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Ueber die aramäische Inschrift auf einer Vase des
Serapeum's zu Memphis, und über eine Gemme
mit himjarischer Inschrift.
Vou
Dr. M. A. lievy.
Der beriilimte Aegyptologe Mariette zu Paris bat bekanntlicb
das Serapeum zu Memphis vor einiger Zeit aufgefunden und die
wertbvollen Monumente desselben in das Museum des Louvre
niedergelegt, wo sie einen beträcbtlicben Kaum einnehmen. Bei
meiner Anwesenheit zu Paris im August vorigen Jahres machte
mich Hr. de Longperier auf eiue Vase der genannten Sammlung
aufmerksam, die eine phönizische Inschrift enthalte. Hr. Ernest
Renan hatte schon kurz zuvor mir eine .Abschrift derselben ge¬
geben, die ich nach Autopsie des Denkmals bis auf geringe .Ab¬
weichungen mit dem Original genau Ubereinstimmend fand. Die
Vase ist nach französischem Maasse 0,586 m lang, 0,325'" breit
und 0,295"' bocb, und bildet ein Rechteck, in dem ausgehöhlten
Theile durch eiue Scheidewand getrennt. An der vordem Seite
befindet sich die erwähnte Inschrift, von 3f Zeilen '). Die Buch¬
staben derselben siod recht deutlich und leicht ihrem Werthe nach
zu bestimmen, wenn man nur die Schriftart richtig erkannt hat.
Diese aber hat der erste Bearbeiter unserer Inschrift, der Herzog
von Luynes ^), verkannt und dessbalb mehrere einzelne Zeichen
falsch gelesen. Seine Lesung lautet:
-tJicNb naari a-njib «nn
13 abn ! IN-nas V-.* T :id mi—
DDN Dip lasi rtDn p
•jB mi >n
d. h. Ignem tulimus admoveodo imaginem Apidi: Ruach Pda
servus Hori et Tobbor filius Tokeh et ministrans coram Apide
Chai-Ruach-Pda.
1) Eine ausrührliehe Beschreibung giebt die gleicb anzuführende Ab¬
handlung vom Due de Luynes.
2) S. s. Abhandlung im Bulletin archeologique de 1' Athenaeum fran(ais, No. 8 ct 9. 1855.
Bd. \1. 5
S «
Levy , über die aramäische Inschrifi
Der zweite Bearbeiter, Ur. Prof. Ewald '), hat wobl, wie man
von ihm erwurteo durfte, die Scbrift als die bekannte aramäisch¬
ägyptische erkannt, und die einzelnen Zeichen zum grossen Theil
richtig gelesen, die Entzifferung jedoch kann, abgesehen von
maocher gewagten Erklärung, schon desshnlb nicht genügen, weil
Wörter wie n:3 (Tochter) und p (Sohn) in einer aramäischen In¬
schrift schwerlich einen Platz hätten finden können. Hr. Ewald
hat folgendermassen gelesen:
-Di«b n:a na-ipb- T't ^3i£n
1330 -«SS* 135 nn -«1
-DIN Dip'•ti 13i>.. 'SDn 13'
nn ■'i n
„Mein Bild als Darbringung einer Tochter für Osiris-
Hörus opferte mein Vater TdbibÄr Sohn Tofki's, opfernd
vor Osiris-Hdrus." —
Der dritte Erklärer endlich , Ur. Abh6 Barges , Professor des
Hebräischen an der Sorbonne etc. -'), den manche Leser dieser
Zeitschrift von seinen unglücklichen Deutungen der Numidischen
Inschriften her im Gedäcbtniss haben mögen , hat eine Entziffe¬
rung geliefert, die man bei dem jetzigen Stande phönizischer
Wissenschaft kaum hätte erwarten dürfen, und die an die Zeiten
des sei. Hamaker erinnert. Es genügt gewiss seine Lesung hier
anzuführen, um ihre völlige Unhaltharkeit sogleich augenfällig
zu machen. Hr. Barges liest:
-'äN bn-ja r)bi]5 bin n»
lasbi 3N1351 naSi i
T t ; 1 . , 'AN■ T Dipiayivi-.* ; VV ! nsh 7aI
tliiui •'inui ,,Posuerunt vas ohlationum Beutel alieni- gena, et Saph , et Ebedub , et Tobibar
filius Tokeli , et Ebedkedem Ge-
suraeus , et Soghed." ^)
1) Erklärung der grossen phön. Inschrirt von .Sidon und einer Aegyptisch- Aramäischen elc. GöUingen 1856.
