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Archiv "IQWiG: kritische Studie zu Memantin" (23.10.2009)

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A 2130 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 43

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23. Oktober 2009

ALZHEIMER

Das Versorgungsnetz muss dichter und vielfältiger geknüpft werden

Die Zahl der Dementen wird in den nächsten Jahren steigen. Nur wenn vorhandene gute Konzepte überall umgesetzt werden, kann man sie angemessen betreuen.

Notwendig sind politische Entschlossenheit, Geld und ärztliches Engagement.

D

emenz – das ist eine schlechte Diagnose. Ambulante Versor- gung von Dementen – da fällt der Befund von Dr. med. Frank Berg- mann nicht viel besser aus. „Rund 60 Prozent der Patienten werden nicht richtig therapiert“, stellte der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte (BVDN) vor Kurzem fest. Viele erhalten keine Antidementiva. Es gibt Versor- gungsprobleme an den Schnittstel- len von Haus- und Fachärzten, aber auch zum Krankenhaus. „Der ganz- heitliche Therapieansatz ist gut und richtig, nur wird er in der ambulan- ten Versorgung in keiner Weise ver- gütet“, ergänzte Bergmann.

Der BVDN-Vorsitzende war ei- ner der Referenten bei der Tagung

„Demenz – gemeinsam für eine bessere Versorgung“, veranstaltet von der Kassenärztlichen Vereini- gung Berlin und der Kassenärztli-

chen Bundesvereinigung (KBV).

Mehr als 200 Teilnehmer diskutier- ten kurz nach dem Welt-Alzheimer- tag am 21. September mit den Refe- renten in Arbeitsgruppen über ange- messene Diagnostik und Therapie, ethische und juristische Fragestel- lungen, die Perspektive der Ange- hörigen. Dabei wurde deutlich, dass es gute und vielfältige Ansätze zur Versorgung Dementer gibt, aber ein dicht geknüpftes, vielfältig aufge- zogenes bundesweites Netz fehlt.

„Wir brauchen Therapien, nicht nur für einige wenige Patienten“, forderte Bergmann. Als Positivbei- spiel für einen Ansatz, der auch an- derswo greifen könnte, führte er ein Modellprojekt in seiner Heimatstadt Aachen an. Dort engagieren sich Haus-, Fach- und Krankenhausärzte sowie Psychologische Psychothera- peuten in Zusammenarbeit mit Pfle- genden im Rahmen des Projekts

„Integrierte Versorgung seelische Gesundheit“ für eine verbesserte Versorgung. Bergmann verwies zu- dem auf ein neues Versorgungskon- zept der KBV und verschiedener Be- rufsverbände für eine optimale neu- ropsychiatrische Versorgung, das demnächst vorgestellt wird.

Ärzte scheuen Umgang mit Demenzpatienten

Der BVDN-Vorsitzende ist jedoch der Auffassung, dass mangelnde Ver- netzung, eine unzureichende Hono- rierung und die Furcht vor Arznei- mittelregressen nicht die einzigen Gründe für eine unzulängliche ärzt- liche Versorgung von Dementen sind. Viele Ärzte hätten erhebliche Schwierigkeiten mit dieser Patien- tengruppe: „In der Rangfolge der Be- liebtheit von ärztlichen Tätigkeiten rangiert der Umgang mit Demenz- kranken am unteren Ende der Skala.“

Als Ursachen nannte Bergmann unter anderem Scheu und Unsicher- heit, den Betroffenen mit der Dia - gnose Demenz zu konfrontieren, das Gefühl, die eigenen Diagnose- und Therapiekompetenzen seien unzureichend, aber auch Zweifel am Nutzen von Testverfahren und dem Einsatz von Dementiva. Häu- fig wüssten Kollegen zu wenig über nicht medikamentöse Behandlungs- möglichkeiten sowie regionale Be- ratungs- und Betreuungsangebote.

