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Hypoglykämien beiTyp-2-Diabetes

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BE R N A D E T T E RE I N S C H, MA R I A N N E EH R E N

Hypoglykämien bei Patienten mit Diabetes mellitus sind die häufigste «Nebenwirkung»

einer Blutzucker senkenden Therapie. Dabei werden künftig zunehmend auch Typ-2-Diabetiker betroffen sein. Die Notfallmassnahmen reichen von der Trauben- zucker-Gabe bis zur Infusion einer Glukoselösung.

Waren bisher vor allen Dingen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 von Hypogly- kämien betroffen, so muss man in Zu- kunft auch bei Typ-2-Diabetikern ver- mehrt damit rechnen. Dies hat mehrere Ursachen: Erstens nimmt die Anzahl der Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ge- radezu exponentiell zu, wobei sich die Er- krankung immer öfter schon in einem jün- geren Lebensalter manifestiert. Zweitens strebt man heute eine strengere Blut- zuckereinstellung an mit einem HbA1c- Zielbereich von < 6,5 Prozent. Drittens er- reichen die Patienten mit Typ-2-Diabetes heute ein höheres Lebensalter, sodass zu- nehmend auch ältere multimorbide Pati- enten von Hypoglykämien betroffen sind.

In dieser Gruppe besteht unter einer The- rapie mit insulinotropen Substanzen die Gefahr prolongierter Hypoglykämien, welche bis zu 72 Stunden und länger an- halten können und einer entsprechenden stationären Überwachung bedürfen.

Vom Schwitzen bis zum Koma

Eine Hypoglykämie ist definiert als ein Blutzuckerspiegel von unter 50 mg/dl (<

2,8 mmol/l). In der Regel ist die Hypoglykämie begleitet von neurologi- schen Symptomen (Tabelle 1), sie kann aber auch unbemerkt vorkommen. Es ist sinnvoll, sie nach dem klinischen Schwere- grad einzuteilen (Tabelle 2). Episoden schwerer oder moderater Hypoglykämien können auch ohne vorhergehende Warn- symptome auftreten, insbesondere bei Patienten mit häufigen Hypoglykämien.

Bei einem protrahierten Verlauf der Hypo- glykämie, zum Beispiel bei Niereninsuffizi- enz unter Sulfonylharnstofftherapie, wird die Unterzuckerung nicht selten verkannt.

Insbesondere bei alten Menschen kann

sich eine protrahierte Hypoglykämie durch Wesensveränderung oder vermin- derte Gedächtnisleistung äussern, was dann häufig als altersbedingte Verände- rung eingestuft wird. Gelegentlich kann sich die Hypoglykämie aber auch unter dem Bild eines apoplektischen Insultes oder einer zerebralen Minderperfusion präsentieren.

Hypoglykämien bei Typ-2-Diabetes

Welche Patienten sind besonders gefährdet?

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B E R I C H T R A P P O R T

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

p u n k t e p u n k t e

Episoden schwerer oder moderater Hypoglykämien können auch ohne vorhergehende Warnsymptome auftreten.

●Die Insulinanaloga Glargin und Dete- mir verursachen signifikant weniger nächtliche Hypoglykämien.

●Jeder Patient, der mit Insulin oder einer insulinotropen Substanz thera- piert wird, sollte rasch resorbierbare Kohlenhydrate mit sich führen.

Ta b e l l e 1 :

Ty p i s c h e S y m p t o m e e i n e r a k u t e n H y p o g l y k ä m i e

autonom neuroglykopenisch unspezifisch

Schwitzen Verwirrung Übelkeit

Herzklopfen Benommenheit Schwindel

Tachykardie Sprachstörungen Kopfschmerzen

Tremor Sehstörungen

Hunger Koordinationsstörungen

Paresen

atypisches Verhalten psychotische oder delirante Zustände Krampfanfälle Koma

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Risiko unter oralen Antidiabetika

Hypoglykämien treten unter der Therapie mit insulinotropen Substanzen und unter Insulin auf. Bei etwa 20 Prozent der Typ- 2-Diabetiker kommt es bereits in den ersten sechs Monaten nach Beginn der Therapie mit langwirksamen insulinotro- pen Substanzen zu hypoglykämischen Episoden.