2) .Nouvelle Interpretation de I'inscription phenicienne decouverle par M.
Marietie dans le Serapeum dc Memphis. Paris 1856.
3) Wer noch weiter Lust hat naeh den Gründen einer solchen Lesung zu fragen, dem sei nur als Prohe milgelheilt, dass Hr. B. das erste Zeichen aus der numid. Schrifl herleilend (,,indubitahlenient") als liest, das Hr.
de Luynes „nur wegen seiner Aehnlichkeit mit dem griech. Eta" für ein Cheih gehalten hahen soll (s. S. 6); TiN (S. 10) isl r= dem hebr. la (alienigena) mit dem Art. N • (Man denke , dass das Hebräische nie das Wort IA mit Jod nacb dem Gimel scbreibt, geschweige denn das Phönizische, und
auf einer Vase des Serapeums tu Memphis. 87
Auch nicht ein einziges Wort hat Hr. Barges richtig gelesen,
selbst das Richtige, was der Herzog von Luynes, dessen Abhandlung
trotz der unrichtigen Entziiferung doch des Lehrreichen so Vieles
enthält, bereits herausgebracht, hat Hr. B. wieder fallen lassen
in seinem „examen critique de l'interpretation donnre par M. le
Due de Luynes".
Es sei mir nunmehr gestattet meine Erklärung der Inschrift
vorzulegen '); zuvor einige Worte über die Schriftart unseres
Denkmals. Dieselbe gehört, wie schon erwähnt und wie ein
flüchtiger Blick lehrt, zu der aramäisch - ägyptischen , die eine
jüngere Entwickelung der altsemitischen ist, welche ihren Ur¬
sprung, wie wir glauben, in den Culturländern des Euphrat und
Tigris, im alten Babylonien genommen hat Sie ist von da
höchst wahrscheinlich unmittelbar durch Colonisten nach Aegypten
gebracht worden. Movers (Die Phönizier I, S. 72. Anmerk.) hat
mit Recht daraufhingewiesen, dass, nachdem Aegypten'durch die
Schlacht bei Circesium in Abhängigkeit von den Babyloniern ge¬
rathen , diese auch feste Plätze dort angelegt hatten. Das Castell
„Babylon" bei Memphis hatte den Zweck Unterägypten im Zaume
zu halten (vgl. auch Herod. IV, l(i6 und Blau de numis Achae-
menid. p, 14). Auf solche Weise gelangten babylon. Colonisten
nnch Aegypten, und diese haben denn auch dorthin ihre Schrift
verpflanzt und sie in ihrer Sprache (der aramäischen Mundart)
uuf verschiedenen Monumenten in Anwendung gebracht. Bekannt¬
lich besitzen wir in dem Stein von Carpentras ein Denkmal ägyp¬
tischer Kunst, aber mit einer aramäischen Inschrift in semiti¬
scher Schrift, dns nach Gesenius ( mon. phoen. p. 226 ff.) und
Beer (inscriptt. et papyri veteres semit. Lips. 1833. p. 8 ff.) in
die letzten Zeiten der Ptolemäer zu setzen und nach dem letzteren
von in Aegypten lebenden Juden, welche dem Osiris-Cultus sich
angeschlossen, nacb ersterem aber, dem wir vollkommen beistim¬
men, wenn wir auch, nach der Schrift zu urtheilen, das Denk¬
mal etwas höher hinaufrücken, von heidnischen Verfassern (das
sind, wie schoo angedeutet, babylonische Colonisten) herrüh¬
ren soll. Anders verhält es sich mit den in derselben Schrift-
dass ein Arl. N im Phön. gar nicht existirt, worüber an einem andern Orte mehr!) S. 12 liest Hr. B. noch immer mit Gesenius in d. Num. 1. 2 u.
Zeile I ein 0^9*7^9 „roi eternel", was hoffentlich phöniz. Paläograpben längst vergessen haben , u. s. w.
1) Ich gebe dieselbe ganz so , wie ich sie gelegentlich einer grösseren Abhandlang, welche ich einer gelehrten Gesellscbart zu Anfang dieses Jahres eingereicht, gelesen habe.
2) Wir haben dies bereits in dieser Zeitscbr. (IX, 475 Anm. 17) in der Kürze angedeutet und werden es in einer grösseren Abbandlung bald des Weitern zu begründen suchen.
