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Archiv "Rote Liste: Handhabbare Minimalvariante" (15.12.1995)

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SPEKTRUM LESERBRIEFE

Demenzforschung

Zu dem Leserbrief „Rezensent irrt ge- waltig" von Dr. Leidinger in Heft 44/1995 und einer am 27. November in Bonn veranstalteten Anhörung zu dem Thema „Forschung mit einwilli- gungsunfähigen Patienten (Demenz und Schlaganfall)":

Lebensrechte verletzt

Als Angehöriger und Arzt bin ich erschüttert.

• Als betroffener An- gehöriger (Mutter und Tante waren dement, Vater hatte Schlaganfall, mein Enkel ist schwer geistig behindert) bin ich empört, weil die Lebens- rechte dieser Menschen ver- letzt werden. Ist das Ethos der Wissenschaft ungehin- derte Forschung? Die eu- ropäische Bioethik-Konven- tion wollte Eingriffe ohne therapeutischen Nutzen an incapacitated persons (ge- nannt wurden Behinderte, Hochaltrige und Süchtige) vornehmen (Art. 14). Diese Forscher werten einwilli- gungsunfähige Patienten ab und begründen ihre For- schung mit sozialer Verpflich- tung kommenden Generatio- nen gegenüber, eine durch- sichtige Rationalisierung ei- nes grenzüberschreitenden Forscherdranges. Heiligt der Zweck das Mittel Forschung?

Natürlich können Ärzte An- gehörige überreden, derarti- gen Experimenten zuzustim- men mit der Scheinbegrün- dung, den Kranken in der Zu- kunft zu helfen oder gar diese Patienten zu „erlösen". Als Risikopatient habe ich Angst, daß mit mir in einigen Jahren auch Versuche gemacht wer- den, wie es jetzt schon in eini- gen Kliniken passieren soll.

• Als Arzt mit 37jähriger Berufserfahrung in der Ar- beit mit Dementen kann ich nie derartigen Humanexperi- menten zustimmen; es ist ein unhaltbares Vorurteil, daß einwilligungsunwillige De- mente und Schlaganfallpati- enten „nichts mitbekom- men". Auch wenn sie rationa- le Argumente nicht verstehen und nicht mehr die passenden

Worte finden, reagieren sie emotional sehr intensiv. Sind Patienten, die den Verstand weitgehend verloren haben, keine Menschen mehr? Was die größte Gruppe psychisch Alterskranker — 1,2 Millio- nen demente Menschen — braucht, sind nicht allein Me- dikamente, sondern die Ver- besserung der Lebensqualität durch verschiedenste Hilfen, zum Beispiel aktivierende Pflege und Unterstützung der Angehörigen. Nach den Be- stimmungen der ärztlichen Berufsordnung, nach der De- klaration von Helsinki und nach dem hippokratischen Eid haben wir Ärzte uns ver- pflichtet, keine Therapiever- suche an einwilligungsunfähi- gen Patienten vorzunehmen.

Rechtlich dürften die For- scher wegen Menschen- rechtsverletzungen, wegen Verstoßes gegen das Grund- gesetz (Die Würde des Men- schen ist unantastbar) und gegen das Arzneimittelrecht Schwierigkeiten bekommen.

Darauf hat Herr Dr. Leidin- ger schon hingewiesen. Sind die Kriterien für die ethische Erlaubtheit eines Humanex- periments (Freiwilligkeit, wahrhaftige Aufklärung, Si- cherheit vor Risiken und Ne- benwirkungen und Verhält- nismäßigkeit der Untersu- chung, nach Spicker, 1988) überholt?

Prof. Dr. med. E. Grond, Veilchenstraße 1, 58095 Ha- gen

Kontrazeptiva

Zur Einschränkung der Verordnung von Kontrazeptiva der 3. Generation durch das Bundesinstitut für Arznei- mittel und Medizinprodukte:

Unverschämtheit

Die Informationspolitik des Bundesinstitutes für Arz- neimittel in Berlin gegenüber den Ärzten, die die Pille ver- ordnen, ist schlicht und er- greifend eine Unverschämt- heit. Es ist einfach unerträg- lich, daß die Ärzte, so wie es mir ergangen ist, in der Sprechstunde von ihren Pati-

enten die neuesten Ein- schränkungen im Hinblick auf die Pille erfahren. Ist es wirklich nicht möglich, den Kollegen, die die Verantwor- tung der Pillenverordnung haben, eine Vorabinformati- on mit Begründung zukom- men zu lassen?