Das Risiko ist dabei unter Glibenclamid grösser als unter Glimepirid, da ersteres li- pophiler ist und hierdurch eine längere Wirkdauer aufweist. Die bei Einführung von Glimepirid erhoffte Risikoreduktion von 40 Prozent hat sich im Alltag aller- dings nicht bestätigt. Die Glinide Nategli- nide und Repaglinide haben die kürzeste Rezeptorbindung und vergleichsweise das geringste Hypoglykämierisiko.

Etwa 20 Prozent der Typ-2-Diabetiker er- leben bereits in den ersten sechs Monaten nach Beginn der Therapie mit langwirksa- men insulinotropen Substanzen Hypogly- kämien.

Unter der Behandlung mit lang wirksamen Sulfonylharnstoffen werden 42 von 1000 Patienten pro Jahr aufgrund von Hypogly- kämien stationär behandelt. Die Morta- lität hierbei beträgt etwa 10 Prozent. Dies ist durch das hohe Lebensalter und die Multimorbidität der Patienten mitbedingt.

Hypoglykämien unter Insulintherapie

Wird bei den Patienten mit Diabetes mel- litus Typ 2 eine intensivierte Insulinthera- pie durchgeführt, so liegt die Häufigkeit schwerer Hypoglykämien zwischen 3 und 73 Episoden in 100 Patientenjahren.

Besonders gefürchtet sind die nächtlichen Hypoglykämien, die über die Hälfte aller Hypoglykämien ausmachen. Eine Thera- piealternative stellen für Hypoglykämie- gefährdete Patienten die Insulinanaloga Glargin und Detemir dar, unter welchen es zu signifikant weniger nächtlichen Hy- poglykämien bei gleich gutem Nüchtern- blutzucker und HbA1ckam.

Unter einer Monotherapie mit alpha-Glu- cosidasehemmern (Acarbose, Miglitol) kommt es nicht zu Hypoglykämien. Sie besetzten als nichtspaltbares Substrat die alpha-Glukosidase und verhindern so den Abbau von Oligosacchariden und Disacchariden zu Glukose. Die in der Nahrung vorhandene Glukose ist in ihrer Resorption nicht gehindert.

Ursachen einer Hypoglykämie

Neben der Überdosierung von Insulin oder insulinotropen Substanzen treten Hypoglykämien bei Patienten mit Typ- 2-Diabetes vor allem im Zusammenhang

mit körperlichen Belastungen oder bei Reduktion der Kohlenhydratzufuhr auf.

Insbesondere auch in der ersten Phase einer Diabetesneueinstellung besteht bei Typ-2-Diabetikern ein deutlich erhöhtes Hypoglykämie-Risiko (Tabelle 3). Hiervon sind insbesondere alleinstehende Patien- ten mit qualitativ und quantitativ man- gelhafter Ernährung, Patienten mit Appe- titmangel und Patienten mit Kauschwie- rigkeiten betroffen.

Durch Alkoholkonsum werden die Früh- symptome einer Hypoglykämie vom Pa- tienten oft nicht registriert. Auf Grund der alkoholbedingten Hemmung der Gluko- neogenese ist zudem die hormonelle Gegenregulation weniger wirksam. Dies kann insbesondere in Kombination mit einer Sulfonylharnstofftherapie schwerste Hypoglykämien verursachen.

Notfallmässige Therapie

In der Therapie der Hypoglykämie gilt es zwischen der leichten bis moderaten, durch den Patienten selbst zu behandeln- den, und der schweren, nur durch Fremd- hilfe zu durchbrechenden Hypoglykämie zu unterscheiden. Jeder Patient, der mit Insulin oder einer insulinotropen Substanz therapiert wird, sollte rasch resorbierbare Kohlenhydrate mit sich führen. Hierzu

Hypoglykämien bei Typ 2-Diabetes

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B E R I C H T R A P P O R T

Ta b e l l e 2 :