5*
68 Levy, über die aramäische Inschrifi
art uns ülierkoinnienen ägyptisclieu Papyrusfragmenten , die lioclist walirsclieiiilicli ägypt. Juden zu \'erfassern lialien. Geseuius hat dieselben a. a. (). Tab. 30 — 33 veröffentlicht und iiiterpretirt '). —
Ein anderes kleines Papyrus-Fragment belindet sich im Louvre,
das jedocli in seiner defectiven Gestalt nur geringe Ausbeute
giebt ■).
Zu diesen Uenkinälern ist nun auch unsere Vase zu rechnen,
es ist offenbar das älteste und Hr. von Luynes greift gewiss
nicht zu hoch hinauf, wenn er es mit Hrn. Mariette in das vierte
Jahrhundert vor Chr. setzt ■*). — Zu den einzelnen Formen der
Inschrift sei nur in der Kürze Folgendes bemerkt: Das Zoiclion
\ , das sechsmal in der Inschrift vorkommt und das Hr. von
Luynes jedesmal für ein Waw hält, ist offenbar Jod, wie in der
Inschrift von Carpentras und auf den Ahdsohar-.Münzcii. Ueber¬
haupt niuss inaii , wie schon Itlau (a. u. O.) richtig bemerkt, die
sogenannten ägyptiscli-phönizisrlien Denkmäler in Hezug auf die
Schrift eher mit der babyloniscben als mit der pliöiiizischen ver¬
gleichen. Eine Ausnahme inncht davon die Inschrift von Ipsambul
(Judas: etudes d£monst. PI. 6). — Ferner ist nach richtiger Ver¬
gleichung auch der vorletzte Buchstabe der ersten und dritten
Zeile nicbt Phe, sondern Waw. So ergiebt sich denn zn Ende
der ersten und Anfang der zweiten Zeile das Wort 'lOlN (Osiris),
in derselben Schreibweise , wie auf dem Denkmal von Carpentras.
Folge davon ist, dass wir die Buchstaben 3, 4 und 5 der zwei¬
ten und das letzte Wort der letzten Zeile "'Sn Hapi (d. i. Apis)
lesen. — Auch in der Lesung von Tl zu Anfang der letzten
Reibe, muss ich von Hrn. von Luynes abweichen. leb hegte
gleich beim Anblick der Vase die Vermuthung, dass man das
Zeichen, welches sich an dem untern Winkel der rechten Seite
mit dem um die Schrift gezogenen .Striche verbindet, für den
Buchstuben Cheth halten könnte, welcher vielleicht mit einem in
der kleinen darauf folgenden Lücke des Steins vorauszusetzenden
Jod die Sylbe gäbe. Bei genauer Besichtigung wurde mir
1) Die .Stücke tab. 31—33 scheinen uns ein Fragment eines allen Tar¬
gum zu enthalten.
2) Ks scheint uns eine Art Abrechnung zu enihallen, der SchriTt nach ist CS jünRcr als die andern Fragmente. Mit Sicherheit vermögen wir bluss
die Worte zu lesen: NniTüb f mehre Mal), Nrpo:, IJiliJXl , ,
und viellcicl-t CJINübta (Plolemäus?). Das Fragment enlhäll im Ganzen 11 Zeilen, 6 davon sind kaum 4 Zoll breit; mau lindet cs auch abgedruckt (aber verkehrt) in der paleographie univers. par Silveslre p. 123.
3) Man beachte, welche Aehnliehkeil der Schrifl, besonders in Bildung des Belh und Daleth, auf dem babyl. - assyrischen Siegel mit der Inschrift
^ba *13y, welches Hr. de Longperier (Journ. asiat. 1855, II, p. 426) zuerst verölfentlicht hat, mit den betrelfenden Zügen unseres Denkmals obwaltet.
auf einer Vase des Serapeums zu Memphis. 69
aber deutlicb , dnss die vierte Zeile mit dem zunäcbst der Lücke
folgenden ■'1 beginnen müsse, welclie mit dem DIN der voran¬
gebenden Zeile wieder ilOIN (Osiris) ergiebt, uod dass der um¬
gebende Stricb von dem Steiumetzen an dieser Stelle rait Ahsicht
so weit in die Schrift hineingezogen wurde, um dadurch ein be¬
gangenes Versehen wo möglicb zu corrigiren. Die übrigen Zeicheu,
mit Ausnahme von zweien, auf die wir noch zurückkommen wer¬
den, bedürfen keiner weitern Erläuterung. Wir lesen demnach;
-oiüh naa naipb ■'snn
13 ao-iaN lay ^sn >i
-DIN Dip 133.' ■'ÜD n23
•"cn •>-)
„Eine Spende zum Opfer Bennith's dem Osiris-Apis (Sera¬
pis ) opferte Abitab Sobn Bennith's. Also opferte er vor
Osiris-Apis".
