ine schwere Magenblutung muß endoskopisch gestillt werden. Ein Eingriff, der durch Unerfahrenheit des behan- delnden Arztes schnell zum Risiko für den Patienten werden kann. Um Medizinern ein Training für diesen und andere schwierige Eingriffe zu ermöglichen, haben zwei Ärzte der Universitätsklinik Erlangen, der Chirurg Dr. Martin Neumann und sein internistischer Kooperations- partner Dr. Jürgen Hochberger, ein Modell entwickelt, an dem operative Eingriffe – endoskopisch oder kon- ventionell – täuschend echt simuliert werden können.
Mit dem „Erlanger Ausbildungs- simulator für die interventionelle En- doskopie“ (EASIE), der auf dem Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin vorgestellt wurde, können nahezu alle endosko- pischen Eingriffe, unter anderem die Ulcusblutstillung, die Polypektomie und die ERCP, trainiert werden. Der Simulator besteht aus einem Kunst- stofftorso (Thorax-Abdomen-Dum- my), der auf einer Grundplatte in ei- nem Dreh-Kipp-Gestell variabel fi- xiert ist.
Zwei-Liter-Blut-Reservoir
Entsprechend den natürlichen Körperöffnungen enthält der Dummy Durchführungen, an denen Ober- bauchorgane vom Jungschwein ange- schlossen werden. Für die Simulation von Blutungen ist ein arterio-venöses Perfusionssystem mit einem Zwei-Li- ter-Reservoir für Zitratblut vom Schwein integriert. Mit Hilfe einer Rollerpumpe können somit analog ei-
ner Herz-Lungen-Maschine Drücke bis 180 mm Hg und eine Pulsfrequenz bis 180/min aufgebaut werden.
Für einen Trainingskurs werden frische Oberbauch-
organe/-organpa- kete vom Jung- schwein aus dem lokalen Schlacht- hof bezogen und in anatomisch kor- rekter Lage im Dummy fixiert. Die Wahl des Organpa- kets hängt von dem angestrebten Trai- ning ab. Ist zum Beispiel eine In- tervention am obe- ren Gastrointesti- naltrakt geplant, wird ein Paket aus Ösophagus, Magen und Duodenum im-
plantiert, das oberhalb des Treitzschen Bandes abgesetzt wurde.
Für das ERCP-Training mit Pa- pillotomie wird ein Organpaket ver- wendet, bei dem zusätzlich Gallenwe- ge, Gallenblase und Leber präpariert wurden. Für den jeweiligen Eingriff ist zusätzlich eine spezielle Vorberei- tung der Organpakete notwendig wie das Einnähen von Polypen in die Ma- genwand zur Polypektomie.
Besonders interessant sind die Einsatzmöglichkeiten des Modells bei der Simulation der endoskopischen Blutstillung im oberen Gastroin- testinaltrakt. Hierzu werden Präpara- te von Mesenterialarterien in die Ma- genwand eingenäht und mit dem Per- fusionssystem konnektiert. Wird im Trainingskurs die entsprechende Abzweigung des Perfusionssystems
geöffnet, entsteht eine pulsierende ar- terielle Blutung, die der „Schüler“ mit der geeigneten Methode (zum Bei- spiel mit Suprarenin-Injektion, Fi- brinkleber oder Hämoclip) zum Still- stand bringen muß. Durch die zusätz- liche Implantation von Bauchdecken- präparaten vom Jungschwein in die ventrale Abdeckung des Dummys kann auch die Anlage einer Perente- ralen Ernährungssonde (PEG) trai- niert werden.
Seit Mitte 1997 wurde das Mo- dell, das eine hohe Realitätsnähe auf- weist, auf zahlreichen nationalen und internationalen Kongressen und Endoskopie-Workshops vorgestellt.
Nach Angaben von Hochberger schätzen Fachleute insbesondere die
Möglichkeit der Blutstillung, die bis- her weder am Kunststoffphantom noch Tiermodell, noch in Computersi- mulationen möglich war.
Während sich Hochberger vor al- lem mit endoskopischen Techniken beschäftigt, konzentriert sich der Chirurg Neumann auf die Weiterent- wicklung der chirurgischen Trainings- einheiten, wobei ihn die Fachgesell- schaften unterstützen werden. Für die Endoskopie hat die Arbeitsgruppe geplant, ein strukturiertes endoskopi- sches Ausbildungsprogramm zu er- arbeiten und begleitend wissen- schaftlich zu evaluieren. Derartige Initiativen, so die Vorstellung der Er- langer Mediziner, sollten im Rahmen der Qualitätssicherung auch für ande- re operative und interventionelle Techniken angestrebt werden. zyl A-2528 (36) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 41, 9. Oktober 1998
P O L I T I K MEDIZINREPORT
Erlanger Ausbildungssimulator
Endoskopisch operieren lernen ohne Risiko
Dummy mit arterio-venösem Perfusionssystem erlaubt das Training nahezu aller endoskopischen Eingriffe –
wie die Ulcusblutstillung, die Polypektomie und die ERCP.
E
Das Erlanger Bio-Simulationsmodell besteht aus einer Grundplatte mit Blutreser- voir, Schlauchsystem, Dreh-Kipp-Gestell sowie einem Dummy mit geschlossener
ventraler Abdeckplatte. Foto: Jürgen Hochberger