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Archiv "Multizentrische Studie zur Effektivität der diabetologischen Schwerpunktpraxis: Schwerpunktpraxen ohne Vorteil" (08.05.1998)

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Im Zuge der Bemühungen für ei- ne qualitätsorientierte Effektivitäts- kontrolle ist die vorliegende Studie sehr zu begrüßen. In meinen Augen sind aber die Schlußfolgerungen der Autoren, daß nur Schwerpunktpra- xen kostengünstig den Zielen der St.- Vincent-Deklaration näher kommen, keineswegs evident.

Auffällig ist, daß von den in der Einleitung geforderten 1 000 Diabe- tikern, die die vier Schwerpunktpra- xen haben sollten, sich nur 226 in der Studie finden. Über die Qualität der diabetologischen Gesamtversorgung sagt deswegen die Studie wenig aus.

Es wurden wohl die Ausschlußkrite- rien, nicht aber die Ausschlußrate (primäre Drop-outs) genannt. Durch hohe primäre Ausschlußraten kann das Studienergebnis verzerrend po- sitiv verändert werden. Beim Typ-I- Diabetes wurde der HbA1c nicht si- gnifikant beeinflußt, beim Typ II ist ein einmaliger initialer signifikanter Abfall zu sehen. Als wesentlichen Faktor möchte ich die Einstellung auf eine Insulintherapie annehmen.

Die weitere Betreuung nach dem Erstkontakt scheint keine zusätzli- che Veränderung des HbA1c zu be- wirken. Der wichtigste Faktor für das rasante Fortschreiten der Arteriosklerose bei Diabetes, das LDL-Cholesterin (sollte generell un- ter 130 mg/dl liegen [1]) ist quantita- tiv nicht genannt und blieb konstant.

Der kleine initiale Blutdruckabfall beim Typ II ist offensichtlich unbe- deutend und offensichtlich nicht sig- nifikant. Der HDL-Anstieg um etwa 10 Prozent und 5 Prozent ist zwar er- freulich, wird aber heutzutage nicht mehr als zentraler Risikofaktor angesehen. Das HDL-Cholesterin weist eine starke Varianz auf, und der Gesamtcholesterin/HDL-Chole-

sterinquotient steigt bei einer Hy- pertriglyzeridämie falsch an.

Die Methode der Analyse der Arbeitsunfähigkeits- und Kranken- haustage wurde in nicht nachvoll- ziehbarer Weise angegeben. So ist es nicht ungewöhnlich, daß Patienten nicht in zum Teil weit entfernt liegen- den Schwerpunktpraxen krankge- schrieben werden, sondern sich mit dieser Frage an den Hausarzt wen- den. Durch die gewählte Methode – vermutlich Analyse der selbst ausge- stellten Arbeitsunfähigkeitsbeschei- nigungen und Krankenhauseinwei- sungen – können nicht alle Fälle der

Arbeitsunfähigkeit erfaßt werden.

Krankenhauseinweisungen akuter diabetischer Folgeerkrankungen, wie Herzinfarkt, Schlaganfall und peri- pherer Verschluß, werden häufig von Haus- und Notärzten wahrgenom- men. Es wurden keine erkennbaren Vorkehrungen getroffen, diese Ver- zerrung zu minimieren.

Nach meinen Beobachtungen schafft eine Befragung selbstbetreu- ter Patienten augenscheinlich zu posi- tive Ergebnisse. Zur Beschreibung der Effizienz hätte es sicher auch gehört, die Mehrkosten des intensi- ven Behandlungsregimes in Schwer- punktpraxen zu benennen. An dieser Stelle möchte ich anführen, daß die Mittelwerte der Surrogat-Endpunkte aller meiner Typ-II-Patienten in mei- ner Allgemeinpraxis zur Zeit lauten:

HbA1c 7,1 Prozent, Serumcholeste- rin 217 md/dl, HDL-Cholesterin 41 mg/dl, LDL-Cholesterin 143 mg/dl, Blutdruck 138/81 mmHg, also in kei- ner Weise denen der möglicherweise teureren Schwerpunktpraxis nachste- hen. Krankmeldungen oder Kran- kenhauseinweisungen aufgrund einer diabetischen Folgeerkrankung er- folgten in den letzten beiden Jahren in keinem einzigen Fall. Das gute Er- gebnis bei Typ-II-Diabetikern wird durch großzügige Indikationsstellung der Insulingabe in Kombination mit fettarmer, vitamin- und antioxidanti- enreicher mediterraner Kost erzielt (2, 3), die zugleich das Cholesterin sehr günstig beeinflußt. Mehr als zwei bis drei Schulungstermine scheinen die Meßwerte nicht weiter zu ver- bessern, wie ich aufgrund von La- borwertbestimmungen nach meinen ärztlichen Diätberatungen leider fest- stellen mußte.

Patienten mit einem HbA1c über 8,0 Prozent, mit mehrmaligen Hypoglykämien oder dem Auftreten von diabetischen Folgeschäden (4) sollten in einer Schwerpunktpraxis vorgestellt werden. Ein ein- bis zwei- maliger Patientenkontakt scheint mir aber durchaus ausreichend zu sein, wie das Diagramm der Autoren zeigt. Als nachteilig hat es sich in meinen Augen erwiesen, daß schwer- punktbetreute, intensiv geschulte Pa- tienten von neuen liberaleren Diät- formen, die die arteriosklerotischen Gesamtrisiken im Auge haben, nur schwer zu überzeugen sind.