K l i n i s c h e S c h w e r e g r a d e d e r H y p o g l y k ä m i e

Schweregrad 1: Die asymptomatische Hypoglykämie wird subjektiv nicht erlebt Schweregrad 2: Die milde Hypoglykämie wird durch neurologische und vegetative

Symptome bemerkt, beeinträchtigt aber die normale Aktivität nicht Schweregrad 3: Die moderate Hypoglykämie verursacht eine ausgeprägte Sympto-

matik mit Störung der motorischen, kognitiven und psychischen Funktion, wobei der Patient aber ausreichend reagieren und sich selbst helfen kann

Schweregrad 4: Die schwere Hypoglykämie kann ein Koma, einen zerebralen Krampfanfall oder eine andere schwere neurologische Störung aus- lösen, die fremde Hilfe erfordert

* modifiziert nach Badenhoop [4]

Tabelle 3:

U r s a c h e n f ü r H y p o g l y k ä m i e n b e i Ty p 2 - D i a b e t i k e r n

●Weglassen oder Reduktion der Kohlenhydratzufuhr

●körperliche Belastung

●Überdosierung von Insulin oder insu- linotropen Substanzen

●Gastroparese

●Niereninsuffizienz

●beschleunigte Resorption

●Alkoholkonsum

aa kk tt uu ee ll ll

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7 9 0 A R S M E D I C I 1 72 0 0 5

B E R I C H T R A P P O R T

zählen Traubenzucker, Glukose-Gel, ge- süsster Fruchtsaft und so weiter.

Wichtig ist, dass in einer Notfall-Situation die Regel «erst messen – dann essen»

nicht gilt. Nach der Einnahme schnellwirk- samer Kohlenhydrate, in der Regel genü- gen 20 bis 30 g Traubenzucker (4–6 Täfel- chen), sollten zusätzlich noch lang- wirksame Kohlenhydrate (z.B. eine Scheibe

Brot) gegessen werden, um eine erneute Hypoglykämie zu vermeiden (Tabelle 4).

Fetthaltige Nahrungsmittel wie z.B. Scho- kolade sind aufgrund der langsamen Re- sorption zur Behandlung der Akutsitua- tion ungeeignet.

Bei bewusstseinsgetrübten oder bewusst- losen Patienten mit schwerer Hypoglykä- mie sollte der Versuch einer oralen Glu-

kose-Gabe wegen der Gefahr der Aspira- tion unterbleiben. Hier muss die intravenöse Gabe von 1 ml/kg Körperge- wicht einer 40-prozentigen Glukoselö- sung erfolgen, anschliessend sollte die Plasmaglukosekonzentration mit 5- bis 10-prozentiger Glukose zwischen 150 und 200 mg/dl gehalten werden. ● Literatur unter

ww.allgemeinarzt-online.de

Dr. med. Bernadette Reinsch Gemeinschaftspraxis Drs. Gäckler/Jäkel/Fricke Praxis für Nierenerkrankungen und Diabetes Bürkle-de-la-Camp-Platz 2 D-44789 Bochum Dr. med. Marianne Ehren BG-Kliniken Bergmannsheil Universitätsklinik Bochum Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 D-44789 Bochum

Interessenkonflikte: keine

Dieser Beitrag erschien zuerst in

«Der Allgemeinarzt» 8/2005.

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autoren.

Ta b e l l e 4 :

T h e r a p i e d e r H y p o g l y k ä m i e

BZ zwischen 60 und 80 mg/dl ●1 schnell wirksame BE

(10 g Traubenzucker = 2 Täfelchen)

●plus 1–2 langwirksame BE (z. B. Brot) BZ unter 60 mg/dl ●2–3 schnellwirksame BE

Patient wach und kooperativ (20–30 g Traubenzucker = 4–6 Täfelchen)

●plus 1–2 langwirksame BE

BZ unter 60 mg/dl ●stabile Seitenlage als Aspirationsschutz

bewusstloser Patient ●i.v. Gabe von 1 ml/kg KG 40-prozentiger Glukose

●anschließend BZ mit 5–10-prozentiger Glukose zwischen 150 und 200 mg/dl halten

●Kaliumkontrollen

●wenn i.v. Therapie nicht möglich ist, 1 mg Glukagon i.m.

