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Archiv "24-Stunden- Blutdruckmessung: Wie? Wann sinnvoll? Wann unnötig?" (26.05.1995)

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MEDIZIN ZUR FORTBILDUNG

24-Stunden-

Blutdruckmessung

Wie? Wann sinnvoll? Wann unnötig?

Die nichtinvasive, diskontinuierliche Langzeitmessung des Blutdrucks eröffnet Ein- blicke in die Rhythmik einer komplex geregelten Meßgröße, des arteriellen Blut- drucks. Nachdem die technischen Voraussetzungen zur zuverlässigen Erfassung einer großen Anzahl an Meßwerten unter den verschiedenen Alltagsbedingungen gegeben sind, rücken Fragen einer klaren Indikationsstellung und vor allem des kritischen Umgangs mit einer großen Zahl an erhobenen Meßwerten in den Vor- dergrund. Während Vorstellungen zur klinischen Indikation der ambulanten Blut- druckmessung durch die Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdruckes erarbeitet wurden, besteht noch keine Übereinkunft für eine angemessene Form der Auswertung, der Normierung und der Schwerpunkte der Interpretation. Durch Auswertverfahren, die die Komplexität der erhaltenen Blutdruckprofile hinrei- chend berücksichtigen, können in Zukunft Erkenntnisse zu Teilaspekten des zirka- dianen Blutdruckverhaltens gewonnen werden, die derzeit vernachlässigt werden.

Bernhard Heintz' Björn Lemmer 2

Heinz-Günter Sieberth'

0

er arterielle Blutdruck unter- liegt einer physiologischen Steuerung vernetzter Regel- kreise. Ein einzelner Meßwert des Blutdrucks (Erfassung des Gele- genheitsblutdrucks) repräsentiert ei- ne Momentaufnahme einer über die Zeit dynamisch geregelten Größe.

Ein isoliert betrachteter Blutdruck- wert kann nur unter Kenntnis seiner Umgebungsvariablen wie Lage, kör- perliche Aktivität und vor allem Ta- geszeit eingeordnet und bewertet werden. Die komplexe Steuerung des Kreislaufsystems und die es beeinflus- senden Faktoren führen zu einer Va- riabilität des Blutdrucks, die regi- striert, analysiert und bewertet wer- den kann, wenn man den Blutdruck unter entsprechenden Bedingungen mißt und aufzeichnet (2, 24, 53). Der Blutdruck unterliegt aber nicht nur Schwankungen durch regulatorische Phänomene exogener Einflüsse, son- dern auch einer Rhythmizität mit zirkadianer und/oder ultradianen Pe- rioden.

Erste Ergebnisse tierexperimen- teller Studien an Ratten liegen vor, bei denen die zirkadianen Rhythmen des telemetrisch gemessenen Blut- drucks und der Herzfrequenz auch unter Dauerdunkel weiterbestanden (54), ein Hinweis, daß „inneren Uh- ren" — jedenfalls bei der Ratte — eine wesentliche Rolle bei Steuerung die- ser Rhythmen zukommt. Der über

„innere Uhren" gesteuerte Anteil an der Blutdruckrhythmik des Men- schen — wie auch für die meisten ande- ren biologischen Rhythmen beim Menschen — ist nicht sicher ge- klärt, körperliche oder emotionale Aktivität und der Schlaf-Nacht-

Rhythmus greifen hier modifizierend ein. Dennoch ist auch das Blutdruck- verhalten unter ergometrischer Bela- stung kein zuverlässiger Prädiktor möglicher Blutdruckspitzen im 24- Stunden-Verlauf (45). Ohne Zweifel kommt den zirkadianen Rhythmen neurohumoraler Faktoren der Blut- druckregulation, wie zum Beispiel Adrenalin, Noradrenalin, Renin, An- giotensin II, Aldosteron oder ANP ei- ne bedeutende Rolle zu (23).

Die indirekte ambulante 24- Stunden-Blutdruckmessung (ABDM) mit automatisch messenden und regi- strierenden Geräten erlaubt es, durch Meßwiederholung in definierten Zeitabständen (diskontinuierliches Blutdruckprofil), Informationen über Änderungen der Blutdruckwerte im zeitlichen Verlauf zu erhalten.

Aus der Abhängigkeit der Blut- druck-Meßwerte von Zeit und Tages-

Medizinische Klinik II (Direktor: Prof. Dr.

med. Heinz-Günter Sieberth) RWTH Aachen

2 Institut für Pharmakologie und Toxikologie (Direktor: Prof. Dr. med. Björn Lemmer) Fakul- tät für Klinische Medizin Mannheim der Rup- recht-Karls Universität Heidelberg

zeit resultiert beim Gesunden in der Regel ein mehrphasischer Verlauf des Blutdrucks: Nach einem frühmor- gendlichen Anstieg des Blutdrucks sind tagsüber erhöhte Werte mit ein bis zwei Maxima zu beobachten, die abends von einem nächtlichen Blut- druckabfall gefolgt werden (Abbil- dung 1).

Ein Phänomen, das schon vor fast hundert Jahren von Hill beschrie- ben wurde (18).

