„Wünschdirwas"-Emblem: Kind mit Herz
hier nicht das größte Problem. „Die negativsten Gesprächspartner sind Stars", gibt Ilse Dorandt zu. Doch da die Herzenswünsche ihre Herzens- angelegenheiten sind, läßt sie nicht locker. Wenn etwas tatsächlich ein- mal unerfüllbar ist wie der Mond- flug, dann bespricht sie mit dem Kind, wie man sich dem Wunsch- objekt anders nähern könnte — zum Beispiel durch einen Besuch im Raumfahrtzentrum. th
AIDS-Betreuung
Stiftungen benötigen mehr öffentliche Hilfe
„Die Weiterführung unserer Ar- beit ist auf mittlere Sicht in keiner Weise gesichert." So lautete das Fa- zit von Dr. Ulrich Heide, Geschäfts- führer der Deutschen AIDS-Stiftung
„Positiv leben", zur Entwicklung der AIDS-Hilfe in den letzten Monaten.
Bei einer Pressekonferenz der „Ar- beitsgemeinschaft deutscher AIDS- Siftungen" in Bonn, der neben der
„Deutschen AIDS-Stiftung" in Köln noch die Bonner „Nationale AIDS- Stiftung" angehört, schilderten Mit- glieder beider Institutionen die wachsenden finanziellen Probleme.
So steige das Spendenaufkommen zwar leicht an, gleichzeitig nähme die Zahl der Unterstützungs-Anträ- ge aber weitaus stärker zu.
In den ersten sechs Monaten 1991 seien 30 Prozent mehr Anträge als im ersten Halbjahr 1990 einge- gangen. Bei dieser Entwicklung
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Wünschdirwas"
Motivationsschub für kranke Kinder
„Wünsch dir was!" — wer hört diese Aufforderung nicht gern. Ganz besonders gern hören sie wohl schwerkranke Kinder und Jugendli- che, die zum Beispiel mit einem Nie- renleiden leben müssen oder eine Chemotherapie durchzustehen ha- ben. Um ihnen ihre Herzenswünsche zu erfüllen, gründete Ilse Dorandt vor rund zwei Jahren den Verein
„Wünschdirwas" (Sterrenhofweg 8a, W-5000 Köln 40). Anlaß war ihr ei- gener schwerer Autounfall, nach dem sie sich mit dem Thema Krank- heit auseinandersetzte. Nun zog sie gemeinsam mit Beteiligten Bilanz.
Aus ihrer Idee ist inzwischen ein bundesweit tätiger Verein mit rund 50 ehrenamtlichen Mitarbeitern ge- worden. Sie besuchen ausgewählte Kliniken und sprechen zunächst mit Ärzten, Schwestern und Psycholo- gen. Dr. Franz Janssen, Therapeut in der Uni-Kinderklinik Münster, über- legt sich dann beispielsweise, wel- chem Kind eine Motivation guttäte, wessen Eltern schlecht etwas organi- sieren können und welches Kind sei- nen Wunsch „erarbeiten" kann. Da- mit ist das genaue Beschreiben des Wunsches, das Planen und Bespre- chen bis zum großen Tag gemeint.
Dr. med. Rolf Mertens, Kinder- Onkologe im Klinikum Aachen, war zunächst skeptisch. Inzwischen denkt auch er, daß die Freude auf und über die Erfüllung eines speziel- len Wunsches ein „Motivations- schub" sein kann. „Kinder leiden er- heblich unter ihrer Therapie", be- richtete er in Köln. „Die Frage ist oft, wie man sie motivieren kann, die Therapie durchzustehen."
Eine Antwort kann dann sein:
einmal im Heißluftballon aufsteigen, einmal Paul McCartney treffen, ein- mal wie eine Prinzessin durch ein Schloß schreiten. „Nichts ist unmög- lich", versichert Ilse Dorandt. Zwar verfügt der Verein nur über begrenz- te Mittel. Doch die Mehrzahl der Wünsche wird den Kindern und Ju- gendlichen geschenkt. Geld ist auch
müßten in Zukunft Anträge für grö- ßere Summen abgewiesen oder könnten nur zum Teil finanziert wer- den, so Heide. Die durchschnittlich von den beiden Stiftungen pro Ein- zelfall vergebene Summe liegt bei 700 DM. In den meisten Fällen be- antragen Beratungs- oder Betreu- ungseinrichtungen Geld für Woh- nungseinrichtung und Miete, die Er- haltung des Lebensstandards oder die Finanzierung eines Erholungsur- laubes für AIDS-Infizierte.
Den Grund für die Antragsflut sehen Vorstand und Geschäftsfüh- rung der Stiftungen vor allem in der steigenden Zahl von Infizierten, de- ren Lebenserwartung sich durch neue medizinische Erkenntnisse ver- längert. Außerdem gehe die Unter- stützung aus öffentlichen Mitteln
„zum Teil deutlich" zurück. Ein Mo- dellprojekt des Bundes von 1987, das je eine Personalstelle für eine Fach-
kraft zur AIDS-Beratung in den Ge- sundheitsämtern finanzierte, lief zum 30. Juni aus. Nur rund ein Drit- tel solcher Stellen werden mit kom- munalen oder Landesmitteln auf- rechterhalten. Auch das nachlassen- de Interesse in der Öffentlichkeit für die Probleme AIDS-Kranker berei- tet der Stiftung Sorgen. So wurden von eingenommenen 1,2 Millionen DM nur 200 000 DM im „klassi- schen" Sinn gespendet. Den Rest er- arbeiteten sich die Stiftungen durch Benefizveranstaltungen wie Kunst- ausstellungen oder -auktionen.
Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, fordert die „Arbeitsge- meinschaft deutscher AIDS-Stiftun- gen" stärkere Unterstützung aus öf- fentlichen Mitteln. „Zehn Millionen DM für die Aufstockung des Grund- kapitals beider Stiftungen wären ei- ne gute Basis für unsere Arbeit", konkretisierte Dr. Heide. Dies sei angesichts der Ausgaben im Gesund- heitssektor nicht zu hoch gegriffen.
Prof. Rudolf Kopf, Vorstand der
„Nationalen AIDS-Stiftung", beton- te, daß Politiker immer die Arbeit der Stiftungen lobten, die tatsächli- che Unterstützung dann aber aus- bliebe:
„Wir tragen schließlich auch
dazu bei, daß die relative Ruhe in der Öffentlichkeit bestehen bleibt, und halten der Politik damit Proble- me vom Hals." WA Dt. Ärztebl. 88, Heft 37, 12. September 1991 (35) A-2991