SPEKTRUM LESERBRIEFE
der Urteilsbegründung dage- gen ist ausdrücklich niederge- legt, daß die Beratung ergeb- nisoffen geführt werden muß, was nun in dem Artikel von Frau Wollersheim auch rich- . tig dargestellt wird! Der Cha- rakter der Konfliktberatung ist zentral für das gesamte Beratungskonzept.
Der Gedanke, daß der Schutz des ungeborenen Le- bens nur mit der Mutter und nicht gegen sie zu erreichen ist, erfordert als allererstes Hilfe für die Mutter in ihrer konflikthaften Situation!
Es trifft übrigens auch nicht zu, daß es bislang im Strafrecht lediglich strafbe- freiende Entschuldigungen für Taten gab, die grundsätz- lich mit Strafe bedroht sind.
Die Notlage war ein Recht- fertigungsgrund, nicht nur ein Entschuldigungsgrund. Wei- terhin trifft nicht zu, daß es einmalig wäre, daß eine Handlung allgemein rechts- widrig ist, aber nicht bestraft wird. Vielmehr gibt es zahl- reiche solcher Handlungen.
Das sorgfältige Urteil des BVG muß mit der gleichen Sorgfalt kommentiert und umgesetzt werden, damit es zu einer wirklichen Hilfe für die betroffenen Frauen wer- den kann.
Dr. Erika Krejci, Werderring 9, 79104 Freiburg
Männer beim Wort nehmen
Als Frauenärztin einer Universitätsklinik möchte ich mich hiermit dafür einsetzen, daß dringend bezüglich des Paragraphen 218 die Männer mit in die Verantwortung in- tegriert werden! Dies sollte für die Beratung und die Fi- nanzierung gelten. Ich werde in Zukunft in meiner Tätig- keit diesen Aspekt miteinbe- ziehen, denn es ist unverant- wortlich, daß die Kindsväter aus jeglicher Verantwortung herausgehalten werden.
Zunehmend erlebe ich mutige Mütter, die alleiner- ziehend ihr Kind verteidigen und - gegen den Wunsch des Vaters - nicht interrumpieren
wollen. Das verantwortungs- bewußte Verhalten ist wieder einmal mehr bei den Müttern ausgeprägt, und wir sollten in diesem Sinne die Männer - nicht nur in Richterroben - unbedingt beim Wort neh- men, das heißt, dem Wunsch nach „mehr Verantwortlich- keit" bei den Vätern gleiche Bedeutung beimessen!
Dr. med. Sabine Hawighorst, Klinikum der Johannes Gu- tenberg-Universität, Langen- beckstraße 1, 55131 Mainz
Operationen
Stimmen zum ambulanten Operie- ren:
Keine
Chancengleichheit
Die Öffnung der Kran- kenhäuser dient doch nur da- zu, selbst kleinste Eingriffe an die Klinik zu binden, um so ihr Budget durch den „Geld- topf" der niedergelassenen Ärzte zu entlasten. Eine ori- ginäre Aufgabe der Niederge- lassenen wird diesen somit entzogen. Für den operieren- den Kollegen in der Praxis bedeutet dies, daß er neben einer solchen Konkurrenz aus dem Krankenhaus nicht be- stehen kann. Es werden da- durch weder Betten einge- spart, noch wird es den nie- dergelassenen Ärzten ermög- licht, in leeren Klinik-Op-Sä- len zu operieren, obwohl Krankenhäuser aus Steuer- mitteln finanziert werden.Von Chancengleichheit ist keine Rede.
Dr. med. P. Roth, Scharnwe- berstraße 14, 13405 Berlin
Wo es hakt
Der „Dumme" ist sicher der Hausarzt, besonders auf dem Land. Mit oder ohne Ab- sprache „darf" er zu jeder Ta- ges- oder Nachtzeit zu den Notfällen rasen. Sein Punkt- wert fällt, es steigt ja die Punktzahl. Es wird auch seine Haftpflichtversicherung stei- gen.