Eine Veränderung der sympatho- adrenalen Rhythmik nimmt immer auch Einfluß auf den zirkadianen Blutdruckverlauf (36). Daher führen Erkrankungen mit Störungen der hy- pothalamischen/hypophysären Steue- rung der Nebennierenfunktion (wie NNR-Hyperplasie) oder der zentra- len Sympathikusfunktion (Shy-Dra- ger-Syndrom) meistens zu einer Auf- hebung des zirkadianen Blutdruck- rhythmus (32) (Abbildung 2).

Wenn auch die Aussagekraft ei- nes Blutdruckverlaufs über einen Zeitraum von 24 Stunden größer als die einer Gelegenheitsblutdruckmes- sung ist, haben dennoch beide Verfah- ren für Diagnostik und Therapiekon-

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trolle der Hypertonie weiterhin ihre Bedeutung und Berechtigung.

ZUR FORTBILDUNG

Blutdruck [mmHg]

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Die Grundlage zur Diagnostik und Behandlung des erhöhten Blut- drucks in der Praxis stellt nach wie vor die punktuelle Blutdruckmessung (Gelegenheitsblutdruck) dar. für die einheitliche Normwerte existieren, die aber heute unter dem Gesichts- punkt der tageszeitlichen Variation gesehen werden müssen, das heißt die Tageszeit der Blutdruckmessung muß festgehalten werden.

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Allerdings ergeben sich im direk- ten Vergleich zwischen Gelegenheits- blutdruckwert und 24-Stunden-Profil für Patienten mit erhöhten Gelegen- heitsblutdruckwerten Diskrepanzen in der Bewertung der Behandlungs- bedürftigkeit (42).

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Die Blutdruckmessung an sich führt zu keiner Blutdruckerhöhung, so daß die diskontinuierliche Mes- sung der ABDM per se keinen Ein- fluß auf die Höhe des Blutdrucks be- sitzt (39).

Tageszeit (h)

Die Praxisblutdruckmessung aber hat einen Eigeneffekt auf den Blutdruck. Der erhöht gemessene Einzelwert des Blutdrucks, als "Pra-

Abbildung 1: Rhythmenanalyse eines normalen 24-Stunden-Blutdruckpofils einer 24jährigen gesunden Frau.

Die Auswertung der systolischen (e) und diastolischen (0) Blutdruckmeßwerte erfolgte mittels partieller Fou- rieranalyse durch ABPM-FIT (29, 13). Der Blutdruckverlauf zeigt eine signifikante (p<O,OOl) zirkadiane Rhythmik, die Kurven des systolischen und diastolischen Blutdruckverlaufs stellen die berechnete beste Anpas- sung (best fit) einer komplexen Cosinusfunktion (Periodenliingen systolisch: 24h + 12h + 8h + 4,8h; diasto- lisch: 24h + 12h + 8h) an die Meßdaten dar. Zusätzlich ist die Steilheit der systolischen (-) und diastolischen ( ... ) Blutdruckänderung dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde der Verlauf der Herzfrequenz nicht wiedergegeben.

Blutdruck [mmHg]

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Tageszeit (h)

Abbildung 2: Rhythmenanalyse eines 24·Stunden-Blutdruckprofils mit aufgehobener Tag-Nacht-Rhythmik ei- nes 52jährigen Patienten mit renaler Hypertonie. Die Auswertung der systolischen (e) und diastolischen (0) Blutdruckmeßwerte erfolgte mittels partieller Fourieranalyse durch ABPM-FIT (29, 13). Der Blutdruckverlauf zeigt keine signifikante (p>O, 1) zirkadiane Rhythmik, daher stellen die Kurven des systolischen und diastoli- sehen Blutdruckverlaufs lediglich die beste Anpassung mit einer Periodenlänge von 24 Stunden an die Meßda- ten dar. Systematische Änderungen in der Steilheit des systolischen (-) und diastolischen ( ... ) Blutdrucks sind nicht festzustellen.

A-1522 (52) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

xishochdruck" bezeichnet, ist keine neue Entdeckung, er wurde bereits 1756 als" [e pou[s du medicine" von Theophile Bordeu beschrieben (27).

Der Plazebo-Effekt oder der Zeit-Effekt, der bei Studien mit An- tihypertensiva und Gelegenheitsblut- druckmessung immer vorhanden ist, spielt bei der Anwendung der ABDM eine nur untergeordnete Rolle (37).

Dies kann in Zukunft Konsequenzen für die Durchführung von Arzneimit- telstudien haben, da möglicherweise die ethisch bedenkliche Plazebogrup- pe durch Verwendung der ABDM entfällt, die Zahl der zu untersuchen- den Patienten reduziert und die stati- stische Aussage verbessert werden kann.

Die Reproduzierbarkeit von 24- Stunden-Blutdruckprofilen ist besser als die der Gelegenheitsblutdruck- messungen.

Proportional zu der Zahl der Meßereignisse innerhalb eines Tages fällt die Größe der Standardabwei- chung (LO) und sie erreicht ein Mini- mum bei 30 Messungen im Verlauf ei- nes Tages (10).

