) wiesen gegenüber Patienten mit nor- malem Koronarogramm (n = 97) ein signifikant erhöhtes MTV auf. Unter den Koronarpatienten war das MTV bei instabiler Angina pectoris signifi- kant größer als bei stabiler Angina (Ta- belle). In einer weiteren Studie erwies sich das MTV vor Koronarinterventi- on als prädiktiver Risikofaktor für eine Rezidivstenose nach erfolgreicher PTCA. Patienten mit angiographisch dokumentierter Re-Stenose hatten

zum Zeitpunkt der PTCA mit 8,7±0,8 Femtoliter (fl) ein signifikant höheres MTV als Patienten, die im weiteren Verlauf kein Rezidiv entwickelten (8,0±0,7 fl; p < 0,0001) (30).

Wirksamkeit der

antithrombozytären Therapie Der kausale Zusammenhang zwi- schen Thrombozytenfunktion und koronarer Herzkrankheit wird durch

die Wirksamkeit einer Thrombo- zytenaggregations-Hemmung (durch Acetylsalicylsäure [ASS], Ticlopidin oder Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor- Antagonisten) bei perkutaner translu- minaler Koronarangioplastie (PTCA) und nach koronarer Stent-Implanta- tion, im akuten Myokardinfarkt und bei instabiler Angina pectoris belegt (14, 18, 36, 44). Nach intrakoronarer Stent-Implantation reduziert eine kombinierte Thrombozytenaggrega- tions-Hemmung mit ASS und Ticlopi- din im Vergleich zur oralen Antikoa- gulation mit Cumarin-Derivaten die Rate an Stent-Thrombosen und aku- ten Myokardischämien signifikant (36). Der Glykoprotein-Rezeptor-An- tagonist abciximab reduzierte in der EPIC-(Evaluation of 7E3 for the Pre- vention of Ischemic Complications-) Studie bei Patienten mit Hochrisiko- PTCA den kombinierten Studienend- punkt (Mortalität, Myokardinfarkt, Re-PCTA, Revaskularisationen [PT- CA und/oder Bypass-Op], Implanta- tion koronarer Stents und intraaorta- ler Ballongegenpulsation) signifikant (44). In der International Study of In- farct Survival (ISIS) 2 konnte ein- drucksvoll eine Prognoseverbesserung im akuten Myokardinfarkt durch 160 mg ASS/die (mit und ohne Thrombo- lyse-Therapie) bewiesen werden (14).

Bei Patienten mit instabiler Angina pectoris belegten vier randomisierte, plazebokontrollierte Studien die Ef- fektivität der ASS-Therapie in der Re- duktion der Re-Infarkte und korona- ren Mortalität um zirka 35 Prozent (18, 46).

Durch den Einsatz der spezifi- schen GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Antago- nisten bei instabiler Angina pectoris und nicht transmuralem Infarkt konn- te im Vergleich zu ASS eine weite- re signifikante Prognoseverbesserung erreicht werden. In einer aktuellen, auf der 70. Tagung der American Heart Association (1997) vorgestell- ten Analyse der Daten von acht Studi- en an über 19 000 Patienten konnte der primäre Studienendpunkt (30- Tage-Mortalität und Infarktrate) um 25 Prozent hochsignifikant reduziert werden (Grafik 3). Die Langzeit- Daten der Studien (sechs Monate bis drei Jahre) zeigten, daß der frühe Vor- teil im Sinne einer wirksamen Sekun- därprävention mit einer Risikoreduk- Prognoseverbesserung durch additive

GP IIb/IIIa-Antagonisten (zu ASS) EPIC

IMPACT II EPILOG CAPTURE RESTORE PARAGON PRISM PRISM-PLUS

0,3 1 3

Gesamt: 1,37 19 375 Patienten p<0,00000014 Grafik 3

Ergebnisse der randomisierten, plazebokontrol- lierten klinischen Studien mit einem spezifischen Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten (versus Standardtherapie mit Heparin und Acetyl- salicylsäure) bei instabiler Angina pectoris, nicht- transmuralem Infarkt und perkutaner translumina- ler Koronarangioplastie. Werte rechts der 1 entspre- chen einer Überlegenheit der GP-IIb/IIIa-Rezeptor- Antagonisten, Werte links der 1 würden eine Über- legenheit der konventionellen Therapie wiederge- ben. Man erkennt eine hochsignifikante Besserung der Prognose durch GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Blockade im Vergleich zur alleinigen ASS-Therapie. Moliterno et al., 1997 (48).