Der Inhalt des Gauzen ist nacb unserer Lesung also: ein Üiolin
spendet für seinen (verstorbenen?) Vater eiu Opfer dem Osiris-
Apis. Dazu nnr wenige Worte zur Rechtfertigung!
''Dnn, wie man unzweifelbaft lesen rauss, lässt sicb schwer¬
lich aus dem Semitischen deuten. Das Verbum Ejnn hat im Chal¬
däischen und im Hebräiscben die Bedeutungen: „fortreissen, eilen",
was hier durchaus keinen Sinn giebt. Wir glauben daher, dass
ein ägyptisciies Wort zu Grunde liegt. A tep lieisst im Kopti¬
schen „Kuchen", später ,, alles feste Opfer", vgl. utp ,, darbrin¬
gen" '). Wir glauben daher der Wahrheit ziemlich uabe gekom¬
men zu sein, wenn wir Hatpi mit ,, Spende" wiedergeben, sind
aber gern bereit die Deutung dieses Wortes aufzugeben , wenn
ein Aegyptolog von Fach etwas Besseres bietet ').
n3ip Infinitivform = n31pn , das oft im Chaldäischen
= 131p gebraucbt wird.
n33, der Name Bennith ist ohne Zweifel zusammengesetzt
aus n3 13 „Sobn der Neith" (oder Tanaitis , Anaitis). Vgl. das
nan auf den carthag. Inschriften und Gesenius a. a. 0. p. 117
u. 172, feruer Movers Rel. d. Pb. p. 627 S. — Der Name des
Kölligs n33n auf der grossen sidon. Inschrift verhält sich zu
unserin n33 wie der biblische Name 'jasnn zu -«aTaDn-
1) S. Bunsen's Aegypten 1. p. 564.
2) Dass übrigens ägyplische VVörler mil semil. Zeichen gcschriehen wenlen , darf weiter nicht auffallen , haben wir doch auch altpersische , die auf gleiche VVeise bcliandoll werden, wie '^11^ u. dgl. (vgl. ßlau a. a. 0.).
Ja sollen doch sogar phönizische Wörter mil Hieroglyphen geschrieben wor¬
den sein. Vgl. F. Lenormant, bull, archeol. 1856. No. 6.
TO Levy, iiber die aramäische Inschrifi
'^IDIK ist aus der Inschrift von Carpentras hekannt. — '<0r>
Apis entspricht gonz dem koptischen 2^*.ni, *.ni (vgl. .4then. fran^.
185.T p.. 75 BF.). ),Hap, Hapi hängt zusammen mit dem kopt. gmn
abscondere, occultare, abscondi, occultus esse, latere; der Apis
ist nichts als der Verborgene . . . wie Ptah der Geoffenbarte",
Brugsch, Ztsebr. d. D. M. G. IX. p. 197. Merkwürdig, dass dem
vollkommen die Verba i-tsn und nno des Uebr. und Chald. ent¬
sprechen. Auch eine längere Zeit angezweifelte Stelle der Sep¬
tuaginta findet durch unsere Inschrift ibre Lösung und giebt uns
die Bestätigung, duss die alexandrinischen Uebersetzer das 'cn
= Apis gekannt haben. Die Stelle Jer. 46, 15 ']'<1''at< Sino3 »na
übersetzen die LXX: dwji ifvyiv^Anig b t^toaxcg o lxXixT6g aov;
offenbar haben sie gelesen: ;:in D3 >na „worum flieht
Apis, dein Stier, dein Auserlesener". Buchart Hieroz. II. c. 28.
