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Archiv "Indirekte 24-Stunden-Blutdruckmessung" (06.08.1990)

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r DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT ■•■

Indirekte 24-Stunden- Blutdruckmessung

ür das um ambulante 24-Stun- den-Blutdruckmonitoring (ABPM) steht uns heute ne- ben der direkten (invasiven) die indi- rekte (nicht invasive) Meßmethode zur Verfügung (Tabelle 1). Die direkte 24-Stunden-Blutdruckmessung stellt ein kontinuierliches Meßverfahren dar und ermöglicht eine sogenannte beat-to-beat-Analyse (das heißt die Registrierung und Auswertung von über 120 000 Meßpunkten pro 24 Stunden). Die kontinuierliche in- traarterielle Blutdrucklangzeitmes- sung ist der indirekten Methode hin- sichtlich der Meßgenauigkeit und de- taillierten Blutdruckanalyse überle- gen, kann aber wegen der möglichen Risiken (traumatische Gefäßschädi- gung, Nervenverletzung, Infektions- gefahr) nur in begrenztem Umfang für bestimmte Fragestellungen einge- setzt werden. Diese Nachteile weist das indirekte 24-Stunden-Blutdruck- monitoring nicht auf (2, 3).

Die Monitore ermöglichen dis- kontinuierlich (auskultatorisch, os- zillometrisch) oder kontinuierlich (plethysmographisch) eine wieder- holte Registrierung des Blutdruckta- gesprofiles (das heißt die Registrie- rung von 70 bis 200 Meßpunkten pro 24 Stunden). Mit Hilfe der 24-Stun- den-Blutdruckmessungen ließen sich Einblicke in die Kurzzeit- und Lang- zeitvariabilität der Meßwerte „arte- rieller Blutdruck" gewinnen. Seither haben wir detaillierte Kenntnisse über das Blutdrucktagesprofil mit seinen typischen biphasischen Tag- Nacht-Schwankungen (zirkadianer Rhythmus) und über den Einfluß verschiedener Faktoren auf die Blut- druckvariabilität. Einsatzmöglichkei- ten dieses Meßverfahrens für wissen- schaftliche und praktische medizini- sche Fragestellungen sind Gegen- stand der Diskussion.

Methoden und Geräte

Das am meisten verbreitete Ver- fahren zur indirekten Langzeitblut- druckmessung stellt nach wie vor die

Tabelle 1: Methoden der 24-Stunden-Blutdruckmessung 1. direkt kontinuierlich

—intraarteriell

2. indirekt diskontinuierlich

—auskultatorisch

—oszillometrisch

—plethysmographisch

—Doppler (?)

3. indirekt kontinuierlich

—volumen-plethysmogra- phisch nach Penäz

—palpatorisch mit Piezofo- lien

Auskultation über der Arteria bra- chialis mit einem integrierten Richt- mikrophon dar. Zur Reduzierung von Artefakten verfügen hier einige Geräte wahlweise über eine EKG- Triggerung (sogenanntes EKG-Ga- ting), die Identifikation von Korot- kow-Tönen und R-Wellen erfolgt mit Hilfe von drei Elektroden über dem Brustkorb. Einige Geräte verfü- gen über zwei Mikrophone, die in die Manschette integriert sind, um Ne- bengeräusche (etwa Muskelkontrak- tionen) von Korotkow-Tönen zu dif- ferenzieren. Neben diesen Verfah- ren hat sich die Oszillometrie am Oberarm, die kein Mikrophon erfor- dert, in den letzten Jahren durch- gesetzt. Diese Verfahren wurden so- wohl von der amerikanischen

(AAMI: Assoc. Adv. Med. Instru- ment) und der deutschen (PTB: Phy- sikalisch Technische Bundesanstalt) Zulassungsbehörde validiert. Zur Zeit sind in der Bundesrepublik Deutschland folgende vier Geräte zugelassen (siehe auch Tabelle 2):

() SL 90207, Firma Spacelabs, Kaarst

Tonoport, Firma Heilige, Frei- burg

® Medilog, ABP, Firma Oxford, Wiesbaden.

