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Archiv "Transplantationsgesetz: Länder favorisieren Kompromiß-Lösung" (04.12.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

ie für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister der Länder scheinen nunmehr fest entschlossen zu sein, das gesetzliche Vakuum auf dem Gebiet der Organtransplantati- on und der Organspende kurzfristig zu beenden. Nach mehreren Jahren des Lavierens, Diskutierens um das Pro und Kontra von Informationslö- sung, Widerspruchslösung und Zu- stimmungslösung vermeldet die Ge- sundheitsministerkonferenz einen

"Durchbruch in dieser schwierigen Frage". Konkret: Anläßlich der 65.

Plenartagung der Konferenz der für das Gesundheits-

TUELLE POLITIK

..,.. die Regelung des Eingriffs und des Verfahrens zur Einwilligung für mögliche Spender und/oder de- ren Verwandte;

.... die Erklärungsmodalitäten

zur Entnahme eines Organs und .... die Regelung einer zentralen Einrichtung zur Durchführung orga- nisatorischer Maßnahmen im Zu- sammenhang mit Organspenden und

Tran~plantationen.

Uber die Zulässigkeit eines Ein- griffs und die Verfahren zur Einwilli- gung sieht § 3 des Entwurfs folgen- des vor: Maßgeblich ist der zu Leb- zeiten geäußerte oder den Umstän-

Die Entnahme von Organen bei Minderjährigen oder geistig und see- lisch behinderten Verstorbenen ist nur dann zulässig, wenn die gesetzli- chen Vertreter - nach Information - dem Eingriff nicht widersprochen haben.

Der Entwurf regelt Näheres über die Todesfeststellung. Die Or- ganentnahme von Verstorbenen setzt die sichere Feststellung desTo- des voraus. Kriterien des Todes sind sowohl der Herz- als auch der Hirn- tod. Der Herztod wird definiert als vollständiger und irreversibler Still- stand von Herz und Kreislauf, der wesen zuständigen

Ministerinnen und Minister, Senato- rinnen und Senato- ren der Länder ver- ständigten sich die 16 Bundesländer auf einen Muster- gesetzentwurf für ein Transplantati- onsgesetz der Län-

I Transplantationsgesetz I

Länder favorisieren Kompromiß-Lösung

Hirntod als voll- ständiger und irre- versibler Ausfall al- ler Funktionen des gesamten Hirns bei künstlich aufrecht erhaltener Kreis- lauffunktion im üb- rigen Körper. Der Musterentwurf geht

vom "Gesamthirn-

tod" aus; er erteilt der, der einen Kamprarniß zwischen

der sogenannten Widerspruchslö- sung und der absoluten Zustim- mungslösung anstrebt.

Erklärter Wille der Gesund- heitsministerkonferenz (GMK) ist es, auf der Basis des Musterentwurfs für ein Transplantationsgesetz eine bundesweit einheitliche gesetzliche Regelung der Organtransplantation in Kraft zu setzen. Die Länder wol- len prüfen, ob das Transplantations- gesetz zum Gegenstand eines Staats- vertrages der Länder gemacht wer- den kann.

Die Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder, die den paraphierten Ent- wurf erarbeitet haben, sieht aller- dings keinen zwingenden Bedarf für eine gesetzliche Regelung der Trans- plantation. Begründung: Ein Miß- brauch in diesem Bereich sei bisher nicht festzustellen und auch in Zu- kunft nicht zu befürchten. Gleich- wohl wird eine bundeseinheitliche Regelung empfohlen, um die von ei- ner Transplantation aktiv oder passiv Betroffenen rechtlich abzusichern.

Der Mustergesetzentwurf sieht Regelungen in drei zentralen Punk- ten vor:

den nach zu vermutende Wille des Verstorbenen. Fehlt eine Willensäu- ßerung und gibt es auch keine ent- sprechenden Anhaltspunkte, sind die Angehörigen an der Entschei- dung über die Organentnahme zu beteiligen. Sie müssen aber keine ausdrückliche Entscheidung treffen, wenn der Wille des Spenders nicht erkennbar ist. Obligatorisch ist, daß sie von Ärzten darüber informiert werden, daß eine Organentnahme beabsichtigt ist und in welchem Um- fang.