Schwerpunktpraxen sollten sich in meinen Augen deswegen stärker in die bestehende niedergelassene Versorgungsstruktur integrieren und intensiver als bisher eine optimale Versorgung der Patienten zusammen mit den Hausärzten anstreben, die aufgrund ihrer Erfahrung mit Le- bensstiländerung, chronisch Kran- ken, Multimorbidität, den klinischen Basisfächern und Psychosomatik ei-

Multizentrische Studie zur

Effektivität der diabetologischen Schwerpunktpraxis

Schwerpunktpraxen ohne Vorteil

Zu dem Beitrag von Dr. med. Helmut Hasche, Dr. med. Kay Flinker, Dr. rer. nat. Marlies Herbold, Hans-Joachim Lembcke, Dr. med. Hans-Georg Ley, Dr. med. Gottfried J. Schwinn, Gerburg Spork und

Prof. Dr. med. Hans-Uwe Janka in Heft 45/1997

(2)

nen Großteil der durch fachgebiet- liche Diversifikation entstehenden Kosten vermeiden können. Für schwer zu führende Problemfälle sind sicherlich interdisziplinär struk- turierte Schwerpunktpraxen (diabe- tologisch erfahrener Internist, Neu- rologe, Augenarzt, Nephrologe, Chirurg, Orthopäde, Hautarzt) und ein psychologisch ausgebildetes Schulungsteam für Patienten und Hausarzt hilfreich. Insbesondere scheint mir in den gängigen Schwer- punktpraxen eine ganzheitliche und psychologische Betreuung nicht so gewährleistet zu sein, wie dies die Pa- tienten für ihre lange Krankheitsdau- er benötigen.

Insoweit halte ich den neuerdings abgeschlossenen Strukturvertrag der KV Nordrhein mit den Betriebskran- kenkassen zur Verbesserung der Ver- sorgung von Diabetikern (5), der sich auf geschulte Hausärzte stützt, für ei- ne weitaus bessere Lösung als das jetzt seit mehreren Jahren bestehen- de Delegationsmodell an diabetologi- sche Schwerpunktpraxen, das in mei- nen Augen weder zu einer Reduktion der absoluten diabetologischen Fall- zahlen noch zu einer Verringerung der Gesamtkomplikationsraten wie Am- putationshäufigkeit in der Breite ge- führt hat. In den USA wurden lipido-

logische Spezialzentren wieder ge- schlossen, da die orts- und lebensnahe hausärztliche Versorgung den Spe- zialeinrichtungen hinsichtlich der Lebensstil- und Stoffwechselführung sowie Lebenserwartung auf Dauer nachweislich gleichwertig war.

Literatur

1. Wepner U: LDL-Cholesterin 130 für Dia- betiker zu hoch. Pressekonferenz „Myo- kardinfarkt Haupttodesursache bei Diabe- tes mellitus“. 32. Jahrestagung der Deut- schen Diabetes-Gesellschaft, Lübeck 1997.

Ärztl Praxis 1997; 8: 11.

2. Diabetes and Nutrition Study Group (DNSG) of the European Association for the Study of Diabetes (EASD): Diabetes, Nutritation and Metabolism, 1995; 8:

186–189. Deutsche Übersetzung von M.

Töller in Diabetes und Stoffwechsel 1995;

4: 431–433.

3. Hechler M: Lipidprofil und KHK-Risiko nach Diätberatung in einer Allgemein- praxis. Münch Med Wochenschr 1997; 39:

574–578.

4. Landgraf R, Meisel R, Pommer W: Effekti- ve Erkennung und Behandlung von Diabe- tespatienten mit hohem Risiko. Dt Ärztebl 1997; 94: A-1944–1945 [Heft 28-29].

5. Strukturvertrag in Nordrhein: Quanten- sprung in der Diabetiker-Versorgung? Der Kassenarzt 1998; 11: 22–24.

Dr. med. M. Hechler Allgemeinarzt

Institut für Ernährung und Präventivmedizin

Schloßwall 8 49080 Osnabrück

Endlich wurde eine prospektive Studie mit einer positiven Effekti- vität der Arbeit der diabetologi- schen Schwerpunktpraxen vorge- legt. Alle Insider, die an der diabeto- logischen Versorgung heute teilneh- men, gleich ob klinisch oder ambu- lant tätige Ärzte, waren sich vorher darüber einig, daß diese Versorgung in etablierten diabetologischen Schwerpunktpraxen die Ergebnisse liefern würde, die diese Studie offen- barte.

Ich glaube, aufgrund der Studie steht außer Zweifel, daß die Effekti- vität der diabetologischen Schwer- punktpraxis in jeglicher Hinsicht als bewiesen angesehen werden kann.