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MEDIZIN

Normwerte

Bei mehr als 70 Prozent der Ge- sunden beträgt die Differenz zwi- schen Blutdruck-Mittelwerten am Tag und in der Nacht 15 Prozent oder mehr. Ältere Personen weisen häufi- ger einen abgeschwächten oder auf- gehobenen Tag-Nacht-Rhythmus auf.

Ein Abfall in der Nacht um weniger als zehn Prozent oder ein nächtlicher Blutdruckanstieg kann einen Hinweis auf das Vorliegen einer sekundären oder malignen Hypertonie geben und sollte weiter abgeklärt werden.

Beim normotensiven Gesunden läßt sich kein relevanter Unterschied zwischen dem Gelegenheitsblut- druckwert und dem ABDM-Tages- mittelwert nachweisen.

Wird ein erhöhter Gelegenheits- blutdruck gemessen, zeigt sich in der 24-Stunden-Blutdruckmessung bei 20 bis 30 Prozent der Patienten — vorwie-

ZUR FORTBILDUNG

gend bei jungen Frauen — dennoch ein normaler Tagesmittelwert.

Das Meßverfahren ist daher in der Lage, den situativ bedingt erhöh- ten Blutdruck zu objektivieren und von der arteriellen Hypertonie deut- lich abzugrenzen.

Man kann davon ausgehen, daß bis zu 15 Prozent der Hochdruckpati- enten aufgrund eines solchen Praxis- hochdrucks unnötig antihypertensiv behandelt werden.

Bisher fehlen verbindliche Normwerte für 24-Stunden-Blut- druckprofile der ABDM.

Denn es liegt bisher keine ver- bindliche Analysenmethode vor, hin- zu kommt, daß weiterhin größere pro- spektive Studien zur Mortalität und Morbidität bei arterieller Hypertonie auf der Grundlage zirkadianer Blut- druckrhythmen fehlen.

Eine der Ursachen der fehlenden Standardisierung beruht auf der un-

terschiedlichen Form der Auswer- tung einer 24-Stunden-Meßreihe mit 60 bis 80 Einzelwerten.

Zahlreiche Verfahren zur Analy- se von ABDM-Daten wurden bisher angewandt, aber unterschiedlich von verschiedenen Arbeitsgruppen be- wertet.

Es gibt bisher keine allgemein akzeptierte Analysenmethode zur Quantifizierung des zirkadianen Blut- druckprofils.

Einige sollen kurz dargestellt werden (Tabelle 1).

Die am häufigsten angewandte Methode teilt den 24-Stunden-Tag in zwei Phasen, eine Tag- und eine Nachtphase, deren Beginn und Ende jedoch nicht streng festgelegt sind (1, 40, 51), so daß nur sehr schlecht eine Vergleichbarkeit solcher Analysen gegeben ist. Bei dieser Methode wer- den die Mittelwerte (arithmetisch oder Median) der beiden Phasen so-

Tabelle 1: Zusammenfassung der Vor- und

Nachteile der Auswertverfuhren für die

Daten

aus der ambulanten Blutdruckmessung

Verfahren Vorteile Nachteile

Mittelwertberechnung zum Teil geräteseitig vorhanden, zahl- reiche Daten in Literatur vorhanden

Periodizität wird nicht berücksichtigt, keine Aussage über morgendlichen Blutdruckanstieg, keine Angaben zu Blutdruckspitzen

Prozentuale Angabe erhöhter Werte zum Teil geräteseitig vorhanden Periodizität wird nicht berücksichtigt, keine Aussage über morgendlichen Blutdruckanstieg, keine Angaben zu Blutdruckspitzen, keine lineare Bezie- hung zur Blutdruckhöhe

Fourier-Analyse, Spline-Funktionen gute mathematische Anpassung an Meß- werte, erfaßt Teilaspekte der Rhythmik

keine Angaben zum morgendlichen Blutdruckanstieg, Verfahren rechne- risch aufwendig, erfaßt nur Teilaspekte der Blutdruckrhythmik, Software muß an ausgegebenes Datenformat adap- tiert werden

Cosinor-Rhythmometrie 24-h-Rhythmik wird berücksichtigt, häufiges Verfahren in der Chronobiologie

lediglich Anpassung einer 24-h- Schwingung, daher unzureichende Be- schreibung des komplexen Blutdruck- rhythmus

ABPM-Fit Komplexe Rhythmik (systolische RR,

diastolische RR, HF, Doppelprodukt) wird berücksichtigt; bietet Mittelwertsbe- rechnung und komplette Rhythmen- analyse mittels partieller Fourierserien;

zusätzlich: Berechnung von AUC (area under the curve), Maxima und Minima, Steilheit der Blutdruckänderung, auto- matischer Import der Datenformats kommerzieller ABDM-Geräte