§. 6 glaubt, man müsse onlaw mit der Complut. lesen, woraus
leicht 6 ^L4ntci entstanden sein könne. Hauptsächlich hat dieser
Gelehrte, wie noch ihm Schleussner (Nov. Thes. s. v. ) Anstoss
nn dem Cjn (''rn) genommen, dos sie im Hebr. in dieser Form
oicht kannten, dos uus nun ober durch unsere Inschrift als Um¬
scbreibung des Apis bekannt wird. Ebenso fällt auch ein Licht¬
strahl auf den dunkeln Namen "«enn in der Insebrift von Corpeu- tras, es ist unser "cn mit dem ägypt. Artikel. — ^6n-'''iDlN
aber verbunden ist = Serapis , oder eigentlich Soropis, Osoropi^,
dessen Cultus lange in Memphis geherrscht bot, und sich schon
in den ersten Dynastien nachweisen lässt. Vor Rhamses il. hotte
er jedocb keine grosse Bedeutung gehabt. Im 30. Jahre seiner
Regierung fing sein bevorzugter Sobn Chaem-Djom an, eine
grosse Gollerie onzulegen zum Begräbniss der Apis , und diese
blieb bis zum 20. Jahre der Regierung Psammetich I. (vgl. Revue
des deux mondes 1855. tom. XI. p. 1072 ff.). — Dos Verhältniss
des Osiris-Apis hat schun Bunsen ( a. a. 0. p. 502) richtig er¬
kannt, Apis, heisst es daselbst, der Stier in Memphis , war uach
Plutareh das Bild der Seele des Osiris. Nach Wilkinson findet
sich heider Name in einer hieroglypbiscben Inschrift verbunden:
Api-Hesyri. Hiernach dürfen wir wohl kaum zweifeln, doss Se¬
rapis der verdorbene Name Osiri-Api war.
TtS : der erste Buchstabe Kaf darf nicht beanstandet werden,
er ist das auf den aram.-ägypt. Inschriften sich findende v.^ mit
gebogenem Schafte wie wir es auch iu der althebr. Münz¬
schrift (vgl. de Saulcy: Numismatique judaique PI. 10, 1. u. 14, 6),
in den sinait. Inschriften und im Palmyrenischen (vgl. Lajard:
reeherches sur le culte du cypres pyramidal etc. in den Mem. de
I'lnstitut, Acod. des inscr. XX, 2. PI. II. no. 2 Zeile 1 in dem
Worte basba) finden. Auch dos He, der aut dos Kaf folgeude
Buchstabe , hat etwas stärkere Züge , die in der Copie bei
Luynes uicbt ganz deutlicb hervortreten. Man findet diese Form
auf einer Vase des Serapeums tu Memphis. 7t
des He, ausser auf phöniz. Monumenten späterer Zeit schon auf
den assyr. Gewichten, deren treue Abbildung- Norris (Journ. of the
Roy. As. Soc. XVI) uns geliefert hat. — ins ist mit „ulso, sie"
zu iibersetzen, es ist gleich dem 'MMS mit der mat. lect. N, oder
dem confrahirten "'D, wie der Dialekt des jerusnl. I'almuds ge¬
wöhnlich hat. Es steht uns übrigens auch frei das Jod zum fol¬
gendeu 133> zn ziehen — nay „also that" oder als Imperf.
auch zu übersetzen ,,also pflegte zu thun". Wir zieben jedoch
die erste Erklärung vor. — las in der Bedeutung „opfern" ist
im Chaldäischen sehr gewöhnlich. — Zu aD^a« (nuch dem Chald.
Abi -tab zu sprechen) vgl. den hebr. Numen Abitub (a^caN)
I Chr. 8, 21.
Als Anhang zu unserer Erklärung der Inschrift des Sera¬
peum's geben wir hier die einer Gemme bei Gesenius ( monum.
no. LXVII, ter. Tab. 28), welche nach unserer Ueberzeugung
bisher nicht richtig gelesen worden , um ein anderes Beispiel den
Lesern dieser Blätter zu bieten , auf welche Weise ägyptische
Namen im Phönizischen wiedergegeben werden. — Die Beschrei¬
bung der genaunten Gemme giebt Gesenius (a. a. 0. p. 222) mit
folgenden Worten: Cornulinus in collectione Anatolii Demidoffii
comitis, qui gypso espressos est in „Impronte gemmarie" insti¬
tuti archaeologici Romani cent. II, no. 37. Deliueationem ejus
ligno incisam eamque in majus auctam dedit Wihlius (de graviss.
inscr. p. 40), in qua figura Triptolemum , ni fallor, referens,
sinistra manu spicas, dextra cornu copiae tenentem, satis bene
expressa est. — Die um den Rand hinlaufende Inschrift hatte
WihI gelesen : DI D"in löit d. h. die fVeihe des erhabenen Hermes.
