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Archiv "Autopsie: Noch kann das Schnittbild den Schnitt nicht ersetzen" (17.02.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 7

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17. Februar 2012 A 323

STUDIEN IM FOKUS

Der Thrombinhemmer Dabigatran (2 150 mg/Tag) reduzierte in der RE-LY-Studie (Randomized eva- luation of long-term anticoagulant therapy) bei Vorhofflimmern das re- lative Risiko für Schlaganfall und systemische Embolien im Vergleich zu Warfarin um 34 %. Allerdings war das relative Risiko für Herzin- farkte bei Dabigatran signifikant um 38 % (p = 0,048) erhöht. Eine Reanalyse der Daten bestätigte das Ergebnis nicht. Nun sollte eine Me- taanalyse Klärung bringen.

Darin wurden Daten von 7 ran- domisierten Studien mit Dabigatran (n = 30 514 Patienten) zur Schlag- anfallprophylaxe, postoperativer Prophylaxe oder tiefer Venenthrom- bose analysiert. Primärer Endpunkt waren akute Koronarereignisse wie instabile Angina pectoris, Herzin- farkt und Herztod. Unterschiedliche Dosierungen von Dabigatran und den Vergleichsmedikamenten (War- farin, Enoxaparin, Placebo) wurden berücksichtigt.

Herzinfarkte und akute Koronar- syndrome waren unter Dabigatran (1,19 %) signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe mit 0,79 %, das relative Risiko war um 33 % erhöht (Odds Ratio 1,33, p = 0,03). Das absolute Risiko nahm um 0,27 Pro- zentpunkte zu. Die RE-LY-Studie hatte mit 59 % der Kohorte und 74 % der Ereignisse einen hohen Anteil an der Metaanalyse.

Wurden die überarbeiteten Er- gebnisse der RE-LY-Studie in der Analyse verwendet, war das Ergeb- nis ähnlich (OR 1,27, p = 0,05), ebenso, wenn kurz dauernde Studi- en ausgeschlossen waren (OR 1,33, p = 0,03) (1, 2).

Fazit: Eine Metaanalyse, in der das kardiovaskuläre Risiko von Dabi- gatran mit anderen Gerinnungshem- mern verglichen wurde, ergab ein um 33 % erhöhtes relatives Risiko für Dabigatran. Die Interpretation

der Metaanalyse sei wegen der komplizierten Statistik schwierig, meint Prof. Dr. med. Harald Darius, Berlin, Koautor der RE-LY-Studie.

Auch seien verschiedene Dabiga- tran-Dosierungen und Vergleichs- therapien sowie unterschiedlich lange Therapiezeiten gemeinsam analysiert worden. Eine aktuelle Analyse der RE-LY-Daten zeige au- ßerdem, dass die Herzinfarktrate nicht signifikant erhöht, die Letali- tät unter 150 mg zweimal täglich Dabigatran aber signifikant gerin- ger war (3). Andere kardiale Ereig- nisse habe es unter Dabigatran eher seltener gegeben. Auch sei die

nichtsignifikante Steigerung der Infarkte nicht besorgniserregend, da die Inzidenz mit 0,64 % (Warfa- rin) und 0,81 % (Dabigatran) sehr niedrig sei, die Patienten nicht zur Koronarpopulation gehörten und nicht mehr tödliche Infarkte oder instabile Angina pectoris auftraten.

Dr. rer. nat. Susanne Heinzl 1. Uchino K, et al.: Dabigatran association

with higher risk of acute coronary events.

Meta-analysis of noninferiority randomized controlled trials. Arch Intern Med. Published online January 9, 2012. doi: 10.1001/arch internmed .2011.1666.

2. Jacobs JM, et al.: Dabigatran: Do we have sufficient data? Arch Intern Med. Published online January 9, 2012. doi: 10.1001/arch internmed .2011.1721.

3. Hohnloser S, et al.: Myocardial ischemic events in patients with atrial fibrillation treated with dabigatran or warfarin in the RE-LY trial. Circulation 2012; 125: 669–76.

SCHLAGANFALL- UND THROMBOSEPROPHYLAXE

Erhöht Dabigatran das Risiko für kardiale Ereignisse?

