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Archiv "Wieder gesund" (20.09.1996)

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In der aktuellen Spardiskussion zur beabsichtigten Einschränkung medizinischer Rehabilitationsleistun- gen (1997 um rund 2,5 Milliarden DM bei der gesetzlichen Rentenversiche- rung) werden politisch oftmals negati- ve Assoziationen zu Fango/Tango aus

„Opas Kurmedizin“ geweckt. So läßt sich mit gezielter Diskreditierung der Weg zum ethisch und sozialpolitisch problematischen Abbau notwendiger Heilmaßnahmen nach folgenreichen Primärbehandlungen oder bei chroni- schen Erkrankungen bahnen. Nun hat der Gesetzgeber mit den Begrif- fen der „Vorsorge- und Rehabilitati- onskuren“ diese Vermengung erleich- tert. Wenn im Nachrichtenmagazin

„Der Spiegel“ unter Hinweis auf Goethes angebliche Kurschatten von

„Lobbyisten von Fango, Moor und Säuerling“ gesprochen wird und ein

„steigendes Kurinteresse im Osten“

mit einem Anstieg von 169,6 Prozent in den letzten drei Jahren bei An- schlußheilbehandlungen belegt wird, mag dies noch journalistischer Un- schärfe entsprechen, von Ärztefunk- tionären sollte man jedoch Differen- zierungen erwarten können.

Wie kann Dr. Frank Ulrich Montgomery, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes, „Kuren und Re- ha auf den Prüfstand“ fordern, pau- schal nach Wirksamkeitsnachweisen fragen und selbst im – unterstellten – Fall einer erfolgreichen Vermeidung

von Rente „Juristische Begleiter- scheinungen“ antizipieren? Ist es nicht seit jeher die Kunst der Ärzte, differenzierte Überlegungen zu Dia- gnosen und Therapiestrategien anzu- stellen, um einem Patienten zu hel- fen? Wird diese Kunst im „Vertei- lungskampf“ absichtlich vernachläs- sigt, geht es gar nicht so sehr um den

„Patienten Gesundheitswesen“? Um Ausbildungsplätze für den Ärzte- nachwuchs wird es wohl nicht gehen, dies wird zwischenzeitlich die (nega- tive?) Reaktion der in der Rehabili- tation tätigen Ärzte gezeigt haben.

Unterstellt, es stünde nicht ein unhei- liger ärztlicher Verteilungskampf („Schlammtanz der Kur“ würde zur

„Schlammschlacht der Ärzte“) hin- ter verzerrenden Vereinfachungen, geht es dann um Dogmen? Gerade im gern zitierten Ausland, das angeb- lich keine Kur (. . . und Reha?) kennt, hat das Krankheitsfolgenmo- dell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (impairments – disabilities – handicaps) mit seinen Hinweisen auf die sozialen Auswirkungen (Lebens- qualität) längst Eingang in das ärztli- che Denken gefunden, während man hier noch das Ziel in einer aus- reichenden „Patienten-Versorgung“

mit High-Tech-Medizin sucht. Die („sprechende“) Rehabilitationsme- dizin und ihre wissenschaftlichen Grundlagen haben sich in den letzten zehn Jahren mit einer neuen Sicht-

weise des chronisch Kranken oder an Krankheitsfolgen leidenden Men- schen etabliert, aber mit der ihr ethisch zukommenden Bedeutung bei entsprechender Akzeptanz der Betroffenen. Dabei wurde versäumt, sozialmedizinisches und rehabilitati- ves Know-how außerhalb des Kreises der Betroffenen publik zu machen.

Auch wurde manche problematische Fragestellung von Indikationsfor- schung, Therapiezielen und Wirk- samkeitsnachweisen nicht offensiv genug bearbeitet.

Kann dies jedoch für ärztliche Kritiker schon Grund sein, um den notwendigen Weg hilfreicher Diffe- renzierungen zu verlassen? Beispiel hierfür: „Wir leisten uns ein Kuren- Rehabilitationssystem, das etwa in gleichem Schritt wächst wie die Zahl der Frührentner.“

Schaden begrenzen

Der Nebel von in der Öffentlich- keit diskutierten Zahlen über die Höhe und die Gründe des Ausgaben- anstiegs seit 1990 ist schwer zu durch- dringen: Der Aufbau derRehabilitati- ons-Struktur Ost, GSG-Folgen (Ver- schiebung ambulant zu stationär), ei- ne veränderte Verschreibe- und Nach- fragepraxis sind wohl die Hauptfakto- ren. Der angebliche Mißbrauch wird sich wohl in Grenzen halten, wenn jährlich nur drei Prozent der Erwerbs- tätigen und 1,4 Prozent der Nichter- werbstätigen Rehabilitations-Maß- nahmen in Anspruch nehmen (Basis 1993). Sind wir so arm geworden, daß die „freiwillige“ Leistung (bei Nicht- erwerbstätigen) einer Rehabilitation zum Beispiel nach Krebstherapie nicht mehr von der Solidargemein- schaft übernommen werden kann?

(Diskussion um § 31 SGB VI).

Der politische Wille der Bundes- regierung zur Budgetierung der Aus- gaben für die medizinische Rehabili- tation wird wohl umgesetzt werden.

Es muß Sache der Ärzte sein, den Schaden am Patienten zu begrenzen und auch die irreführende Subsumie- rung der stationären medizinischen Rehabilitation unter das „Kurwesen“

abzubauen zu helfen.

Prof.Dr. Rudolf Schröck, Scheidegg A-2376 (28) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 38, 20. September 1996

P O L I T I K KOMMENTAR

In der Bundesrepublik Deutschland belief sich die Zahl der Re- habilitationsmaßnah- men 1993 auf rund 1,84 Millionen. Das bedeutet eine Steige- rung von fast elf Pro- zent im Vergleich zu 1991. Der Schwer- punkt lag mit 72,5 Prozent wie in der Vergangenheit im me- dizinischen Bereich.

Prüfstand „Reha“

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