i 69. Jahrgang • Heft 32 • 20. November 1993
gemein^edizin^
32/931
St
1^-
Interview:
Gentherapie - mehr als nur Zukunftsmusik!
Krebs - die Rolle der genetischen Veränderungen Genetische Beratung bei Angehörigen von Patienten mit Demenz Der Großvater war psychotisch: Risiko für
die Enkelkinder?
Zur Genetik ange
borener Erkrankungen des Herzens
Ultraschallphänomene:
Geschweifte Klammer Medizinische Raritäten:
15jährige mit »Tumor«
im Bereich der linken Orbita
HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART
Gelomyrtol forte wirkt
bei Bronchitis und Sinusitis
Die Wirkung von Gelomyrtol® forte durch in den Atemwe
gen putzende ätherische Geister zu symbolisieren wurde durch das Ergebnis von NEURATH angeregt, der die Bio
verfügbarkeit der ätherischen Komponente nicht nur im Blutplasma, sondern auch im Exhalat ermittelt.
ULMER und SCHOTT finden bei chronisch-obstruktiver Bronchitis eine Besserung der Parameter Husten und Aus
wurf.
DOROW et al. weisen lungenszintigraphisch die Steige
rung der mukoziliären Clearance nach.
WILDE stellt in drei Studien eine etwa auf die Hälfte ver
kürzte Krankheitsdauer bei Bronchitis, eine Verbesserung der Lungenparameter, eine lokal antibakterielle und sekretnormalisierende Wirkung fest.
DOBROWOLSKI berichtet in drei Veröffentlichungen über eine bessere Wirkung gegenüber zwei anderen Medi- kamententypen, einen hohen therapeutischen Erfolg bei guter Verträglichkeit in der Langzeitbehandlung chroni
scher Formen sowie eine parallel zu den verbesserten Meßwerten erreichte Hustendämpfung und Atmungser
leichterung.
GSTALTNER beschreibt als Ergebnis seiner Untersuchun
gen das breite Wirkungsspektrum mit antibakteriellen, fungiziden, abschwellenden, sekretolytischen und bron- chodilatatorischen Eigenschaften.
Literatur: DOBROWOLSKI, L. A., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 208- 211, Der informierte Arzt, 2 (1974) 153-167, Der deutsche Apotheker, 29 (1977) 438-440, DOROW, P. et al., Arzneim.-Forsch./Drug Res. 37 (II), 12 (1987), 1378-1381, GSTALTNER, H., Ärztliche Praxis, XX (1968) 3829- 3830, KREUTLE, O., Therapiewoche 30 (1980) 2109-2111, LASZIG, R., HESSE, G., LÜTGEBRUNE, T., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 65, 1/2 (1989), 19-21, NEURATH, G. B., Gutachten, Hamburg, 22.06.1979, SIMM, K.-J., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 64, 30 (1988), 959-964, STRAEH- LER-POHL, H. J. und BURMEISTER, G., Zeitschrift für Allgemeinmedi
zin, 54 (1978) 611-615, STUSSAK, G. und SCHUMANN, K., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 63, 29 (1987), 869-871, ULMER, W. T. und SCHOTT, D., Fortschritte der Medizin, 109 (1991) 547-550, WILDE, W., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 865-867, Ärztliche Praxis, XXV (1973) 3101-3103, Gutachten Königsfeld, 11/1978
Gelomyrtol forte. Zus.: 1 Kapsel enthält 300 mg Myrtol standardisiert auf mindestens 75 mg Limonen, 75 mg Cineol und 20 mg a-Pinen. Anw.-Geb.: Bei akuter und chronischer Bronchitis und Entzündungen der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Gegenanz.: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Myrtol standardisiert. Obwohl keine Hinweise auf eine fruchtschädigende Wirkung von Gelomyrtol forte vorliegen, sollte aufgrund allgemeiner Sicherheitserwägungen das Arzneimittel insbesondere in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes eingenommen werden. Nebenw.: In Einzelfällen können Unverträglichkeitser
scheinungen im Magen-Darm-Bereich hervorgerufen und vorhandene Nieren- und Gallensteine in Bewegung gesetzt werden. Wechselw.: Keine bekannt. Dos./Anw.:
Bei akuten entzündlichen Krankheitsbildern 3 bis 4 x täglich 1 Kapsel 1/2 Stunde vor dem Essen mit einem kalten Getränk, die letzte Dosis vor dem Schlafengehen zur Erleichterung der Nachtruhe einnehmen. Zur Weiter- bzw. Dauerbehandlung neh
me man 2 x 1 Kapsel täglich ein. Für Kinder empfehlen wir die Anwendung von Gelomyrtol' . Ältere Kinder können auch die _ „
Hälfte der Erwachsenen-Dosis von Gelomyrtol' forte einnehmen Handelst.: NI 20 Kapseln DM 8,75; N2 50 Kapseln DM r OHL IjOSKAMP
19,88; N3 100 Kapseln DM 35,35; Klinikpackungen. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (1.93/2972).
LASZIG et al. objektivieren die schnellere Besserung der Röntgenbefunde nach Behandlung mit Gelomyrtol® forte bei akuten Sinusitiden sowohl gegen Plazebo, als auch gegen Ambroxol.
SIMM faßt seine positiven Ergebnisse eines Jahres in bezug auf Schmerz, eitrigen Schnupfen, Kopfschmerz und Auswurf zusammen und weist auf die genutzte Unterstüt
zung der Regeneration nach operativen Eingriffen in den Nebenhöhlen hin.
STUSSAK und SCHUMANN zeigen systematisch, daß unter Gelomyrtol® forte 10 Tage nach entsprechenden Operationen in 90 % der Fälle eine Besserung zu verzeich
nen war, bei der Plazebogruppe trotz Operation in nur 30%.
KREUTLE registriert in 18 Monaten bei 546 Patienten eine Ausheilquote bei akuten Sinusitiden von 97,48 %, bei subchronischen von 99,1 % und bei chronischen von 70%.
STRAEHLER-POHL und BURMEISTER vergleichen die Behandlung von Gelomyrtol® forte mit Therapiekonzepten unter Anwendung eines Antibiotikums und beschreiben die Wirkung als so positiv, daß auf die Antibiotikagabe oft verzichtet werden kann.
Gelomyrtol® forte Videoservice
"Die Therapie der chronischen Sinusitis."
Video und Literatur bitte anfordern unter:
04826/591
Praktischer Arzt = Facharzt für Allgemeinmedizin?
Ab Januar 1994 können Kolleginnen und Kollegen nur noch dann als Ver
tragsärzte tätig werden, wenn sie eine abgeschlossene Weiterbildung auf
weisen und somit Fachärzte sind. Dann beginnt auch eine Übergangsrege
lung, die praktischen Ärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung mit min
destens sechs Jahren Erfahrung in einer allgemeinmedizinischen Praxis anbietet, zu Fachärzten für Allgemeinmedizin zu werden. Eine starke allge
meinmedizinische Facharztgruppe würde nicht nur die Eigenständigkeit unserer Disziplin besser zur Geltung bringen, sondern auch die Durchset
zung berufspolitischer Ziele erleichtern.
