• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "WDR-Monitor: Manipulation im „Stürmer“-Stil" (01.08.1974)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "WDR-Monitor: Manipulation im „Stürmer“-Stil" (01.08.1974)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung Presse-Echo des Ärztetags

ist, daß Überschriften über Agen- tur- und Korrespondentenberichte

in der Redaktion formuliert wer- den).

O Berichterstatter, die sich inten- siv mit den Problemen, die auf dem Ärztetag behandelt wurden, ver- traut machten, scheinen abwägen- der zu berichten als Newcomers (das gilt natürlich nicht für ein paar Ideologen oder Pseudoideologen, die zwar mit der Materie vertraut sind, es aber besser zu wissen glauben als der Ärztetag).

O Die Anzahl der ohne Einschrän- kung negativen, pauschal verurtei- lenden Berichte und Kommentare hat bedeutend abgenommen ge- genüber dem Vorjahr. Bei einer nä- heren Analyse dieser Artikel läßt sich im übrigen nicht mehr überse- hen, daß hier kaum noch argumen- tiert wird, also keine Auseinan- dersetzung stattfindet, sondern schlichtes „Draufhauen" (was von den betreffenden Kollegen sonst gern dem DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT und anderen als reaktionär verschrieenen Blättern angekreidet wurde).

• Es überwog die abwägende Analyse und der referierende Be- richt, was nicht heißt, daß mit Kritik gespart wurde. Kritisiert wurde vor allem das Verhalten beider Seiten bei dem „Eklat". Vorsichtig gebil- ligt — wenn auch bei dem einen oder anderen mit deutlichen Ab- strichen ins Negative — wurden die Aussagen zur Gesundheits- und Sozialpolitik und zur Psychia- trie. Allgemein ist das Urteil, inner- halb der Ärzteschaft gebe es er- hebliche Auseinandersetzungen;

und dies werde sich noch verstär- ken. Zurückhaltend werden die Er- folgschancen des Blauen Papiers beurteilt. Die Befürchtung, der Staat werde sich stärker einschal- ten, klingt weithin an.

O Alles in allem: Wäre der „Eklat"

nicht gewesen, hätte der Ärztetag diesmal ein qualitativ gutes Presse-

echo gehabt. NJ

DER KOMMENTAR

r

inige Leser haben die Redak- tion gefragt, ob wirklich und wie jene Monitor-Sendung, die das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT in Heft 28/1974, Seite 2163, kriti- siert hatte, manipuliert war. Und wenn ja, ob dies heute so üblich oder eine Ausnahme sei.

Wirklich, die Monitor-Sendung war manipuliert. Wie, wird im folgenden noch einmal be- schrieben und präzisiert. Aus- nahme? Ja. Oder besser gesagt:

unübliche Ausnahme.

Rund hundert Repräsentanten der verschiedensten Medien (das Echo in der Presse ist auf diesen Seiten geschildert) wa- ren beim 77. Deutschen Ärzte- tag in Berlin akkreditiert. Auch wenn man von manchem Be- richt und Kommentar enttäuscht sein mag, wenn man Augenzeu- ge war und die Dinge anders sah — von Manipulation aber läßt sich nur in zwei, drei Fällen sprechen.

Erstes Beispiel:

Da kommt der Veteran der lin- ken „Gesundheitsreformer", J.

Sch. (pseudonym), „Arzt und Publizist", der im Fernsehen immer mal wieder als „Dr.

med." vorgestellt wird, der er nicht ist, diesmal als „Jour- nalist" zum Ärztetag, dem ge- wählten Parlament von 260 De- legierten, die 130 000 deutsche Ärzte vertreten. Mit einem Be- glaubigungsschreiben — das wird vor allem auch die evange- lischen Ärzte interessieren: — des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatts (Herausgeber:

Alt-Bischof Lilje). Erst aber macht er als professioneller Kri- tiker des „westdeutschen" Ärz- testandes mit sechs anderen selbsternannten Funktionären einer außerparlamentarisch-op- positionellen Splittergruppe ei-

WDR-Monitor:

Manipulation im

„Stürmer"-Stil

ne eigene Pressekonferenz (Te- nor seines Auftritts, wie ge- habt: die Ärzte verdienen „viel zuviel"); dann geht er als „Jour- nalist" still in die Pressekonfe- renz des Ärztetags, animiert le- diglich eine (wirklich journalisti- sche) Kollegin zu mehr oder we- niger sachbezogenen Fragen;

dann geht er im Kern einer ran- dalierenden Gruppe mit dem Megaphon in den Sitzungssaal, hilft nach Stimmkräften, die Sachdiskussion des Ärztetages zu stören und zu unterbrechen, der eben ernst und intensiv die Lage der Psychiatrie in der Bun- desrepublik Deutschland erör- tert.

Und was geschieht dann?

Prompt wird er vom ARD-Fern- sehen als Kronzeuge interviewt, er, der gute Arzt und wahre Re- former — die anderen, die Ärz- tetagler, nur Standesdünkler, Fortschrittshemmer, Profitgie- rer.

Vielleicht gibt der Herausgeber des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatts einmal Aufklä- rung darüber, ob das alles im Berichterstattungsauftrag dieser Zeitung lag?

2312 Heft 31 vom 1. August 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Zweites Beispiel:

Die Referenten des Deutschen Ärztetags zum Thema „Gesund- heits- und sozialpolitische Vor- stellungen der deutschen Ärzte- schaft", Dr. Weinhold und Dr.

Vilmar, eilen wunschgemäß von der Berliner Kongreßhalle zum Funkhaus des „Senders Freies Berlin", weil der SFB, Abteilung Hörfunk („leider, leider"), kei- nen Übertragungswagen schik- ken kann. In einem Studio wer- den sie über das Reformpro- gramm der deutschen Ärzte- schaft interviewt, „live" für ein vielgehörtes Mittagsmagazin.

Aber „zum guten Schluß" über- gibt der Interviewer plötzlich an

ein anderes Studio desselben Hauses, in dem nun zwei Ange- hörige der Berliner APO ohne jede Meinungsdiskussion über die eben gehörten Ausführun- gen Weinholds und Vilmars un- gehemmt und unwidersprochen herziehen können. Den zuvor in- terviewten Referenten des Ärz- tetags war weder gesagt wor- den, daß sie nur Teil eines in ei- nem vorprogrammierten zweitei- ligen Sendestück sein sollten, in dem die Kommentierung den APO-Sprechern vorbehalten war, noch hatten sie von einer Überspielung ihres Interviews in einen anderen Studioraum ge- wußt, geschweige denn einer solchen zugestimmt. Oder, eine andere Möglichkeit: Die APO hatte die eben „öffentlich über den Sender gegangenen" Aus- führungen der zuerst Interview- ten im Nachbarstudio mit einem privaten, selbst mitgebrachten Transistorradio abhören dürfen.

Eine gesinnungs-politische Kum- panei zwischen einem Reporter und der APO? Auch dies nur eine übliche Manipulation?

Vielleicht gibt der Intendant des SFB einmal Auskunft darüber,

ob der in seinem Haus gedulde- te Agitationsjournalismus einer linken Minderheit selbst die sim- pelsten Spielregeln des Jour- nalismus mißachten darf?

Drittes Beispiel:

Die Monitor-Sendung, gefertigt vom WDR-Fernsehen und aus- gestrahlt am 1. Juli 1974 über alle ARD-Sender, zeichnete in einem „Bericht" über den 77.

Deutschen Ärztetag zuerst schwelgerisch eine bunte Szene des Ärztetags auf, die Übergabe eines Blumenstraußes an einen Arzt, der just an diesem Tag 50 wurde; Tendenz: als hätten die

„Ärztefunktionäre" beim Ärzte-

tag nichts anderes getan, als sich gegenseitig Blumen zu überreichen. Wie anders, wie

„sachbezogen" dagegen die Abgesandten eines außerpar- lamentarischen „Kuratoriums"

von elf Leuten! Wer sie nicht im lauten Pulk, den Ärztetag

„sprengend", sah, hätte sie in der Monitor-Sendung nicht wie- dererkannt. Monitor hat sie ein- zeln, ganz im seriösen Berufs- milieu, vor der Kamera aufge- baut und diskutable Sequenzen aufsagen bzw. ablesen lassen.