Dr. med. Klaus Jung, St. Ge- orgsplatz 11, 83301 Traun- reut

Geschlechter

Zu dem Beitrag „Mädchen brauchen eine andere Medizin", ein Bericht vom XXIV. Wissenschaftlichen Kon- greß des Deutschen Ärztinnenbun- des, von Heike Korzilius in Heft 41/1995:

Ungerechtfertigte Schlußfolgerung

Zwölf- bis sechzehnjähri- ge Mädchen und heranwach- sende Frauen sollen unter ei- ner Vielzahl körperlicher Be- schwerden leiden, so zum Beispiel einem gestörten Ver- hältnis zum eigenen Körper, unter mangelndem Selbst- wertgefühl oder diffusen Be- findlichkeitsstörungen. Diese Umstände sind zu bedauern, sie bedürfen angemessener Aufmerksamkeit, besonders durch die betreuenden Ärz- tinnen/Ärzte aller erforderli- chen Fachrichtungen.

Ich würde die Betrach- tung jedoch gerne auf die her- anwachsenden Jungen/jun- gen Männer ausdehnen:

1993 haben sich (Statisti- sches Bundesamt, Gesund- heitswesen, Todesursachen in Deutschland) 677 Jungen/

junge Männer und 169 Mädchen/junge Frauen im Alter zwischen 10 und 25 Jah- ren das Leben genommen.

Eine deutlich größere Zahl ernsthafter, aber erfolgloser Selbstmordversuche ist anzu- nehmen. Die vierfach höhere Gefährdung männlicher Ju- gendlicher dürfte sich da- durch nur unwesentlich an die niedrigere der Mädchen angleichen.

Ähnliche Verhältnisse (m : w) finden sich bei den unnatürlichen Todesfällen,

die durch Freizeitaktivität und Berufstätigkeit verur- sacht wurden: So beim tödli- chen Unfall mit dem eigenen Kfz (2 023 : 533), bei Strom- unfällen (31 : 0), bei Todes- fällen durch Feuer (33 : 12) oder durch Sturz (122 : 21).

Aus diesen Zahlen, weitere Beispiele wären fast beliebig zu ergänzen, lassen sich — ne- ben anderen — zwei nur schwer widerlegbare Schluß- folgerungen ziehen:

D Mädchen/junge Frauen teilen ihre Befindlichkeits- störungen offenbar häufiger und bereitwilliger mit.

D Die tatsächlichen So- zialisierungsbedingungen sind für männliche Heran- wachsende und junge Män- ner wesentlich belastender und gefährlicher.

Die Schlußfolgerung, der Frauengesundheitsforschung bei zukünftigen Fördermaß- nahmen Priorität einzuräu- men, ist mithin nicht gerecht- fertigt. Vielmehr sollten sol- che Vorhaben alimentiert werden, die die Lebensum- stände analysieren, die Jun- gen und junge Männer in den Selbstmord treiben und sie lebensgefährliche Berufe er- greifen lassen.

Prof. Dr. med. E Brix, Städti- sches Krankenhaus Kiel, Chemnitzstraße 33, 24116 Kiel

Rote Liste

Zu dem Leserbrief „Rote Liste ver- vollständigen" von Dr. med. Dietrich Tamm in Heft 43/1995:

Handhabbare Minimalvariante

Schon die Dortmunder Studie hatte Mitte der 80er Jahre verdeutlicht, daß die Verschreibungsgewohnheiten niedergelassener Allgemein- mediziner und Internisten eher irrational als rational ge- prägt zu sein scheinen. Auf vielen industrieunabhängigen Fortbildungsveranstaltungen für die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung der Region wurde für mich er- schreckend deutlich, daß kei-