Die Frage, ob die Gebietsbezeichnung nur nach erfolgreichem Bestehen der Facharztprüfung oder auch ohne dieses Fachgespräch erworben werden kann, ist zwar noch nicht endgültig entschieden. Die Mehrheit der Ärzte
kammern wird aber wohl für die Prüfung als obligate Voraussetzung zum Erwerb des Facharzttitels votieren. Trotzdem wissen weder die Kammern noch die potentiellen Prüflinge so genau, was da auf sie zukommt. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) hat vor kurzem Grundsätze und Empfehlungen zu Organisation und Verlauf des Gespräches ausgearbeitet, die den Kammern und Prüfern Hilfestellung geben und bei Facharztaspiranten - immerhin Kolleginnen und Kollegen mit jahrelanger praktischer Erfahrung - die Bedenken ausräumen soll, sie würden in der Prüfung möglicherweise unfair behandelt. Hier die Kernpunkte des DEGAM-Papiers:
• Die Prüfung sollte eine Dauer von 45 Minuten nicht überschreiten und kann im Bedarfsfall mehrere Kandidaten einbeziehen;
• das Gespräch sollte fallbezogen geführt werden, möglichst mit einem Fall, den der zu Prüfende aus der eigenen Praxis einbringt;
• bei dieser Falldiskussion sollten mindestens zwei der folgenden Themen
bereiche berührt werden: allgemeinmedizinische Grundbegriffe (wie z. B.
abwartendes Offenhalten der Diagnose oder abwendbar gefährlicher Ver
lauf); problemorientierter Umgang mit dem unausgelesenen Krankengut;
Notfallversorgung in der Allgemeinmedizin; Versorgung chronisch Kran
ker in der Praxis; Multimorbidität; Prävention und Gesundheitsvorsorge in allen Formen; Umgang mit geriatrischen Problemen, psychosomatische Grundversorgung; rationale Arzneimittelversorgung;
• die Prüfung gilt dann als bestanden, wenn schulmedizinisch allgemein akzeptiertes Wissen und entsprechende Erfahrung als Grundlage der Behandlung gezeigt und vom Kandidaten in einer für die Allgemeinmedi
zin typischen Weise angewandt werden.
Diese offenen, fairen und nachvollziehbaren Grundsätze sollten möglichst viele Kolleginnen und Kollegen ermuntern, die Übergangsregelung wahrzu
nehmen und sich zur Facharztprüfung anzumelden. Ich wünsche allen, die sich dazu entschließen, viel Erfolg.
Ihr
Prof. Dr. med.
Michael M. Kochen, MPH Abteilung Allgemeinmedizin Georg-August-Universität Rohert-Koch-Str. 42 37075 Göttingen
-4-
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Vertigo-Vomex N retard Kapseln - und Oma schwindelt nicht.
Vertigo-VomGX N rotard _ _ _ _ _ befreit schnell von den Symptomen - - wirkt zentral und unabhängig von der Genese des Schwindels _ ist patientenfreundlich dosierbar
und gut verträglich.
Brocades Pharma GmbH, Hertzstr. 2-4,6900 Heidelberg. Vertigo-Vomex N retard Kapseln.
Zusammensetzung; 1 Retard-Kapsel enthält: 120 mg Oimenhydrinat, 30 mg Pyridoxinhydrochlorid. Anwendungsgebiete: Zur Behandlung bei Schwindel als Symptom folgender Erkrankungen: Zerebralsklerose, vestibuläre Erkrankungen und Vasoneurosen. Geqenanzeigen: Nicht anwenden bei Verdacht auf raumbeengende intrakranielle Prozesse (Erschwe- rung der Diagnose),akuten Vergiftungen, Epilepsie und Eklampsie.Vertigo-Vomex N retard Kapseln sollten nicht bei Kindern unter 10 Jahren angewendet werden. Nebenwirkungen:
Gelegentlich zu Beginn der Behandlung auftretende Müdigkeitserscheinungen lassen sich durch Herabsetzung der Dosis beseitigen,falls dies erwünscht ist, bzw. verschwinden nach längerer Behandlungsdauer. Dosierung und Art der Anwendung: Morgens eine und gegebenenfalls am späten Nachmittag eine weitere Kapsel. Innerhalb von 24 Stunden können - möglichst im 8-Stunden-Abstand-bis zu 3 Kapseln eingenommen werden.Wirkungsweise: Dimenhydrinat ist ein Antihistaminikum (Hi-Blocker), welches durch Angriff an Labyrinth und Gleichgewichtsregulationszentrum antivertiginös wirkt. Ferner dämpft es selektiv das Brechzentrum. Kreislauf und Atemregulation werden nicht beeinflußt. Vitamin Bß unter
streicht die Wirkung von Dimenhydrinat synergistisch. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Bei gleichzeitigem AlkoholgenuB ist eine gegenseitige Wirkungsverstärkung möglich.
Da die ototoxische Wirkung von Aminoglykosid-Antibiotika maskiert werden kann,sollten Vertigo-Vomex N und Aminoglykosid-Antibiotikanichtzusammen gegeben werden. Hinweis:
Vertigo-Vomex N kann auch bei bestimmungs
gemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, daß die Fähigkeit zur akti
ven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.
Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammen
wirken mit Alkohol. Darreichungsform und
Vertigo-iBy retard
und man steht auf festen Beinen.
Preise: A.V. P. einschl. ges. MwSt. 20 Retard- Kapseln (NI) DM 21,90; 50 Retard-Kapseln (N2) DM 46,01;
100 Retard- Kapseln DM
77,59 Stand ßrocadesPhama
1 1 1993 Yamanouchi Gruppe
iMittLT INHALT *** INHALT Xt**
Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 69. Jahrgang, Heft 32
Schwerpunkt
Krebs als genetisch mitbedingte Erkrankung
F.-A. Laccone
919 Neurodegenerative Krankheitsbilder
mit Demenz 925
F. R. Kreuz
Psychotische Krankheitsbilder F. R. Kreuz
930 Zur Genetik angeborener Herz
erkrankungen 935
U.-C. Franke
Service Box 940
Therapiestudie
Behandlung des »Funktionellen
Oberbauch- oder Beizmagen-Syndroms«
H. C. Dellinger
949
Serie
Ultraschallphänomene (25)
Geschweifte Klammer 948
H. D. Bundschu
Interview
Gentherapie - Medizin der Zukunft?