Dr. med. Gisela Sittner, Jo- seph-Seitz-Straße 57, 97076 Würzburg
Erlanger Fall
Zu dem Beitrag „Der ‚Erlanger Fall' und die Logik medizinischer Konse- quenzen" von Prof. Dr. med. Erich Saling in Heft 17/1993:
Medizinische Sicht
Ich muß zuerst darauf hin- weisen, daß ich Kranken- schwester bin und sechs Jahre auf einer internistischen In- tensivstation gearbeitet habe.Ich bin der Meinung, daß Herr Prof. Dr. med. Saling diesen „Erlanger Fall" aus ei- ner rein medizinischen Sicht beleuchtet. Wo bleibt denn die Menschlichkeit in den Krankenhäusern? Herr Prof.
Dr. Saling schreibt, daß be- sonders in Laienkreisen die hirntote Mutter als „Leiche"
bezeichnet wurde. So unrecht haben diese „Laien" doch gar nicht. Die hirntote Mutter wurde doch beatmet, und mit Hilfe von Medikamenten wurden die lebensnotwendi- gen Organfunktionen auf- rechterhalten. Dann ist es ja eigentlich verständlich, daß die werdende Mutter keine Totenflecken beziehungswei- se Fäulnis oder Verwesung aufwies (es wäre ja geradezu menschenverachtend, würde man so jemanden, der schon Totenflecken hat, noch künst- lich am Leben erhalten).
Trotzdem war die hirntote Frau in meinen Augen schon eine Leiche, denn diese Pa- tienten zeigen keine Regun- gen oder Schmerzäußerungen durch Mimik zum Beispiel während Pflegemaßnahmen.
Außerdem bin ich der Meinung, daß das Kind in keiner normalen Umgebung aufgewachsen wäre, denn das Kind hat ab diesem Zeitpunkt keine normale Kommunikati- on der Mutter und ihrer Um- gebung mitbekommen, son- dern nur noch Piepen von Monitoren und Infusomaten, das Geräusch des Beat- mungsgerätes usw. Prof. Dr.
Saling schreibt auch in sei- nem Artikel, „. . . daß bereits in einigen ähnlich gelagerten Fällen von hirntoten Schwan- geren Intensivbehandlungen über mehrere Wochen fortge-
setzt und letztlich gesunde Kinder zur Welt gebracht wurden, die sich bislang auch unauffällig entwickelt ha- ben". Und im nächsten Satz schreibt er „Meines Wissens geschah dies in einem Fall - . . . - in den USA . . .". Wider- sprechen sich denn diese Aussagen nicht? Zuerst spricht er von einigen Fällen, und im nächsten Satz ist nur ein Fall bekannt.
Ich möchte auf keinen Fall mit meinem Leserbrief die fachliche und medizini- sche Kompetenz von Herrn Prof. Dr. Saling in Frage stel- len, doch ich bin der Mei- nung, daß in besonderen Fäl- len, und dazu zählt bei mir der Erlanger Fall, Menschen doch in Ruhe sterben dürfen sollten und nicht immer wei- tere Forschung betrieben werden sollte. Ich meine, es wird für niemanden von uns das ewige Leben geben.
Karin Gruber, Dachauer Straße 161, 80636 München
AiP
Zu der Meldung „Marburger Bund:
Arzt im Praktikum kippen!" in Heft 24/1993:
Meinungswandel
Als 1987/88 die Einfüh- rung des AiP zur Diskussion stand, war gerade der Mar- burger Bund dabei die trei- bende Kraft. Hauptargument waren die EG-Vorschriften, die angeblich keinen anderen Weg zuließen, obwohl auch damals schon seitens der Stu- dentenschaft Alternativen aufgezeigt wurden. Aber die Pflichtweiterbildung war eben ein rotes Tuch. Und so wurde die angehende Medizi- nerschaft als Bauernopfer herangezogen. Jetzt steht die Pflichtweiterbildung fest - was abzusehen war -, und ausgerechnet der Marburger Bund plädiert nun für die Ab- schaffung des AiP. Nach Ab- solvierung meiner AiP-Zeit danke ich dem Marburger Bund für diesen edlen Mei- nungswandel.Dr. med. Margret Hüffer, Mozartstraße 28, 53115 Bonn A1-2222 (10) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 34/35, 30. August 1993