® Accutracker,

Firma Reynolds,

Feucht

Alle Geräte verfügen mittlerwei- le über vorprogrammierbare Inter- valle, die übereinstimmend in 15mi- nütigen (wahlweise 5- bis 60minüti- gen) Abständen den Blutdruck regi- strieren. Die neueren Geräte sind leichter (kleiner als 500 Gramm) und haben eine wesentlich geringere Ar- tefaktrate (kleiner als 2 Prozent).

Subjektiv belästigende Nebenwir- kungen, insbesondere Schlafstörun- gen (2, 4) werden mit den neueren Geräten weniger häufig angegeben, liegen aber nach wie vor bei etwa 20 Prozent. Dies erschwert nicht nur die Beurteilung der Nachtphase, sondern führt auch zur Ablehnung bei wiederholtem Einsatz.

Die Reproduzierbarkeit des zir- kadianen Blutdruckprofils mit dem ABPM wird von verschiedenen Un- tersuchern bestätigt. Es besteht eine gute Korrelation zwischen den indi- rekt und direkt (intraarteriell) ermit- telten Blutdruckwerten. Schwierig- keiten ergeben sich noch dadurch, daß weltweit anerkannte Normwerte für die 24-Stunden-Blutdruckmes- sung fehlen. Auch aus diesem Grun- de wurde im März 1990 in Berlin ei- ne internationale Consensus-Konfe- renz einberufen, deren Ergebnisse mit den entsprechenden Empfehlun- gen in Kürze veröffentlicht werden.

Folgende Meßintervalle werden der- zeit angeraten: tagsüber (zwischen 7 Uhr plus/minus 2 Stunden und 22 Uhr plus/minus 2 Stunden) etwa 15- bis 30minütig, nachts etwa 30minütig.

Klinische Bedeutung und Indikationen

Die mögliche Bedeutung der in- direkten 24-Stunden-Blutdruckmes- sung liegt hauptsächlich in der Ab- grenzung von Normotonie und Hy- pertonie beziehungsweise in der Festlegung des Schweregrades einer Hypertonie. Diese Methode ist au- ßerdem in der Lage, eine sogenannte Praxishypertonie („White-Coat Hy- pertension") nachzuweisen (1, 5).

Darüber hinaus kann die Methode Zusatzinformationen bei folgenden Zuständen liefern: Krisenhafte Blut- druckanstiege beim Phäochromozy- tom, Mißverhältnis zwischen der Hö- Dt. Ärztebl. 87, Heft 31/32, 6. August 1990 (63) A-2407

(2)

Tabelle Z: .Automatische indirekte 24-Stunden-Blutdruckrn.eßgeräte Monitor

(Firma)

Gewicht Meßmethode g auskul- oszillo-

tatorisch metrisch

EKG R-Wellen 24-Std.

Trigger Monitoring SL 90207

(SpaceLabs, BRD)

380

Tonoport (Heilige, BRD)

580

Accutracker II (Reynolds, BRD)

480

ABPM 630 (Colin, Japan)

780

Medilog (Oxford, GB)

600

TM 2420

(A & D Takeda.

Japan)

490

Pressuremeter IV

(Del Mar Avionics, USA

780

( + )

he des Gelegenheitsblutdrucks und Organschäden (zum Beispiel Links- herzhypertrophie), Schwanger- schaftshypertonie.

Bei manchen Hochdruckformen findet sich eine Aufhebung bezie- hungsweise Abflachung der zirkadia- nen Blutdruckwerte, und in diesen Fällen könnte die indirekte 24-Stun- den-Blutdruckmessung zusätzliche Informationen liefern. Dies ist der Fall bei Zuständen mit Präeklampsie und autonomer Insuffizienz. In ver- einzelten Fällen wurden bei Patien- ten mit renalen, renovaskulären und endokrinen Hypertonien ebenfalls Veränderungen des zirkadianen Blutdruckprofils festgestellt. Eine Inversion des biphasischen Blut- druckprofils wurde bei immunsup- primierten Patienten nach Nieren- und Herztransplantation registriert.