Ein Interview mit M. Strauss
957
Magazin 941
Pharma-News 943
Kongreß Extra 955
Kongreßberichte 945
Leserbrief -16-
Buchbesprechung 924
Medizinische Raritäten -23-
Online -7-
Impressum -7-
-5-
PROSTAMED
Prostatasyndrom mit Harnver
haltung, Miktionsbeschwerden und Restharn, Reizblase,
auch bei Frauen
Zusammensetzung; 1 Tablette Prostamed enthält: Kürbisglobulin 0,1 g, Kürbismehl 0,2 g, Kakao 0,05 g, Extr. fl. Herb. Solidag. 0,04 g, Extr. fl. Fol. Popul. trem. 0,06 g. Sacch. lact.
ad. 0,5 g.
Anwendungsgebiete: Prostata-Adenom Stadium I und beginnendes Stadium II mit Miktionsbeschwerden, Reizblase.
Dosierung: 3x täglich 2-4 Tabletten ein
nehmen.
Handelsformen und Preise;
Prostamed-Tabletten. 60 St. DM 8,89;
120 St. DM 15,35; 360 St. DM 36,67
Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung, 77736 Zell-Harmersbach/Schwarzwald
-
6
- InhaltJeder dritte Mensch erkrankt irgendwann an Krebs; maligne Tumoren sind bei uns die zweit
häufigste Todesursache. Bei der Frage nach der Entstehung ist in den letzten Jahren die genetische Komponente in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.
Krebs als genetisch mitbedingte Erkrankung
Seite 919
Demenz und Alter müssen nicht zusammen
gehören - aber leider ist das häufig der Fall. 10% der Menschen über 65 leiden an einer Demenz, bei denjenigen über 75 sind es schon doppelt so viele. Wie groß ist in so einem Fall das Risiko für die Angehörigen, auch zu erkranken?
Neurodegenerative Krankheitsbilder mit Demenz
Seite 925
Bei der Betreuung von Patienten mit angebore
nen Herzerkrankungen ist eine sorgfältige Fami
lienanamnese notwendig. Ein evtl, vorhandenes Wiederholungsrisiko für Kinder eines Betroffe
nen kann so richtig eingeschätzt werden, Risiko
patienten werden frühzeitig erkannt.
Zur Genetik angeborener Herzerkrankungen Seite 935
Abbildungen:
Titelbild: © Hoechst AG. Seite -6- oben: aus Hewitt, P. E.:
ZFA Taschenatlas Hämatologie. Hippokrates Verlag Stutt
gart 1986; Mitte: G. Richter; unten: U. Lärz.
Hepatitis und HiV-lnfektionen in Kaftanstaiten
Bei Strafgefangenen kommen einige In
fektionskrankheiten gehäuft vor, die durch Nahrungsmittel, Geschlechtsver
kehr und »needle-sharing« Drogenab
hängiger übertragen werden. In einer mittelgroßen Haftanstalt, der JVA Wol
fenbüttel, wurden die Inzidenzen der HlV-Infektion und der verschiedenen He
patitisformen untersucht. Die Haftanstalt ist im Mittel mit 316 Gefangenen belegt, von denen ein Drittel Ahschiebehäftlinge und zwei Drittel Strafgefangene sind.
67% der Strafgefangenen zeigen eine Suchtproblematik (in etwa 54% Abhän
gigkeit von Alkohol, in 40% von Heroin und in 6% von anderen Drogen). 539 Gefangene, zu 96% drogenabhängig, wurden untersucht. Bei fünf Gefangenen wurden HlV-Infektionen festgestellt, die Inzidenz von 0,928% liegt in der gleichen ' Größenordnung wie in der Normalbevölkerung. Dagegen liegt die Inzidenz der Hepatitis A mit 2,97%
höher als in der Gesamtbevölkerung Niedersachsens. An einer manifesten Hepatitis B litten neun Gefangene, weitere acht waren HBg-Träger (Inzi
denz 1,67%, im Vergleich zu 0,007% in der Allgemeinbevölkerung).
Bei 108 Gefangenen (20%) bestand eine Hepatitis C, wobei in vier Fällen eine akute und in 89 Fällen eine chronische Infektion Vorlagen, 15 zeigten keine Symptome. Die Inzidenz liegt 50-100- mal über der in der Allgemeinbevölke
rung. Alle drei Hepatitiden können also als desmoterische Erkrankungen ange
sehen werden (desmoterion, griech.
Gefängnis). Am engsten mit der Drogen
problematik korreliert die Hepatitis C.
(ChR) Gaube, J.. et al: Hepatitis A. B und C als desmoterische Infektionen. Gesundh.- Wes. 1993: 55: 246-249.
Häufigkeit der Neurodermitis bei niedersächsischen
Schuikindern
Sowohl die derzeitige Häufigkeit der Neurodermitis ist umstritten als auch die Frage, ob und in welchem Maß die Häu
figkeit dieser Erkrankung gestiegen ist.
Um aktuelle Daten zur Prävalenz der Neurodermitis im Kindesalter erfassen zu können, wurde jetzt ein Fragebogen
entwickelt, der bei Einschulungsuntersu
chungen eingesetzt werden soll. Die Fra
gen beziehen sich auf vier Hauptkriterien (Juckreiz; chronischer Verlauf; minde
stens zwei typische Lokalisationen an Hals, Gesicht, Nacken, Ellenbeuge, Hand
gelenk, Handrücken, Kniekehle oder Fußgelenk; atopische Anamnese) und vier Nebenkriterien (Einrisse an Ohrläpp
chen, trockene Haut, Juckreiz beim Schwitzen, N ahrungsmittelunvertr äg- lichkeiten). Bei 320 Kindern wurde das Fragebogenergebnis gegen eine fachärzt
liche Diagnose validiert. Der Bogen hatte eine Sensitivität und Spezifität von je 97%, wenn das Vorhandensein von drei Haupt- und einem Nebenkriterium als positiver Hinweis auf Neurodermitis ge
wertet wurde.
Der Fragebogen wurde bei den Einschu
lungsuntersuchungen im Jahr 1990 im Landkreis Hannover allen Begleitperso
nen vorgelegt. 4651 von 4916 Angehöri
gen füllten ihn verwertbar aus. Die Aus
wertung ergab eine kumulative Neuro- dermitis-Prävalenz bis zur Einschulung von 11,8%, mit einer Spanne unter den Gemeinden des Landkreises von 8,4 bis
17,3%. (ChR)
Buser, K., et al: Neurodermitis-Präva- lenz bei Schulkindern im Landkreis Han
nover. DMW 1993: 118: 1141-1145.
Zeitschrift für Allgemeinmedizin
German Journal of General Practice. Ehemals: Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch
schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge
meinmedizin).
Schriftleitung ^.i.S.d.P.): Dr. med. Heinz Harald Ab
holz, Ceciliengärten 1, 12159 Berlin • Prof Dr. med.
Winfried Hardinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Kran
kenhaus St. Raphael, 49179 Ostercappeln. AG Gesund
heitswissenschaften (jniversität 49069 Osnabrück • Prof Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allge
meinmedizin der Georg-August-Univ., Robert-Koch-Str.