Postinfarktstudien mit Acetylsalicylsäure

l 7 randomisierte

plazebokontrollierte Studien l > 15 000 Patienten

l Dosis 325 mg–1 500 mg/die l Studienbeginn:

1 Woche bis 7 Jahre nach Infarkt l Studiendauer: 1 Jahr bis 4 Jahre l Reduktion der Mortalität: 5–42%

l Reduktion der Reinfarkte: 12–57%

l Metaanalysen:

Reduktion der Mortalität: 13%

l Metaanalysen:

Reduktion der Reinfarkte: 31%

Prognoseverbesserung durch additive GP-IIb/IIIa-Antagonisten (zu ASS)

(6)

tion zwischen 9 und 46 Prozent anhält und in einigen Studien sogar weiter zunimmt (25). Neuere Interventions- studien mit der peroralen Gabe von GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Blockern sind noch in der Rekrutierungsphase.

Im Gegensatz zu den bisher er- wähnten Untersuchungen, bei denen sich der präventive Effekt nicht von der additiven Wirkung bei akuter koronarer Ischämie oder Intervention exakt trennen läßt, liegen für ASS und Substanzen, deren Wirkprinzip auf der ADP-Hemmung beruht (Ticlopidin, Clopidogrel), auch Studi- energebnisse vor, die getrennt eine isolierte Wirksamkeit in der Sekun- därprävention belegen. Die meisten Studien zur Sekundärprävention mit ASS liegen für Postinfarkt-Patienten vor. In sieben prospektiven, randomi- sierten, plazebokontrollierten Studi- en (> 15 000 Patienten; Dosierungen zwischen 325 und 1 500 mg/die; unter- schiedliche zeitliche Rekrutierung) konnte aus statistischen Gründen auf- grund der zu geringen Fallzahlen und Anzahl der absoluten Ereignisse in keiner Einzelstudie eine statistisch signifikante Prognoseverbesserung nachgewiesen werden. Die Reduktion der kardialen Mortalität variierte zwi- schen 5 und 42 Prozent, die Redukti- on der Infarktrate von 12 bis 57 Pro- zent. Metaanalysen dieser Studien (49, 50, 51) zeigten jedoch eine signifi- kante Abnahme der kardiovas- kulären Morbidität (Re-Infarkte –31 Prozent: p < 0,0001; apoplektischer Insult –42 Prozent: p < 0,001; Morta- lität –13 Prozent: p < 0,01. Die Ergeb- nisse der Sekundärprävention nach Infarkt mit ASS sind im Textkasten Postinfarkt-Studien zusammengefaßt.

Diese Daten unterstützen den Einsatz von ASS bei Zustand nach Myo- kardinfarkt, wobei die Dosierung (50 mg bis 500 mg/die) noch kontrovers diskutiert wird. Anhand der Datenla- ge ist davon auszugehen, daß in der Postinfarktphase ASS schon in einer Dosis von 75 bis 100 mg/die bei gerin- gerer Nebenwirkungsrate effektiv die Prognose der Patienten bessert.

Es gibt nur wenige Untersuchun- gen zur Sekundärprävention bei Pati- enten vor akuter Myokardischämie.

Die SAPAT-Studie (Swedish Angina Pectoris Aspirin Trial) untersuchte über einen Vier-Jahres-Zeitraum die

Wirksamkeit einer niedrigen (75 mg/die) ASS-Dosis (additiv zu Sota- lol) bei Patienten mit stabiler Angina pectoris (17). Das Patientenkollektiv umfaßte 2 035 Patienten mit chroni- scher stabiler Angina pectoris, die zu einer Sotalol + Plazebo- oder Sotalol + Aspirin-Medikation randomisiert wurden. Die Inzidenz des primären Studienendpunktes (nichttödlicher Infarkt und plötzlicher Herztod) konnte in der Aspirin-Gruppe signifi- kant um 34 Prozent gesenkt werden.

Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß Sotalol vorzugsweise nicht zur Therapie der stabilen Angi- na pectoris eingesetzt werden sollte,

da es über QT-Verlängerungen zu un- erwünschten Proarrhythmien kom- men kann. Dennoch kann aus den Er- gebnissen gefolgert werden, daß eine effektive Sekundärprävention bei Pa- tienten mit Angina pectoris mit ASS in einer Dosis von 75 mg/die möglich ist.

Als therapeutische Alternative zu ASS stehen ADP-Hemmer (Ticlo- pidin, Clopidogrel) zur Verfügung.

Der breite Einsatz von Ticlopidin wird durch die erhöhte Nebenwir- kungsrate, besonders der potentiellen Neutropenien, limitiert. Clopidogrel ähnelt chemisch dem Ticlopidin, weist jedoch ein dem ASS vergleichba- res Nebenwirkungsprofil auf. In der CAPRIE-Studie (Clopidogrel versus Aspirin in Patients at Risk of Ischaemic Events) wurde die Wirk- samkeit beider Substanzen in der Se- kundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse (ischämischer Schlagan- fall, Myokardinfarkt, kardiovaskuläre

Mortalität) bei > 19 000 Patienten mit vorher bekannter Atherosklerose (Schlaganfall, Myokardinfarkt, peri- phere arterielle Verschlußkrankheit) untersucht (6). Über eine Beobach- tungsdauer von ein bis drei Jahren be- trug das jährliche Risiko des kombi- nierten Studienendpunktes für ASS 5,8 Prozent und für Clopidogrel 5,3 Prozent (p < 0,043). Mit der zu erwar- tenden Zulassung ab 1998 wird damit eine therapeutische Alternative zu ASS in der Prävention kardiovaskulä- rer Ereignisse zur Verfügung stehen.

Daraus ergeben sich Folgerungen für die Praxis. Aktuell bleibt ASS als sehr kostengünstige Substanz mit er- wiesenem Wirkprofil in einer Dosis von 100 mg/die (kardiovaskulär) bis 300 mg/die (zerebrovaskulär) für die Sekundärprävention Mittel der Wahl. Die neueren antithrombozy- tären Substanzen (Clopidogrel, GP- IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten) ver- sprechen für die Zukunft eine weitere Verbesserung der Prävention kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse.

Resümee

Die Sekundärprävention bei Koronarpatienten vor eingetretenem Myokardinfarkt beinhaltet neben der symptomatischen, aber wenig pro- gnoseverbessernden medikamentö- sen Therapie der Angina pectoris mit Nitraten, Kalziumantagonisten und Betablockern primär Maßnahmen zur Minimierung der individuellen Ri- sikofaktoren. Die entscheidenden Parameter mit dem größten Potential der Prognosebesserung sind pa- tientenabhängig. Gewichtsreduktion, Verzicht auf Nikotinkonsum, diäteti- sche Maßnahmen bei Diabetes melli- tus und Hypercholesterinämie sowie eine moderate, aber regelmäßige kör- perliche Aktivität können die Pro- gression der Koronarsklerose und in deren Folge die Rate an klinischen Ereignissen signifikant reduzieren.

Medikamentös ist für Lipidsenker und Acetylsalicylsäure durch mehrere prospektive Studien eine Prognose- verbesserung eindrucksvoll bewiesen (Textkasten Allgemeine Maßnahmen).

