Bundesrepublik Deutschland:
In den letzten Jahren hat es kei- ne Programme zur Förderung der Grundlagenforschung des Alkoholis- mus gegeben. Bis 1984 wurden von der Deutschen Forschungsgemein- schaft einige Projekte des Max- Planck-Instituts für Psychiatrie in München gefördert. Diese Studien sollten den Einfluß akuten und chro- nischen Alkoholkonsums auf die Biosynthese endogener Opioide un- tersuchen und die Frage klären, ob die euphorigene Wirkung des Alko- hols über diese endogenen Opioide erfolgt. Das Institut hat seit 1984 kei- ne derartigen Studien mehr durchge- führt. Seit 1986 werden Untersu- chungen zur Pathogenese des Alko- holismus am Institut für Neuropsy- chopharmakologie an der Freien Universität Berlin unterstützt (ca.
80 000 DM). Das Bundesgesund- heitsamt teilte im September 1988 erneut mit, daß es keine Arbeiten über Alkoholismus fördern könne.
Von der „Stiftung Volkswagen- werk" erhielt in den Jahren 1978 bis
1981 das Humangenetische Institut der Universität Hamburg für alko- holbezogene Studien insgesamt 543 000 DM. Sie betrafen genetische Unterschiede in den alkoholabbau-
enden Enzymen zum Nachweis indi- viduell unterschiedlicher Alkoholto- leranz. 1982 wurden die Zuwendun- gen eingestellt, später wurden noch zweimal Zuschüsse für zwei biomedi- zinische Symposien zum Alkoholis- mus 1981 und 1985 mit insgesamt 110 440 DM bewilligt.
1986 und 1987 hat die „Robert- Bosch-Stiftung" in ihrem eigenen Krankenhaus acht Einzelprojekte zur Alkoholismusforschung mit Ge- samtaufwendungen von etwa 100 000 DM finanziert. Diese Untersuchun- gen hatten alkoholinduzierte Leber- und Pankreasschäden zum Thema.
Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren förderte therapie- begleitende und epidemiologische Studien im Zeitraum von 1984 bis 1989 mit einer Gesamtfördersumme von 10 705 000 DM. Diese Summe wurde aus öffentlichen Mitteln auf- gebracht oder von Verbänden fi- nanziert.
Schlußfolgerung
Die Gegenüberstellung der volkswirtschaftlichen Kosten und der Aufwendungen für Forschung bele- gen sehr deutlich die großen Unter- schiede in einzelnen Industriestaa-
ten. Sie zeigen auch, daß in der Bun- desrepublik dieser für die Bevölke- rung so überaus wichtige For- schungszweig vernachlässigt wird.
Alkoholismus als Volkskrankheit wird nur von Herz-Kreislauf- und Krebs-Erkrankungen übertroffen.
Die mit Alkoholismus in Verbindung zu bringenden Kosten betragen etwa 12 Prozent der für Gesundheit auf- zuwendenden Mittel (Alcohol and Health, 1978). In der Bundesrepu- blik ist genügend wissenschaftliches Know-how vorhanden, um alle aktu- ellen Themen, die einen Fortschritt in der Erkenntnis von Ursachen der Suchterkrankungen erwarten lassen, und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Therapie er- arbeiten zu können. Diese Möglich- keiten zu aktivieren kann aber nicht Aufgabe der Wissenschaft sein.
Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Son- derdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med.
Hans Rommelspacher Institut für
Neuropsychopharmakologie Freie Universität Berlin
Ulmenallee 30 • 1000 Berlin 19
HIV-Antikörper
in verschiedenen Gruppen
Die meisten Studien über die Verbreitung der HIV-Infektion kon- zentrierten sich bisher auf Homose- xuelle und intravenös Drogenabhän- gige. Zur Feststellung des Ausmaßes der Infektionsverbreitung in ver- schiedenen Gruppen einschließlich der Heterosexuellen wurden 34 222 freiwillige Personen in England zwi- schen Oktober 1986 und Dezember 1987 auf HIV-Antikörper untersucht.
Eingeschlossen waren Personen aus Gruppen mit hohem Risiko für eine HIV-Infektion, Heterosexuelle mit Partnern in Gruppen mit hohem Risi- ko und Heterosexuelle mit verschie- denen Partnern oder mit keinem iden- tifizierbarem Risikofaktor.
Die Prävalenz war unter homo- sexuellen oder bisexuellen Männern
in London mit 15,1 Prozent (213/1412) am höchsten; außerhalb von London waren es 4,0 Prozent (146/3607). Die jährliche Inzidenz der Infektion bei 632 homosexuellen oder bisexuellen Männern ohne HIV-Antikörper betrug bei Wieder- holung des Tests während des Stu- dienverlaufs drei Prozent.
Bei den intravenös Drogenab- hängigen betrug die Prävalenz für HIV-Antikörper 5,7 Prozent (36/633) in London, außerhalb von London 1,5 Prozent (39/2562). Von 3272 getesteten heterosexuellen Per- sonen, deren Partner einer Risiko- gruppe angehörten, waren acht von 515 (1,6 Prozent) in London und sechs von 2757 (0,2 Prozent) außer- halb von London Antikörper-positiv.
FÜR SIE REFERIERT
Von 20 455 Heterosexuellen mit ver- schiedenen Partnern in der Vergan- genheit oder ohne erklärtes Risiko, wurden nur sechs Personen mit HIV-Antikörpern identifiziert, von denen sich zwei außerhalb des Lan- des infiziert hatten. So kommt die Arbeitsgruppe des Public Health La- boratory Service zu der Schlußfolge- rung, daß die Verbreitung einer HIV-Infektion bei Heterosexuellen in England noch weitestgehend die Personen mit Partnern mit identifi- zierbarem Risiko betrifft. Lng
Public Health Laboratory Service Working Group: Prevalence of HIV antibody in high and low risk groups in England. Brit- ish Medical Journal 298 (1989) 422-423.
Dr. E. Miller, Communicable Disease Sur- veillance Centre, London NW9 5EQ, Großbritannien.
Dt. Ärztebl. 86, Heft 43, 26. Oktober 1989 (63) A-3191