(bisher) nicht geräteseitig implemen- tiert

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wie des gesamten 24-Stunden-Tages berechnet, wobei 50 bis 60 ABDM- Daten zu zwei Mittelwerten reduziert werden. Diese Auswertung spiegelt die Dynamik der Rhythmik nicht wi- der und kann die Höhe des morgend- lichen Anstiegs oder des abendlichen Abfalls im Blutdruck nicht quantifi- zieren, oder schließt diese sogar we- gen der analytischen Schwierigkeiten aus (47). Mit der Cosinor-Rhythmo- metrie (38) werden mittels Anpas- sung einer Cosinusfunktion mit einer Periode von 24 Stunden die Daten oder das 24-Stunden-Profil im Blut- druck nicht hinreichend genau be- schrieben (49, 54), da das 24-Stunden- Blutdruckprofil nicht in zwei gleiche Zwölf-Stunden-Perioden aufteilbar ist. Die kumulative Summenmethode CUSUM ( 48) beschreibt vor allem das Ausmaß der Druckveränderun- gen unabhängig von der Zeit, sie wird als ergänzende Methode zu bereits be- stehenden angesehen. Verschiedene Verfahren zur Glättung der Meßrei- hen mittels unterschiedlicher mathe- matischer Verfahren wie Splinefunk- tionen ( 49) oder Fourierreihen (30) sind bisher verwendet worden. Teil- weise benötigen sie aufwendige Re- chenoperationen, beschreiben aber immer nur Teilaspekte der Blutruck- rhythmik. Die Heranziehung von Per- zentilen des Blutdrucks zur Definition einer Hypertonie wurde vor allem bei Kindern angewendet (12).

Die Perzentilen werden alters-, größen- und geschlechtskorrigiert eingesetzt. Dieses Verfahren basiert auf Gelegenheitsmessungen des Blut- drucks und zieht die zirkadianeu Va- riationen überhaupt nicht in Betracht und ist zur Analyse von ABDM-Da- ten nicht geeignet.

Ausgehend von dem Computer- programm Pharmfit (33, 54) wurde ein Verfahren entwickelt, das auto- matisch individuelle ABDM-Daten aus kommerziellen 24-Stunden-Blut- druckmeßgeräten schnell und umfas- send analysiert (28, 56). Die Daten werden linear analysiert aber auch ei- ner Rhythmenanalyse unterworfen.

Das Auswertverfahren paßt gleich- zeitig bis zu fünf harmonische Ober- schwingungen an die Daten an und prüft statistisch die beste Anpassung für systolischen, diastolischen, Mittel- druck, Herzfrequenz und Doppelpro-

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ZUR FORTBILDUNG

dukt. Neben den Rhythmenparame- ter Mesor (Rhythmus angepaßter Mittelwert), Amplitude, Acrophase (zeitliches Auftreten des Maximal- wertes der Schwingung) werden die höchsten und niedrigsten Werte der besten Anpassung, deren zeitliches Auftreten, die AUC unter der auge- paßten Kurve (für jedes beliebige In- tervall) und auch die Steigung der Meßgrößen zu jedem beliebigen Zeit- punkt berechnet und damit Abfälle und Anstiege im Blutdruck erfaßbar und quantifizierbar gemacht.

Wegen der geräteseilig vorhan- denen, einfachen Auswertungsver-

Tabelle 2: Indikationen für die Durch- führung einer ambulanten Blutdruck- messung vor antihypertensiver Thera- pie

....

Verdacht auf "Praxishyperto-

nie"

(white coat hypertension)

....

Diskrepanz zwischen Höhe des

Gelegenheitsblutdrucks und Ausmaß der Organschäden

....

Große numerische Unterschie-

dezwischen Werten der Selbst- messungund des Gelegenheits- blutdrucks (systolisch größer als 20 mmHg, diastolisch größer als 10 mm Hg).

....

Verdacht auf fehlenden nächt-

Iichen Blutdruckabfall (sekun- däre Hypertonie)

....

Möglichkeit des Auftretens

krisenhaften Blutdruckanstie- ges

fahren wurden in den meisten der bis- her durchgeführten Untersuchungen zur zirkadianeu Blutdruckrhythmik lediglich entweder eine Berechnung von Tag-, Nacht- und 24-Stunden- Mittelwerten oder eine prozentuale Berechnung erhöhter Blutdruckwer- te angewendet. Hierzu liegen Emp- fehlungen der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdruckes (Hochdruckliga) vor. Für die Ermitt- lung von Mittelwerten wurde als obe- re Normgrenze der Tagesmittelwerte 135/85 mmHg vorgeschlagen und soll einem Gelegenheitsblutdruck von 140/90 mmHg äquivalent sein. Für das A-1524 (54) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

arithmetische Mittel aller 24-Stun- den-Werte - ein normaler Schlaf- Nacht-Rhythmus vorausgesetzt- sol- len 130/80 mmHg als obere Norm- grenze gelten (1). Wird das ABDM- Protokoll in prozentualer Form aus- gewertet, soll der Tages-Blutdruck- wert erhöht sein, wenn mehr . als 25 Prozent der systolischen Blutdruck- werte über 140 mmHg liegen oder die diastolische Grenze von 90 mmHg in mehr als 25 Prozent der Fälle über- schritten werden.

Da die Beziehung zwischen Blut- druckhöhe und Prozentwerten nicht linear verläuft, sind Prozentwerte zur Deskription der zirkadianeu Blut- druckrhythmik weniger geeignet.