Sabine Jansen, Geschäftsführe- rin der Deutschen Alzheimer-Ge- sellschaft, bestätigte dies in ihrem Referat: „Man erlebt oft eine deso- late fachärztliche und zahnärztliche Behandlung Dementer in Pflege- heimen.“ Auf die speziellen Ängste und Bedürfnisse dementer Heimbe- wohner seien nach den Eindrücken Eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Qua-

lität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) stellt die Wirksamkeit von Memantin bei Alzheimer-Demenz infrage. Es gebe keine wis- senschaftlichen Belege, dass Memantin Patienten nutze, heißt es. Der Wirkstoff ist für die Behand- lung mittlerer und schwerer Alzheimer-Demenz zugelassen. Die Einschätzung des IQWiG basiert auf der Auswertung von sieben Studien.

Weiterhin heißt es, dass einige Arzneistoffe, namentlich Cholinesterasehemmer und Ginkgo, kurzfristig bestimmte Symptome lindern oder ihr Auftreten hinauszögern könnten. Ob nicht medi- kamentöse Ansätze wie Angehörigentraining und kognitive Verfahren wirkten, sei noch nicht ausrei- chend wissenschaftlich untersucht.

Das IQWiG resümiert, es gebe nach wie vor keine Therapie, die Alzheimer entscheidend beeinflussen könne. Das Institut hatte den Nut- zen bestehender Therapieangebote im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses unter- sucht.

Der Verband der forschenden Pharmaunter- nehmen (vfa) distanzierte sich von der Studie:

„Das IQWiG umgeht internationale Standards von Arzneimittelbewertungen. Durch die Anwen- dung zahlreicher methodischer Kunstgriffe setzt sich das Institut über die Ergebnisse der Zulas- sungsbehörden und der internationalen Fachge- sellschaften für evidenzbasierte Medizin hin- weg“, kritisierte vfa-Hauptgeschäftsführerin Cor-

nelia Yzer. nos

IQWIG: KRITISCHE STUDIE ZU MEMANTIN

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23. Oktober 2009 A 2131 der Angehörigen viele Ärzte nicht

vorbereitet. Die Alzheimer-Gesell- schaft bemüht sich jedoch um neue Wege: So hat eine Arbeitsgruppe ei- nen Fragebogen für Angehörige entwickelt, den man vor einem Krankenhausaufenthalt der demen- ten Eltern oder des Partners ausfül- len kann. Damit lassen sich den Kli - nikmitarbeitern wichtige Hinweise übermitteln, die nicht bei einer Krankenschwester oder einem Arzt hängen bleiben. Derzeit wird abge- fragt, ob Krankenhäuser die Bögen einsetzen und ob sie hilfreich sind.

Auch bei anderen Veranstaltun- gen rund um den Welt-Alzheimer- tag waren Versorgungsdefizite ein Thema. So kritisierte die noch am- tierende Bundesgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt (SPD) auf dem Zukunftsforum Demenz, es gebe

„zu viele Schnittstellenprobleme zwischen Hausärzten, Fachärzten und auch Kliniken“. Sie forderte, eine leitlinienbasierte Versorgung auf den Weg zu bringen. Für mach- bar hielt es Schmidt, die Behand- lungskosten für Demenzkranke stärker im Finanzausgleich zwi- schen den Krankenkassen zu be- rücksichtigen.

Sie bemängelte insbesondere die Versorgung Dementer in Kranken- häusern (siehe auch DÄ, Heft 25/

2009). Die Krankheit werde dort oft nur zufällig in Augenschein genom- men, wenn alte Menschen mit an- deren Beschwerden eingeliefert werden. Dies bekräftigte Prof. Dr.

med. Ingo Füsgen, Geriatrische Kli- nik Wuppertal: „Die Krankheit wird in vielen Häusern gar nicht erfasst.“

Der Geriater monierte ein grund- sätzliches Defizit: Demenz werde tabuisiert und selbst von Ärzten nicht genügend beachtet.

So einig sich die Referenten da- rin waren, dass bei der Demenzbe- handlung Handlungsbedarf bestehe, so uneinig blieben sie bei der Frage, ob Disease-Management-Program- me (DMP) der richtige Ansatz sind.

Für ein DMP Demenz müsse der bisherige Ansatz deutlich erweitert werden, hieß es. Denn der Versor- gungsbedarf gehe über sonst übli- che medizinisch-therapeutische Ele- mente in Chronikerprogrammen hin - aus. Unumgänglich sei es etwa, die

Angehörigen eng in ein Behand- lungskonzept einzubinden.

