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Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 10, 8. März 1996 (1)
Differenzen in der SPD
ie parlamentarischen Be- ratungen der Gesetzent- würfe zur Strukturreform im Gesundheitswesen sind mehr von kurzfristigen wahltaktischen Überlegungen denn von Sachver- stand und Kompromißbereitschaft geprägt. Aktuelles Schlaglicht:
Am 28. Februar, als der vom Bun- desrat angerufene Vermittlungs- ausschuß tagen sollte, wurde das Krankenhauskostendämpfungsge- setz 1996 zur „Hängepartie“. Der Ausschuß wird erst am 6. März zu- sammentreten. Inhaltlich dürfte im Vermittlungsausschuß erst ver- handelt werden, wenn „die wahl- politische Luft“ rein ist. Dies dürf- te nach dem 24. März sein, wenn die Landtagswahlen in Rheinland- Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein Klarheit über die Mehrheitsverhältnisse im Bun- desrat gebracht haben. Ob die Ko- alitionsfraktionen dann daran mit- arbeiten werden, ist noch unklar.
Denn deren Anliegen, wie von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer gefordert, die Verhand- lungen zur Gesamtreform im Ge- sundheitsausschuß des Bundesta- ges mit Beteiligung der Länder zu führen, wurde von der SPD (Ru- dolf Dreßler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender) brüsk ab- gelehnt. Begründung: Konsens- verhandlungen gehörten nicht in den Ausschuß.
Tieferer Grund: Die SPD- Bundestagsfraktion dürfte die do- minierende Haltung der SPD-re- gierten Länder fürchten, die die von der SPD eingebrachten Ent- würfe weitgehend formuliert ha- ben, sowie die Mehrheit der Koali- tionsfraktionen. Darüber hinaus werden die Abgeordneten der SPD im Bundestagsausschuß in die Verlegenheit gebracht, daß sie einen Gesetzentwurf begründen und verteidigen müssen, hinter dem die SPD-Fraktion intern nur
zum Teil steht, nämlich den Ent- wurf über die ambulante Versor- gung (GSG II). Tatsächlich wird dieser ideologisch geprägte Ent- wurf von besonnenen SPD-Politi- kern auf Landes- und Bundesebe- ne als nicht konsensfähig und poli- tisch als nicht akzeptabel einge- stuft. Dies dürfte insbesondere für die vorgeschlagene weite institu- tionelle Öffnung der Krankenhäu- ser für die fachärztliche ambulante Versorgung der Fall sein. Selbst der sonst mit der SPD sympathisie- rende DGB ist teilweise auf Di- stanz zum Entwurf gegangen.
Ob das Kalkül der SPD aufge- hen wird, mit einer starren Ableh- nung im SPD-dominierten Ver- mittlungsausschuß ein „Lahnstein II“ zu erzwingen, erscheint frag- lich. Zumindest die Blockierung der Krankenhauskostendämpfung
’96 dürfte für Länder mit großer Krankenhausdichte auf Dauer bit- ter sein. HC
D
Vierer-Zweckbund
enn Gruppen rivalisie- ren, aber andererseits aufeinander angewie- sen sind, dann wechseln sich häufig Kämpfe mit Zweckbündnissen ab.
Jüngstes Beispiel: Die Rote Liste 1996. Im vergangenen Jahr brach- te der Bundesverband der Phar- mazeutischen Industrie (BPI) ein abgespecktes Exemplar heraus.
Vor allem viele Generica fehlten, weil es mit dem Verband aktiver Pharmaunternehmen (VAP) zu keiner Einigung kam.
Nun sind die Details der Her- ausgeberschaft immer noch nicht bis ins Detail geklärt. Aber wie auch immer: Die jüngste Liste wird verbreitet als Produkt von BPI, VAP, dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) und dem Bundesfachverband der Arz-
neimittel-Hersteller (BAH). Letz- terer vertritt Firmen, die Präpara- te zur Selbstmedikation anbieten.
Das aktuelle Kompendium umfaßt 8 888 Präparate mit 11 714 Darreichungsformen und 28 334 Preisangaben von 482 pharmazeu- tischen Unternehmen. Etwa 1 400 Fertigarzneimittel sind gegenüber 1995 dazugekommen. Der Ver- sand an Ärzte, Apotheker sowie Heilpraktiker soll Ende März ab- geschlossen sein. Jedem berufs- tätigen Arzt steht ein unentgeltli- ches Exemplar zu. Wer leer ausge- gangen ist, kann sich an den Editio Cantor Verlag wenden (PF 1255, 88322 Aulendorf, Telefon 0 75 25/
94 00, Fax 94 01 47).
Nach Angaben von Hildegard Dootz, bei der BPI Service GmbH zuständig für die Rote Liste, liegt
die Auflage nun bei 265 000 Freiex- emplaren. Im letzten Jahr war die Liste vergriffen. Rein rechnerisch wird es auch 1996 nicht reichen:
Nach den Statistiken (Stand: Ende 1994) sind rund 267 000 berufstäti- ge Ärztinnen und Ärzte gemeldet, dazu rund 48 000 Apothekerinnen und Apotheker.
Gegen Entgelt liegt die Liste aber auch als PC-Version auf Dis- ketten oder CD-ROM vor. Die Da- ten werden zudem in elektroni- schen Publikationen angeboten.
Außerdem wurden sie lizenzfrei an Softwarehäuser zum Implementie- ren in Apotheken- oder Arztpra- xisverwaltungssysteme abgegeben.
Wer Fragen hat, kann sich an den Editio Cantor Verlag wenden oder an Hildegard Dootz vom BPI (Telefon 0 69/25 56-12 91). th