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Archiv "Serie: Sekundärprävention der koronaren Herzerkrankung – Kardiologische Aspekte: Schlußwort" (20.11.1998)

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Nach Ansicht der Autoren rechtfertigt die Datenlage (4-S-Stu- die, Scandinavian Simvastatin Survi- val Study; CARE-Studie, Choleste- rol and Recurrent Events Study;

WOS-Studie, West of Scotland Coro- nary Prevention Study) die Anwen- dung von Statinen im Rahmen der Sekundärprävention (unabhängig vom Risikoprofil) und im Rahmen der Primärprävention (bei hohen LDL-Werten und zusätzlichen Risi- kofaktoren).

Sie begründen ihre Aussage mit sehr hohen Werten bei der Senkung von bestimmten Ereignissen. So soll Simvastatin im Vergleich zu Plazebo

„zu einer 30prozentigen Reduktion der Gesamt- und > 40prozentigen Reduktion der koronaren Mortalität führen“. Auch Ballondilatationen und Bypass-Operationen sollen „um über 35 Prozent reduziert werden“.

Mit diesen Aussagen irren die Autoren gewaltig: Die wahren Werte der Ereignisreduktion liegen bei 3,3 Prozent, 3,5 Prozent beziehungs- weise 6 Prozent. Bei den von der Pharma-Industrie bevorzugten und optisch eindrucksvoll hohen Werten über 30 Prozent handelt es sich um die sogenannte Risikoreduktion.

Diese interessiert den Arzt aber überhaupt nicht. Ihn interessiert nur die Reduktion der Ereignisse, und diese Zahlen sind wesentlich weniger spektakulär. Trotzdem rechtfertigen sie eine Sekundärprävention.

Fatal wird die Befürwortung der Primärprävention, weil in der WOS- Studie durch Pravastatin im Vergleich zu Plazebo angeblich eine „signi- fikante Reduktion der . . . Mortalität (koronar um 28 Prozent und kardio- vaskulär um 32 Prozent) . . . erzielt werden“ soll. Auch hier handelt es

A-3003

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 47, 20. November 1998 (63)

S

Seerriiee:: S Seekkuunnd dä ärrp prrä ävveennttiio onn d deerr kko orro onna arreenn H Heerrzzeerrkkrra annkkuunng g

Kardiologische Aspekte

Risikoreduktion nicht mit Reduktion der Ereignisse verwechseln

sich aber wieder um die für Hoch- glanzbroschüren bestens geeigneten hohen Werte der Risikoreduktion, die – sofern es sich tatsächlich um ei- ne Reduktion der Ereignisse handelt – zu mageren 0,5 Prozent beziehungs- weise 0,7 Prozent schrumpfen. Diese

Werte rechtfertigen nicht im minde- sten eine Primärprävention, die Er- gebnisse der AF/TexCAPS-Studie (Air Force/Texas Coronary Athero- sclerosis Prevention Study) im übri- gen auch nicht.

Mit anderen Worten, eine unge- zielte Populationsintervention bei Patienten, die nur unter ihrem La-

borwert LDL leiden, ist nicht akzep- tabel. Schließlich werden dabei auch Tausende von Patienten völlig nutz- los mit Statinen belastet. Wir kennen die Risiken bei einer 10-, 20- oder 30jährigen Anwendung überhaupt noch nicht, ganz abgesehen von einer ungebremsten Kostenlawine. Ich plä- diere deshalb für einen sehr sorgsa- men und differenzierten Umgang mit den Zahlen aus den großen Interven- tionsstudien.

Der niedergelassene Arzt wäre überfordert, wenn er die Primärlite- ratur lesen müßte. Er ist auf die Se- kundär- oder Tertiärliteratur ange- wiesen und muß den Angaben ver- trauen können.

Prof. Dr. med. Frank P. Meyer Institut für Klinische Pharmakologie Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg Zu dem Beitrag von

Priv.-Doz. Dr. med. Luciano Pizzulli und Prof. Dr. med. Berndt Lüderitz in Heft 27/1998

Wir sind dankbar, zu den sachli- chen Ausführungen von Prof. Dr. F. P.