Indikationen für die Durch- führung einer ABDM

Vor antihypertensiver Therapie

Die Durchführung einer 24-Stun- den-Blutdruckmessung vor Beginn einer antihypertensiven Therapie wird empfohlen (1, 9, 43), wenn der Verdacht auf eine situativbedingte Blutdrucksteigerung (sogenannte Praxishypertonie), oder eine Diskre- panz zwischen der Höhe des Blut- druckes und Organschäden besteht, das heißt wiederholte Messungen dia- stolischer Blutdruckwerte von 105 mmHg oder darüber ( definitions- gemäß eine mittelschwere oder schwere Hypertonie) ohne erkennba- re Zielorganschäden vorliegen. Eine 24-Stunden-Blutdruckmessung ist auch dann klinisch indiziert, wenn Endorganschäden auffallen, obwohl die diastolischen Werte wiederholt und reproduzierbar zwischen 90 und 104 mmHg lagen (milde Hypertonie) oder wenn die Unterschiede zwischen den Blutdruckwerten der Selbstmes- sung und den Gelegenheitsmessun- gen in der ärztlichen Praxis systolisch 20 mmHg und diastolisch 10 mmHg reproduzierbar überschreiten - kor- rekte Meßtechnik natürlich vorausge- setzt (Tabelle 2).

Die definitive diagnostische Wer- tigkeit eines teilweise oder ganz auf- gehobenen Tag-Nacht-Rhythmus muß noch in prospektiven Studien ge- nauer validiert werden. Allerdings

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weisen neuere Studien bereits darauf hin, daß ein verminderter Abfall des Blutdrucks in der Nacht, bei tagsüber

"normalen" Blutdruckwerten, bei ver- schiedenen Erkrankungen oder medi- kamentöser Therapie diagnostisch oder sogar prognostisch von Bedeu- tung sein könnte (13, 29, 20, 50, 52, 17).

Generell sollte bei erhöhten Blut- druckwertell und aufgehobenem Tag- Nacht-Rhythmus der Blutdruckregu- lation an eine sekundäre Hypertonie als Ursache gedacht werden (16, 34), insbesondere wenn sich nachts Ände- rungen von Herzfrequenz und Blut- druck gegenläufig verhalten oder mit erhöhten Blutdruckwerten in der Nacht oder einer aufgehobenen zirka- dianeu Rhythmik zu rechnen ist.

Ein Fehlen des nächtlichen Blut- druckabfalls kann ein wichtiger dia- gnostischer Hinweis für das Vorliegen einer renalen Hypertonie (5), ein- schließlich der diabetischen Nephro- pathie (15, 50), einer renovaskulären Hypertonie (50) oder aber einer en- dokrinen Hypertonie (21) sein. Ein vorhandener Tag-Nacht-Blutdruck- rhythmus schließt aber eine sekundä- re Hypertonie nicht aus, da bei etwa einem Drittel dieser Patienten der Tag-Nacht-Rhythmus erhalten bleibt.

Patientinnen mit einer Schwan- gerschaftshypertonie (22) oder Prä- eklampsie ( 6) sind einerseits durch nächtliche Blutdruckentgleisungen gefährdet, andererseits müssen unter antihypertensiver Therapie nächtli- che Hypotensionen vermieden wer- den, so daß eine 24-Stunden-Blut- druckmessung klinisch indiziert ist.

Mit fehlendem Blutdruckabfall in der Nacht muß auch bei Patienten nach einer Nieren- und Herztransplantati- on (7) oder einem Schlaf-Apnoe-Syn- drom gerechnet werden, auch bei nor- motonen Blutdruckwerten tagsüber.

Eine klinische Indikation für eine 24- Stunden-Blutdruckmessung besteht auch für diese Patienten.

Kontrolle der Effektivität antihypertensiver Therapie Durch engmaschige Meßwieder- holungen kann die Qualität der an- tihypertensiven Therapie überprüft werden, da die Vielzahl der Meßwerte unter verschiedenen äußeren Bedin-

ZUR FORTBILDUNG

gungen im Tagesverlauf die statisti- sche Aussage gegenüber der Gele- genheitsblutdruckmessung wesent- lich erhöht ( 4) (Tabelle 3).

Die zirkadiane Blutdruckmes- sung eröffnet die Möglichkeit, ver- schiedene Störungen des Blutdruck- verhaltens zu erkennen und gezielt medikamentös zu behandeln (31 ).

Zudem kann das antihypertensive Wirkprofil von Antihypertensiva im zeitlichen Verlauf erfaßt werden.

Hierbei findet die Blutdrucksenkung unter verschiedenen Belastungsbe-

Tabelle 3: Indikationen für die Durch- führung einer ambulanten Blutdruck- messung zur Kontrolle der antihyper- tensiven Therapie

..,.. Inadäquate Blutdruckeinstel-.

Jung unter adäquater Medikati- on

..,.. Dokumentation ausreichender Behandlung nächtlich erhöhter Blutdruckwerte

..,.. Fehlende Regression von Se- kundärschäden trotz adäquater Therapie seit 6 bis 12 Monaten ..,.. Überprüfung möglicher uner-

wünschter Arzneimittelwirkun- gen (Schwindel)

dingungen besondere Beachtung, da zum Beispiel dem frühmorgendlichen Blutdruckanstieg eine besondere Be- deutung zugemessen wird (3). Aller- dings gibt es keine quantitativen Da- ten, welcher Grad des Blutdruckan- stiegs tolerabel oder pathologisch ist.