Im übrigen versteht sich die diabeto- logische Schwerpunktpraxis, laut den Richtlinien der Deutschen Dia-

betes-Gesellschaft, als Kooperati- onsmodell zwischen Hausärzten und stationären Klinikeinrichtungen, die jeweils nach den Kriterien der Deut- schen Diabetes-Gesellschaft arbeiten sollten (diabetesorientierter Haus- arzt, ADDK-Kliniken, ASD-Klini- ken).

Aufgrund der vorgelegten Er- gebnisse sollte eigentlich wegen der hohen Kostenersparnis im Kranken- hausbereich die Einweisung in den stationären Bereich nur über Schwerpunktpraxen erfolgen. Inter- essanterweise ergibt sich auch über die Zufriedenheit der Behandlungs- methode ein positiver Aspekt, so daß primär der Patient, aber auch die Kostenträger, einen positiven Erfolg verbuchen.

Dr. med. Hans-Friedel Lengeling Steinbrinkstraße 133

46145 Oberhausen

Erfolgreiches Konzept

Die überfälligen Bemühungen der „Arbeitsgemeinschaft niederge- lassener diabetologisch tätiger Ärz- te“, die Qualität ihrer Arbeit zu eva- luieren, sind zu begrüßen. Der Beitrag von Hasche et al. zeichnet sich aller- dings durch die vollständige Mißach- tung methodischer Richtlinien aus, die zur Durchführung derartiger Er- hebungen zu fordern sind (2).

Der schwerwiegendste Fehler betrifft die Selektion der Patienten.

So wurden alle Patienten, die „keine vollständige Teilnahme am Schu- lungskurs“ aufwiesen, und alle Pati- enten, die „nicht zu den Kontrollen erschienen“, von der Analyse ausge- schlossen. Dies ist eine groteske Mißachtung grundlegender Prinzipi- en von Erhebungen zur Qualitätssi- cherung. Patienten, die nicht voll- ständig am Schulungskurs teilneh- men oder nicht zu Nachuntersuchun- gen erscheinen, sind unbedingt in die Erhebung mit einzubeziehen, da ge- rade bei diesen Patienten mit großer Wahrscheinlichkeit ein Behand- lungsmißerfolg vorliegt. Im negati- ven Fall könnten diese Patienten durch Behandlungsfehler verstorben sein, wegen schwerer Komplikatio- nen (schwere Hypoglykämien, Keto- azidosen, Niereninsuffizienz, Gan- grän, Erblindung) hospitalisiert wor- den sein; oder sie könnten wegen Un- zufriedenheit mit der Behandlung den Arzt gewechselt haben. Von die- sem grundlegenden methodischen Fehler abgesehen, der jegliche positi- ve Interpretation der Ergebnisse un- möglich macht, hat die Arbeit erheb- liche weitere methodische Mängel: 1) nicht signifikante Ergebnisse werden als solche interpretiert (zum Beispiel HbA1c-Wert); 2) eine Definition der schweren Hypoglykämie als eine Un- terzuckerung, die vom Patienten selbst korrigiert werden kann, wider- spricht den Erhebungsstandards der umfangreichen Literatur; 3) der Er- hebungsbogen zur Erfassung von Le- bensqualität ist nicht zum Einsatz bei Patienten mit Typ-II-Diabetes geeig- net.

Diese Mißachtung methodischer Grundvoraussetzungen stellt auch deshalb ein Ärgernis dar, da es von

Methodische Fehler

(3)

der Deutschen Diabetes-Gesellschaft Richtlinien zur Evaluation der Be- handlung und Schulung von Patienten mit Typ-1- und mit Typ-2-Diabetes gibt (1). Daß es möglich ist, valide Er- hebungen zur Qualitätssicherung durchzuführen, hat die „Arbeitsge- meinschaft strukturierte Diabetes Therapie“ der Deutschen Diabetes- Gesellschaft für Patienten mit Typ-1- Diabetes in über fünfzig Allgemein- krankenhäusern seit mehreren Jahren vorbildhaft gezeigt (3).

Literatur

1. Deutsche Diabetes Gesellschaft: Qualitäts- richtlinien und Qualitätskontrolle von Be- handlungseinrichtungen für Typ II und für Typ I Diabetiker. Diabetologische Informa- tionen 1997; 19: 38–45.

2. Mühlhauser I: Verbesserung der Behand- lungsqualität der chronischen Krankheiten Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Asthma bronchiale durch strukturier- te Therapie- und Schulungsprogramme.

München, Wien, Baltimore, Urban und Schwarzenberg 1994.

3. Müller UA, Femerling M, Reinauer KM, Risse A, Voss M, Jörgens V, Berger M, Mühlhauser I: Intensified treatment and education of IDDM as clinical routine: a na- tion-wide quality circle experience in Ger- many. Diabetes Care, im Druck, 1998.

Prof. Dr. med. Ingrid Mühlhauser Klinik für Stoffwechselkrankheiten und Ernährung

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf

Aus der Fülle der erhobenen Be- funde konnte zwangsläufig nur eine Auswahl mitgeteilt werden. Leider vermißt man beim Lesen des Artikels wesentliche Informationen, die für ei- ne Beurteilung und vergleichende Diskussion erforderlich sind; einige der Zusammenfassungen und Schluß- folgerungen bedürfen auch einer Kommentierung.

