A K T U E L L
Eine Fahrt mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Kölner Innenstadt bereitet der- zeit wenig Vergnügen. Verschiedene Großprojekte in Verbindung mit den jahreszeitlich üblichen „Das-Geld- muss-noch-schnell-weg“-Baumaß- nahmen verursachen – zumindest gefühlt – andauernde Schrittge- schwindigkeit mit Tendenz zum Still- stand. Wie gut, dass es an den be- vorzugten Staustellen große Rekla-
metafeln gibt, die im steten Wechsel Balsam für die erschöpften Augen bieten. Junge Menschen freuen sich über ihre neue Standleitung mit dem supergünstigen Tarif, oder eine schwarze Schönheit fordert die Passanten zu „Just be proud“ auf und zeigt dabei ihre Unterwäsche.
Und dann reißt uns auf einmal diese Werbetafel zurück in die Rea- lität: Auf hässlichem Blauton steht dort:„Gesundheit!Die Mitarbeiter der Uniklinik Köln sind hundertpro- zentig für Sie da.“ Schwach schim- mert das Siegel der Universität zu Köln durch das Blau; ein EKG-Ver- lauf deutet an, dass wir es hier mit Medizin zu tun haben. Man kommt ins Grübeln. Ist die Botschaft deut- lich genug? Wäre ein „Wir machen den besten Schnitt“ oder „Mit uns leben Sie länger“ nicht die bessere Werbebotschaft? Wer ist der Adressat dieser ästhetischen Zu- mutung? Etwa der zukünftige Krankenhauspatient, der seinen Arzt nun nötigt, ihn in dieses Kran- kenhaus seines Vertrauens zu überweisen? Oder die zuweisen- den Ärzte, damit sie mehr Patien- ten schicken? Vielleicht sollte allen genervten Verkehrsteilnehmern mit dieser positiven Botschaft einfach nur ein gutes Gefühl vermittelt werden. Das ist gründlich miss- lungen. Eine letzte Frage noch: Wer bezahlt für diesen Unfug?
RANDNOTIZ
Thomas Gerst
100-prozentig daneben
Für eine hinreichende Gesundheits- versorgung auch für gesellschaftli- che Randgruppen sprachen sich die Bundesärztekammer und die beiden großen Kirchen aus. Am 25. Okto- ber hatten sich in Bonn unter ande- rem der Präsident der Bundesärzte- kammer (BÄK), Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, und der Vorsit- zende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, getroffen. Einigkeit bestand darüber, dass der Schutz des unge- borenen Lebens verbessert und Re- gelungen gesucht werden müssten, um die Zahl der Spätabtreibungen zu senken. Die Gesprächspartner unter- strichen außerdem die Notwendig- keit, die Frage einer gesetzlichen Regelung von Patientenverfügun- gen intensiv zu diskutieren. „Patien- tenverfügungen sind nur ein Element,
um eine menschenwür- dige Sterbebegleitung zu erreichen“, heißt es in einer gemeinsamen Er- klärung. Das Hospiz- wesen und Möglichkei- ten palliativmedizinischer Begleitung müssten drin- gend weiter ausgebaut werden. Eine Mitwir- kung von Ärzten bei der Selbsttötung widerspricht nach Auffassung der Kirchen und der BÄK dem ärztlichen Ethos.
Vorschläge des Deut- schen Juristentages, die Garantenpflicht des Arz-
tes für das Leben gesetzlich zum Teil zurückzunehmen und berufs- rechtliche Regelungen der Ärzte zu streichen, die die ärztliche Beihilfe zum Suizid sanktionieren, wurden
zurückgewiesen. Kli
INSULIN
Therapiehinweis für Exubera
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich ge- gen eine Empfeh- lung von inhalierba- rem Insulin (Exube- ra) ausgesprochen.
Weder lägen Lang- zeitdaten zu dem seit Januar dieses Jahres europaweit zugelassenen Insu- lin vor, noch sei Exubera wirksamer als ein Insulin, das unter die Haut ge- spritzt wird, so der G-BA-Vorsit- zende Dr. Rainer Hess bei der Be- kanntgabe des Beschlusses in Ber- lin. Darüber hinaus verteure inha- lierbares Insulin die Behandlung von Diabetikern zulasten der ge- setzlichen Krankenversicherung um das Fünffache.
Mit dem Beschluss greift der G-BA einen Bericht des Instituts für
Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom Mai auf. Darin war das Institut zu dem Ergebnis gekommen, dass vor- liegende Studien keine Belege für ei- ne höhere Lebensqualität mit Exubera liefern. Dem IQWiG-Bericht zufolge gab es sogar Hinweise auf Nachteile durch inhalierbares Insulin.
Hess wies bei der Vorstellung des Therapiehinweises gleichzeitig dar- auf hin, dass die Vertreter der Ärz- teschaft im G-BA die Rabattverträ- ge einzelner Krankenkassen mit Herstellern von Analoginsulinen kri- tisch sehen. Diese sind abgeschlos- sen worden, um Typ-2-Diabetikern weiterhin eine Behandlung mit kurzwirksamen Analoginsulinen auf Kassenrezept zu ermöglichen. Im Juli hatte der G-BA beschlossen, Analoginsulinpräparate seien nur dann zulasten der GKV verord- nungsfähig, wenn sie nicht teurer als Humaninsulin seien. Da die Ra- battverträge sich am Höchstpreis für Humaninsulin orientierten, befürch- teteten die Ärzte jedoch nach wie vor, in Regress genommen zu wer- den, erläuterte Hess. MM
Foto:Pfizer
BUNDESÄRZTEKAMMER
Ethik-Diskussion mit den Kirchen
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 44⏐⏐3. November 2006 A2905
Foto:dpa