Obduktionen sind ein wichtiges In- strument zur Qualitätssicherung in Kliniken und zur Verbesserung von Todesursachenstatistiken. Gleich- wohl ist die Rate der Autopsien rückläufig, in Deutschland werden nur etwa 3 % der Verstorbenen au- topsiert. Als mögliche Gründe wer- den Personalengpässe in den Klini- ken und fehlende Zustimmung der Angehörigen genannt.

Pathologen, Intensiv- und Rechts - mediziner des Universitätsklini- kums Hamburg-Eppendorf haben in

einer prospektiven Kohortenstudie die Aussagekraft der traditionellen Obduktion mit der virtuellen Au- topsie durch Computertomographie verglichen. Der Körper wird vom Computer dreidimensional aus Schnittbildern rekonstruiert. Von 285 konsekutiv auf 9 Intensivstatio- nen des Klinikums zwischen Januar und Juni 2010 gestorbenen Patien- ten wurden 165 virtuell autopsiert und 47 zusätzlich durch den Patho- logen. In allen Fällen hatten die An- gehörigen eingewilligt. Von 196 Dia - AUTOPSIE

Noch kann das Schnittbild den Schnitt nicht ersetzen

TABELLE

Metaanalyse zum Risiko für Herzinfarkt und akute Koronarsyndrome bei Behandlung mit Dabigatran (1) Studie, Jahr

RE-NOVATE, 2007 RE-MODEL, 2007 PETRO, 2007 RE-LY original, 2009 RE-COVER, 2009 RE-DEEM, 2011 RE-NOVATE II, 2011

* Akutes Koronarsyndrom Dabigatran (n) Ereignis* kein Ereignis

13 10 2 175 4 32 1

2 295 1 372 443 11 916 1 269 1 458 1 009

Kontrolle (n) Ereignis* kein Ereignis

9 4 0 63 2 4 1

1 133 690 70 5 959 1 264 313 10 02

0,04 0,20 1,00 5,00 Odds Ratio (logarithmisch)

Odd Ratio (95-%-KI) 0,71 (0,30–1,67) 1,26 (0,39–4,02) 0,79 (0,04–16,73) 1,39 (1,04–1,86) 1,99 (0,36–10,90) 1,72 (0,60–4,89) 0,99 (0,06–15,90) 1,33 (1,03–1,71)

modifiziert nach: Arch Intern Med. doi: 10.1001/archinternmed.2011.1666

M E D I Z I N R E P O R T

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A 324 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 7

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17. Februar 2012 gnosen, die vor dem Tod bestanden,

wurden 88 % durch virtuelle Autop- sie und 93 % durch traditionelle Obduktion bestätigt. Die Forscher stellten insgesamt 14 neue schwer- wiegende Diagnosen fest und 88 weniger schwerwiegende neue Be- funde. Bei den 115 ausschließlich virtuell Autopsierten fanden sie 11 neue schwerwiegende Komorbidi- täten wie Schlaganfall, intrazere- brale Blutungen und eine Milzrup- tur. Außerdem wurden 36 neue we- niger schwerwiegende Komorbidi- täten im CT diagnostiziert (Mali- gnome, Frakturen, Pneumothorax).

Von den neuen Diagnosen wurden 20,8 % im CT nicht erkannt und 13,4 % bei konventioneller Autop- sie. Sie war der virtuellen vor allem bei kardiovaskulären Erkrankungen und Malignomen überlegen, die

virtuelle der klassischen vor allem bei Frakturen und dem Erkennen von Fremdkörpern.

Fazit: Die virtuelle Biopsie könne hilfreich sein, insbesondere wenn Angehörige einer konventionellen Obduktion nicht zustimmten, fol- gern die Autoren. Die Kosten lägen eher unter denen für eine konven- tionelle Obduktion. Diese sei aber nach wie vor Standard. Ob die vir- tuelle Autopsie die konventionelle künftig werde ersetzen können, müssten größere Multicenterstu- dien klären. „Die Untersuchung von Verstorbenen mit bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT kann wertvolle Hinweise auf krankhafte Veränderungen geben, aber weder die pathologisch-anatomische noch die forensische Sektion ersetzen“,

meint Prof. Dr. med. Hansjürgen Bratzke, Universitätsklinik Frank- furt am Main. „In der Pathologie ist selbst unter Zuhilfenahme mikro- skopischer, immunhistochemischer oder molekularer Untersuchungen die Diagnose im Einzelfall sehr schwierig und kann derzeit nicht annäherungsweise durch Abbildun- gen des Originals verbessert wer- den.“ In der Rechtsmedizin hätten Farbgebung und nicht sichtbare In- toxikationen große Bedeutung. Sie seien mit CT nicht nachzuweisen.