— ■ Bei diesen gewiss nur allein seinem Urheber verständlichen
Worteo wollen wir uns nicht länger aufhalten; aucb Gesenius'
Lesung Dan ttJt* löB' „Jophimo vir sapiens (philosophus, medicus)"
darf scbwerlicb auf Beifall rechnen , da die Zeichen der Inschrift
nicht richtig gelesen, und der Inhalt derselben sich als ganz un¬
passend für ein Siegel ergiebt. Andere Deutungen sind mir nicht
weiter bekannt, auch Judas (Etudes d6m. S. 191) weiss ebenfalls
nichts Besseres als Gesenius.
Stellen wir vor Allem die einzelnen Zeicben fest. Der erste
Buchstabe ist ein Lamed ; wenn aucb die Richtung etwas ver¬
schieden von der gewöbniicben ist, ^ statt ^, so darf man doch
nicbt an dem Werthe dieses Zeichens =b zweifeln, du das Estran¬
gelo nur jene Form hat und ausserdem die Analogie sn vieler
Siegel und Gemmeu, die gewöhnlich mit dem Lamed uutoris he¬
giunen, dafür spricht. — Das zweite Zeichen balten wir mit
Gesenius für ein Phe. — Mehr Schwierigkeit macht die Bestim-
7 2 Levy , eine Gemme aus Gesenius' Munumenlen.
muner des dritten worin Gesenius ein Mem siebt, dus aber
in solclier Gestalt gewiss nicbt im Pböniziscbeu nacbzuweisen ist.
üfiFenbar ist die Form eine Ligatur vou mebreren Buclistaben,
und zwar von Tav, Cbetb und Betb , wie diese Bucbstaben ganz
gewölinlicli sind. Das Tav = [ ist aucb auf dem bekannten
Backslein (Ges. tab. 32. no. L.V.WII, aaa), auf dem Siegel vou
I.,ayard (Ninive and Babyl. p. H06) und Lajard (sur le culte de
Mithra, PI. iVO. no. 6), ferner auf der Gemme bei Layard (a. a. 0.
p. 154); CS gehört überhaupt zu den ältesten bnbyl.-phön. Formen
(vgl. aucb Athen. 2, 2 bis. Cit. 24, 1). Der zweite Theil der
Gruppe ergiebt das wohlbekannte Chetb, das griech. 'Hru, nur
dass der zweite .Schenkel etwas gebogen ist, wegen des darauf
folgenden Beth. Au der Richtigkeit der Bestimmung des letzte¬
ren Buchstaben kann wohl nicht gezweifelt werden ; somit ergiebt
sich deun als der Theil der rechten Seite mit Hinzuziehung des
letzten Buchstaben Nun :
1^ nnei
Des Ptah (Ptach), Sohn
Der zweite Theil bietet nicbt so viele Schwierigkeiten. Der
erste Buchstabe ist Aleph, der zweite Mein, die folgenden sind
zwei Nun, der fünfte Kaf fwie auf der obigen Inschrift des
Serapeum's im Worte ins), der sechste wiederum Aleph, ähnlich
dem ersten und dem der sainarit. Münzsclirift und der ägypt.-
arain. Denkmäler. Somit haben wir als den Vaternamen NDaaax,
Ain'n-necho. Die ganze Inschrift muss daher gelesen werden :
ND3:as p nnsb
d. i, des Ptah, Sohu Am'n-necho.
Wir haben also ächt ägyptisclie Nainen, wenn auch semiti¬
scher Etymologie, vor uns. Der erstere Ptah ist als Gott wohl
bekannl erscbeint aber auch uls Nom. propr. in der Inschrift
von Ipsambul (Judas etud. dem. PI. 6), nicht als Gott, wie wir in
uns. phön. Studien I. Heft, wo wir die von Ipsambul besprochen,
gezeigt baben. Der Name ist entweder als chuldaisirende Form
nnc, oder aus nnp'' , wie Dsbi"' und DSba , und ]ps u. dgl.
abgekürzt zu betrachten (vgl. Movers a. a. 0.). — Am'n-Necho,
ein zusammengesetzter Name, ist in seinen einzelnen Tbeilen nicht
minder bekannt. Wir finden Am'n sowobl wie Necho bäufig mit
andern Nom. propr. componirt, so wie auch einzeln jeder Name
schon durcb das A. T. bekannt ist (vgl. Gesen. Thes. p. 115 u.