Es fehlen jedwede Angaben zur aktuellen Therapie. Bei den Typ-1- Diabetikern kann wohl unterstellt werden, daß eine intensivierte Insu- lintherapie praktiziert wird, die Anga- be von Details wäre trotzdem von In- teresse. Bezüglich der Typ-2-Diabeti- ker fehlt jeder Hinweis auf die Be-

handlung vor Eintritt in die Studie und über eventuelle Veränderungen in der Beobachtungszeit (Insulinie- rung?).

Die Definition der registrierten Hypoglykämien ist unklar, insbeson- dere die Definition des Begriffes

„schwer“ mit seiner Einteilung in drei Untergruppen. Hier hätte das Kriteri- um einer notwendigen „Fremdhilfe“

für die Definition einer schweren Hy- poglykämie eine bessere Vergleich- barkeit ermöglicht. Hervorzuheben ist die Tatsache, daß die HbA1c-Wer- te zentral bestimmt wurden, aller- dings fehlt in der Arbeit die Angabe des Normbereichs (einschließlich Mittelwert).

Erfreulich ist die Mitteilung von Ergebnissen der Behandlung von Typ-2-Diabetikern, bei der eine si- gnifikante Verbesserung der Stoff- wechselsituation ohne Zunahme des Hypoglykämierisikos erreicht wer- den konnte. Hier ist anzunehmen, daß die Insulinierung wesentlichen Anteil an der Stoffwechselverbesse- rung hat. Allerdings war es nicht möglich, im Mittelwert den Zielbe- reich einer guten Stoffwechselein- stellung nach den Kriterien der NIDDM Policy Group zu erreichen.

Dies zeigt, ebenso wie das Fehlen ei- ner statistisch signifikanten Stoff- wechselverbesserung bei den in der Studie nachverfolgten 77 Typ-1-Dia- betikern, die Schwierigkeiten auf, die sich bei der Umsetzung der Stoff- wechselziele in der Praxis ergeben.

Die Autoren betonen in diesem Zu- sammenhang zu Recht die Bedeu- tung einer qualitätsgesicherten Be- handlung und Schulung. Hier liegen durch die Aktivitäten der Arbeitsge- meinschaft für strukturierte Diabe- testherapie (ASD) der Deutschen Diabetes-Gesellschaft umfangreiche Daten (derzeit von über 4 000 Pati- enten) vor (3). Diese belegen, daß durch die Teilnahme von Typ-1-Dia- betikern an strukturierten sta- tionären Behandlungsprogrammen neben der auch von den Autoren der vorliegenden Arbeit beobachteten Reduktion der Krankenhaustage zu- sätzlich eine signifikante Stoffwech- selverbesserung bei niedrigem Hy- poglykämierisiko erzielt werden kann; die Ergebnisse entsprechen denen, die unter Studienbedingun-

gen erzielt werden können (1, 2). In einer auswahlfreien Stichprobe von 80 konsekutiven Typ-1-Diabetikern (ohne Manifestationen) vor und ein Jahr nach strukturierter Behand- lung/Schulung nach den Richtlinien der DDG fanden wir eine HbA1c- Senkung von 8,2 5 2,8 auf 6,9 5 2,0 Prozent (p<0,00025) bei einer Rate schwerer Hypoglykämien von 0,08/Patient/Jahr (vs. 0,14). Die An- zahl von schweren Hypoglykämien wurde nach Angaben der Autoren signifikant verringert.

Nach dem mühsamen und sicher etwas fehlerhaften Versuch, aus der

„Grafik 3“ die Anzahl schwerer Hy- poglykämien zu rekonstruieren, er- gibt sich eine hohe Zahl solcher Er- eignisse (Quartal vor Aufnahme: 66 bei 90 [oder bei 77?] Patienten ent- spricht 2,9 beziehungsweise 3,4 Pati- enten/Jahr), im Verlauf über zwei Jahre dann rund 155 schwere Hypo- glykämien, das entspricht gerundet einer schweren Hypoglykämie/Pati- ent/Jahr!

Diese hohe Zahl liegt weit über den Zahlen der DCCT (4) und den oben erwähnten Mitteilungen der ASD. Die Befunde verdeutlichen, daß in der Behandlung des Typ-2- Diabetes mit schlechter Stoffwech- seleinstellung und in der Therapie des Typ-1-Diabetes eine intensive Zusammenarbeit aller dafür qualifi- zierten Betreuungsebenen notwen- dig ist.

Literatur

1. Bott S, Bott U, Berger M, Mühlhauser I: In- tensified insulin therapy and the risk of se- vere hygoglycaemia. Diabetologia 1997; 40:

926–932.

2. Jörgens V, Grüßer M, Bott U, Mühlhauser I, Berger M: Effective and safe translation of intensified insulin therapy to general in- ternal medicine departments. Diabetologia 1993; 36: 99–105.

3. Müller UA, Reinauer KM, Voss M et al.:

Continuous quality management of struc- tured treatment and teaching programmes for type-1-diabetes on the national level in Germany. Diabetologia 1996; 39: 103 (A).

4. The Diabetes Control and Complications Trial Research Group: The effect of inten- sive treatment of diabetes on the develop- ment and progression of long-term compli- cations in insulin-dependent diabetes melli- tus. N Engl J Med 1993; 329: 977–986.