Der frühere AOK-Vorstandsvor- sitzende, Hans Jürgen Ahrens, be- fürwortet solch ein Konzept. „Ich verspreche mir große Effekte von einem DMP“, sagte er auf dem Zu- kunftsforum Demenz. Erfahrungen der AOK mit Chronikerprogram- men auf anderen Gebieten hätten gezeigt, dass sie sich bewährten.

Patientenseminare zum Angstabbau

Kritisch beurteilte der Referent Dr.

med. Michael Lang ein DMP De- menz. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Ulm lehnt es ab,

„noch ein weiteres Kontrollinstru- ment zu schaffen“. Engagierter am- bulanter Versorgung durch Ärzte und Pflegekräfte sei der Vorzug vor

„überteuerter Bürokratie und staat- lichen Verordnungen“ zu geben.

Langs Einstellung kommt nicht von ungefähr: Vor zehn Jahren gründete er mit Kollegen eine Pa- tientenakademie. In Seminaren ler- nen Patienten und Angehörige, Erkrankungen wie Demenz, Par- kinson oder multiple Sklerose zu verstehen, Angst abzubauen und ein Gefühl der Kontrolle über die Erkrankung zu entwickeln. Ziel sei es, das Empfinden ausgeliefert zu zu sein zu mindern und die Aktivi- tät von Kranken und Angehörigen zu steigern. Über ein bundesweites Neurologennetz versuchen Lang und seine Kollegen, in größerem Umfang Patientenedukation und Angehörigenschulung zu verwirk-

lichen. ■

Sabine Rieser, Nora Schmitt-Sausen Angelika Fuls beschönigt nicht, wenn

sie von ihrer Beziehung zu Ehemann Thomas erzählt, bei dem mit 53 Jah- ren frontotemporale Demenz diagnos- tiziert wurde: von den ersten Irritatio- nen ob seiner Vergesslichkeit, dem Är- ger wegen vieler Auftragsabbrüche, dem Auseinanderdriften der Wahrneh- mung: „Die Aufgabe des Architektur- büros, das Ende seiner Berufstätigkeit, der Verkauf unseres Hauses – das al- les berührte meinen Mann kaum.“

Nach und nach sei er zu einem fremden Menschen geworden: „Mein Mann hatte begonnen, seine Körper- pflege zu vernachlässigen. Ein früher eher wortkarger Mensch redete nun wie ein Maschinengewehr auf mich ein. Ein Mensch, der normalerweise Schwierigkeiten hatte, seine Gefühle zu zeigen, sagte mir plötzlich immer- zu, wie sehr er mich liebe – was doch eine schöne Begleiterscheinung war.“

Ihre Erfahrungen hat sie in „ich ha- be Fulsheimer“ niedergeschrieben.

Darin schildern Ehepartner, Kinder und Eltern, wie sie mit der Demenzerkran- kung als Angehörige umgehen. Eine Ehefrau beschreibt ihre vergeblichen Versuche, weiter mit dem dementen Mann zu leben, und die Suche nach ei- nem Pflegeheim. Eine Tochter schildert

ihre Entwicklung zur Pflegeexpertin. Ei- ne Mutter schreibt vom Kummer über die Demenz des Sohnes.

„ich habe Fulsheimer“ ist zum 20-jährigen Jubiläum der Alzheimer-Gesellschaft Berlin erschienen. Das Buch gibt Angehörigen von Dementen Gesichter und Stimmen. De- ren Beiträge ermuntern, sich umfassend zu infor- mieren und sich mit ande- ren Betroffenen auszu- tauschen. Viele trauen sich das noch nicht, weiß Geschäftsführerin

Christa Matter, schon gar nicht soge- nannte Randgruppen: „Der Beratungs- alltag zeigt, dass Angehörige von de- menzkranken Homosexuellen und Migranten noch sehr selten in die Be- ratungssprechstunde kommen.“

Hingewiesen wurde am Rande der Kooperationstagung zum Thema De- menz zudem auf das Kinder- und Ju- gendbuch „Die blauen und die grauen Tage“ von Monika Feth. Berichte von Angehörigen liegen inzwischen auch zu anderen Erkrankungen vor, so „Das schaffen wir!“ von Sabine Schepp über Familien und Begleiter von Men- schen mit multipler Sklerose. Rie

ICH HABE FULSHEIMER

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