Die spezifische antithrombozytäre Therapie mit GP-IIb/IIIa-Rezeptor- Antagonisten verspricht ein signifi- Allgemeine Maßnahmen zur

Sekundärprävention

l Gewichtsreduktion bei Adipositas

l moderate, regelmäßige körperliche Aktivität l Hypertonie- und

Diabetes-Einstellung l Nikotinverzicht

l Lipidsenkung (LDL-Cholesterin

< 130 mg/dl)

l Acetylsalicylsäure (> 75 mg/die)

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eit mehr als 20 Jahren lie- gen die „Spielregeln“ für das Interdisziplinäre Forum der Bundesärztekammer fest. Zielgruppe sind die Fortbilder. „Wege und Zeit zwischen der Entdeckung gesicherter neuer Erkenntnisse und Methoden und deren Anwendung durch den Arzt“ sollten durch die Erörterung im Interdisziplinären Forum abgekürzt werden. Als problematisch hat sich der Umgang mit Innovationen erwie- sen, die für Arzt und Patient von Re- levanz, von den Medien längst aufge- griffen sind, aber – mangels abschlie- ßend gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse – noch nicht in die Fort- bildungsaktivitäten der Akademien einfließen konnten.

Erstmalig hatte deshalb der Deut- sche Senat für Ärztliche Fortbildung 1996 beschlossen, kontroverse Diskus- sionen über Innovationen in der Medi- zin, in diesem Jahr speziell über tech- nische Innovationen, zuzulassen.

Die beiden für 1998 ausgewähl- ten Pro- und Kontrathemen erwiesen sich auch vor Ort als hochaktuell und interessant.

Silikonpräparate

Der erste Komplex beschäftigte sich mit Nutzen und Risiken des Ein- satzes von Silikon-Präparaten in der rekonstruktiven Chirurgie. Es war gelungen, nicht nur kompetente, son- dern auch von den Fachgesellschaf- ten autorisierte Referenten zu gewin- nen. So vertrat Prof. Olbrisch, Düs- seldorf, die Vereinigung der Deut- schen Plastischen Chirurgen und Dr.

Rudolf die Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungs- chirurgie. An der sehr emotional ge- führten Diskussion beteiligten sich auch Vertreterinnen von Patienten- schutzvereinigungen der „Silikonge- schädigten“.

Der These von Prof. Olbrisch, Si- likonanwendungen seien akzeptiert, zigtausendfach praktiziert und un- schädlich, wurde von Dr. Rudolf und Prof. Tschöpe, Direktor des Bun- desinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Berlin, massiv widersprochen. Auch Frau Priv.-Doz.

Dr. Pfleiderer, Münster, die in neu- sten Untersuchungen Silikonpartikel im Lebergewebe hatte nachweisen können, sah den Silikoneinsatz kri- tisch.

Die im Deutschen Ärzteblatt be- reits angedeutete Diskrepanz zwi- schen den Auffassungen wurde von beiden Seiten mit Daten und Fakten unterlegt. Konsens konnte nur dar- über erzielt werden, daß besonders in der Tumorchirurgie der weiblichen Brust der Einsatz von Silikonpräpara- ten bisher konkurrenzlos ist, die Kom- plikationen – mit Ausnahme der lo- kalen Fibrosierung – zahlenmäßig vertretbar erscheinen und es keinen kant größeres präventives Potential

als die Acetylsalicylsäure. Langzeit- Ergebnisse mit den oral zur Verfü- gung stehenden Substanzen stehen aber noch aus.

Die Prognose der Postinfarktpati- enten und damit auch das nötige Aus- maß der zusätzlichen präventiven Maßnahmen hängen entscheidend von der linksventrikulären Pumpfunktion ab. Bei erhaltener LV-Funktion und fehlenden Ischämiezeichen ist die Pro- gnose gut; der Patient sollte lediglich einen Betablocker erhalten. Bei redu- zierter LV-Funktion sollte möglichst frühzeitig mit einem ACE-Hemmer begonnen werden. Empfehlungen zur Dauer der Therapie sind aus den bis- herigen Studienergebnissen nicht ab- zuleiten. Bei Risikopatienten mit re- duzierter Pumpfunktion und malignen

Kammerarrhythmien haben aktuelle Studien eine Prognosebesserung unter Amiodaron und nach Implantation ei- nes Kardioverter-Defibrillator gezeigt (Textkasten Postinfarktphase). Wenn es gelingt, alle angesprochenen As- pekte der Sekundärprävention, beson- ders der Postinfarktpatienten, in die

tägliche Praxis umzusetzen, könnte die immer noch sehr hohe Mortalität der Koronarpatienten entscheidend reduziert werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-1732–1738 [Heft 27]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser

