Biochemische Untersuchungen zur Interaktion der aeroben sn-Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase aus
Escherichia coli mit der cytoplasmatischen Membran
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften
Universität Konstanz Fachbereich Biologie
Antje-Christine Walz
Konstanz, 2002
Dissertation der Universität Konstanz
Referenten: Prof. Dr. Rupert Mutzel Prof. Dr. Winfried Boos
Datum der mündlichen Prüfung: 12. Februar 2002
Prüfer: Prof. Dr. Hans-Jürgen Apell HD Dr. Michael Dahl
Prof. Dr. Gottfried Seebaß
„Eine Tasse faßt nur eine Tasse Wasser, und wenn ich Liter in sie gösse.“
Ludwig Wittgenstein
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Zusammenfassung
Diese Arbeit beschreibt den molekularen Mechanismus der Bindung der löslichen sn- Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (GlpD) aus Escherichia coli an die cytoplasmatische Membran.
Zunächst wurde der spezifische Bindungsmechanismus zwischen GlpD und eukaryontischem Ca2+/Calmodulin (Ca2+/CaM) durch Kompetitionsstudien analysiert. Von den eingesetzten chemisch unterschiedlichen Calmodulin-Antagonisten wurde die GlpD-Calmodulin-Bindung lediglich durch anionische Liposomen und durch Melittin gehemmt, einem kleinen Peptid, dessen Sekundärstruktur durch eine basisch amphiphile α-Helix charakterisiert ist.
In einem weiteren Schritt wurde die Ca2+/CaM-Bindedomäne von GlpD auf den Bereich der Aminosäuren 355-370 eingegrenzt. Sowohl das GlpD-Fragment CBRIII, das C-terminal um 190 Aminosäuren verkürzt ist, als auch die GlpD-Mutante GlpD∆(351-72), die eine Deletion im Bereich der Aminosäuren 351-372 aufweist, konnten nicht mehr an Ca2+/CaM binden.
Sekundärstrukturvorhersagen ermittelten eine basisch amphiphile α-Helix für diesen Bereich.
Durch gerichtete Mutagenese wurden Mutanten (R359E, K360E, AH362/4DE) erzeugt, die im α-helicalen Bereich negativ geladen waren, während Wildtyp-GlpD in diesem Bereich positiv geladen war. Die beiden Mutanten R359E und K360E präsentieren einen Überschuss an negativer Ladung im hydrophilen Teil der Helix und konnten nicht mehr an Ca2+/CaM binden. Dagegen konnte die Mutante AH362/4DE, deren hydrophile Seite der Helix neutral war, noch an Ca2+/CaM binden.
Die Vermutung, dass dieselben molekulare Mechanismen bei der GlpD-Calmodulin- und der GlpD-Lipid-Bindung vorherrschen, konnte durch Experimente mit Lipid-Monolayern bestätigt werden. GlpD induzierte eine Druckänderung in Monolayern, die aus Gesamt- Phospholipidextrakt von E. coli (TLE) bestanden, indem es in den hydrophoben Bereich der Lipidschicht eindrang. Die Membraninsertion von GlpD war abhängig von der Lipidzusammensetzung. In anionischen Monolayern war die penetrative Kraft von GlpD deutlich höher als bei zwitterionischen Monolayern. In Experimenten mit gemischten Phospholipiden wurde eine positive Korrelation zwischen dem Gehalt an negativ geladenen Phospholipiden und der induzierten Druckänderung beobachtet. Die Punktmutanten, die nicht mehr an Ca2+/CaM banden, konnten bei physiologisch relevanten Drücken nicht mehr in
TLE-Monolayer inserieren. Die AH362/4DE-Mutante war dagegen im Vergleich zum Wildtyp in ihrer Insertionskraft nur geringfügig eingeschränkt. Versuche mit anionischen und zwitterionischen Phospholipiden zeigten, dass die penetrative Kraft der Punktmutanten nur in anionischen Monolayern nicht jedoch in zwitterionischen Lipidschichten reduziert war.