A-3526 (6) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 50, 15. Dezember 1995

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SPEKTRUM LESERBRIEFE

neswegs allen Kolleginnen und Kollegen klar war, wel- che Wirkstoffe sie eigentlich verordnen, wenn sie irgend- ein Arzneimittel verschrei- ben. Besonders kritisch wird das, wenn Patienten aus der Klinik entlassen werden, während der Vertretungs- dienste, in Notfallsituationen oder im Rahmen des „doctors hopping". Da es der geballten Macht der Pharma-Industrie einmal mehr gelungen ist, die Positivlisten, die zarten An- sätze für eine rationale The- rapie, schon im Keim zu un- terdrücken, sollte den Ärzten wenigstens ein anderes Hilfs- mittel in die Hand gegeben werden, um sich bei Bedarf im Präparate-Dschungel zu orientieren.

Das von Tamm vorge- schlagene Arzneimittelver- zeichnis — ein alphabetisches Verzeichnis der Arzneifertig- waren mit Handelsnamen und Inhaltsstoffen ohne wei- tere Informationen — würde

Weiterentwicklung wird vorangetrieben

Als Herausgeber der Rote Liste® möchten wir folgendes feststellen: Die Rote Liste ® 1996 wurde für alle pharma- zeutischen Unternehmen zu gleichen Bedingungen geöff- net. Sie ist damit auch in Zu- kunft ein umfassendes Arz- neimittelverzeichnis und bleibt das wichtigste Arznei- mittel-Informationsmedium der Ärzte. Die Einteilung der Rote Liste ® garantiert, daß der Benutzer das gesuchte Arzneimittel über den Präpa- ratenamen, die chemische Kurzbezeichnung, die Indika- tions- oder Stoffgruppe oder das pharmazeutische Unter- nehmen finden kann. Weitere Präparategruppen (zum Bei- spiel Nebennierenrindenhor- mon) sind über das Stich- wortverzeichnis auffindbar.

Darüber hinaus bieten die elektronischen Versionen der Roten Liste® (PC-Version, CD-ROM) zusätzliche neue Suchfunktionen. Des weite- ren wurde den Fachkreisen mit der Fachlnfo CD-ROM

als handhabbare Minimalva- riante eine geeignete Lösung sein. Die bewährten Arznei- mittelverzeichnisse der DDR könnten dabei wohl als Anre- gung dienen — so neu ist ja die Idee nicht, Ärzte indu- strieunabhängig und umfas- send zu informieren.

Zusätzlich könnte mit In- dizes charakterisiert werden, ob es sich um ein begründet zugelassenes Arzneimittel handelt oder um ein lediglich registriertes oder noch um so- genannte Altlasten, die zwar zugelassen wurden, für die aber nie ein Wirksamkeits- nachweis geführt werden mußte. Das dürfte nicht nur für die ostdeutschen Ärzte in- teressant sein, die die Historie der westdeutschen Arznei- mittelgesetzgebung nicht un- mittelbar miterlebt haben.

Prof. Dr. Frank P. Meyer, In- stitut für Klinische Pharma- kologie, Otto-von-Guericke- Universität, Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg

ein Medium mit der Gesamt- publikation des Fachinforma- tionsbestandes zur Verfügung gestellt, das auch als Daten- bank mit Volltextrecherche genutzt werden kann.

Der Herausgeber wird auch weiterhin eine Weiter- entwicklung der Rote Liste ®

vorantreiben, um dem Infor- mationsbedürfnis der Ärzte nachzukommen.

Dr. med. Konrad Häßner, BPI Service GmbH, Karl- straße 21, 60329 Frankfurt

Politik

Zu dem Beitrag „Die SPD hat ein kla- res Konzept" von Klaus Kirschner (SPD, MdB) in Heft 42/1995:

Keine Ahnung von der Realität

.. Aus Sicht der Freibe- rufler im Gesundheitswesen sind diese Vorstellungen der SPD komplett abzulehnen.