Priv.-Doz. Dr. med. Luciano Pizzulli Medizinische Unversitätsklinik und Poliklinik

Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn

Z

Zuumm TThheemmaa „„SSeekkuunnddäärrpprräävveennttiioonn d

deerr kkoorroonnaarreenn HHeerrzzeerrkkrraannkkuunngg““ ssiinndd b

biisshheerr eerrsscchhiieenneenn::

((11))Schuler G, Hambrecht R: Die Rolle der Rehabilitation. Dt Ärztebl 1998:

95: A-1233–1240 [Heft 20].

((22))Löllgen H, Dickhuth H H, Dir- schedl P: Vorbeugung durch körper- liche Bewegung. Dt Ärztebl 1998:

95: A-1531–1538 [Heft 24].

Technische Innovationen

in der Medizin – Pro und Kontra

22. Interdisziplinäres Forum der Bundesärztekammer

„Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“ vom 28. bis 31. Januar 1998

S

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zwingenden Grund gibt, auf den Si- likoneinsatz bei strenger Indikation unverzüglich zu verzichten.

Offene Probleme

Es fehlen Langzeituntersuchun- gen, vermißt wird eine firmenunab- hängige Forschung, die in der Dis- kussion zitierten 1 200 Publikationen zu Silikonrisiken bedürfen der Eva- luation, Polyurethanbeschichtungen der Silikonimplantate potenzieren die Gefahren. Der unkritische Ein- satz von Silikon im Bereich der ästhetisch-kosmetischen Chirurgie, wie bei der Wangenunterfütterung, der Wadenkräftigung oder dem Ho- denersatz, ist nicht sui generis zu rechtfertigen.

So war die Pro- und Kontrarun- de bezüglich der Silikonanwendung erst Auftakt für neue Untersuchun- gen. Der Vorstand der Bundesärzte- kammer und der Wissenschaftliche Beirat werden dieses Thema weiter verfolgen. Als Nebeneffekt zeigte sich die Problematik, daß die bisher geüb- te Praxis der Befragung einer wissen- schaftlichen Fachgesellschaft und ei- nes Berufsverbandes nicht immer aus- reichend ist. Der strenge Gegensatz in den Auffassungen der beiden gehör- ten wissenschaftlichen Fachgesell- schaften mit auch deutlich differenter Interessenlage ist als exemplarisch anzusehen. Alternative Methoden, erhöhter Wettbewerb unter den Kolleginnen und Kollegen, ökonomi- sche Sorgen werden den Widerstreit der Fachgesellschaften herausfordern und verstärken.

Extrakorporale Stoßwellen

Der zweite Themenkomplex be- faßte sich mit der Anwendung extra- korporaler Stoßwellen außerhalb der ableitenden Harnwege. Bei der extra- korporalen Stoßwellenlithotripsie handelt es sich um eine ernstzuneh- mende Methode, die in Deutschland entwickelt und 1980 erstmalig zur An- wendung gekommen ist. Vergleiche mit externen Frakturstimulatoren, wie Gleichstrom, Wechselstrom oder therapeutischem Ultraschall, verbie- ten sich insoweit.

Die in den 80er Jahren betriebe- ne Grundlagenforschung zum Aus- schluß von Nebenwirkungen bei der Applikation an Nieren und Harnlei- tern führte zu wesentlichen Er- kenntnissen und zu neuen Einsatz- gebieten für die Stoßwellen, auch bei der Pseudarthrose. Nicht mehr nachzuvollziehen ist jedoch der Bruch zwischen der keineswegs bis zur Humanapplikation geführten Pseudarthrosenforschung und der flächenartigen Verbreitung von Stoßwellengeräten für die fachor- thopädische Praxis oder Ambulanz.

