BRIEFE AN DIE REDAKTION
BLEISCHÄDEN
Zu dem Artikel von Prof. Dr. med. Wolf- gang Forth: „Giftskandale und kein En- de?", Heft 28/1980, Seite 1749:
Bös gemeint
... Die sogenannten Giftskandale sind gar keine, sondern werden nur von „interessierten Kreisen" als sol- che bezeichnet und in „schöner Re- gelmäßigkeit" durch die Tagespres- se und durch gewisse Untersuchun- gen, die „möglicherweise noch nicht einmal gut gemeint" sind, pro- voziert. Das Freiburger Öko-Institut meint es z. B. möglicherweise schlecht mit seinen Untersuchun- gen bei einer mit Blei belasteten Be- völkerung. Denn vermutlich ist dort die Intelligenz schlechter vertreten, weil kluge Menschen sich dort schon gar nicht ansiedeln und auch etwas intelligentere Lehrer dort kei- ne Stelle annehmen. Was soll also das wissenschaftlich nicht exakt be- gründete Gerede von Bleischäden!
Und solchen an sich unterprivile- gierten, weil dümmeren Menschen, auch noch Angst einzujagen kann ja nur bös gemeint sein. Man sollte al- so in der Tagespresse schweigen, erst die Ausbildung kompetenter To- xikologen betreiben und dann de- ren Forschungsergebnisse abwar- ten .
Dr. med. Brigitte Kramer-Schwär Ärztin für Allgemeinmedizin Am Kreuzsteinacker 10 7800 Freiburg-Littenweiler
Interessen
selber wahrnehmen
Es ist zu begrüßen, wenn sich das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT mit um- weltmedizinischen Fragen beschäf- tigt; und wie notwendig das ist, zeigt auch die von dem Autor W. Forth aufgeführte Serie von Giftskandalen der letzten Jahre.
Daß immer mehr derartige und viele andere Umweltprobleme bekannt werden, zeigt einerseits, wie bedroh-
lich schnell sich die ökologische Kri-
se in dieser Welt zuspitzt, zeigt aber andererseits auch das erfreulich wachsende Interesse an diesen Fra- gen und das zunehmende Umwelt- bewußtsein.
Aber worin besteht nun der „Skan- dal"? Im konkreten Fall der Bleibela- stung im Raum Goslar waren we- sentliche Tatbestände seit Jahren bekannt. Der „Skandal" aber trat ein, als das Freiburger Institut für Ökologie auf diese vergessenen Tat- bestände hinwies, meinetwegen mit einem „publizistischen Donner- schlag", aber jedenfalls so wirksam, daß nun sogar das DEUTSCHE ÄRZ- TEBLATT einen Leitartikel darüber bringt. Dafür sollte man dankbar sein.
Aber der Autor weiß nicht, ob das Freiburger Öko-Institut seine Initiati- ve „gut gemeint" hat — cui bono, möchte ich da fragen. Und weiter möchte ich fragen, für wen oder wo- für soll dieser Artikel gut sein, so wie er im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT steht?
Sicher lassen sich in Jahrzehnten vernachlässigte Umweltprobleme nicht mit einem Handstreich lösen.
Ich gebe Herrn Forth recht, daß noch vielerlei Untersuchungen er- forderlich sein werden und daß Stra- tegien zur Bewältigung der Umwelt- probleme entwickelt werden müs- sen; auch das Freiburger Öko-Insti- tut bemüht sich übrigens darum. Si- cher haben auch im konkreten Fall die Bleihütten und die bei ihnen be- schäftigten Arbeitnehmer ihre nicht unberechtigten Interessen. Aber sie haben auch genügend Möglichkei- ten, diese ihre Interessen selber wahrzunehmen und zu vertreten, das kann doch nicht die Aufgabe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES sein. Sollten wir Ärzte nicht Anwalt und Helfer der Menschen sein, de- ren Gesundheit durch die Bleiemis- sionen der Hütten gefährdet sein könnten? .
Dr. med. Peter Hansen Kinderarzt
Soestenweg 1 4590 Cloppenburg
AMNESTY INTERNATIONAL
Ein Bericht des Arbeitskreises „Ärzte — Psychologen":
Dank
In den vergangenen Monaten setz- ten sich ca. 200 Ärztinnen und Ärzte, die unserem Arbeitskreis angehö- ren, für einen Kollegen ein. Seinen Namen können wir aus bestimmten Gründen zur Zeit nicht öffentlich nennen.
Aus dem Gefängnis erhielten wir von ihm folgenden Brief: „ . . . Mir geht es gut, vor allem seelisch, und ich bitte Sie, das allen deutschen Freun- den mitzuteilen, die ich von Herzen beglückwünsche zu all den konkre- ten Zeichen ihrer Solidarität, die sie mir zukommen lassen. In der Tat sind seit Ende März ungefähr 200 Briefe an den Direktor des Gefäng- nisses angekommen, von denen mindestens 75 Prozent von bedeu- tenden Medizinern und anderen Per- sönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland stammen.
Dieser Prozentsatz zeigt deutlich, wie Sie und alle Ihre Freunde von der deutschen Sektion von amnesty international um mein Schicksal be- sorgt sind.
Ich hoffe, daß ich eines Tages Gele- genheit haben werde, Ihnen allen persönlich und mündlich zu danken . . . Allen Freunden von der deut- schen Sektion schicke ich meine herzlichsten Grüße.
Alle ihre Briefe sind mir gezeigt wor- den. Da ich nicht allen schreiben kann, bitte ich Sie, ihnen meinen Dank auszurichten."
Wir setzen uns auch weiter für ver- folgte Kolleginnen und Kollegen ein.
Nähere Informationen sind zu erhal- ten beim Sprecher des Arbeitskrei- ses
Dr. med.
Dietmar Schmitz-Burchartz Sprecher des Arbeitskreises
„Ärzte — Psychologen"
Idastraße 65 4270 Dorsten 21
2436 Heft 41 vom 9. Oktober 1980