DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FÜR SIE GELESEN EDITORIAL
Je größer das Risiko eines bedrohlichen anaphylakti- schen Schocks ist, um so vor- sichtiger sollte die Testung er- folgen.
© Ein Mittel kann erst dann als individuell unbedenklich bezeichnet werden, wenn es in therapeutisch üblichen Dosen keine Nebenwirkungen verur- sacht (12).
In diesem Rahmen ist und bleibt die Anamnese das Wich- tigste, wobei oft gebrauchte Medikamente vergessen wer- den (Zahnarzt! Menstruations- beschwerden und ähnliches!, Zusätze zu den angegebenen Medikamenten!). Dabei spielt oft die Familienanamnese eine große Rolle (zum Beispiel Ato- piker in der Blutsverwandt- schaft).
Eine Zwischenstellung neh- men die in verschiedenen Ab- stufungen (Pflaster, Scratch-, lnterkutan-, Subkutan-, Binde- hautsack-Test) gebrauchten lo- kalen Belastungen ein. Erst bei deren negativem Ausfall sollte man sich systemischen Testen, das heißt der Zufüh- rung von verdächtigen Medi- kamenten in zunächst klein- ster Dosierung und unter Be- obachtung zuwenden.
Neuerdings haben Berg und Mitarbeiter („Allergologie", 1982 sowie Klin. Wschr. 64 [1986] 481) den Lymphozyten- Transformationsteil = gestei- gerter (> 3,0 x) 3 H-Thymidin- Einbau in Lymphozytenkultu- ren angegeben. Dieses Verfah- ren eignet sich vor allen Din- gen bei der Auswahl des ver- ursachenden Anteils von Kom- binationspräparaten.
Eine Crux jedes erfahrenen Klinikers sind die sogenannten Nahrungsmittelallergien. Ohne
eindeutige anamnestische Hin- weise werden sie meist über- schätzt. Oft hilft nur, von einer
Basisdiät (zum Beispiel nur Reis!) aus Nahrungsmittel und Gewürze stufenweise so lange einzeln zuzulegen, bis alle we- sentlichen Grundbestandteile getestet und als „unschuldig"
erwiesen sind.
Zur Erinnerung an den plötzlich ver- storbenen geschäftsführenden Arzt der Bundesärztekammer, Privatdo- zent Dr. med. Heiner Ochsenfarth
Literatur
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Gross, R.: Immunerkrankungen der Lun- ge, Dtsch. Arztebl. 78, 2186 (1981) und 79, 33 (1982)
Nach Drucklegung dieses Editorials er- schienen im „Internist" 27 (6) (1986) 344 die Beiträge von E. Fuchs über die inha- lative Allergie vom Soforttyp (Typ I) sowie von J. Sennekamp über die inhalative Al- lergie vom Typ III, die leider nicht mehr berücksichtigt werden konnten.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med.
Rudolf Gross
Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41
Benigne Brusterkrankung als Risikofaktor
Der Zusammenhang zwischen ei- ner benignen Brusterkrankung und einem Mamma-Karzinom wurde in einer Verlaufsstudie mit Patienten in der Postmenopause untersucht, die entweder durch diagnostische Verfahren (Mammo- graphie bei 150 Fällen und glei- cher Anzahl Kontrollpersonen, Brustbiopsie bei 107 Fällen und gleicher Anzahl Kontrollpersonen) oder durch konventionelle Verfah- ren (alle 257 Patienten mit Brust- Karzinomen gegenüber gleicher Anzahl Kontrollpersonen) ausge- wählt wurden.
Bei den Mammographiepatienten bestand ein Wahrscheinlichkeits- („odds"-)Verhältnis für eine Asso- ziation zwischen benigner Brust- erkrankung und Brustkrebs von 0,9, bei den Biopsie-Patienten von 0,8. Bei der konventionellen Me- thode jedoch war das Verhältnis
„kausal" sowie statistisch signifi- kant erhöht auf 2,6. Bei der Klassi- fizierung der Patienten zu dem je- weiligen Krebsstadium war bei 56 von 147 Patienten mit lokalisier- tem Karzinom, jedoch nur bei 24 von 107 Patienten mit Metastasen („odds"-Verhältnis 2,3) eine beni- gne Brusterkrankung vorhanden gewesen. Damit wäre der Zusam- menhang zwischen Mastopathie und lokalisiertem Brustkrebs si- gnifikant, der zwischen Mastopa- thie und metastasiertem Mamma- Ca jedoch nicht. Der Nachweis, daß eine benigne Brusterkran- kung einen Risikofaktor für ein Brust-Karzinom darstellt, könnte nach Meinung der Autoren inso- fern irreführend sein, als die Aus- wahl der Kontrollpersonen nicht die durch die differenten Metho- den produzierten Unterschiede („bias") berücksichtigt oder aus- gleicht. Lng
Silber, A.; Horwitz, R. I.: Detection Bias and Relation of Benign Breast Disease to Breast Cancer, The Lancet 1 No 8482 (1986) 638-640.
Dr. R. I. Horwitz, Yale University School of Me- dicine, Room 1E-61 SHM, PO Box 3333, New Haven, Connecticut 06510, USA.
2242 (52) Heft 33 vom 13. August 1986 83. Jahrgang Ausgabe A