Die 24-Stunden-Blutdruckmes- sung kann für die Therapiebeurtei- lung des Hypertoniepatienten wich- tig sein. Durch die Vielzahl der unter Alltagsbedingungen gemessenen Blutdruckwerte erhöht sich die sta- tistische Aussagekraft gegenüber der Gelegenheitsblutdruckmessung.

Dies dürfte im Einzelfall eine wert- volle Hilfe für die Dosisoptimierung einer antihypertensiven Pharmako- therapie sein. Mehr als 20 Prozent der Patienten mit milder arterieller Hypertonie ohne Endorganverände- rungen weisen ein normales Blut- drucktagesprofil auf. Dieses Blut- druckmeßverfahren ist in besonde- rem Maße geeignet, die Wirksam- keitsdauer antihypertensiver Phar- maka nach Einmal- oder Mehrfa- chapplikation zu erfassen. Darüber hinaus können bei ungeklärten Schwindelzuständen (zum Beispiel unter medikamentöser Therapie) Orthostasen erfaßt werden.

Fazit

Die indirekten (nicht invasiven) 24-Stunden-Blutdruckmeßgeräte er- möglichen die Erfassung von zirka- dianen Blutdruckprofilen unter All- tagsbedingungen. Hierdurch können im Einzelfall sowohl für die Diagno- stik (Abgrenzung Normotonie/Hy- pertonie, Erfassung des Hochdruck- schweregrades, Nachweis eines „Pra- xishochdrucks") als auch für die

Therapiekontrolle des Hypertonie- patienten wertvolle Zusatzinforma- tionen gewonnen werden.

Definitionen der Normwerte und Richtlinien für den rationellen Einsatz dieser Geräte im Rahmen der Diagnostik und Therapie der ar- teriellen Hypertonie werden erarbei- tet, da eine ungezielte Anwendung weder medizinisch sinnvoll noch ökonomisch vertretbar ist. Wün- schenswert erscheint die Entwick- lung preisgünstiger (Monitor <

10 000 DM) 24-Stunden-Blutdruck- meßgeräte, die noch leichter sind und eine gleichzeitige Registrierung des 24-Stunden-Langzeitelektrokar- diogramms erlauben.

Literatur

1. Mancia, G.; Parati, G.; Pomidossi, G.; Di Rienzo, M.: Validity and usefulness of non- invasive ambulatory blood pressure monitor- ing. J. Hypert 3 (Suppl.) (1985) 5-11 2. Meyer-Sabellek, W.; Schulte, K.-L.; Distler,

A.; Gotzen, R.: Methodische Entwicklung und

Probleme automatischer, indirekt messender Monitore zur ambulanten Langzeitblutdruck- registrierung. In: Indirekte 24-Stunden-Blut- druckmessung. Hrsg. Meyer-Sabellek, Got- zen. Steinkopff Verlag, Darmstadt 1988).

3. Mayer-Sabellek, W.; Anlauf, M.; Gotzen, R.;

Steinfeld, L. (Eds.): Blood pressure measure- ments — new techniques in automatic and 24-hour indirect monitoring. Steinkopff/

Springer Verlag, Darmstadt, New York (1990)

4. Parati, G.; Pomidossi, G.; Casadei, R.; Man- cia, G.: Lack of alerting reactions to inter- mittent cuff inflations during non-invasive blood pressure monitoring. Hypertension 7 (1985a) 597-601

5. Pickering, T. G.; Boddie, C.; James, G. D.;

Harshfield, G. A.; Blank, S. G.; Laragh, J. H.:

How common is white coat hypertension?

JAMA 259 (1988) 2256-2258

Anschrift der Verfasser:

Privatdozent Dr. med.

Wolfgang Meyer-Sabellek Prof. Dr. med. Reinhard Gotzen Medizinische Klinik und Poliklinik Klinikum Steglitz

der Freien Universität Hindenburgdamm 30 1000 Berlin 45 A-2408 (64) Dt. Ärztebl. 87, Heft 31/32, 6. August 1990

Referenzen

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