Und dann hat Monitor den Prä- sidenten des Deutschen Ärzte- tags, der Gesamtrepräsentanz der Ärzteschaft, zugunsten der Propagierung einer elfköpfigen APO auf eine Weise desavouiert, die die ganze demokratisch ver- faßte Ärzteschaft der Bundesre- publik unglaubwürdig zu machen versuchte.

Professor Sewering hat gegen- über Monitor auf Befragen das Auftreten der APO disqualifiziert:

Die APO hatte bei ihrer Presse- konferenz die alte Leier ange- schlagen, vor allem gegen die Kammern und gegen deren

„Funktionäre", die angeblich nur

für den Ärztestand und nicht für die Patienten handelten, und überhaupt gegen die Ärzte ge- stänkert, die einfach „viel zu viel" verdienten.

(Siehe auch Beispiel eins. Über die sonstigen lautstarken und handgreiflichen, jedenfalls argu- mentationslosen „Aktivitäten"

der APO in der Berliner Kon- greßhalle mußten Sie ja, wahr- scheinlich schon bis zum Über- druß, in den Heften 27 und 28, Seiten 2087 und 2153 ff. Detail- liertes lesen.) Und diese völlig korrekte, in Bild und Ton aufge- zeichnete Disqualifizierung von Leuten, die sich bis dahin als Störer und Krakeeler hervorge- tan hatten, wurde von Monitor nun direkt hinter die einzeln ge- stellten „Statements" von APO- Exponenten zu Sachthemen ge- klebt — so, als „antworte" der Repräsentant der verfaßten Ärz- teschaft auf deren gestellte sta- tistische Ausführungen, die er aber in Wirklichkeit weder zu hören noch zu sehen bekom- men hatte! Eine Manipulation, eine Fälschung, wie sie nur mit dem schneid- und klebbaren Tonband und Filmstreifen mög- lich ist — und natürlich nur bei entsprechender Gesinnung Dies, jedenfalls, ist eine unübli- che Manipulation. Manipulation im „Stürmer"-Stil. Mit den tech- nischen Möglichkeiten von heu- te. Aber der „Stürmer" war selbst im Unrechtsstaat klar er- kennbar als das, was er war: ex- tremistisches Hetzorgan. Und nicht getarnt als objektiver In- formant und abwägender Kom- mentator, als Anstalt des Öffent- lichen Rechts.

Vielleicht läßt Herr von Bis- marck, der Intendant des West- deutschen Rundfunks, sich dazu bewegen, sich von Julius Strei- cher zu distanzieren? ER

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 31 vom 1. August 1974 2313

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

[r]

Für Leserbriefe, die den medizinisch-wissenschaftli- chen Teil betreffen, gilt zusätzlich: Zuschriften zu Bei- trägen in diesem Teil — Editorials, Kongreßberichte und

Die gesamte Gen-Kartierung er- scheine zwar überaus kostspielig, aber 200 Millionen Dollar pro Jahr über 15 Jahre seien nun so abschrek- kend viel auch wieder nicht, so daß

Die DKG hat nach eigenen Angaben gemeinsam mit anderen Or- ganisationen, unter anderem auch der Bundesärztekam- mer, scharfe Kritik an dem Richtlinien-Entwurf geübt und sich

Der interviewte Arzt be- müht sich, auch die psychi- schen und ökologischen Ein- flüsse auf das Krankheitsbild bei der Behandlung einzube- ziehen.. Großer Wert wird auf

Nährboden für eine chronifi- zierte psychische Störung bei den Personen, die sich zwar mit ihren dramatischen Erin- nerungen zwangsläufig aus- einandersetzen, diese aber nicht

Wenn der Hartmannbund die Kostendämpfung bekämpft mit Anzeigen, mit Coupons, auf de- nen Ärzte eintragen sollen, wie viele Mitarbeiter entlassen wer- den, wenn Kostendämpfung

Paul Hoffacker und der Ministerial- direktor im Bundesarbeitsmini- sterium Karl Jung durch simple Rundfunk-Behauptungen, die Fortbildung der niedergelasse- nen Ärzte sei