Die spezifischen chronopharma- kologischen Eigenschaften von An- tihypertensiva verschiedener Sub- stanzklassen und deren Wechselwir- kung auf die zirkadiane und ultradia- ne Rhythmik können für das Thera- pieregime berücksichtigt werden (25, 44, 55, 35, 26). Eine wiederholte Lang- zeitmessung gestattet eine Adaptati- on der Dosis und des Dosierungsin- tervalls von Antihypertensiva zur Vermeidung von Blutdruckspitzen tagsüber oder hypotoner Phasen nachts. Für Präparate mit langer Halbwertzeit und empfohlener Ein- maldosierung kann geklärt werden, ob eine morgendliche Einmaldosie-

rung ausreicht, um einen über- schießenden morgendlichen Blut- druckanstieg zu korrigieren oder eine zusätzliche abendliche Medikation erforderlich wird.

Eine Therapiekontrolle durch ei- ne 24-Stunden-Blutdruckmessung ist indiziert, wenn die Senkung des Gele- genheitsblutdruckes unter adäquater Medikation unzureichend ist - eine gute Compliance des Patienten vor- ausgesetzt- ein aufgehobener Tag- Nacht-Rhythmus besteht und die er- folgreiche Senkung erhöhter Blut- druckwerte in der Nacht kontrolliert werden soll. Weitere Indikationen sind, wenn keine Regression von Ziel- organschäden auch nach sechs bis zwölf Monaten adäquater antihyper- tensiver Therapie bei guter Einstel- lung des Gelegenheitsblutdruckes nachzuweisen ist oder mögliche Ne- benwirkungen der antihypertensiven Medikation (wie Schwindel) vorhan- den sind, die durch Gelegenheitsblut- druckmessungen im Sitzen und Ste- hen nicht geklärt werden können. Bei Wiederholungsmessungen zur Opti- mierung der medikamentösen Thera- pie müssen Störeinflüsse, wie Verän- derungen des Tagesablaufs gegen- über der vorangegangenen Messung, ausgeschaltet werden. Die Erstmes- sung sollte wie die Wiederholungs- messung an einem regulären Werktag stattfinden (14), ein Wechselschicht- dienst ist zu berücksichtigen (8).

Prognostische Bedeutung derABDM

Der Blutdruck unterliegt als Re- gelgröße beim Gesunden und gerade beim Hypertoniker einer erheblichen Variabilität. Eine Einzelmessung kann daher nur eine Momentaufnah- me aus der Vielzahl alltäglicher vor- kommender Blutdruckwerte sein. In den 60er und 70er Jahren wurden in- vasive, intraarterielle Blutdruck- Langzeitmessungen mit Registrie- rung der Daten auf einem Kassetten- rekorder oder telemetrischer Daten- übermittlung eingesetzt. Seit Anfang der 80er Jahre sind Methoden der nichtinvasiven Blutdruck-Langzeit- messung mit indirekter, diskontinu- ierlicher Messung in vorgegebenen Intervallen entwickelt worden.

(6)

MEDIZIN

Die schon lange angestrebte Blutdruckselbstmessung hatte zum Ziel, die Anzahl der Meßwerte zur Beurteilung einer Blutdrucksituation zu erhöhen. Die Blutdruckselbstmes- sung nimmt unter prognostischen Ge- sichtspunkten eine Zwischenstellung zwischen Gelegenheitsblutdruckmes- sung und ABDM ein; hiermit kann keine Aussage über die Rhythmik und speziell das nächtliche Blutdruck- verhalten gemacht werden und die Blutdruckvariabilität unter einer Vielzahl alltäglicher Belastungen kann nur eingeschränkt beurteilt wer- den (41). Gerade die Blutdruckvaria- bilität gewinnt zunehmend an Bedeu- tung. Auch wenn eine einheitliche Definition der Variabilitätsparameter noch nicht existiert, soll das Ausmaß der Variabilität mit dem Schweregrad der Hypertonie und auch mit dem Ri- siko des Auftretens kardiovaskulärer Komplikationen korrelieren (19). In einer neueren Untersuchung korre- lierten die systolischen Blutdruckwer- te der ABDM-Messungen besser als der systolische Gelegenheitsblut- druck mit der LV-Hypertrophie (46).

Erst mit der ABDM wurde es mög- lich, einen detaillierten Einblick in die individuelle Rhythmik der Blut- druckregulation zu erhalten. Parame- ter, wie der mittlere Tagesblutdruck, der Nachtblutdruck, der frühmor- gendliche Blutdruckanstieg und die Blutdruckvariabilität (Rhythmik, Amplitude) werden zur Beurteilung der Blutdruckregulation bei Hyperto- nikern in Zukunft vermehrt erfaßt werden. Da die heute verfügbaren Geräte technisch ausgereift sind, er- lauben sie eine zuverlässige Erfassung von 24-Stunden-Blutdruck-Profilen in der Klinik und der Praxis.