885). Die Scbreibweise des Wortes ]aN Am'n, dus wir im Hebr.
1) Bunsen : Aegyptens VVellslellung I S. 451, der für diesen IVamen keine ägyptische Ableitung, nicht einmal Analogie lindet. Der Name ist se¬
mitischer Abkunft, s. .Movers: Encyclopädie v. Ersch u. Gruber, Art. Phö¬
nizien p. .390. Anm. 85.
Levy, eine Gemme mil himjarischer Inschrifi. 73
= 1173^ finden, ist ganz regelreclit pliöniziscli , indem man den
Vocalbuclistaben fortgelassen; aucb dass dus bebr. 133 oder Mb3
(kopt. nko oder nkou) iu unserer Insclirift N33 lautet, darf nicbt
aulfallen, da bekanntlicb das Pböniziscbe das auslautende He
meistens in .4lepb oder Tav umgewandelt but (vgl. Movers a. a. 0.
p. 438 und puniscbe Texte II. p. 92 u. III).
Die .Scbrift, sofern, sicb aus dem kleinen Umfange der In¬
sebrift ein Urtbeil fällen lässt, ist der sogen, aram.-ägypt. am
näcbsten und trägt ein ziemlicb altertbümlicbes Gepräge; es wäre
aucb wUnscbenswertb , wenn Kunstkenner sicb iiber das Bild der
Gemme ausspräclien , welcbem Style dasselbe angeböre. In dieser
Beziebung füblen wir uns nicbt competent eiue Ansicbt zu äussern.
Eine Gemme mit himjarischer Inschrift.
Die Wiederaufnabme der Iiimjarischen Inschriften durch Osian¬
der in der trefüiclien Abhandlung „Zur Iiimjarischen Alterthums¬
und Sprachkunde" (Ztsclir. d. D. M. G. X. p. 17 ff.) hat mir eine
himjarische Inschrift auf einer Gemme ins Gedäcbtniss zurück¬
gerufen, deren Mittheilung und Besprecbung an diesem Orte nicbt
ohne Interesse sein dürfte, da sie geeignet scheint, einigein der
genaunten Abhandlung angeregte Zweifel zu heben. Bei meiner
Anwesenheit in London fiel mir im Münzcabinet des brit. Mu¬
seums eine autograpbirte Schrift: „Oriental Cylinder's by CuUi¬
more. London 1842" in die Hände, welche zahlreiche Abbildun¬
gen verschiedener Cylinder assyrischer, babylonischer, persischer
etc. Herkunft entbält. Die meisten derselben bieten indessen
nach unserer Ansicht kein grosses Interesse, weil sie einerseits
schon anderweitig bekannt gemacht, anderseits obne alle Kritik
geordnet worden sind. Eine Gemme jedoch No. 144, deren ge¬
treue Durchzeichnung ich hier den Lesern dieser Zeitschrift biete,
erregte meine Aufmerksamkeit, weil sie meines Wissens noch
nicht besprochen worden ist '). Bei derselben ist vom Autor
nichts weiter bemerkt als : „from Vienna", eine Lesung ist nicht
versucht, da dem Herausgeber wohl kaum bewusst war, dass die
Beischrift himjarische Zeichen enthält.
Wir lesen die 11 Zeicben: n31t«a03D5bi«
1) \'iellcicht identisch mit dem von Rawlinson erwähnten Cylinder:
„Thcre is a Bahylonian cylinder in the British Museum, with a lliiuyarie legend, which, from the slyle of art, cannot he later lhan Ihe Acbaemeiiiau
period." Journ. of the R. Asial. Soc. vol. XV, p. 233. Red.
74 Levy, eine Gemme mil himjarischer Inschrifi.
und die Buchstabengruppe in Worte getheilt;
i:t e<a oaaybt»
U ij<aaīJ1
„Alanbas (der Löwe) nichts [ist, das] ihm gleicb"
Die Gemme scheint einem „Alanbns" (ein nom. propr. arab. |j*saIc
leo) gehört zu haben, auf den mit Anspielung auf die Bedeutung
seines Namens (leo, vir fortis) die Worte 121 nn angewandt sein
G
mögen. Das -| vor dem n: ^j^j par, similis) ist das pron. relat.