Bleibt der Widerspruch der An- gehörigen aus, ist die Organentnah- me prinzipiell zulässig. Die Autoren des Musterentwurfs werten diese Lö- sung als einen Kamprarniß zwischen Widerspruchs- und absoluter Zu- stimmungslösung, die beide den An- gehörigen nicht das Recht zubilligen, über eine postmortale Organentnah- me zu entscheiden, wenn der Wille des Verstorbenen nicht bekannt ist.

Bei der "Widerspruchslösung"

ist die Organentnahme nur dann zu- lässig, wenn der Verstorbene zu Leb- zeiten nicht widersprochen hat; bei der absoluten Zustimmungslösung nur dann, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eingewilligt hat.

damit Bestrebungen eine Absage, die bereits den Ausfall wesentlicher Teile des Gehirns für die Todesfest- stellung genügen lassen. Um die Ein- haltung der Todesgrenze zu sichern, wird ein V erfa~ren vorgeschrieben, bei dem zwei Arzte die Todesfest- stellung vorne~men und dokumen- tieren. Diese Arzte dürfen nicht an der Transplantation des Organs be- teiligt sein und müssen von Ärzten, die die Übernahme auch der Über- tragung vornehmen, unabhängig sein.

Von einer gesetzlichen Fest- schreibung der für die Feststellung des Hirntodes erforderlichen und zu- lässigen Methoden sieht der Entwurf ab.

Der Entwurf schreibt keine Formpflicht vor, um die Zustimmung oder den Widerspruch zur Organ- entnahme zu erklären. Zuständige Behörden, etwa Einwohnermelde- ämter, sollen Organspendeausweise bereithalten. Außerdem soll vor al- lem der Widerspruch gegen eine Or- ganentnahme nach dem Tod auch bei einer zentralen Registrierstelle niedergelegt werden können. Dieses Register muß nach Todesfeststel- lung, aber vor der Entnahme abge- Dt. Ärztebl. 89, Heft 49, 4. Dezember 1992 (17) Ar4169

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fragt werden. Damit soll sicherge- stellt werden, daß der Widerspruch eines Verstorbenen strikt beachtet wird.

Die Identität von Spendern und Empfängern darf nicht preisgegeben werden. Eine Organentnahme von Lebenden ist dem Entwurf zufolge nur in Grenzen und .unter besonde- ren Voraussetzungen zulässig. Die

„Lebendspende" soll nur als ultima ratio zulässig sein. Vor allem habe die Organspende vom Verstorbenen Vorrang, heißt es in der Begrün- dung. Lebendspende soll nicht dazu führen, daß die Bemühungen, mehr postmortale Spenden zu gewinnen, vernachlässigt werden. Die Einwilli- gung zur Organentnahme bei leben- den Personen darf erst nach umfas- sender Aufklärung freiwillig erfol- gen.

„Zentrale Einrichtung"

Ein Novum: § 11 des Entwurfs sieht vor, daß eine zentrale Einrich- tung für die Bundesrepublik geschaf- fen wird, der die Länder organisato- rische Aufgaben im Zusammenhang mit der Transplantation übertragen.

Die Länder sollen dazu eine Verwal- tungsvereinbarung treffen. Bei der Zentralstelle sollen Erklärungen zur Einwilligung und zum Widerspruch registriert werden, außerdem solche Personen, bei denen eine Organ- übertragung indiziert ist. Die Zen- tralstelle soll bewirken, daß dort gemeldete Erklärungen vor einer Or- ganentnahme abgefragt werden kön- nen.

Der Gesetzentwurf postuliert strenge Qualitätskontrollen der durchgeführten Transplantationen, um deren Ergebnisse zu optimieren.

Transplantationszentren sollen zur Zusammenarbeit mit der zentralen Einrichtung verpflichtet werden. Die Zentralstelle wird verpflichtet, regel- mäßig Jahresberichte zu veröffentli- chen.

