A-1608 (12) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 24, 18. Juni 1999
S P E K T R U M LESERBRIEFE
die Behinderten in unserer Gesellschaft, die man offen- sichtlich nicht mehr haben will, deren Auf-die-Welt- Kommen man verhindert.
Wann kehren die Ärzte um und achten wieder lebens- erhaltende Gebote selbst dann, wenn der Staat sie ih- nen nicht mehr mit entspre- chenden Gesetzen vorgibt?
Dr. med. Gerhard Gutscher, Anheggerstraße 4a, 88131 Lindau
Verheerende Folgen
Die von Ihnen geschilder- ten Einwände und Bedenken gegen die Spätabtreibung kann ich nur unterstützen. Ich möchte auf einen wichtigen zusätzlichen Gesichtspunkt hinweisen:
Bei der familiensystemi- schen Therapie wird deutlich, daß die Spätabtreibung im Unterschied zur Frühabtrei- bung die Qualität von Mord hat. Dadurch wird das Famili- ensystem belastet, der syste- mische Ausgleich bewirkt, daß in der nächsten oder übernächsten Generation ein Familienmitglied zum Aus- gleich für diese Schuld stell- vertretend sühnt mit lebens- bedrohlicher Erkrankung, Scheitern in Ehe oder Beruf, Psychose oder Suizid. Der Preis für diese Spätabtrei- bung ist also höher, als man zunächst denken möchte, und oft sind es andere, die ihn zah- len müssen: Kinder oder En- kel.
Dieser Zusammenhang sollte von Ärzten und Juri- sten berücksichtigt werden, das könnte es den Eltern er- leichtern, sich auch dem schweren Schicksal eines be- hinderten Kindes zu stellen.
Mensch sein wird hier auf un- zulässige Weise verkürzt, das hat verheerende Folgen nicht nur für die „Geopferten“, sondern noch mehr für die Lebenden. Diese Verkürzung der Sichtweise ist Teil unserer allgegenwärtigen geistig-see- lischen Verwirrung.
Dr. med. E. Robert Langlotz, Adlzreiterstraße 25, 80337 München
Hausärzte
Zu dem Beitrag „Ambulante Versor- gung: Internisten sehen sich als die ei- gentlichen ,Lotsen‘“ von Eva Hofmann in Heft 13/1999:
Weiterbildung ändern
. . . Das hausärztliche Be- mühen erstreckt sich auf fast alle Bereiche der Medizin und die langfristige Betreu- ung aller Mitglieder einer Fa- milie und womöglich auch der Verwandtschaft. Das be- deutet, rechtzeitige Diagno- stik, langfristige Nachbe- treuung und meint darüber hinaus eine Vertrauensstel- lung.
Der Hausarzt ist eben kein Dienstleister, dem Do- mestiken ähnlich.
Wer als Facharzt für Inne- re Medizin dem Facharzt für Allgemeinmedizin gleichge- stellt werden möchte, muß auch das gleiche leisten und nicht nur 80 Prozent, in dem Fall muß der allgemeinmedi- zinische Teil zur internisti- schen Weiterbildung hinzuer- worben werden. Nur unter diesen Voraussetzungen kann auch die gleiche Position beansprucht werden. Vom niedergelassenen Internisten wären sonst Spezialkenntnis- se zu fordern und cbm-mäßig der Nachweis, was er konsul- tarisch leistet und was als niedergelassener Internist in hausärztlicher Eigenschaft.
Zum Thema „unnötige“ Ein- weisungen und nachfolgende Abstrafung des Einweisers durch ambulante Weiterbe- handlung des Patienten am Krankenhaus ist zu vermu- ten, daß diese Idee von kei- ner Kenntnis zeugt, aus wel- chem Grunde stationäre Ein- weisungen auch erforderlich werden können. Das beginnt mit diagnostischer Abklä- rung und hört bei der Verlaufsbeobachtung nicht auf, es ist eine alte Sache:
Im Krankenhausbett liegt
„man“ anders und – manch- mal – lebt man danach an- ders.
Dr. med. Klaus Muschert, An der Viehtrift 27, 16321 Ber- nau