40, 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr. 42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz. Dr. med.
U. Marsch-Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paret- zerstr. 12, 10713 Berlin • Dr, med. Gertrud Volkert, Traubergstr. 16, 70186 Stuttgart.
Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.
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Redaktion/Produktion: Günther Buck (Ltg.), Tel. (0711) 8931-446, Ruth Auschra (Stellv. Ltg.), Tel, (07 11) 8931- 442. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ingrid Schaul (Herstellung), Tel. (0711) 8931-445.
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1993. - © 1993 Hippokrates Verlag GmbH.
Die Zeitschrift erscheint dreimal monatlich.
Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 3. Heft der Kombi-Ausgabe zura Heraustrennen beigeheftet.
Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif
ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent
halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.
14. Jahrgang 1993.
Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702, - Bankverbindung; Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731. -Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Erfül
lungsort für beide Teile: Stuttgart und Hamburg.
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preise
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dalitäten zu erfragen sind.
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wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er
fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe
langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Appli
kationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwen
deten Präparate und gegebenenfalls nach Kosultation eines Spezialisten, festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wich
tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie
rung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Be
nutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benut
zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, daß es sich um einen freien Warennamen handele.
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Der Verlag ist um eine zuverlässige Zustellung der abon
nierten Zeitschrift äußerst bemüht. Gelegentlich versäu
men Abonnenten nach einem Umzug ihre neue Anschrift mitzuteilen. In den betreffenden Fällen hilft die Bundes
post, die neue Anschrift dem Verlag mitzuteilen, Abon
nenten, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies dem Verlag mitzuteilen.
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
I A _ Mitglied der Arbeitsgemein- Schaft Leseranalyse medizinischer Zeitschriften e.V.
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Toleranz- und Entzugs
erscheinungen bei Zolpidem
Obwohl klinische Daten und Untersu
chungen an Tieren keine Toleranz- oder Entzugserscheinungen bei dem kurzwir
kenden Sedativum Zolpidem ergaben, wird über zwei Fälle berichtet, bei denen diese Effekte aufgetreten waren.
Eine 60jährige Patientin, die an einer pa
ranoiden Persönlichkeitsstörung litt, wurde mit der Verdachtsdiagnose Zolpi- demüberdosierung eingeliefert. Eine suf
fiziente Sedierung konnte nur durch die Applikation von Diazepam und Flunitra
zepam erreicht werden. Wie sich später herausstellte, hatte die Patientin die täg
liche Zolpidemdosis bis auf 100 mg ge
steigert, weil sie nach zwei bis drei Stun
den nicht mehr schlafen konnte. Der an
dere Fall betraf eine 31jährige Patienten, die wegen depressiver Episoden und einer Insomnie mit 20 mg Zolpidem täglich ein
gestellt war. Sie steigerte ihren Konsum auf Dosen zwischen 70-80 mg pro Tag und mußte wegen erheblicher Entzugs
erscheinungen (Tachykardie, Tachypnoe, Tremor und Angstgefühle) psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen.
Diese beiden Fälle sind nach Meinung der italienischen Kollegen nicht unge
wöhnlich, selbst wenn unphysiologisch hohe Dosen Zolpidem eingenommen
wurden. (aw)
Cavallaro, R., et al: Tolerance and wi
thdrawal with Zolpidem. The Lancet 1993, 342: 374-375.
Nichtsteroidale Antiphlogi- stika und Kolontumoren
Nichtsteroidale Antiphlogistika hemmen im Tierversuch das Wachstum von Ko
lontumoren. Drei epidemiologische Stu
dien zeigten einen Zusammenhang zwi
schen der Einnahme derartiger Mittel und einem erniedrigten Risiko kolorek
taler Karzinome. In einer Fall-Kontroll- Studie wurde nun untersucht, ob solch ein Zusammenhang auch zum Vorhan
densein kolorektaler Adenome besteht.
Im Rahmen eines Screenings auf okkul
tes Blut im Stuhl wurden bei 147 Patien
ten mit positivem Befund kolorektale Adenome diagnostiziert. Als Kontrolle dienten 153 Patienten mit negativem und 176 mit positivem Testergebnis, aber ohne kolorektale Adenome. Die Patien
ten sollten die Medikamente nennen, die sie in den letzten fünf Jahren eingenom
men hatten und die Frage beantworten, ob sie jemals Schmerzmittel einnehmen.
Patienten mit Adenomen gaben seltener an, nichtsteroidale Antiphlogistika ein
zunehmen. 40 Fallpatienten (27%) nah
men »manchmal« solche Medikamente ein, verglichen mit 65 (42%) der negati
ven und 63 (36%) der positiven Kontroll- patienten. Das relative Adenomrisiko be
trug für die Kontrollpatienten 0,49 bzw.
0,66. Ein vermindertes Adenomrisiko wurde für Azetylsalizylsäure und andere Antiphlogistika gefunden, nicht aber für Paracetamol. Mit der Einnahmedauer sank das Risiko. Wie nichtsteroidale An
tiphlogistika der Entstehung kolorektaler Adenome und Karzinome entgegenwir
ken, ist nicht klar. (ChR) Logan, R., et al: Effect of aspirin and non-steroidal anti-inflammatory drugs on colorectal adenomas. BMJ1993; 307:
285-289.
Atemwegsinfektionen bei Pa
tienten mit zystischer Fibrose
Atemwegsinfektionen mit Pseudomonas aeruginosa sind bei Patienten mit zysti
scher Fibrose eine wesentliche Ursache für Morbidität und Mortalität. Gegen P.
aeruginosa wirksame Aminoglykoside haben bei systemischer Gabe ein hohes nephro- und ototixisches Risiko.
In einer randomisierten Doppelblind- Crossover-Studie wurden deshalb Wirk
samkeit und Sicherheit einer Aerosolthe
rapie mit einem Aminoglykosid unter
sucht. 71 Patienten mit zystischer Fibrose und P. aeruginosa-Infektion wurden in zwei Gruppen geteilt. Gruppe 1 erhielt 28 Tage lang täglich 600 mg Tobramycin im Ultraschallvernebler, danach zweimal 28 Tage lang Plazebo; Gruppe 2 zuerst Pla
zebo und dann zweimal 28 Tage lang Tobramycin als Aerosol. Gegenüber Pla
zebo kam es während der ersten 28 Tage unter Tohramycin zu einer signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion. Die Dichte von P. aeruginosa im Sputum nahm um den Faktor 100 ab. Hinweise auf eine systemische Toxizität fanden sich nicht. Zu Studienheginn gab es keine Tobramycin-resistenten P. aeruginosa- Stämme. Während der Studie traten Re
sistenzen unter Plazebo und Tobramycin gleich häufig auf. Eine kurzzeitige hoch
dosierte T obramycin-Aerosoltherapie kann somit bei Patienten mit stabiler zy
stischer Fibrose als sichere und wirk
same Behandlung von Atemwegsinfek
ten mit P. aeruginose empfohlen werden.
