V A R I A
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A1906 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 26⏐⏐1. Juli 2005
Der Wirkstoff Pegaptanib- Natrium, der als Macugen® (Pfizer) in den USA zur Be- handlung der feuchten, alters- bedingten Makuladegenera- tion (AMD) zugelassen wur- de, ist das erste Ophthalmolo- gikum, das den vaskulären endothelialen Wachstumsfak- tor (VEGF) hemmt und da- mit in das der Erkrankung zu- grunde liegende pathophysio- logische Geschehen eingreift.
VEGF hat bei der Entste- hung aller Formen der feuch- ten AMD eine Signalfunktion und stimuliert die Bildung neuer Blutgefäße und den da- mit einhergehenden Flüssig- keitsaustritt. Studien weisen darauf hin, dass die Substanz wirksam in der Behandlung aller angiographischen Sub- typen der feuchten (exsudati- ven, neovaskulären) altersbe- dingten Makuladegeneration ist. Die Ergebnisse von zwei klinischen Studien, in denen der Wirkstoff über einen Zeitraum von 48 Wochen alle sechs Wochen in den Glas-
körper injiziert wurde, zeig- ten:>Ein Verlust der Sehschärfe
von weniger als 15 Buchstaben auf einer Sehtafel war bei 70 Prozent der ein Jahr lang mit 0,3 mg Pegaptanib-Natrium behandelten Patienten im Ver- gleich zu 55 Prozent der Pati- enten, die in der Kontrollgrup- pe Standardtherapie erhielten (p < 0,001).
>Das Risiko eines schwe- ren Visusverlustes (Verlust von
30 Zeichen und mehr) war in der Gruppe der Patienten mit Pegaptanib-Natrium im Vergleich zur Kontrollgrup- pe signifikant verringert (p <
0,001).
>Bei den mit 0,3 mg Pe- gaptanib-Natrium behandel- ten Patienten konnten mehr Patienten ihren Visus er- halten oder gar verbessern als in der Kontrollgruppe (33 versus 23 Prozent; p = 0,003).
Ein klinischer Nutzen war be-
reits nach sechs Wochen zu erkennen.
Die positiven Auswirkun- gen auf das Sehvermögen wa- ren unabhängig von Läsions- form oder -größe (die klini- schen Studien schlossen Pati- enten mit einer Läsionsgröße von bis zu zwölf Papillen- flächen ein), der initialen Sehschärfe, Alter, Geschlecht, Irisfarbe und einer vorherigen photodynamischen Therapie.
In den klinischen Studien wurde Pegaptanib-Natrium gut vertragen. Die meisten un- erwünschten Ereignisse wa- ren leicht ausgeprägt, vor- übergehend, betrafen die Au- gen und wurden von den Prüf- ärzten eher auf die Injektion als auf das Medikament zu-
rückgeführt. EB
Feuchte Makuladegeneration
Neues Ophthalmologikum hemmt Wachstumsfaktor
Bei der „feuchten“ altersbeding- ten Makuladegeneration (AMD) wachsen Blutgefäße aus der Cho- riocapillarisschicht der Aderhaut entweder durch die Bruchsche Membran unter das retinale Pig-
mentepithel (RPE) oder zwischen neurosensorische Netzhaut und RPE. Die neuronalen Zellelemente einschließlich der Photorezepto- ren werden durch Exsudation (Leckage) von Blutbestandteilen
geschädigt. Diese Undichtigkeit der neu gebildeten Gefäße zeigt sich in der Akkumulation extrazel- lulärer Flüssigkeit sowohl subpig- mentepithelial, subretinal als auch intraretinal (Makulaödem).
Resistente HI-Viren schrän- ken die Behandlungsmöglich- keiten für die Patienten zuneh- mend ein. Dieser Problematik stellt sich die Entwicklung antiretroviraler Medikamente.
Dazu gehört auch der von der Firma Boehringer Ingelheim entwickelte Protease-Inhibi- tor (PI) Tipranavir, der in zwei Studien (RESIST*-1 in USA, RESIST*-2 in Europa) bei mehr als 1 400 therapieer- fahrenen Patienten unter-
sucht wurde. Die Betroffenen waren bereits mit drei Klas- sen antiretroviraler Medika- mente behandelt worden und sprachen zum Zeitpunkt der Studienaufnahme nicht mehr auf ihr PI-basierendes Be- handlungsregime an.
Im Rahmen der Phase-III- Studien wurde Tipranavir (2 × 500 mg) mit niedrig dosiertem Ritonavir (2 × 200 mg) – eben- falls ein Protease-Hemmer – kombiniert, um die Blutspie-
gel von Tipranavir zu erhö- hen („boostern“). Die Ver- gleichsgruppen erhielten an- dere Protease-Hemmer-halti- ge Kombinationen. In der eu- ropäischen Studie sprachen 41 Prozent der mit Tiprana- vir behandelten und nur 14,9 Prozent der Patienten aus der Kontrollgruppe thera- peutisch an.
Der Anteil der Patienten, die in der HIV-1-PCR weni- ger als 400 Kopien/ml hatten, betrug in der Tipranavir- Gruppe 33,6 und in der Kon- trollgruppe 13,1 Prozent. Ein Teil profitierte von der gleich- zeitigen Gabe von Tipranavir mit dem Fusionsinhibitor Fu- zeon. Die Studien belegen, dass Tipranavir in Kombi- nation mit einer durch ei-
nen Resistenztest ermittelten Auswahl an anderen HIV- Medikamenten in der Lage ist, kreuzresistente Viren zu hemmen.
Die Verträglichkeit war in beiden Studien gut. Die häu- figsten Nebenwirkungen be- trafen den Magen-Darm- Trakt und äußerten sich in Durchfall, Übelkeit, Müdig- keit, Kopfschmerzen und Er- brechen. Allerdings waren die Leberenzym- und Triglyzerid- werte unter der Behandlung mit Tipranavir höher als in der Kontrollgruppe. Die Zulas- sung für Europa wird in den nächsten Wochen erwartet.EB
*RESIST = Randomized Evaluation of Strategic Intervention in Multi-Drug Re- sistant Patients with Tipranavir
Protease-Inhibitor Tipranavir
Option für Patienten mit resistenten HI-Viren
Unternehmen
Abbildungen:Pfizer