Dr. med. Jürgen Krug Dr. med. Jörg Steindorf Stadtkrankenhaus Leipzig Friesenstraße 8

04177 Leipzig

Kommentierung

notwendig

(4)

Ziel dieser Untersuchung war es, erstmals aus diabetologischen Schwerpunktpraxen heraus Daten zu gewinnen, die den Nutzen einer derar- tigen Einrichtung dokumentieren.

Schließlich gibt es überall auf der Welt (beispielsweise Frankreich, USA) ambulante Einrichtungen zur Diabe- tesbehandlung – warum sollte dies in Deutschland nicht auch möglich sein?

Die Behandlung von Diabetikern setzt die Vernetzung der verschiede- nen therapeutischen Ebenen voraus:

die hausärztliche Betreuung, die Schulung und Behandlung bei Pro- blemfällen in Schwerpunktpraxen und Ambulanzen sowie die zusätzli- che stationäre Problembehandlung von Diabetikern in ausgewiesenen Kliniken. Nur so ist die Gegenwart und Zukunft der Diabetesversorgung sinnvoll, wobei selbstverständlich nur solche Diabetiker in einer Schwer- punktpraxis versorgt werden sollen, die unter der hausärztlichen Versor- gung Probleme bereiten. Wir möch- ten nicht versäumen, folgende An- merkungen zur Methodik unserer Studie zu ergänzen:

Die Auswahl der Patienten er- folgte nicht selektioniert. Diese Aus- sage bedeutet, daß zunächst alle neu überwiesenen Patienten der teilneh- menden Praxen für die Studie vorge- sehen wurden. Um ein homogenes Pa- tientenkollektiv im Hinblick auf die Fragestellung zu erzielen, wurden Pa- tienten, die bereits vorher geschult wurden, und diejenigen, die sich nicht schulen ließen, sowie Patienten mit gravierenden Begleiterkrankungen ausgeschlossen (siehe DCCT). Es handelt sich hiermit um eine Patien- ten-Population mit hoher externer Validität. Prospektive Kohortenstudi- en wie diese haben stets einen explo- rativen Charakter. Aus diesem Grun- de erfolgten keine Signifikanztests, sondern die Berechnung von explora- tiven p-Werten. Diese p-Werte sind in der Publikation alle angegeben und stützen die gemachten Aussagen be- ziehungsweise Hypothesen zu den verschiedenen Fragestellungen.

Die Daten über die AU-Tage und Krankenhaustage wurden bei den hausärztlichen Kollegen, die auch wei-

terhin die ständige Betreuung der Pa- tienten übernommen hatten, anhand von Krankschreibungsunterlagen, Arztbriefen und Krankenhausberich- ten systematisch ermittelt und nachge- halten, so daß ein Datensatz von hoher Validität erzeugt werden konnte.

Die breite Differenzierung der Hypoglykämien entspricht zunächst nicht dem üblichen Standard der aus- schließlichen Erfassung von schweren Hypoglykämien mit Fremdhilfe.

Durch die Erfassung von „schweren Hypoglykämien, die der Patient gera- de noch selbst regulieren kann“, ist es jedoch möglich, Risikobereiche ein- zugrenzen und in der strukturierten Schulung der Patienten entsprechend umzusetzen.

Die erfreuliche Diskussion be- ginnt mit den Kommentaren und Le- serbriefen zu dieser Studie und darf mit diesen nicht abgeschlossen sein.

Die Diskussionsbeiträge kamen aus den verschiedenen Versorgungs- ebenen: Hausarzt, Schwerpunktpra- xis, Krankenhaus und Universitätskli- nik. Gern kommentieren wir einige von ihnen:

So kann die Forderung nach einer verbesserten Versorgung der Diabeti- ker durch Hausärzte angesichts der derzeit noch nicht ausreichenden Be- handlungsstruktur nur unterstützt wer- den. Um dieses Ziel zu erreichen, wur- den beispielsweise Qualitätszirkel zum Thema Diabetes bereits eingerichtet.

Aufgrund der Datenfülle ließen sich im Rahmen der vorgelegten Stu- die nur wichtige ausgewählte Parame- ter darstellen und diskutieren. So wur- den die differenzierten Angaben zur Therapie nicht dargestellt, da der Schwerpunkt der Auswertung nicht auf den unterschiedlichen Therapie- strategien lag, sondern auf der Eva- luierung der Effizienz des Modells der Schwerpunktpraxen. Nicht dargestellt wurden unter anderem auch die Ab- rechnungsstrukturen und die mögli- chen Kosten der Diabetesbehandlung sowie die kompletten Angaben zur Lebensqualität. Die von verschiede- nen Seiten angesprochene Arbeit der ASD (Arbeitsgemeinschaft für struk- turierte Diabetestherapie) hat einen vergleichbaren wissenschaftlichen Ansatz; auch hier handelt es sich um eine prospektive Kohortenstudie. Sie wird von uns zitiert, um die Vergleich-

barkeit der Ergebnisse aufzuzeigen.