wie das im Himjarischen gewöhnlich ist '), — Ob die daneben
stehende Figur, die der Kleidung nacb geringe Aehnlichkeit mit
einem Krieger, mehr aber mit einem Priester hat, das Bild des
durch die Beischrift genannten Mannes sein soll , ist schwer zu
bestimmen. — Die Form der Buchstaben bietet nichts bemerkens-
werthes, ausser dem dritten und sechsten. Der 3. ist olfenbar
ein Ain, nur ist der kleine Haken an der untern Seite auffallend;
möglich, dass ein ungenauer Copist diesen hinzugefügt hat. Das
sechste Zeichen, welches von Fresnel nach den Berliner Manu¬
scripten als T bestimmt worden, und das Osiander zuweilen dem
Lautwerth des gleichkommend betrachtet, scheiut hier ein D
(jj«) zu sein.
Endlich ist in grammatischer Beziehung der Gebrauch des
Artikels '"bN zu beachten. Mit Recbt hat Osiander (a. a. 0.
p. 44 ff.) den Artikel rt im Himjarischen bezweifelt, ebenso das
"'bet in der arub. Form und ist zu dem Ergebniss gelangt,
„dass sich aus dem vorhandenen Material für das Himjarische
kein Artikel nachweisen lässt." Unsere Inschrift würde nun
einen vollgiltigen Beleg für den Gebrauch des Artikels bN er¬
geben.
So geringen Umfanges auch unser Denkmal ist, so zeigt
es doch, dass die Kunst, die mau i'n den Ueberresten der Bau¬
denkmäler bei den Himjaren mit Recbt bewundert , auch in an¬
dern Zweigen betrieben wurden ist.
1) Jedorb nie mit diesem 1 gescbrieben, sondern mit dem H = ütbiop.
JJ = arab. i. Red.
75
Entstehung und Beschaffenheit des fönikisch-
hebräischen Alfabetes.
Vou
Prof. Dr. Heinrich Wnttke.
Die pariser Altademie batte zuletzt die Preisaufgabe ausge-
scbriebeo: Aufsucbung des Drspruogs des fönikischen Alfabets
und Bestimmung seiner Verbreitung bei deu verscbiedenen Völ¬
kern der alten Welt. Cbarakterisirung der von diesen mit dem
.Alfabet vorgenommeneu Modifikationen, um es der Sprache und
Stimme der einzelnen anzupassen und der gelegentlichen Verbin¬
dung mit Elementen aus andern grafischen Systemen. — Die
Zeitungen meldeten kürzlich, dass niemand sich zu ihrer Lö¬
sung gefunden hat.
Akademien, weicbe Preisaufgaben ausschreiben, haben nicht
nur zu erwarten, dass Untersuchungen ihrer Beurtheilung unter¬
breitet werden, sondern müssen auch gestatten, dass man ihre
Aufgaben einer Beurtheilung unterwirft. Die grosse französische
Akademie kann letzteres , gestützt auf ihre ruhmvolle Thätigkeit
und ibren preiswürdigen Eifer, eber als jede andere ertragen.
Gewugt ist es allerdings eine Meinung entgegenzusetzen
einer Körperschaft, die das Glück bat, iu ihrem Schoosse einen
Mann zu besitzen, der ä'ich getrauen darf, über die Behandlung
des zweiten Baupttheils der Preisfrage (die Anpassung des Alfa¬
betes für die Sprache und Stimme der verschiedenen Völker) den
Spruch zu fällen, doch wird man wohl anerkennen, dass einige
Grüude vorhanden sind für den Zweifel, ob .Angesichts des Stan¬
des der Vorlagen die Stelluug des ersten Haupttheiles der Frage
gegenwärtig bereits an der Zeit war. Denn eben ist man im
Begrilfe nach zwei Seiten hin neue Ausbeute zu gewinnen, und
zwar eine solche, welcher gegenüber der kärgliche Stoff, auf
dessen Prüfung der Forscher dermalen beschränkt ist, vielleicht
blos untergeordnete Bedeutung erhält. Während nämlich keines
der von Gesenius behandelten fönikischen Schriftstücke aus einer
der makedonischen Eroberung Südwestasiens vorangehenden Zeit
herzurühren scheint, einige Münzen nur der persiscben Zeit an¬
gehören, der in Marseille 1845 gemachte Fund endlich eine
Schrift gab, weicbe ungefähr um das Jahr —500 entstunden
sein mag (bald nach dem Friedensschlüsse der Karthager und
Massilioten, nacb welchem erstere gewiss nicht mit der Nieder-