(ChR) Ramsey, B., et al: Efficacy of aerosolized tobramycin in patients with cystic fibro
sis. N. Engl J. Med. 1993; 328:1740-46.
Salbutamol in Australien frei verkäuflich!
Wären Betasympathikomimetika zur Aerosoltherapie des Asthma bronchiale frei verkäuflich, so müßte mit einer deut
lichen Beeinträchtigung der adäquaten
Therapie Asthmakranker gerechnet wer
den. Das zeigen die Erfahrungen in New South Wales, Australien, wo Beta2-Ago- nisten als Dosieraerosole seit Ende der 70er Jahre frei verkäuflich sind. In 46 Apotheken in New South Wales wurden alle aufeinanderfolgenden Patienten, die Salbutamol als Dosieraerosol erwarben, gebeten, einen Fragebogen auszufüllen.
Finanziell ist es für die Patienten uner
heblich, ob sie sich das Mittel mit oder ohne Verschreibung holen. 403 dieser Patienten litten an Asthma, 139 von ih
nen waren bereit, zwei Wochen lang über ihre Symptome, den Peak flow und ihre Medikamenteneinnahme Buch zu füh
ren. 83 Patienten (60%) hatten sich Sal
butamol ohne ärztlichen Verschreibung geholt. Bei ebenfalls 83 Patienten wurde das Asthma suhoptimal behandelt. Diese Patienten erwarben Salbutamol signifi
kant häufiger ohne Verschreibung, wa
ren häufiger Raucher und suchten selte
ner einen Arzt wegen des Asthmas auf.
95% der Patienten, die Salbutamol im
mer ohne Verschreibung holten, wurden nicht adäquat behandelt, d.h. eine zu
sätzliche Therapie mit Cromoglicinsäure, Kortikoiden, Theophyllin o.ä. wäre an
gezeigt gewesen. Bei den Patienten, die sich manchmal oder immer Salbutamol verschreiben ließen, waren das 41 bzw.
51%. Die medikamentöse Asthma-Be
handlung läßt in Australien also in jedem Falle zu wünschen übrig. Die Möglichkeit der Selbstversorgung beeinträchtigt das
Bild zusätzlich. (ChR)
Gibson, P., et al: Association between availability of nonprescription ago
nist inhalers and undertreatment of asthma. BMJ 1993; 306: 1514-18.
Schmerztherapie bei Karzinompatienten
Die Kenntnisse über Schmerzen von Krebspatienten und deren stadienge
rechte Therapie ist bei den behandeln
den Ärzten verbesserungswürdig. Das le
gen die Ergebnisse einer kürzlich publi- ziertenStudie nahe . In einer Fragebo
genaktion wurden Onkologen, Chirurgen, Hämatologen und Radiotherapeuten nach deren Einschätzung hinsichtlich des Schweregrads von Schmerzen, adäqua
ter Behandlungsmöglichkeiten und den tatsächlich durchgeführten Therapien befragt.
Frappierend scheint die Tatsache, daß 86% der Befragten meinten, die Mehr
zahl der Schmerzpatienten sei nicht aus
reichend behandelt. 51% aber glauben, ihr durchgeführtes Schmerzmanagement sei gut oder sehr gut. Nahezu ein Drittel aller an dieser Untersuchung teilnehmen
den Ärzte würde mit einer maximalen Analgesie solange warten, bis die Pro
gnose des Patienten sechs oder weniger Monate erreicht hat. Der limitierende
online *** online *** online *** online *** online ^ -9-
Faktor in der stadiengerechten Schmerz
therapie scheint die Furcht vor uner
wünschten Nebenwirkungen und die Ge
wöhnung an die Schmerzmittel zu sein, wie die Untersuchung offenbart.
Ein besseres Verständnis der Pharmako
logie der Opiodanalgesie und eine Schu
lung der betroffenen Patienten durch die therapierenden Ärzte wird von den ame
rikanischen Kollegen vorgeschlagen.faz^j Von Roenn, J. H., et al: Physician Attitu
des and Practice in Cancer Pain Mana
gement. Ann. Intern. Med. 1993; 119:
121-126.
Benigne Prostatahyertrophie:
Einschränkungen im Alltag
Die Tagesaktivitäten von Patienten mit benigner Prostatahypertrophie sind ein
geschränkt. Das ist das Resultat einer Studie an 410 schottischen Männern, die unter einer benignen Prostatahypertro
phie (BPH) leiden. Mehr als die Hälfte (51%) der Männer gaben an, wegen ihrer Miktionsstörungen in ihren täglichen Ak
tivitäten eingeschränkt zu sein. Ein Drit
tel der Untersuchten gab an, die Flüssig
keitszufuhr vor dem Zubettgehen oder vor längeren Reisen einzuschränken oder aber solche Plätze zu meiden, die über keine Toilette verfügen. Manche Patien
ten schränken darüber hinaus ihre sport
lichen Aktivitäten ein oder gehen selte
ner in ein Kino, Theater oder zur Kirche.
Besonders überrascht waren die schotti
schen Ärzte über die Tatsache, daß 17%
der arbeitenden Betroffenen über eine Einschränkung ihrer Lebensqualität
klagten, verglichen mit nur 3% derer ohne BPH.
Die Autoren vermuten, daß eine statt
liche Anzahl schottischer Bürger einer Diagnostik beziehungsweise Therapie ih
rer Prostatahyperplasie bedarf. Man muß jedoch davon ausgehen, daß viele Betrof
fene keinen Arzt aufsuchen. (aw) Garraway, W.M., et al: Impact of pre
viously unrecognized benign prostatic hyperplasia on the daily activities of middle-aged and elderly men. British Journal of General Practice; 1993, 43:
318-321.
Azetylsalizylsäure:
transdermal appliziert!
Die transdermale Applikation von Aze
tylsalizylsäure (ASS) ist eine neue Darrei
chungsform, welche sich im Untersu
chungsstadium befindet. Durch sie kann eine selektive Hemmung der Thrombo- zyten-Zyklooxygenase bei weitgehender Schonung der Prostaglandinsynthese er
zielt werden. Das ist das wesentliche Er
gebnis von Studien an gesunden Freiwil
ligen.
Während 24 Stunden werden etwa 10-15% dermal applizierter ASS absor
biert. 10 Tage lang wurde den Probanden täglich 250 mg (n = 4) oder 750 mg (n = 8) ASS in alkoholischer Lösung auf Ober- und Unterarm gestrichen. 6 Kontrollpersonen bekamen nur das Lösungsmittel. Die Biosynthese von Thromboxan A2, Produkt der Thrombozyten-Zyklooxygenase und potenter Aktivator der Thrombozytenag
gregation, wurde durch Bestimmung des
Serum-TXBg und der TX-Metaboliten im Urin gemessen. Unter täglich 750 mg ASS sank die TXB2-Konzentration bei sieben Probanden kontinuierlich bis auf 5 ± 3%
der Ausgangswerte. Die TXM-Ausschei- dung sank bis auf 32 ± 7%. Weshalb bei einem Probanden der Effekt ausblieb, ist unklar. In der niedrigeren ASS-Dosierung war der Effekt geringer, aber ebenfalls signifikant (TXB2 55 ± 11%). Nach Be
handlungsende stiegen die TXB2- und TXM-Werte allmählich wieder an.
