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Archiv "DÄ-Forum im Internet: Ihre Meinung ist gefragt" (04.09.1998)

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daten ausgewertet. Das Ergebnis: Die homöopathischen Mittel waren den Plazebos nicht überlegen. Dr. med.

Markus Wiesenauer, Allgemeinarzt aus Weinstadt, entgegnet dazu:

„Wenn immer wieder als Beweis ge- gen die Homöopathie die Münchener Kopfschmerz-Studie herangezogen wird, dann muß das Konzept der Kopfschmerztherapie mit syntheti- schen Pharmaka noch kritischer hin- terfragt werden, zumal diese mit einer hohen Rate an unerwünschten Arz- neimittelwirkungen behaftet sind.“

Andere Kritiker der Homöopa- thie argumentieren mit der „Droge Arzt“. Die ärztliche Zuwendung in der Homöopathie bewirke das, was dem Medikament zugeschrieben wer- de. Wenn dem so ist, müssen sich die

„Schulmediziner“ selbstkritisch fra- gen, ob sie durch mehr Zuwendung und Eingehen auf ihre Patienten ihre Verordnungszahlen nicht erheblich senken könnten. Dr. med. Ulrich Kleemann, Internist aus Ravensburg:

„Die orthodoxe Schulmedizin hat im- mense Erfolge errungen und soll kei- neswegs in ihrer Wirksamkeit ange- zweifelt werden. Aber sie verliert den Menschen als Ganzheit aus den Au- gen. Die Zukunft liegt in einer Kom- bination von Schulmedizin und biolo- gischen Therapieformen.“

„Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Organe“

Plazebo oder nicht? Die Innungs- krankenkassen versuchen, dem Phä- nomen Homöopathie im Rahmen ei- nes Modellversuches auf den Grund zu gehen. Das Projekt mit einer Lauf- zeit von fünf Jahren wird vom Institut für Rehabilitationspsychologie der Universität Freiburg wissenschaftlich begleitet. Nach einem Jahr liegt mitt- lerweile ein Zwischenbericht für Ba- den-Württemberg und Sachsen vor.

Demnach haben 80 Prozent der Pati- enten eine Verbesserung ihres Ge- sundheitszustandes erlebt, die sich mit der Bewertung des Arztes deckt. Der größte Teil der 315 Patienten, die meist an Migräne, chronischen Haut- oder Nebenhöhlenentzündungen lei- den, nimmt das Erprobungsverfahren in Anspruch, weil andere Behandlun- gen erfolglos blieben. Die IKK hofft

zudem, daß die Heilerfolge kosten- günstiger als eine vergleichbare schul- medizinische Behandlung erbracht werden können. Dr. med. Stephan Wild aus Stockach bekräftigt dies aus eigener Erfahrung: „Homöopathisch arbeitende Ärzte können ausnahms- los niedrigere Arzneimittelbudgets vorweisen und tragen zu weniger Krankenhauseinweisungen und Ar- beitsunfähigkeitstagen bei.“ Für die AkdÄ ist dies jedoch weniger ein Ver- dienst der Homöopathie als der ärztli- chen Zuwendung. „Es gibt genügend Beispiele dafür, daß Ärzte, die sich besonders viel Zeit für ihre Patienten nehmen, mit weniger Arzneimitteln auskommen“, sagt ihr Vorsitzender, Prof. Dr. med. Bruno Müller-Oerling- hausen. Allerdings würden diese Lei- stungen nicht genügend honoriert und deshalb wohl weniger häufig und in- tensiv erbracht, als wünschenswert sei. Von den Versuchen der Kranken- kassen, eine Lanze für die Homöopa- thie zu brechen, hält Müller-Oerling- hausen überhaupt nichts. Das Verhal- ten der Kassen sei geradezu paradox, wenn man sich die Diskussion um die sogenannten umstrittenen Arzneimit- tel ins Gedächtnis rufe, als sie den Ärzten vorwarfen, Arzneimittel zu verordnen, denen der wissenschaft- liche Wirksamkeitsnachweis fehle.

Müller-Oerlinghausens Fazit: „Wir brauchen keine Homöopathie oder andere esoterische Heilverfahren als Ersatz für die sprechende Medizin.

Dies kann hervorragend und auf dem wissenschaftlichen Stand des 20. Jahr- hunderts von der Schulmedizin gelei- stet werden, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen für die prakti- zierenden Ärzte geschaffen werden.“

Edzard Ernst hingegen unter- stützt indirekt das rein pragmatische Vorgehen der Krankenkasse: „Fest steht, daß bei weitem nicht alles, was in der Medizin eingesetzt wird, auf einem plausiblen Rationale basiert. Was zählt, ist nicht die Plausibilität, sondern die Wirksamkeit.“ (Siehe DÄ, Heft 37/1997.) Es seien innovative Prüf- designs gefragt, ohne daß man dabei an Wissenschaftlichkeit einbüße. Für vie- le Praktiker spricht sicherlich Reinald Specker, Allgemeinarzt aus Steinfurt:

„Der Mensch ist weit mehr als die Summe seiner Organe. Neben dem naturwissenschaftlichen Experiment steht gleichberechtigt die Erfahrungs- heilkunde mit ihrem reichen Schatz an Kasuistiken. Es gibt keinen Gegensatz von ,Heil-Kunst‘ und medizinischer Wissenschaft. Erst wenn wir anfangen, unsere beiden Gehirnhälften gleichbe- rechtigt zu nutzen, haben wir eine Chance, daß die Zahl der Medizintech- nokraten abnimmt und dafür wieder mehr Ärzte kommen, die sowohl mit fundiertem konventionell-medizini- schen Wissen als auch mit Kreativität, Ausstrahlungskraft und Empathie nicht nur ihren Job erledigen, sondern sich wieder mehr der ärztlichen ,Heil- Kunst‘ widmen.“ Heike Korzilius A-2079 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 36, 4. September 1998 (31)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

DÄ-Forum im Internet: Ihre Meinung ist gefragt

Die kontroverse Diskussion um „Schulmedizin“ und „Alternative Heil- methoden“ hat zahlreiche Leser des Deutschen Ärzteblattes veranlaßt, Brie- fe an die Redaktion zu schreiben. Der Artikel „Eine Art Glaubenskrieg“ faßt den Tenor der Zuschriften zusammen. Die Debatte ist damit jedoch keines- wegs erschöpft. Eine zusätzliche Möglichkeit, weitere Meinungen zum The- ma zu äußern, bieten wir jetzt auf unseren Internetseiten. Mit dem Erschei- nen dieses Heftes finden Sie unter „Foren“ auf der Homepage des Deutschen Ärzteblattes (www.aerzteblatt.de) das neue Forum „Alternative Heilmetho- den: Der Glaubenskrieg“. Zum Start dieser neuen Diskussionsplattform ha- ben wir eine repräsentative Auswahl von zehn Leserbriefen nahezu un- gekürzt in das Forum eingestellt. Darunter auch ein Kommentar der Arznei- mittelkommission der deutschen Ärzteschaft, deren Beitrag in Heft 14/1998 die Diskussion angestoßen hatte. Das Forum bietet allen interessierten Le- sern die Möglichkeit, eigene Beiträge zum Thema zu schreiben oder auf vor- handene Zuschriften einzugehen. Der „Glaubenskrieg um alternative Heil- methoden“ bildet im übrigen den Auftakt zu einer Folge von DÄ-Meinungs- foren im Internet – jeweils zu aktuellen und kontroversen Themen. DÄ

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