„Kranke Kinder brauchen Bücher"
Die Aktion „Das Fröhliche Krankenzimmer" bemüht sich schon seit gut zehn Jahren um den kleinen Patienten und seine psychischen Probleme im Kran- kenhaus. Neuer Träger der Aktion: der Deutsche Ärztinnenbund
Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
mit einem gängigen politischen Postulat lieferte Dr. Dietrich Nord:
die widersinnige Anbindung der Ausgaben für das Gesundheitswe- sen an die Grundlohnsummenent- wicklung (ausführlich behandelt in dem Buch „Die soziale Steue- rung der Arzneimittelversorgung", Stuttgart 1982). Die Koppelung führe zu einer Kontingentierung, wie sie sonst nur Zentralverwal- tungswirtschaften eigen sei, plura- listischen Gesellschaftssystemen jedoch wesensfremd sei. Die An- bindung wird, nach Nord, auch nicht zu einem Ausgleich von An- gebot und Nachfrage nach Ge- sundheitsleistungen führen. Denn die Prämisse, daß sich zwei unter- schiedliche gesellschaftliche Be- reiche — der ökonomische und der medizinische — gleichförmig ent- wickeln, stimme nicht. Nord: „Die Fesselung des medizinischen Sy- stems an die Entwicklungsge- schwindigkeit einer der zahlrei- chen anderen Sozialsysteme wi- derspricht der gesellschaftlichen Entwicklungs-Logik."
Die Frage, ob sich Nord oder die pharmazeutische Industrie folg- lich für eine Steigerung der Bei- tragssätze aussprächen, führte auf der Presseveranstaltung der MPS zu einer aufschlußreichen Diskus- sion.
Zusammenfassend: der Beitrags- satz ist zwar kein Dogma, doch redet derzeit niemand offen einer Erhöhung das Wort. Wenn sich die Krankenversicherung wieder auf ihre eigentliche Aufgabe, die Absi- cherung des Risikos „Krankheit"
beschränkt, also von fremden oder unnötigen Aufgaben entla- stet wird, ließe sich der Beitrags- satz gewiß halten, vielleicht sogar senken. Finanziellen Bewegungs- spielraum gewönne das Gesund- heitswesen dann zurück, wenn die Gesetzliche Krankenversicherung lediglich die Grundversorgung ge- währleiste (die aber „bombensi- cher"), Zusatzbedürfnisse aber nach individueller Entscheidung befriedigt würden — und zwar in merklich größerem Ausmaß als heute. NJ
D
ie Aktion „Das Fröhliche Kran- kenzimmer" verschickt an alle Kinderkliniken in der Bundesrepu- blik zusammen mit ihrem Jahres- bericht eine Buchempfehlungsli- ste mit rund tausend kurz rezen- sierten Büchern, die für eine Kin- derkrankenhausbibliothek beson- ders geeignet erscheinen. Die Pu- blikation kann auch beim Arbeits- kreis für Jugendliteratur (Postfach 43 03 40, 8000 München 43) ko- stenlos bezogen werden.Mit finanzieller Hilfe der Stiftung Deutsche Jugendmarke e. V.
konnte die Aktion im vergangenen Jahr in der Haunerschen Kinder-
klinik in München insbesondere Literaturvermittlung vor Ort an kranke Kinder erproben. Der Be- griff „Bibliotherapie" sei zwar bei diesem Modellversuch zu hoch gegriffen — die Arbeit von Thera- peuten solle nicht ersetzt werden
—, doch könne die Aktion dazu bei-
tragen, daß eine Therapie gar nicht nötig werde. Die bibliotheka- rische Arbeit in Kinderkliniken hel- fe, die mit Krankheit und Kranken- hausaufenthalt einhergehenden psychischen Belastungen zu be- wältigen.
Zu den Perspektiven der Aktion heißt es im Jahresbericht, daß man nun bemüht sei, den Modellver- such überregional bekannt zu ma- chen und die Träger von Kinderkli- niken und -abteilungen zu motivie- ren, Bibliotheken und auch ent- sprechende Planstellen für fach- kundige Mitarbeiter einzurichten.
Neuer Träger der Aktion ist seit Mitte Februar dieses Jahres der Deutsche Ärztinnenbund; er hat die Nachfolge des Arbeitskreises für Jugendliteratur angetreten, der satzungsgemäß die Aktion nur in ihrer Initialphase betreuen konnte. ck
20 Heft 32 vom 13. August 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B