Als Ergänzung zur äußeren Lei- chenschau wäre allerdings die Bild- gebung zu begrüßen.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

Wichmann D, Obbelode F, Vogel H, Hoepker W, et al.: Virtual Autopsy as an alternative to tra- ditional medical autospy in the intensive care unit. Ann Intern Med 2012; 156: 123–30.

Regelmäßige körperliche Aktivität senkt nicht nur das Risiko für Herz- Kreislauf-Erkrankungen und die mit Übergewicht assoziierten Er- krankungen wie Diabetes und Ge- lenkkrankheiten, sondern auch das Malignomrisiko. Die Weltgesund- heitsorganisation empfiehlt mindes- tens 150 Minuten Bewegung pro Woche von moderater Intensität wie rasches Gehen oder 75 Minuten anstrengende Aktivität wie schnel- les Laufen. Bislang aber war unklar, ab welchem Minimum an Bewe- gung mit lebensverlängernden Ef- fekten zu rechnen ist.

Diese Frage haben Forscher aus Taiwan in einer prospektiven Ko- hortenstudie mit 416 175 Teilneh- mern (48 Prozent männlich) unter- sucht (1). Diese wurden nach einem standardisierten Verfahren einmal pro Jahr (1996 bis 2008) nach kör- perlicher Aktivität, gesundheitsrele- vanten Lebensstilfaktoren und me- dizinischen Diagnosen befragt. In Bezug auf die körperliche Aktivität gab es fünf Kategorien: inaktiv und leichte körperliche Aktivität bei einem metabolischen Äquivalent (MET) von 2,5, wobei ein MET 1 kcal pro Stunde pro Kilogramm Körpergewicht entspricht. Als mo- derat (mittel) wurde die Aktivität bei 4,5 MET beschrieben, als hoch bei 6,5 MET und als sehr hoch bei 8,5 MET. Die Teilnehmer waren mindestens 20 Jahre alt und wurden im Durchschnitt 8 Jahre beobachtet.

Verglichen mit inaktiven Perso- nen ergab sich ein statistisch signi- fikanter Effekt auf das Mortalitäts- risiko schon ab einer leichten kör- perlichen Aktivität von 92 Minuten pro Woche oder 15 Minuten am Tag: Das Mortalitätsrisiko war in dieser Gruppe um 14 % reduziert

im Vergleich zu Inaktiven, die Le- benserwartung um 3 Jahre verlän- gert. Jede Viertelstunde zusätzli- cher täglicher Aktivität reduzierte das Mortalitätsrisiko um je 4 %.

Der präventive Effekt ergab sich in allen Altersgruppen, bei beiden Ge- schlechtern und bei kardiovaskulä- ren Erkrankungen. Umgekehrt hat- ten Teilnehmer ohne nennenswerte körperliche Bewegung ein um 17 % erhöhtes Mortalitätsrisiko.

Fazit: Ab einer leichten körperli- chen Aktivität von 15 Minuten am Tag ergibt sich eine statistisch signi- fikante Minderung des Mortalitäts- risikos. Assoziationen mit Todesur- sachen gab es bei Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Diabetes mellitus und Malignomen. Die Botschaft, dass schon eine Viertelstunde Be- wegung täglich einen positiven Ef- fekt auf die Lebenserwartung habe, helfe, inaktive Patienten zu moti- vieren, heißt es im Editorial (2).

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

1. Wen Ch P, Man Wai J P, Tsai M K, et al.:

Minimum amount of physical activity for re duced mortality and extended life expec t - ancy: a prospective cohort study. Lancet 2011; 378: 1244–53.

2. Nigam A, Juneau M: Survival benefit asso- ciated with low-level physical activity. Lan- cet 2011; 378: 1202–3.

PRÄVENTION

Schon 15 Minuten Bewegung täglich senken Mortalität

GRAFIK

Relation zwischen der Intensität regelmäßiger körperlicher Bewegung und Mortalität

Mortalität (Hazard Ratio)

inaktiv niedrig mittel hoch sehr hoch Aktivitätslevel

––– Gesamtmortalität ––– Malignome

––– Kardiovaskuläre Erkrankungen

modifiziert nach: Lancet 2011; 378: 1244–53

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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