●cave: wirkt nur, wenn Glykogenreserven nicht verbraucht sind

●nach Erwachen: 1–2 schnellwirksame BE oral und 1–2 langwirksame BE

BZ = Blutzucker, BE = Berechnungs-/Broteinheit

Hypoglykämien bei Typ 2-Diabetes

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Sexuelle Dysfunktion

unterschätzt bei depressiven Patienten

Psychopharmaka wie antipsychotisch wirkende Medikamente, trizyklische Anti- depressiva, Monoaminooxidase (MAO)- Hemmer und selektiv wirkende Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI), können erwiesenermassen Störungen der Sexual- funktionen verursachen. Zu derartigen Störungen zählen vermindertes sexuelles Verlangen, Störungen der Erektion, zu Verzögerung der Ejakulation und Orgas- musstörungen. Störungen der Ejakulation und des Orgasmus können wiederum sekundär zu einer Beeinträchtigung der Erektion, zu vermindertem sexuellem Ver- langen, zur Vermeidung von sexuellen Kontakten und zu Beziehungsproblemen zwischen den Partner führen.

Durch Antidepressiva wie zum Beispiel SSRI verursachte Beeinträchtigungen der Sexualfunktionen spielen vor allem bei Langzeitbehandlungen eine Rolle, wäh- rend dieses Problem bei der Behandlung von akuten Depressionen kaum zum Tra- gen kommt.

Die Patienten nehmen eine Störung ihres

Sexuallebens wahrscheinlich eher im Ver- lauf der Akutphase der Behandlung in Kauf, wenn ihre Libido ohnehin schon vermindert ist und sie eine Besserung der depressiven Symptomatik verspüren. Wenn sie sich jedoch erholt haben, wünschen sie häufig, dass sich das Gefühl der Bes- serung auf alle Aspekte ihres Lebens aus- dehnt!

Störungen der Sexualfunktion werden da- her für viele Patienten unannehmbar sein und können in vielen Fällen eine wichtige Ursache für eine schlechte Compliance darstellen.

Die Störungen der Sexualfunktion sind möglicherweise der wichtigste Grund, weshalb Patienten eine ansonsten erfolg- reiche Behandlung abbrechen!

Dr. Charles B. Nemeroff et al. führten ei- nen doppelblinden multizentrischen Ver- gleich mit den beiden SSRI Fluvoxamin und Sertralin durch um herauszufinden, ob sich verschiedene SSRI hinsichtlich der durch sie verursachten Beeinträchtigung der sexuellen Funktionen(Libidostörungen und Ejakulationsstörungen) unterscheiden.

Fluvoxamin und Sertralin führten zu einer ähnlich stark ausgeprägten Besserung der

Depression gem. HAMD-Scale. Nebenwir- kungen waren hauptsächlich leichter Na- tur und traten bei 95,3 Prozent der mit Sertralin und 85,7 Prozent der mit Fluvo- xamin behandelten Patienten auf (1).

In der mit Fluvoxamin (Floxyfral®) behan- delten Gruppe berichteten signifikant we- niger Patienten über sexuelle Dysfunktio- nen (10% gegenüber 28% in der mit Sertralin behandelten Gruppe). ● Quelle: Arzneimittelkompendium 2004.

Referenzen:

1. Nemeroff C.B. et al., 1995:

Depression 3: 163–169.

2. Arzneimittelkompendium der Schweiz Ausführliche Angaben zu Floxyfral entneh- men Sie bitte dem Arzneimittelkompendium der Schweiz oder kontaktieren Sie uns:

Solvay Pharma AG Ingrid Brand, Product Manager Untermattweg 8, 3027 Bern Tel. 031 996 96 00 Internet: www.solvay.ch

Fluvoxamin (Floxyfral

®

):

Bessere Compliance durch geringere Beeinträchtigung der Sexualfunktion

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P H A R M A A K T U E L L A C T U A L I T É S P H A R M A C E U T I Q U E S

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