Sowohl für die ASD als auch für die vorliegende AND-Studie gelten als Grundlagen der Behandlung die eu- ropäischen Konsensusrichtlinien, die auch derzeit von der Deutschen Dia- betes-Gesellschaft anerkannt sind.

Durch die zentrale Erfassung der HbA1c-Werte konnte eine unmittel- bare Vergleichbarkeit der Studienteil- nehmer erreicht werden, so daß sich die Problematik einer Normierung, wie sie von der ASD durchgeführt wird, erübrigt.

Bedauerlich ist, daß es noch kei- ne Qualitätsrichtlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft zur Evaluation gibt: DiabCare – DiabCare Bavaria – Diqual – Qmax und andere sind un- terschiedlich gute Evaluationsmo- delle, die privatwirtschaftlich durch- geführt werden. Wir begrüßen außerordentlich die Entscheidung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, sich mit Leitlinien im Sinne der „Evi- dence Based Medicine“ zu befassen, und sind zuversichtlich, daß damit ein weiterer Schritt zur Optimierung der Diabetesbehandlung getan wird.

Anschrift für die Verfasser Dr. med. Helmut Hasche Ludwigstraße 10

97688 Bad Kissingen

Schlußwort

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medi- zinisch-wissenschaftlichen Teil – ausgenommen Editorials, Kon- greßberichte und Zeitschriftenrefe- rate – können grundsätzlich in der Rubrik „Diskussion“ zusammen mit einem dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie innerhalb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch- Wissenschaftlichen Redaktion ein- gehen und bei einem Umfang von höchstens zwei Schreibmaschinen- seiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlä- gen) wissenschaftlich begründete Ergänzungen oder Entgegnungen enthalten. Für Leserbriefe zu ande- ren Beiträgen gelten keine beson- deren Regelungen (siehe regel- mäßige Hinweise). DÄ/MWR

(5)

Leonhardt et al. begnügten sich mit dem „einzigen, aber gravieren- den Nachteil der oralen Poliovirus- vakzine (OPV)“: Der Impfpoliomye- litis (VAPP). Es gibt aber noch zwei weitere Komplikationen der OPV, das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und die Provokationspoliomyelitis (PRP).

Friedrich et al. (1) publizierten 38 Fäl- le von GBS, wobei in 23 Fällen Sabin- verwandte Impfviren über Monate und Jahre hinaus im Stuhl ausgeschie- den wurden. Die Ausscheidung nach OPV über drei Monate ist normal, über diesen Termin hinaus (in 23 VAPP-Fällen) ist sie als abnorm anzu- sehen. In 29 GBS-Fällen kam es zwi- schen der vierten und achten OPV zum Krankheitsbeginn. Davon in sie- ben Fällen nach der achten OPV. Dies spricht nach unserer Auffassung für eine individuelle Hypersensitivität gegen OPV (siehe auch Behan und Feldman).

Der einzige GBS-Fall von Wutz- ler et al. (2), der sorgfältig überprüft wurde, trat nach Verteilung von 3,75 Millionen Dosen OPV-Typ-3 auf. Bei diesem Säugling wurde klinisch, pa- thologisch-anatomisch und virolo- gisch-immunologisch ein GBS gesi- chert. Das Impfvirus war im Gehirn und spezifisch durch Immunfluores- zenz in Ganglien- und Gliazellen nachzuweisen (2). Das Institute of Medicine in Washington wies darauf hin, daß auch in Einzelfällen überzeu- gende Belege die Kausalität des Zu- sammenhangs mit der OPV stützen.

Die neuen „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit“ ermögli- chen die Anerkennung eines GBS als Polioimpfschaden.

Der Begriff „Provokationspo- liomyelitis“ (PRP) ist seit dem Report des British Medical Research Council Committee bekannt. Die Zusammen-

fassung der Resultate zeigt: Unter 216 Poliokranken, die innerhalb von 28 Tagen nach einer Diphtherie-Pertus- sis-Impfung Lähmungen zeigten, kam es in 48,6 Prozent zu einer bevorzug- ten Lähmung der beimpften Extre- mität. In weiteren 30,5 Prozent waren neben dieser Lähmung noch andere Gliedmaßen betroffen. Hingegen war der Lähmungseffekt zwischen 29 und 84 Tagen p.v. nicht mehr nachweisbar.

Dieser Unterschied ist nach Prof. J.

Berger, Universität Hamburg, stati-

stisch sehr signifikant (P < 0,0001). In München haben wir von 1950 bis 1954 fünfzehn PRP-Fälle unter 362 Po- lio-Fällen (4,1 Prozent) gesammelt.

Leonhardt et al. haben dieses Pro- blem nicht angeschnitten, haben doch Koch, Maass und Dittmann (3) in ei- ner Stellungnahme der STIKO diese Frage ohne statistische Überprüfung der PRP-Fälle der Bundesrepublik einseitig zu beantworten versucht, wonach unter „Milliarden“ OPV- Impfungen „nie“ PRP-Fälle aufgetre- ten sind.