Meyer, Magdeburg, Stellung nehmen zu können. Aufgrund der Datenlage epidemiologischer Untersuchungen an über 200 000 Patienten ist die Be- deutung des Risikofaktors Hyper- cholesterinämie (insbesondere die Erhöhung der LDL-Fraktion) für die Entstehung der Koronarsklerose mit entsprechender prognostischer Bela- stung zweifelsfrei erwiesen (1).

Die positive Beeinflussung der koronaren Herzerkrankung durch ef- fektive Senkung der Hypercholeste- rinämie ist – wie in unserem Artikel dargelegt (2) – durch angiographische Studien mit morphologischem End- punkt und durch Interventionsstudien mit klinischen Endpunkten (Morbi- dität und Mortalität) belegt. Dabei ist

das Ausmaß der Cholesterinsenkung entscheidend für die Reduktion der klinischen Ereignisse (3, 4).

In der Leserzuschrift von Prof.

Meyer wird verkannt, daß die Diskus- sion von Ergebnissen plazebokon- trollierter Studien immer Vergleichs- charakter aufweist. Es wird die Ereig- nisrate unter Therapie mit der in der Plazebogruppe verglichen. Daraus resultiert eine relative Risikoreduk- tion um x Prozent. Diese Praxis ist in der internationalen Fachliteratur üb- lich, und die diesbezüglichen Infor- mationen entstammen nicht Hoch- glanzbroschüren der Pharma-Indu- strie, sondern der Primärliteratur der im Beitrag zitierten Großstudien (Scandinavian Simvastatin Survival Study [4S] [4], West of Scotland Study [5] und Cholesterol and Recurrent Events [CARE] Study [6]). Die Re- sultate erscheinen damit durchaus der Aufmerksamkeit wert. Vielleicht

Schlußwort

(2)

fällt es uns Ärzten nicht ganz leicht, sich vom klinischen Pharmakologen Meyer belehren zu lassen, was uns in- teressiert und was uns nicht interes- siert. – Bei genauer Betrachtung der Grafik 2 unseres Beitrages wird dem interessierten Leser nicht entgehen, daß neben der im Text angegebenen relativen Risikoreduktion in der Gra- fik selbst sowohl für die Studie zur Primär- als auch für die Sekundär- prävention die absoluten Zahlen auf- geführt sind. Die statistische Signifi- kanz der Prognoseverbesserung un- ter der cholesterinsenkenden Thera- pie ist – wie man die Daten auch dar- stellt – eindeutig. Daß die absoluten Ereignisraten in den Studien zur Primärprävention aufgrund der ge- ringeren Morbidität und Mortalität der Population deutlich niedriger sind, ist selbstverständlich.

Es bleibt festzuhalten, daß für die Sekundärprävention eine gene- relle Prognoseverbesserung bei allen Koronarpatienten unabhängig vom übrigen Risikoprofil bewiesen ist.

Für die Primärprävention bleibt die Betrachtung des individuellen Risi- koprofils von entscheidender Be- deutung. Auch hier gilt jedoch, daß der Nutzen einer cholesterinsenken-

den Therapie in Abhängigkeit von den Ausgangswerten der LDL-Frak- tion und der begleitenden übrigen Risikofaktoren allgemein akzeptiert ist.

Eine ungezielte Populationsin- tervention bei Patienten mit isolierter LDL-Erhöhung ist in unserem Arti- kel mit keinem Wort erwähnt. Auch sollen nicht Tausende von Patienten völlig nutzlos mit Statinen behandelt werden. Es geht vielmehr um Patien- ten mit klinisch manifester koronarer Herzkrankheit (Sekundärprävention) oder um Patienten mit hohem Risiko für das Vorliegen einer noch klinisch asymptomatischen Koronarsklerose (Primärprävention).

Dem trivialen Hinweis von Prof.

Meyer, mit Zahlen aus großen Inter- ventionsstudien sehr sorgsam und differenziert umzugehen, ist natur- gemäß nicht zu widersprechen. Wir glauben allerdings, daß der nieder- gelassene Kollege mit der Durch- sicht fundierter Übersichtsartikel und dem Hinweis auf Primärliteratur keinesfalls überfordert ist, sondern sehr wohl in der Lage ist, eine patho- physiologisch begründete Lehrmei- nung in die tägliche Praxis umzuset- zen.

Literatur

1. Gotto AM, LaRosa LC, Hunninghake D, Grundy SM, Wilson PW, Clarkson TB et al.:

The cholesterol facts: a summary of the evi- dence relating dietary fats, serum choleste- rol, and coronary heart disease. Circulation 1990; 81: 1721–173.