Wer davon ausgeht, daß durch die Mobilisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven der uneingeschränkte An-

Spruch auf alle medizinisch für notwendig erachteten Versorgungsleistungen auf- rechterhalten werden kann, hat keine Ahnung von der Realität im Gesundheitswe- sen.

Wer die Fehlbelegungen im Krankenhaus, einen unan- gemessenen diagnostischen und therapeutischen Auf- wand in der ambulanten Ver- sorgung und das Übermaß an Verordnungen von therapeu- tisch zumindest umstrittenen Arznei- und Heilmitteln be- klagt und gleichzeitig ledig- lich die Leistungsträger in die Wirtschaftlichkeit einbinden möchte, der kann von mir nicht ernst genommen wer- den.

Geld eingespart werden kann nur bei sparsamem Um- gang mit den finanziellen Ressourcen; dies bedeutet:

Stärkung der ambulanten Versorgung und Einbindung aller beteiligten Leistungsträ- ger, Krankenkassen und Ver- sicherten in die Wirtschaft- lichkeit. Außerdem sind end- lich Leistungsbegrenzung und Wahlmöglichkeiten für den mündigen Versicherten zu fordern.

Dr. Werner Baumgärtner, Böhringerstraße 48, 70435 Stuttgart

Konzept vom Chaos

Wenn ich mir den Artikel durchlese, so denke ich mir, die Überschrift wie das Kon- zept sind nicht realistisch bis zu Ende gedacht. Beides be- steht schlagwortartig aus wohlklingenden Worten und ist am grünen Tisch entstan- den. Man sollte den Titel wie folgt vervollständigen: „Die SPD hat ein klares Konzept vom Chaos." Das Konzept sollte man ergänzen mit mehr Realitätsnähe. Dann ließe sich auch über die alte Über- schrift reden.

Ich kann mich Herrn Dr.

Voigt in seinem Leserbrief („Gemeinsam kämpfen", Heft 41/1995) nur an- schließen: „Es ist geradezu abartig, wer alles in unserer Gesellschaft und Politik glaubt, in medizinischen

Sachfragen mitreden zu müs- sen."

Dr. med. Christoph Lieb- recht, Wiedinger Weg 19, 29614 Soltau

Präventionswoche

Zu dem Beitrag „Eine Chance für die gesamte Arzteschaft" von Josef Maus in Heft 41/1995:

Möglichkeit der Eigenwerbung

Die vielen Aktionen der Ärzteschaft in Funk und Pres- se wie auch mit Infoständen in den Städten im Rahmen der ärztlichen Präventionswoche '95 haben gezeigt, daß für un- seren Berufsstand diese Art der Werbung dringend not tut.

War doch die Bevölkerung da- von zu überzeugen, daß sich die Ärzteschaft auch kosten- los und uneigennützig für de- ren Gesundheit einsetzt.

Eine besondere Zusam- menarbeit wurde an einem Informationsstand in der Saarbrücker City vorgeführt.

Zum Thema Impfprophylaxe und Impfschutz stellten sich, zusammen mit Allgemeinme- dizinern und Kinderärzten, auch Tierärzte den Fragen der Passanten. Insbesondere bei den Fragen: Zoono- sen, Krankheitsübertragung durch Haustiere, Prävention bei der Haustierhaltung und spezielle Virusübertragungen waren die Tierärzte kompe- tente Ansprechpartner.

Da Haustierhaltung und allgemeiner Umgang mit Tie- ren im Zusammenhang mit der eigenen Gesundheit häu- fig mit Ängsten und Unwis- senheit in der Bevölkerung behaftet sind, bieten solche Informationsveranstaltungen sowohl für die Ärztekam- mern und die KVen als auch für die Tierärztekammern die gute Möglichkeit der Eigen- werbung und der Darstellung als kompetente Ansprech- partner in der Prävention.

Allen zur Nachahmung empfohlen.

Dr. med. Hans-Friedrich Wil- limzik, In den Siefen 5, 66346 Püttlingen

A-3528 (8) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 50, 15. Dezember 1995

Referenzen

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