Diese offizielle Behauptung war um so erstaunlicher, als Maass und Quast (4) in ihrer Analyse der VAPP-Fälle 1963 bis 1984 bereits zwei PRP-Fälle fanden. Eine Über- prüfung der Impfschadensmeldung an das Bundesgesundheitsamt ergab drei weitere PRP-Fälle zwischen 1980 und 1985. Bekanntlich wurde bei uns die OPV 1963 bis 1977 isoliert verabreicht (mit einem Sicherheitsin- tervall von vier Wochen im Hinblick auf spätere Injektionsimpfungen). So

ist es verständlich, daß in dieser Peri- ode keine Extremitätenlähmung durch PRP erfolgen konnte (4). Im Gegensatz dazu waren zwischen 1980 und 1985 gleichzeitig mit der OPV DT/DPT-Impfungen erlaubt. So er- mittelten wir sechs PRP-Fälle und ei- ne Impfpoliomyelitis (Ehrengut, 1997).

VAPP-Fälle kommen bevorzugt in Kombination mit PRP bei unter Zweijährigen in über 50 Prozent vor.

So sammelten wir für unsere Studie die Zahl der Lebendgeborenen der einzelnen Jahrgänge, wobei wir 20 Prozent davon abzogen, in der An- nahme, daß etwa 80 Prozent OPV/

DT/DPT-Geimpfte in den zwei kon- trollieren Perioden zu erwarten wa- ren. Das Ergebnis: Im Zeitraum 1963 bis 1977 fanden sich zehn VAPP-Fälle (4) unter 9,96 Millionen Geimpften, hingegen zwischen 1980 bis 1985 sechs PRP-Fälle unter 2,9 Millionen Geimpften. Obwohl die zweite Impf- periode vermehrt VAPP-Fälle (hier sechs PRP-Fälle) aufwies, konnte sta- tistisch Prof. Berger keinen signifi- kanten Unterschied aufzeigen, was bei der geringen Zahl der obigen Fäl- le auch nicht zu erwarten war. Ein Vergleich mit den diesbezüglichen US-Daten ist leider nicht möglich, da bereits seit 1972 die OPV gleichzeitig mit den DT/DPT-Impfungen ermög- licht wurde und unter den über einer Million ausschließlich OPV-Geimpf- ten kein einziger VAPP-Fall gemel- det wurde. 1980 bis 1993 wurden 41 ausgewählte US-VAPP-Fälle publi- ziert, von denen 21 gleichzeitig Injek- tionsimpfung mit OPV erhielten (In- kubation bis zu 30 Tagen p.v.). Letzte- re sind somit als PRP-Fälle einzustu- fen. Es ist offensichtlich, daß die STI- KO es versäumte, die verfügbaren PRP-Daten auszuwerten, und des- halb unrichtige Schlußfolgerungen daraus zog (3).

Jede Impfpolitik für die verblei- benden Polioendemieländer Afrikas

Neue Impfstrategie gegen Poliomyelitis

Lebend-Vakzine oder Inaktivierte Vakzine?

Weitere Nachteile der OPV unerwähnt

Zu dem Beitrag von Dr. med. Inka Leonhardt, Prof. Dr. med. Burghard Stück, Dr. med. Reinhard Fescharek, Dr. med. Cornelia Arras-Reiter und Prof. Dr. med. Heinz-Josef Schmitt in Heft 42/1997

(6)

und Asiens muß das von uns aufge- zeigte statistisch gesicherte PRP-Risi- ko berücksichtigen. In den Schulen Malis/Westafrika haben wir in rund zwei Prozent schlaffe Lähmungen re- gistrieren können, wobei die Ursache nicht immer zu klären war. Wir emp- fehlen, dort Neugeborene mit einer dreifachen OPV-Einzeldosis zweimal in entsprechendem Abstand zu immu- nisieren und erst vier Wochen später den Impfzyklus mit den Injek- tionsimpfungen fortzusetzen.

Literatur

1. Friedrich F, Filippis AMB, Schatzmayr HG:

Temporal association between the isolation of Sabin-related poliovirus vaccine strains and the Guillain-Barré syndrome. Rev Inst Med trop Sao Paulo 1996; 38: 55–58.

2. Wutzler P, Sprössig M, Schneider J, Ullrich K, Boethig B: Komplikation nach oraler Poliomyelitis-Schutzimpfung. Pädiatr Grenzgb 1984; 23: 289–297.

3. Koch MA, Maass G, Dittmann S: Gemein- same Erklärung der Ständigen Impfkom- mission (STIKO) und der Deutschen Verei- nigung zur Bekämpfung der Viruskrankheit (DVV). Intramuskuläre Injektionen – ein Risikofaktor für das Entstehen einer Impf- poliomyelitis? Der Kinderarzt 1995; 26:

1133.

4. Maass G, Quast U: Acute spinal paralysis after the administration of oral poliomyeli- tis vaccine in the Federal Republic of Ger- many (1963–1984). J Biological Standar- dization 1987; 15: 185–191.