Diese Befunde stimmen mit der Überle
gung überein, ASS hemme dosisabhän
gig irreversibel die Zyklooxygenase, de
ren Aktivität dann von der Bildung neuer Thrombozyten abhänge. Dagegen wurde die Biosynthese von Prostaglandin I2, wesentliches Produkt der Zyklooxyge
nase des Gefäßendothels und Hemmstoff der Thrombozytenaggregation, deutlich weniger beeinflußt: die PGI2- Metaboli
ten im Urin sanken bis auf 84 (250 mg) bzw. 76% (750 mg) am 4. Behandlungs
tag und fielen dann nicht weiter. Zusätz
lich wurde an vier Probanden gezeigt, daß der durch injiziertes Bradykinin be
wirkte Anstieg der PGl2-Synthese durch oral, nicht aber durch dermal verab
reichte ASS gehemmt wurde.
Die Befunde deuten auf eine niedrige sy
stemische Bioverfügbarkeit dermaler ASS hin. Außer leichten Hautreaktionen hei der höheren ASS-Dosierung wurden keine Nebenwirkungen bemerkt. Eine therapeutische Anwendung des neuen Applikationsprinzips könnte sich hei Pa
tienten mit gastrointestinalen Risiken an
bieten. (ChR)
Keimowitz, R., et al.: Transdermal Mo
dification of Platelet Function. Circula
tion 1993: 88: 556-561.
neu
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m
4
lU) DEUTSCHE HOMÖOPATHIE-UNION
Fortbildung
Franco-Antonio Laccone
Krebs als genetisch
mitbedingte Erkrankung
Georg-August- Universität Gottingen, Institut für Humangenetik
Epidemioiogie
Etwa ein Drittel aller Individuen wird während des Lebens an Krebs erkranken. Maligne Tu
moren sind nach den kardiovaskulären Erkran
kungen die zweithäufigste Todesursache in den industrialisierten Ländern. Die häufigsten Krebsformen sind das Lungen-, Kolon- und Mammakarzinom. Eine zunehmende Inzidenz wird bei Lungen- und Kolonkarzinomen beob
achtet, während sich bei Magen- und Zervix
karzinomen eine rückläufige Tendenz abzeich
net (3).
Eine enge Beziehung besteht zwischen Alter und Krebsrate; so treten fast alle Krebsarten mit zunehmendem Alter häufiger auf Kanzero
gene Noxen, wie z. B. ionisierende Strahlen, Viren und chemische Substanzen sind als mit
wirkende Faktoren bei der Karzinogenese er
kannt worden. Aussagekräftige Beweise für die Beteiligung von Umweltfaktoren erbrachten Migrationsstudien, in denen ein Zusammen
hang zwischen der Inzidenz einiger Neoplasien und dem geographischen Aufenthalt der Be
troffenen nachgewiesen wurde, der unabhän
gig von der genetischen Abstammung der Be
troffenen war. So konnte man beispielsweise feststellen, daß sich die Inzidenz an Kolon-, Brust- und Prostatakarzinomen bei den in die USA eingewanderten Japanern innerhalb von zwei bis drei Generationen der deutlich höhe
ren Inzidenz dieser Tumoren in der einheimi
schen Bevölkerung annäherte.
Die Korrelation zwischen Alter und Krebsinzi
denz, der Einfluß von Umweltfaktoren und die Latenzzeit zwischen der Exposition gegenüber karzinogenen Faktoren deuten auf ein kom
plexes ätiopathogenetisches Geschehen hin, das mehrere aufeinanderfolgende Veränderun
gen erfordert, um eine normale Zelle in eine neoplastische zu transformieren (sog. »Mehr
schrittmodell«). Eine graphische Darstellung dieses Modells zeigt die Abbildung 1 am Bei
spiel des Kolonkarzinoms (16).
Die verschiedenartigen Formen von malignen Krebserkrankungen haben, trotz der klinischen und pathologisch-anatomischen Unterschiede, aus biologischer Sicht gemeinsame Merkmale:
1. Klonaler Ursprung aus einer einzigen Zelle.
2. Wachstumsautonomie der Tumorzellen, die keinen Regulationsmechanismen mehr un
terliegen.
3. Fehlerhafte Zelldifferenzierung.
4. Metastasierungsfähigkeit.
Wachstumsregulation, Zellentwicklung und -differenzierung erfolgen durch Interaktion mehrerer Faktoren, deren Beschaffenheit nur zum Teil bekannt ist. Zwei Gengruppen sind in die 0. g. Mechanismen involviert: sog. Protoon
kogene (2) und Tumorsuppressorgene (10, 19). Erstere haben in der Regel eine wachs-
Epidemiologische Studien haben nachgewie
sen, daß Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs spielen. Die tu
morfördernde oder -induzierende Eähigkeit zahlreicher chemischer Stoffe ist lange be
kannt. Vielfach nachgewiesen wurde auch die Mitwirkung von Viren bei der Krebsentstehung.
Die Beteiligung einer genetischen Komponente ist hingegen erst im letzten Jahrzehnt, auf
grund klinischer Beobachtungen und moleku
largenetischer Untersuchungsergebnisse, in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die zum Krebs führenden bzw. mitwirkenden gene
tischen Veränderungen werden in den Genen selbst bzw. in den Genprodukten nachgewie
sen, die in basale zelluläre Aktivitäten (z. B.
Zellproliferation, Zellzyklus) involviert sind.
Die bei der Tumorentstehung mitwirkenden Gene werden in zwei Gruppen eingeteilt: Pro
toonkogene und Tumorsuppressorgene. Eine zunehmende Kenntnis molekulargenetischer Mechanismen bei der Entstehung maligner Tu
moren wird in Zukunft neue, prognostische und therapeutische Ansätze erbringen.
Zum Inhalt
Z. Allg. Med. 1993; 69: 919-924. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993
fef Fortbildung Krebs
Veränderung Gen
Verlust APC.
Aktivierung Verlust k-ras DCC
Verlust p53,
Weitere Veränderungen
normales Epithel
Hyper- Adenom I proliferation
Adenom II Adenom III Karzinom Metastase
Die Aktivierung von Protoonko
genen kann auch durch Viren erfolgen
Abbildung 1: Mebrschrittbypotbese der Tumorentstebung am Beispiel des Kolonkar
zinoms. APC = adenomatous polyposis coli; k-ras = Kirsten rat sarcom virus;
DCC = deleted colon carcinoma Gene; p53 = Protein von 53 Kilodalton
tumsfördernde Aktivität, während Gene der zweiten Gruppe einen hemmenden Einfluß auf das Wachstum ausüben.