2. Pizzulli L, Lüderitz B: Serie: Sekundär- prävention der koronaren Herzerkrankung – Kardiologische Aspekte. Dt Ärztebl 1998;

95: A-1732–1738 [Heft 27].

3. Brown G, Albers JJ, Fischer LL: Regressi- on of coronary artery disease as a result of intensive lipid-lowering therapy in men with high levels of apolipoprotein. N Engl J Med 1990; 323: 1289–1298.

4. Scandinavian Simvastatin Survival Study Group: Randomized trial of cholesterol lowering in 4444 patients with coronary artery disease: the Scandinavian Simvasta- tin Survival Study. Lancet 1994; 344:

1383–1389.

5. Shephard J, Cobbe SM, Ford I for the West of Scotland Coronary Prevention Stu- dy Group: Prevention of coronary heart disease with pravastatin in men with hyper- cholesterolemia. N Engl J Med 1995; 333:

1301–1307.

6. Sacks FM, Pfeffer MA, Moye LA et al. on behalf of the CARE-Investigators: The effect of pravastatin on coronary events after myocardial infarction in patients with average cholesterol levels. N Engl J Med 1996; 335: 1001–1009.

Priv.-Doz. L. Pizzulli Prof. Dr. B. Lüderitz

Medizinische Universitäts-Klinik und Poliklinik

Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn

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M E D I Z I N DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

(64) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 47, 20. November 1998 In einer europäischen Multicen-

terstudie, die von der London School of Hygiene und Tropical Medicine durchgeführt wurde, wurde unter- sucht, ob durch Giftmülldeponien ein erhöhtes Risiko für das Auftre- ten von kongenitalen Anomalien be- steht. 1 089 Lebendgeburten, Totge- burten und vorzeitige Schwanger- schaftsabbrüche wurden bei Anwoh- nern von Mülldeponien auf das Vor- liegen von Mißbildungen untersucht und mit 2 366 Kontrollen aus ande- ren Gebieten verglichen.

Dabei zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko für Anomalien.

Zum Beispiel betrug das relative Ri- siko für Neuralrohrdefekte 1,86, für Herz- und Gefäßmißbildungen 1,6 sowie für ösophago-tracheale An- omalien 2,2 und für Hypospadien

1,9. Das Risiko nahm mit zunehmen- der Entfernung des Wohnortes von der Giftmülldeponie ab. acc Dolk H et al.: Risk of congenital anoma- lies near hazardous-waste landfill sites in Europe: The EUROHAZCON study.

Lancet 1998; 352: 423–427.

Dr. H. Dolk, Environmental Epidemio- logy Unit, Department of Public Health and Policy, London School of Hygiene and Tropical Medicine, London WC1E 7HAT, England.

Mißbildungsrate um Giftmülldeponien erhöht

Indikation zur

Koronarangiographie

Inwiefern Hausärzte, Kardio- logen und sogenannte Experten- gremien über die Zweckmäßigkeit von Herzkatheteruntersuchungen übereinstimmten, war Inhalt einer kürzlich publizierten amerikani- schen Studie. Aus mehreren ameri- kanischen Bundesstaaten wurden

1 058 Internisten, Hausärzte und Kardiologen sowie ein Expertengre- mium gebeten, über die Zweck- mäßigkeit der Koronarangiographie bei verschiedenen Indikationen zu urteilen.

Bei den meisten Indikationen ergaben sich gute Übereinstimmun- gen zwischen den Praktikern, den In- ternisten, den Kardiologen und dem Expertengremium. Ausnahmen wa- ren sehr komplizierte Indikationen, bei denen die Kardiologen eine inva- sive Abklärung häufiger als sinnvoll erachteten als die Hausärzte, sowie sehr alte Patienten, bei denen die Ex- perten eher Zurückhaltung an den Tag legten als die Hausärzte. acc Ayanian JZ et al.: Rating the appropri- ateness of coronary angiography – do practicing physicians agree with an expert panel and with each other? N Engl J 1998; 338: 1896–1904.

Dr. Ayanian, Dep. of Health Care Policy, Harvard Medical School, 180 Longwood Ave., Boston, MA 02115, USA.

Referenzen

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