Technische Aspekte und praktische Durchführung der ABDM

Da es sich um ein intermittieren- des Meßverfahren handelt, läßt sich das Ausmaß und die Dauer von auf- tretenden Blutdruckspitzen nicht si- cher bestimmen Wird ein kleines Meßintervall gewählt, wird mögli- cherweise ein intrinsischer exogener Reiz gesetzt, der zu einer Verfäl- schung der Meßergebnisse führen

ZUR FORTBILDUNG

kann. Das Ausmaß der nächtlichen Irritation durch das wiederholt auf- tretende Pumpgeräusch und die Kompression des Arms durch die Manschette während der Blutdruck- messung im Schlaf ist nachweisbar, scheint jedoch im Vergleich zur in- traarteriellen Messung gering zu sein und zu keiner Veränderung des Rhythmus zu führen (11). Bei moder- nen Geräten spielt es kaum mehr eine Rolle. Eine sinnvolle Auswertung ei- nes ABDM-Protokolls ist nur mög- lich, wenn 50 valide Messungen pro 24 Stunden vorhanden sind. Die Anzahl der Meßereignisse muß daher so ge- wählt werden, daß auch bei Auftreten von Fehlmessungen genügend aus- wertbare Daten vorhanden sind.

Armbewegungen stellen die häufigste Störung des Meßvorgangs dar, worauf der Patient hingewiesen werden muß.

Zur Interpretation auffälliger Blut- druckwerte ist ein schriftlich geführ- tes Patientenprotokoll hilfreich.

In der Praxis dürfen nur Lang- zeitmeßsysteme eingesetzt werden, die die Zulassung der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt in Ber- lin/Brandenburg besitzen und geeicht sind. Die derzeit zur Verfügung ste- henden Geräte arbeiten auskultato- risch und/oder oszillometrisch mit oder ohne EKG-Triggerung. Hin- sichtlich der Meßgenauigkeit besteht kein Unterschied zwischen den aus- kultatorisch und oszillometrisch mes- senden Systemen. Es wird diskutiert, daß die auskultatorische Methode un- ter dynamischer Belastung (zum Bei- spiel unter ergometrischer Belastung) und bei Patienten mit absoluter Ar- rhythmie der oszillometrischen Mes- sung überlegen sein kann. Zur fehler- freien Messung mit beiden Methoden sind eine entspannte, lockere und ru- hige Armhaltung während der Mes- sung und korrekter Sitz der dem Oberarmumfang angepaßten Man- schette notwendig.

Werden die Messungen tagsüber zwischen 7.00 ± 2 Stunden bis 22.00 Uhr ± 2 Stunden in 15- bis 20minüti- gen Intervallen und nachts (entspre- chend dem verbliebenen Zeitraum) in 30- bis 40minütigen Intervallen durchgeführt, läßt sich eine gute Übereinstimmung zwischen den Er- gebnissen der direkten intraarteriel- len Blutdruckmessung und denen der

ABDM zeigen. Bei spezieller Fra- gestellung, zum Beispiel bei beste- hender koronarer Herzkrankheit, kann ein drittes Meßintervall zwi- schen 6.00 bis 8.00 Uhr sinnvoll sein, um frühmorgendliche Blutdruckspit- zen erfassen und therapeutisch beein- flussen zu können. Mit entsprechen- den Analyseverfahren ist jedes belie- bige Intervall beschreib- und quantifi- zierbar (28, 56). Eine simultane 24- Stunden-Blutdruckmessung und 24- Stunden-EKG-Registrierung kann Aufschluß über einen möglichen Zu- sammenhang zwischen Myokard- ischämie und Blutdruckhöhe geben.

Neben der kommerziell verfüg- baren computertechnischen Auswer- tung, die verbesserungswürdig ist, muß eine schriftliche Beurteilung der Blutdruckwerte und des Blutdruck- profils durch den untersuchenden Arzt durchgeführt werden. Die indi- viduelle Wertung der Ergebnisse soll sich nicht nur auf Tagesmittelwerte, Nachtmittelwerte und 24-Stunden- Mittelwerte stützen, sondern muß Aussagen über den Tag-Nacht- Rhythmus, über Blutdruckspitzen, möglicherweise auftretende hypoto- ne Phasen oder zeitliche Blutdruck- veränderungen (nächtlicher Abfall, frühmorgendlicher Anstieg) und über eventuell ergänzende diagnostische Maßnahmen und auch Angaben über mögliche therapeutische Konsequen- zen enthalten. Eine ärztliche Qualifi- kation zur Durchführung der Unter- suchung ist für eine angemessene In- terpretation erforderlich.

Akzeptanz der 24-Stunden- Blutdruckmessung

Die zugelassenen Geräte haben ein relativ niedriges Gewicht (220 bis 450 g) und erzeugen ein leises Pump- geräusch. Die geringfügige Beein- trächtigung während des Schlafes wird von den meisten Patienten tole- riert. Wenn auch die ABDM per se keinen nachweisbaren intrinsischen Effekt auf das Blutdruckverhalten ha- ben soll, muß mit subjektiven Beein- trächtigungen der Patienten in Form von Schlafstörungen gerechnet wer- den. Nebenwirkungen in Form einer Phlebitis am Meßarm werden nur ex- A-1526 (56) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

(7)

MEDIZIN

trem selten (maximal 1 : 5000) beob- achtet. Bei prädisponierten Patienten können gelegentlich Petechien am Meßarm auftreten.