• Die Länder fordern den Bund auf, den angekündigten Gesetzent- wurf zum Verbot des Organhandels unverzüglich vorzulegen. Detailfra- gen, etwa datenschutzrechtliche Fra- gen, sollen bei einer Sachverständi- genanhörung Mitte Dezember 1992 erörtert werden. Dr. Harald Clade

Prof. Dr. med. habil. Kurt A. Groot-VVassink;

Frauenklinik der Crlarite

„Dieses Strammstehen, das hab' ich nie gewollt"

Die Partei hat meine berufliche Entwicklung stark behindert. Da bin ich zwar nicht der einzige, nur: in vielen Fällen läßt sich das zwar ver- muten, aber nicht beweisen. Ich konnte mir aber nach der Wende meine Unterlagen beschaffen, und deshalb kann ich ganz klar nachwei- sen, wie ich behindert worden bin.

. . . Vom Sommer 1974 an war deutlich zu spüren, wie die Struktur der Klinik überarbeitet wurde, wie die neuen Genossen Assistenten lan- ciert und die alten beiseite gedrängt wurden. Ich war schon seit 1962 in der Hormonforschung tätig und hat- te eine Abteilung für endokrinologi- sehe Gynäkologie aufgebaut, zu der eine Station zur Behandlung der Ste- rilität gehörte. Sowas gab's im gan- zen Ostblock nicht. Und die sollte ich nun nicht mehr leiten, ich sollte dort nur noch mitarbeiten dürfen. „Du kannst nicht sozialistisch leiten", hat mir der Chef gesagt. Wenn ich in die SED eingetreten wäre, hätte ich die- se Schwierigkeiten nicht gehabt.

Aber ich wollte nie in die Partei. Ich habe ja die Nazizeit noch erlebt, und ich habe beobachtet, daß die Ent- wicklung in der DDR dieser Zeit immer ähnlicher wurde. Dieses Strammstehen — das hab' ich nie ge- wollt. Es war für mich unmöglich, in

die Partei einzutreten, um damit be- ruflich etwas zu erreichen. So aber hatte ich nur Nachteile.

Das fing schon an mit der Ver- hinderung meiner Habilitation. Im Zeugnis zur Eröffnung des Habilita- tionsverfahrens vom 28. November 1966 war die fachliche Beurteilung durch den Klinikchef Kraatz sehr po- sitiv. Nur meine „gesellschaftlich-po- litische Entwicklung", so hieß es da, hätte „mehrfach der Kritik" unterle- gen. Und weiter: „Es wird die Auf- gabe des Klinikkollektivs sein, ihm in seiner politisch-gesellschaftlichen Meinungsbildung zu helfen und ihn zu fördern." Dieser fachlichen Beur- teilung beigefügt ist ein Blatt, datiert vom 30. November 1960 und unter- zeichnet vom Vorsitzenden der Ab- teilungsgewerkschaftsleitung (AGL) und vom Parteisekretär der Frauen- klinik. Und die urteilten vernichtend über mich. Natürlich erfuhr man da- von nichts, ich habe das erst nach der Wende lesen können. Da stehen Sät- ze wie: „. . beteiligt sich nicht am politischen Leben der Klinik. In Dis- kussionen in der Vergangenheit hat er bewiesen, daß er in vielen Fragen die Politik unserer Regierung nicht versteht", oder „daß er seine gesell- schaftliche Tätigkeit in guter wissen- schaftlicher Arbeit sieht, aber nicht in einer parteilichen Stellungnahme zu der Politik unseres Staates und in der Mitarbeit an der politischen Er- ziehung der Mitarbeiter und Studen- ten . . ."

Am 31. Januar 1967 teilte mir der Dekan die Ablehnung der Habi-

Zeitzeugen

Die Charitö ein Spiegel der DDR

Die beiden folgenden Texte basieren auf Gesprächen der Berliner Medizinpublizistin Rosemarie Stein mit Charitö- Angehörigen. 22 dieser autorisierten Erzählungen, ergänzt um ein (auf Recherchen in der Gauck-Behörde fußendes) Kapitel über die Stasi-Verstrickungen der Charitö, erschei- nen jetzt in Buchform („Die Charitä 1945-1992. Ein Mythos von innen", 272 Seiten, 28 DM. Argon Verlag, Berlin 1992).

A1-4170 (18) Dt. Ärztebl. 89, Heft 49, 4. Dezember 1992

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