Weiterführende Literatur beim Verfasser Prof. Dr. med. W. Ehrengut ehemaliger Direktor des Instituts für Impfwesen und Virologie Hamburg Am Kroog 6

22147 Hamburg

Wir widersprechen der obigen Darstellung entschieden. Es gibt bis heute keinen Beweis dafür, daß die

„OPV“ eine Guillain-Barré-Krank- heit hervorruft (1, 2). Auch ist für die OPV ein kausaler Zusammenhang mit der „Provokations-Poliomyelitis“

nicht belegt (3). Wenn man nach ei- nem Sommerregen Frösche vor seiner Tür findet, so kann man daraus nicht schlußfolgern, es habe Frösche gereg- net (J. Cherry). Es ist unredlich, jedes (unerwünschte) Ereignis nach einer Impfung ursächlich auf diese zurück- zuführen. Ein „Ursache-Wirkungs- Verhältnis“ ist selbst dann nicht be-

wiesen, wenn man gleich mehrere

„Fälle“ (eine sogenannte Fallserie) beschreiben kann.

Ein Beispiel: Nach Mitteilung ei- nes Herstellers werden nach Hepati- tis-A-Impfung gehäuft Schwanger- schaften registriert. Wir selbst könn- ten aus eigener Erfahrung gleich meh- rere Beispiele (eben eine Fallserie) zusammenstellen. Macht der Hepati- tis-A-Impfstoff schwanger – oder gibt es nicht doch eine andere Erklärung, etwa die, daß zum Beispiel Hochzeits- reisende gehäuft Länder mit niedri- gem Hygienestandard aufsuchen und sich daher zuvor gegen Hepatitis A impfen lassen?

Es ist ausgesprochen wichtig, daß Ärzte alle unerwünschten Ereignisse nach Impfungen dokumentieren und an eine der zuständigen Stellen mel- den. Nur so lassen sich mögliche, aber sehr seltene Nebenwirkungen über- haupt erfassen. Den Meldungen soll- ten dann klinische Untersuchungen (zum Beispiel eine Fall-Kontroll-Stu- die) folgen, um das unerwünschte Er- eignis als „nichtkausal“ mit einer Imp- fung assoziiert oder aber eben als wahrscheinliche „Nebenwirkung“

klassifizieren zu können.

Das Bedürfnis, eine Erklärung oder eine Ursache für ungewöhnliche Ereignisse und Beobachtungen fin-

den zu wollen, ist wohl eine Eigen- schaft des Menschen. Schulmedizin ist unter anderem die Lehre davon, klini- sche Beobachtungen so zu machen, daß sie der Wahrheit entsprechen und daß man auf einen „trügerischen An- schein“ nicht hereinfällt. Dazu gibt es publizierte Standards (4, 5), die aber leider zu wenig Beachtung finden.

Literatur

1. Stratton K, Howe C, Johnston RB (eds):

Adverse events associated with childhood vaccines. Evidence bearing on causality. In- stitute of Medicine, Washington, D.C., Na- tional Academic Press, 1994.

2. Rantala H, Cherry J, Shields WD et al.: Epi- demiology of Guillain-Barré syndrome in children: relationship of oral polio vaccine administration to occurrence. J Pediatr 1994; 124: 220–223.

3. Gemeinsame Stellungnahme der STIKO und der DVV: Intramuskuläre Injektionen – ein Risikofaktor für das Enstehen einer Impfpoliomyelitis? Epidemiol Bull 1995; 2:

3–4.

4. Fletcher RH, Fletcher S, Wagner EH:

Clinical epidemiology – the essentials.

Baltimore: Williams and Wilkins, 1996.

5. Bleuler E: Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwin- dung. Berlin: Springer Verlag, 1962.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Heinz-J. Schmitt Pädiatrische Infektiologie Klinik für Allgemeine Pädiatrie Schwanenweg 20

24105 Kiel

Schlußwort

Die endoskopische Sphinkteroto- mie gilt als Verfahren der Wahl zur Entfernung restierender Konkremen- te im Gallengang nach klassischer oder laparoskopischer Cholezystekto- mie. Das Verfahren ist jedoch mit aku- ten Komplikationen belastet und führt zu einem permanenten Verlust der Sphinkterfunktion. Eine endoskopi- sche Ballondilatation bedingt eine ge- ringere Traumatisierung des Sphink- ter ODDI, ist jedoch bei größeren Choledochuskonkrementen nicht aus- reichend. Die Autoren aus Amster- dam führten eine kontrollierte Studie bei 202 Patienten mit einer Chole- docholithiasis durch; bezüglich Stein- freiheit bestand bei einer Kontrollun- tersuchung nach einem beziehungs-

weise sechs Monaten kein Unter- schied zwischen Ballondilatation und Sphinkterotomie, wenn größere Stei- ne zusätzlich mechanisch lithotripsiert wurden. Insbesondere bei Patienten mit einem erhöhten Blutungsrisiko sollte anstelle der endoskopischen Sphinkterotomie häufiger die Ballon- dilatation mit anschließender Steinex- traktion praktiziert werden. w Bergman JJGHM, Rauws EAJ, Fockens P et al.: Randomised trial of endoscopic balloon dilation versus endoscopic sphinkterotomy for removal bileduct stones. Lancet 1997; 349: 1124–1129.

Departments of Gastroenterology and Clinical Epidemiology and Biostatistics, Academic Medical Centre, University of Amsterdam, Meibergdreef 9, 1105 AZ Amsterdam.

Endoskopische Ballondilatation oder

Sphinkterotomie bei Gallengangssteinen?

Referenzen

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