Einschränkungen für die Anwendung der ABDM

Da eine verbindliche Überein- kunft über ein angemessenes Aus- wertverfahren noch nicht existiert und epidemiologische Untersuchun- gen an repräsentativen Populationen noch ausstehen, sind Aussagen über das „normale" 24-Stunden-Profil nur mit Einschränkungen vorzunehmen.

Allerdings mehren sich in jüngster Zeit Überlegungen, neben der bisher gebräuchlichsten linearen Analyse

ZUR FORTBILDUNG/DISKUSSION

auch die Dynamik der Blutdruck- rhythmik in die Bewertung einzube- ziehen, was mit entsprechenden Ver- fahren möglich ist. Bis dahin ist aller- dings das Zielkriterium einer medika- mentösen Intervention für eine diffe- renzierte Analyse der Blutdruck- rhythmik nicht scharf definiert. Auch wenn möglicherweise Therapieko- sten für eine Zahl fälschlich hyperten- siv definierter Patienten eingespart werden könnten, stellt die routi- nemäßige wiederholte Blutdruckmes- sung mittels ABDM ein apparativ un- gleich kosten- und zeitaufwendigeres Verfahren als die Gelegenheitsblut- druckmessung dar. Die Indikations- stellung zur ABDM sollte sich daher in der Praxis an den von der Hoch- druckliga angegebenen Indikationen

orientieren (1). Bei der Gelegenheits- blutdruckmessung sollte heute aller- dings die Tageszeit der Messung er- faßt und vor allem bei der Therapie- kontrolle mit berücksichtigt werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-1521-1527 [Heft 21]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Bernhard Heintz Medizinische Klinik II

RWTH Aachen Pauwelstraße 30 52057 Aachen

-.••■••1.-

Früh- und Differentialdiagnose des Parkinson-Syndroms

Fragen offen

o

Die Autoren geben keine Aus- kunft über das Erkrankungsalter.

Gilt nach wie vor die bekannte Faustregel, daß der Morbus Parkin- son — dessen Häufigkeit mit 80 Pro- zent der degenerativen Parkinson- Syndrome angegeben wird — eher früher (sechste Lebensdekade) be- ginnt, die „Parkinson-Syndrome bei neuronalen Multi-System-Degenera- tionen" hingegen später? Zählen die Autoren hierzu auch die häufig nur oligosymptomatischen Parkinson- Syndrome in fortgeschrittenen Stadi- en von Demenzerkrankungen?

Erstaunt bin ich darüber, daß die „subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE)" in einem Atemzug mit dem „Normaldruck-Hy- drozephalus" genannt und als Ursa- che für „Pseudo-Parkinson-Syndro- me" angeführt wird. Mir ist die SAE bisher eigentlich nur im Rahmen der Diskussion über die Pathogenese vas- kulärer Demenzen einerseits sowie der Differenzierung von Schlaganfäl- len unter pathophysiologischen Ge-

Zu dem Beitrag von Prof.-Doz. Dr. med.

Günther Deutsch)

Prof. Dr. med. Dr. med. habil.

Wolfgang Oertel

Prof. Dr. med. Werner Poewe in Heft 16/1994

sichtspunkten andererseits geläufig.

Welche — theoretisch-konzeptionelle, aber auch zahlenmäßige — Bedeutung hat die SAE in diesem Zusammen- hang der Parkinson-Syndrome? Han- delt es sich hier um ein in der Neuro- logie bereits allgemein anerkanntes Konzept, oder vertreten die Autoren einen eigenen Standpunkt im Rah- men einer noch im Fluß befindlichen Diskussion?

Sehr dankbar bin ich für den Hinweis darauf, daß medikamentös induzierte Parkinson-Syndrome bei älteren Patienten unter Umständen

noch monatelang persistieren — eine Erfahrung, die wir in der Geronto- psychiatrie leider immer wieder ma- chen müssen.

Dies gilt insbesondere auch für Patienten mit Demenzerkrankungen, von denen ein Teil ausgesprochen empfindlich auf Neuroleptika rea- giert; hierbei stellt sich die Frage, in- wieweit die Autoren einen Zusam- menhang zwischen Parkinson-Syn- dromen und der von Mc Keith und an- deren (1) diskutierten eigenständigen

„senilen Demenz vom Lewis-Körper- Typ" sehen.

0 Weiterhin stellt sich für die eben angesprochenen persistierenden medikamentös induzierten Parkin- son-Syndrome ebenso wie für die oben angesprochenen „Pseudo-Par- kinson-Syndrome" die Frage der Be- handlungsmöglichkeiten, die von den Autoren leider offengelassen wird.

0 Zum als möglicher Ursache ei- nes symptomatischen Parkinson-Syn- droms angeführten Morbus Fahr möchte ich anmerken, daß wir im Rahmen einer breiten Anwendung der Computertomographie sehr häu-

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