Allein im Jahr 1996 wurden 30 000 Anträge auf Kostenübernahme für die Stoßwellenbehandlung bei Er- krankungen des Haltungs- und Be- wegungsapparates gestellt, was für den Bereich der Gesetzlichen Kran- kenversicherung mehr als 30 Millio- nen DM ausmachen würde. Auch die Vielzahl im Wettbewerb stehen- der „wissenschaftlicher Gruppie- rungen“ erweckt Mißtrauen.

Dr. Thiele, der erste Vorsitzen- de der Deutschen Gesellschaft für Stoßwellentherapie, stellte die Wirk- weise und die in der Vertragsarztpra- xis gebräuchlichen Anwendungen dar. Leider steht die Sammlung der gewonnenen Erkenntnisse größerer

Ambulanzen und Praxen sowie der Interessenverbände noch aus.

Priv.-Doz. Dr. Loew,Heidelberg, belegte eindrucksvoll und wissen- schaftlich klar den positiven Effekt im Bereich der Tendinosis calcarea. Eine prospektive Untersuchung an der Universität Heidelberg bestätigte sei- nen experimentellen Ansatz. Ganz anders die Untersuchungsergebnisse von Prof. Claes, Ulm, der bei der Anwendung von Stoßwellen auf expe- rimentell gesetzte Pseudarthrosen nicht nur keinen Effekt nachweisen konnte, sondern bezüglich erzeugter Instabilitäten und Infektionen Risi- ken konstatieren mußte.

Die Erörterung dieser Thematik war hochaktuell, zumal der Bundes- ausschuß der Ärzte und Krankenkas- sen (NUB) für die allernächste Zu- kunft ein Votum angekündigt hatte, wie weit die Gesetzliche Krankenver- sicherung zur Akzeptanz der Stoßwel- lenanwendung am Bewegungsappa- rat und damit zur Kostenübernahme bereit ist. Die Therapie von Rotato- renmanschettendefekten, Schmerz- syndromen im Nacken- und Schulter- bereich, der aktuelle Einsatz von Stoßwellen zur Behandlung generali- sierter Osteoporosen, die Therapie hartnäckiger Epicondylitiden, von Achillodynien oder Fersenschmerzen hat viele Kritiker auf den Plan geru- fen. Positiv gesehen wird die Notwen- digkeit der Bündelung empirisch er- hobener Daten. Sehr wohl können auch Behandlungsformen ex juvanti- bus bei Schmerzsyndromen multikau- saler, häufig unklarer Genese Sinn machen, die Kostenträgerfrage bleibt jedoch zu klären. Wie bei der Diskus- sion über Silikonimplantate wurde auch am Beispiel der extrakorporalen Stoßwellentherapie deutlich, daß die Bundesärztekammer mit ihrem inter- disziplinären Ansatz das ideale Fo- rum zur Klärung der Fragen bietet die im Solitärzirkel unter niedergelasse- nen oder am Krankenhaus tätigen Ärzten in Wissenschaft oder empiri- scher Forschung, zwischen Urologen, Orthopäden, Chirurgen und Schmerz- therapeuten nicht zu lösen sind.

Prof. Dr. med. Axel Ekkernkamp Unfallkrankenhaus Berlin Rapsweg 55

12683 Berlin

Literaturverzeichnisse

Aus Platzgründen können Literatur- verzeichnisse nur dann veröffentlicht werden, wenn sie nicht mehr als 15 Zitate umfassen. Alle Autoren wer- den bereits beim Einreichen des Ma- nuskriptes auf diese Regelung hin- gewiesen und gebeten, bevorzugt Schlüsselpublikationen auszuwählen, die den Weg zur weiterführenden Li- teratur weisen. Auf Wunsch der Au- toren kann ein dem genannten Um- fang entsprechendes Literaturver- zeichnis mit dem Zusatz versehen werden „Weiterführende Literatur beim Verfasser“. Umfangreichere Li- teraturverzeichnisse sind über den Sonderdruck erhältlich und außer- dem im Internet unter der Adresse http://www.ärzteblatt.deabrufbar. Ins Internet werden Literaturverzeich- nisse mit dem Erscheinungstag des Heftes eingestellt.

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