Experimente mit Lipid-Bilayern bestätigten, dass eine direkte GlpD-Lipid-Bindung besteht. In Bindungsstudien mit GlpD und TLE-Vesikeln wurde gezeigt, dass GlpD an TLE-Liposomen bindet. Die Lipidspezifität dieser Bindung unterschied sich deutlich von der des Monolayer- Systems. Die Affinität von GlpD war gegenüber zwitterionischen Phospholipiden höher als gegenüber anionischen Phospholipiden. Die Tatsache, dass dieser Effekt auch mit den Punktmutanten erzielt wurde, zeigt, dass im Lipid-Bilayer-System ein weiterer Mechanismus der GlpD-Lipid-Interaktion beobachtet wurde.
Die Enzymaktivität von GlpD war abhängig von der Phospholipid-Zusammensetzung. Es konnte ausgeschlossen werden, dass die geringere Stimulation durch PG- gegenüber PE- Vesikeln ausschließlich auf Ladungs- bzw. auf pH-Effekten beruht. Die mittels Liposomenbindungstests beobachtete spezifische Bindung von GlpD an PE wirkt sich offensichtlich begünstigend auf die PE-vermittelte Aktivierung aus, möglicherweise indem dies GlpD in seiner enzymatisch aktiven Konformation stabilisiert.
Abkürzungsverzeichnis
ATP
Adenosin-3´ MonophosphatNMR
“nuclear magnetic resonance spectroscopy”CaM Calmodulin NTA Nitriloessigsäure
CDP Cytosindiphosphat OD optische Dichte
CL Cardiolipin PAGE Polyacrylamid
Gelelektrophorese DMSO Dimethylsulfoxid PC Phosphatidylcholin dNTP Desoxyribonukleotide PE Phosphatidylethanolamin DHAP Dihydroxyaceton-Phosphat PG Phosphatidylglycerin
DOPC Dioleoylphosphatidylcholin PGP Phosphatidylglycerinphosphat DOPE Dioleoylphosphatidylethanolamin PS Phosphatidylserin
DOPG Dioleoylphosphatidylglycerin R24571 Calmidazolium
DPG Dipalmitoylglycerin PCR Polymerase Kettenreaktion
DTT Dithiothreitol PMS Phenazin Methosulfat
ECL “enhanced chemiluminescence” RGS “regulator of G protein signaling”
EGTA Ethylenglycol-O-O´-bis(2-
aminoethyl)-N,N,N´,N´-tetraacetat
RT Raumtemperatur FAD Flavin-Adenin-Dinukleotid SDS Natriumdodecylsulfat G3P Glycerin-3-Phosphat SRP Signalerkennungspartikel GlpD Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase SUVs small unilamellar vesicles GUT “glycerol utilization” TBS Tris buffered saline IPTG Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid TCA Trichloressigsäure
kb Kilobasen TFP Trifluoperazin
kDa Kilodalton Tm Schmelztemperatur
LUVETs “large unilamellar vesicles prepared by extrusion technique”
TLE Gesamtphospholipid Extrakt aus Escherichia coli
MARCKS myristoylierte Alanin-reiche Proteinkinase C-Substrate
Tris Tris-(hydroxymethyl)- aminomethan
MTT 3-(4,5-dimethylthiazolyl-2)-2,5- diphenyltetrazolium Bromid
W7 N-(6-Aminohexyl)-5-chlor-1- naphthalinsulfonamid-
hydrochlorid NADH reduziertes Nicotinamid-Adenin-
Dinucleotidphosphat
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
... 1Zentrale Rolle von G3P
... 1Membranaufbau von E. coli ... 1
Phospholipidsynthese ... 3
Charakteristika der Phospholipide ... 5
Nicht-Bilayer Lipids ... 5
Anionische Phospholipide ... 6
Glycerintransport und -metabolismus ... 7
Das glp-Regulon ... 9
Regulation des Glycerinmetabolismus ... 10
Die sn-Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenasen ... 11
Die anaerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase .... 11
Die aerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase ... 12