Onkogene
Onkogene sind mutierte Varianten von in der Regel normal vorkommenden Genen, den sog.
Protoonkogenen. Viele dieser Gene sind in den unterschiedlichsten Organismen, auch beim Menschen, nachzuweisen. Diese evolutionäre Konservierung weist auf wichtige, zum größten Teil jedoch noch unbekannte zentrale Funktio
nen dieser Gene hin.
Einige Onkogene sind fähig, ein Gewebe mali
gne zu transformieren. Experimentell gelang der Nachweis, daß das Einschleusen eines On
kogens in eine Kultur von Mausfibroblasten keine zelluläre Proliferation hervorruft. Das gleichzeitige Einschleusen von zwei Onkoge
nen hingegen führt zu einem gesteigerten zel
lulären Wachstum und kann diese Fibrobla
sten maligne transformieren, wenn diese wie
der in die entsprechenden Stammäuse implan
tiert werden.
Nicht alle Onkogene können synergistisch in Transformationsversuchen wirken. Die zellu
läre Wachstumskontrolle erfolgt offensichtlich durch mehrere Systeme. Die Inaktivierung von mindestens zwei dieser Kontrollmechanismen ist für ein gesteigertes und unkontrolliertes Wachstum verantwortlich. Als praktisches Bei
spiel des Synergismus zwischen Onkogenen kann der zwischen dem c-myc- und dem bcl- 2-Onkogen dienen. Die Überexpression dieser beiden Onkogene erlaubt auch bei ungünstigen Kulturbedingungen (serumarmes Kulturme
dium) ein zelluläres Wachstum, während Zel
len ohne Expression dieser Gene sich nicht teilen können, d. h., daß der Synergismus zwi
schen diesen Onkogenen einen Selektionsvor
teil für Tumorzellen gegenüber normalen Zel
len darstellt. In der humanen Tumorpathologie Vermutlich
spielt die Gen- amplibkation eine wichtige Rolle bei der Tumorprogres- sion
werden bei Lymphomen sowohl Mutationen im bcl-Locus als auch c-myc-Überexpression be
obachtet (17).
Die Aktivierung von Protoonkogenen kann viral (durch RNA-Viren) und nicht viral sein. Die RNA- Viren erlangen ihre transformierende Fähigkeit durch Transduktion, d.h. die Viren nehmen fremdes genetisches Material in das eigene Ge
nom auf. Diese Fremd-DNA lag in den Wirts
zellen als Protoonkogen vor. Eine Infektion menschlicher Zellen mit diesen tranformieren- den Viren kann u. U. einen karzinogenen Prozeß auslösen. Die viralen Onkogene werden durch das Präfix »v« (v-onc) und die zellulären Onko
gene durch das Präfix »c« (c-onc) gekennzeich
net. Eine weitere virale Aktivierung von Pro
toonkogenen ist die Integration viraler DNA in das menschliche Genom, die zum Regulations
verlust eines Protoonkogens führt.
Nicht-virale Aktivierung von Protoonkogenen erfolgt z.B. durch Punktmutationen, chromo
somale Translokationen und Genamplifikation.
Ein Beispiel von chromosomalen Translokatio
nen bei Tumoren ist das Philadelphia-Chromo
som (PhÜ, das bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML) nachgewiesen wird und das durch eine Translokation zwischen dem langen Arm eines Chromosoms 9 (9q) und dem langen Arm eines Chromosoms 22 (22q) entsteht. Das Philadelphia-Chromosom ist bei 95% der an CML Erkrankten nachweisbar. Die Häufigkeit chromosomaler Veränderungen im Tumorge
webe nimmt mit dem Fortschreiten der Tumor
erkrankung zu, so daß mehrere Chromoso
menaberrationen in Tumoren fortgeschritte
nen Stadiums nachzuweisen sind. Ein weiteres bei malignen Tumoren anzutreffendes Phäno
men ist die Genamplifikation, die in normalen Zellen selten zu beobachten ist. Die amplifizier- ten Regionen enthalten in der Regel mehrere Kopien eines Onkogens. In 40% der untersuch
ten Neuroblastome ist z. B. das N-myc-Onko- gen etwa 200mal amplifiziert. Es wird vermu
tet, daß die Genamplifikation eine wesentliche Rolle bei der Tumorprogression spielt. In Ta
belle 1 sind einige der bekannten Onkogene mit den entsprechenden Aktivierungsmechanis
men zusammengefaßt (2).
Tumorsuppressorgene
Eine zweite Gruppe von Genen, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind, sind die
- Krebs
Tabelle 1: Bekannte Protoonkogene und mögliche Aktivierungsmechanismen
Proto
onkogen
Neoplasie Mutation
ABL chronische myeloische Leukämie
Translokation ERBB-1 Plattenepithelkarzinom Amplifikation GIP Ovarial- und Nebennieren
karzinom
Punktmutation MYC Burkitt’s Lymphom, Lun
genkarzinom, Brust- und Zervixkarzinom
Translokation Punktmutation L-MYC Lungenkarzinom Amplifikation N-MYC Neuroblastom, SCLC* Amplifikation H-RAS Kolon-. Lungen- und
Pankreaskarzinom; Mela
nom
Punktmutation
K-RAS Akute myeloische und lymphoblastische Leuk
ämie; Schilddrüsenkar
zinom; Melanom
Punktmutation
N-RAS Karzinom des Urogenital
traktes und der Schild
drüse
Punktmutation
RET Schilddrüsenkarzinom Rekombination
SRC Kolonkarzinom ?
TRK Schilddrüsenkarzinom Rekombination
* SCLC = small cell lung cancer
sog. Tumorsuppressorgene (TSG). Diese ver
halten sich wie rezessive Gene, d.h., beide Ko
pien eines TSGs müssen mutiert sein, um eine maligne Transformation in der entsprechen
den Zelle zu ermöglichen. Erste Beweise für die Existenz dieser Gene haben Hybridisierungs
experimente geliefert, bei denen eine Fusion zwischen normalen und Tumorzellen induziert wird. Die resultierenden Hybridzellen zeigen dann einen Verlust von neoplastischen Eigen
schaften. Der Chromosomensatz dieser Hybrid
zellen ist sehr instabil, und der Verlust von Chromosomen der ursprünglich normalen Zel
len bringt diese zum neoplastischen Wachs
tum. Einen weiteren Beweis der Existenz von TSG liefern familiäre, autosomal dominant ver
erbte Krebsformen. Bei diesen Krebsformen ist bereits in den Keimzellen eine Mutation in ei
nem TSG vorhanden. Die Inaktivierung des zweiten normalen Allels führt dann zur Tumor
entwicklung. Die bekanntesten TSG sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Als Beispiel für diese Erkrankungen kann die familiäre Form des
Retinoblastoms genannt werden, die im folgen
den Abschnitt erläutert wird (10).
