A-2874 (22) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 44, 31. Oktober 1997
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ngesichts der Diskussionen auf dem diesjährigen Hausärzte- tag (siehe Deutsches Ärzte- blatt, Heft 41/1997) ist den führenden Vertretern der Facharztver- bände offenbar ein gehöriger Schreck in die Glieder gefahren: „Wir wollen frühzeitig das ,Primärzarztsystem‘ im Keim ersticken, damit es sich nicht zum ,Spaltpilz‘ einer geeinten Ärzte- schaft entwickelt“, sagte Dr. med. Ge- org Holfelder, Präsident der Gemein- schaft Fachärztlicher Berufsverbände, auf einer Pressekonferenz in Bonn.Die GFB, in der 26 Facharztver- bände mit mehr als 75 000 Mitgliedern zusammengeschlossen sind, fordert den Bundesgesundheitsminister auf,
„nichts für die Einführung eines Primärarztsystems zu tun“ und sowohl dem Hausärzteverband als auch den Vorstellungen der Bündnis 90/Grüne- Abgeordneten Marina Steindor eine Absage zu erteilen. Die GFB jeden- falls wolle sich nichts mehr gefallen las- sen und „laut ihre Stimme erheben“.
„Fallbeispiele“ für schlechte Diagnostik
Dabei gehen die Fachärzte durch- aus rustikal zur Sache. Gegenüber der Öffentlichkeit warfen sie den Allge- meinärzten und Praktischen Ärzten ei- ne mangelhafte Qualifikation vor.„Fallbeispiele“ aus der Praxis ver- schiedener Fachärzte sollten dies bele- gen. So war von einem 30jährigen Pati- enten die Rede, der von seinem Haus- arzt auf kreisrunden Haarausfall be- handelt worden war, in Wahrheit aber an einem seltenen entzündlichen Pro- zeß der Haut litt. Der Mann kam an-
geblich zu spät zum Dermatologen, so daß ein Nachwachsen der Haare nur noch teilweise zu erwarten war.
„Nervös dem Fach- arzt vorgestellt . . .“
Weitaus gravierender als der Haarausfall seien Fehldiagnosen bei malignen Melanomen. Häufig wür- den diese Patienten erst nach Kennt- nis des histologischen Befundes „ner- vös“ dem Hautarzt vorgestellt. Die Prognose sei dadurch deutlich ver- schlechtert. Weitere Beispiele für die angeblich unzureichende Qualifikati- on der Hausärzte lieferten Sprecher der HNO-Ärzte und der Augenärzte – vom nicht erkannten Ohrschmalz- pfropf bis hin zu übersehenen Augen- erkrankungen.
Holfelders Fazit: „Der in fünf Jah- ren weitergebildete Allgemeinarzt mag geeignet sein, als Primärarzt zu fungieren. Der heutige, oft schmalspu- rig weitergebildete Praktiker kann es nicht.“ Nachdem der 100. Deutsche Ärztetag in Eisenach die fünfjährige Weiterbildung in der Allgemeinmedi- zin beschlossen habe, könnten die All- gemeinärzte also frühestens im Jahr 2005 „ihren hehren Primärarztan- spruch wahrnehmen“.
Die GFB plädiert statt dessen für eine bessere Kooperation der beiden Versorgungsbereiche in unterschied- lichen Formen: in multidisziplinären Praxisnetzen, in fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen, Ärztehäusern und Qualitätszirkeln. Die bewußte primärärztliche Gliederung der am- bulanten Versorgung sei jedoch mit den Fachärzten nicht zu machen. JM
P O L I T I K AKTUELL
Fachärztliche Berufsverbände
Hausärzte genügen ihren Anforderungen nicht
Zwischen den Verbänden der Haus- und Fachärzte bahnt sich erneut ein handfester Streit an.
Auf die Beschlüsse des jüngsten Hausärztetages reagierte die Gemeinschaft Fachärztlicher
Berufsverbände (GFB) mit massiven Vorwürfen gegenüber dem Berufsverband der Allge-
meinärzte Deutschlands (BDA). Allgemeinärzte und Praktische Ärzte liebäugelten zwar mit
einem Primärarztsystem, würden dabei aber ihren eigenen Ansprüchen nicht genügen.
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P O L I T I K AKTUELL
(0) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 44, 31. Oktober 1997