Familiäre Formen von Krebs
Zwar kann fast jede Krebsform familiär Vor
kommen, jedoch stellen die familiären Krebs
formen nur einen kleinen Bruchteil dar. Allge
mein ist das Risiko für Verwandte von Krebspa
tienten, ebenfalls an Krebs zu erkranken, um etwa 2- bis Sfach erhöht. Eine Studie zeigte, daß 18% der Krebspatienten einer onkologi- schen Klinik mindestens zwei weitere an Krebs erkrankte Verwandte hatten (8). In einer wei
teren Studie wurden nur bei 8% von nicht an Krebs Erkrankten zwei oder mehrere Ver
wandte mit einer Neoplasie gefunden (1). Eine retrospektive Studie wies bei 29% der erwach
senen Krebspatienten einen Verwandten I. Gra
des mit der gleichen Krebserkrankung, bei 11%
zwei an Krebs erkrankte Verwandte I. Grades und bei 6% drei oder mehrere betroffene Fa
milienmitglieder nach (11).
Tabelle 2: Tumorsuppressorgene und deren chromo
somale Lokalisation Tumor
suppressor
gen
Chromosomale Lokalisation
Neoplasie
? lp36.1 Neuroblastom
? 3pl2-14 Nierenkarzinom
? 3p21 Lungenkarzinom
APF 5q21-22 Kolonkarzinom
MEN-2 lOqll.2* multiple endocrine neo
plasia
MEN-1 llql3 multiple endocrine neo
plasia
WTl llpl3 Wilms-Tumor
RBl 13ql4 Retinoblastom; Osteo
sarkom; Brust-, Blasen- und Lungenkarzinom
? 16q22.1—3.2 Leberkarzinom NFl 17qll.2 Neurofibromatose Typ I P53 17ql2-13.3 Astrozytom; Osteosar
kom; Brust-, Blasen- und Lungenkarzinom;
Li-Fraumeni-Syndrom
DCC 18q21 Kolonkarzinom
NF2 22q Neurofibromatose Typ 11
Verwandte von Krebskranken haben ein 2-3fach erhöh
tes Risiko, ebenfalls an Krebs zu er
kranken
Beide Kopien eines Tumor
suppressorgens müssen mutiert sein, um eine maligne Trans
formation in der entspre
chenden Zelle zu ermöglichen
* Genlokalisation für MEN-2A
^Fortbildung Krebs
»Cancer Family Syndrome«:
diese Familien sind gekenn
zeichnet durch Krebsmulti- morhidität
1913 veröffentlichte Warthin die Ergebnisse einer Studie über das familiäre Vorkommen von Krebs. Bei den untersuchten Familien wur
den einige mit einer ausgeprägten genetischen Disposition für eine Krebsentwicklung identifi
ziert (18). Kontrolluntersuchungen nachfolgen
der Generationen einer dieser Familien führte zur Beschreibung des »Cancer Family Syn
drome« (CFS) (7, 9). Diese Familien sind von einer Krebsmultimorbidität gekennzeichnet, d.h. mehrere Mitglieder aus mehreren Gene
rationen sind von unterschiedlichen Krebser
krankungen betroffen. Die Häufigkeit solcher Familien ist nicht bekannt. Die Identifizierungs
kriterien und das Spektrum von Tumoren bei den CFS-Familien von Lynch und Li-Fraumeni sind in den Tabellen 3 und 4 dargestellt.
Tabelle 4: Klinische Kriterien zur Identifizierung ei
nes CFS
1. Frühauftretende Neoplasie 2. Multiple, primäre Krebsformen 3. Klinisch spezifische Merkmale
4. Stammbaumsituation dem autosomal dominanten Erbgang entsprechend
stoms. In 95% der SCLC (small cell lung car- cinom) und 20% von Non-SCLC wird ein defek
tes oder fehlendes Protein des Rb-Gens nach
gewiesen.
Klinische Relevanz
Einige Tumor
erkrankungen folgen dem autosomal
dominanten Erbgang
Seit langem ist bekannt, daß einige Tumorer
krankungen dem autosomal-dominanten Erb
gang folgen {Tab. 5), z. B. auch das Retinobla- stom. Eine sporadische und eine familiäre Form des Retinoblastoms sind beschrieben worden. Bei den familiären Formen entstehen bei den Betroffenen meistens bilaterale und multifokale Retinoblastome, bei den sporadi
schen Formen dagegen meistens monolaterale, unifokale Tumoren. Die Erklärung für diesen klinischen Unterschied besteht darin, daß bei den familiären Formen die Betroffenen bereits ein mutiertes Allel geerbt haben und eine zu
fällig auftretende Mutation des zweiten Allels für eine maligne Transformation ausreichend ist. Bei dem Verlust des zweiten Allels eines TSGs spricht man von »Heterozygotie-Verlust«
{Abb. 2) (5). In Zellen mit zwei bis dahin nicht- mutierten Allelen müssen zwei Mutationen gleichzeitig auftreten, um der betreffenden Zelle eine onkogenetische Potenz zu verleihen.
Träger eines mutierten Gens haben auch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von z.B.
Osteosarkomen und/oder Lungenkrebs, unab
hängig von der Entstehung eines Retinobla-
Tabelle 3: Tumorspektrum bei den CFS I und CFS II CFS I (Lynch) CFS II (Li-Fraumeni) Kolon
Endometrium Ovar
Magen Brust Pankreas Prostata Haut Melanom
Sarkom Brust Gehirn
Akute Leukämie Morbus Hodgkin Pankreas Nebennierenrinde Blase
Die Erkenntnis, daß Krebs eine genetisch be
dingte Krankheit ist, und die ständigen Fort
schritte in der Molekularbiologie werden in nicht so ferner Zukunft praktische Konsequen
zen haben. Die anzustrebenden Ziele der For
schung in der Onkologie sind:
1. Identifizierung von Risikopersonen;
2. Entwicklung prophylaktischer Maßnahmen;
3. Früherkennung der Erkrankung;
4. Ermöglichung differenzierter pharmakolo
gischer Maßnahmen anhand von molekula
ren Befunden;
5. gezielte genetisch-immunologische Thera
pie.
Tabelle 5: Familiäre autosomal dominant vererbte T umorerkr ankungen
Erkrankung Chromo
som Kolon- und Uteruskarzinom 2p Adenomatosis poliposis Coli 5q
Melanom 9p
Gorlin-Syndrom 9q
Wilms-Tumor 11p
MEN Typ I (multiple endocrine neoplasie) llq MEN Typ II (multiple endocrine neoplasie) lOq
Retinoblastom 13q
Li-Fraumeni-Syndrom 17p
Frühauftretendes Mammakarzinom 17q
Neurofibromatose Typ I 17q
Neurofibromatose Typ II 22q
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