Klassifizierung peripherer Membranproteine ... 13
Eukaryontisches Calmodulin und bakterielle Calmodulin-Bindeproteine
... 14Ziel dieser Arbeit
... 14Material und Methoden
... 16Verwendete Materialien und deren Bezugsquellen
... 16Chemikalien und sonstige Materialien ... 16
Oligonukleotidprimer ... 17
Inhaltsverzeichnis
Verwendete Plasmide ... 18
Verwendete Kulturmedien ... 18
Mikrobiologische Methoden
... 18Aufbewahrung von Bakterienstämmen ... 18
Wachstumsbedingungen ... 19
Bestimmung der Zelldichte in Flüssigkulturen ... 19
Molekularbiologische Methoden
... 19Standardmethoden ... 19
Polymerase-Kettenreaktion ... 19
Gerichtete Mutagenese mittels Fusions-PCR ... 20
Konstruktion der Vektoren ... 21
TSS-Transformation ... 21
Biochemische Methoden
... 22SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese ... 22
Coomassie Blue-Färbung von SDS-PAA-Gelen ... 22
Western Blot und Immunfärbung von Proteinen ... 22
Protein-Präzipitation mit 10% Trichloressigsäure ... 23
Proteinbestimmung ... 23
Enzymaktivitätstest ... 24
Reinigung von rekombinantem GlpD über Chitinaffinitätschromatographie ... 25
Reinigung der Wildtyp-, CBRIII-, GlpDD(351-372), R349E-, K360E, AH362/4DE-Fusionsproteine über Ni2+/NTA-Affinitätschromatographie ... 25
Bindungsstudien von Wildtyp- und mutagenisiertem GlpD an Calmodulin-Sepharose 4B ... 27
Präparation von SUVs (Small Unilamellar Vesicles) ... 27
Inhaltsverzeichnis
Präparation LUVETs (Large Unilamellar Vesicles prepared by Extrusion Technique)
... 28
Lipid Extraktion nach Bligh and Dyer ... 28
Phosphor Bestimmung nach Fiske Subbarow ... 29
Isolierung und Reinigung des gesamten Phospholid- Extrakts aus E. coli (TLE) ... 29
Monolayer-Experimente ... 30
Vesikel-Bindungsstudien ... 32
Ergebnisse
... 33Spezifität der Bindung von GlpD an CaM
... 33Klonierung, Überexpression und Reinigung von GlpD ... 33
Calcium-abhängige CaM-Bindung ... 34
Inhibitionsstudien zur Bindung von GlpD an CaM ... 35
Bindung von GlpD an saure und hydrophobe Oberflächen ... 36
Lokalisation der CaM-Bindedomänen ... 37
Basisch amphiphile Helix: CaM-Bindemotiv von GlpD? ... 38
Charakterisierung der GlpD-Lipid-Bindung
... 42Direkte Protein-Lipid-Interaktion ... 42
Lipidspezifität der Insertion von GlpD ... 43
Insertion von GlpD in gemischte Phospholipid-Monolayer ... 45
Insertion von GlpD und Punktmutanten in TLE-Monolayer ... 46
Insertion von wt-GlpD und Punktmutanten in PG- bzw. PE-Monolayer ... 47
GlpD-Bindung an TLE-Bilayer ... 48
Inhaltsverzeichnis
Stärkste Stimulation mit neutralen SUVs ... 50
Dosis-Abhängigkeit der Liposomen-stimulierten GlpD Aktivität ... 51
Enzymaktivität nach Vorinkubation mit LUVETs ... 52
Liposomen-stimulierte GlpD-Aktivität bei hohen Salzkonzentrationen ... 54
pH-Abhängigkeit der Liposomen-stimulierten Enzymaktivität ... 55
Diskussion
... 57Direkte GlpD-Lipid-Interaktion
... 57Membraninsertion von GlpD ... 57
Insertion erfolgt durch basisch amphiphile α-Helix ... 58
Spezifische Bindung an PE-enthaltende Membranen ... 60
Lipid-stimulierte Enzymaktivität ... 62
Lokalisierung an Mikrodomänen?
... 63α-Helix: generelles Membranbindemotiv bei Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenasen?
... 65Identität von CaM- und Membranbindedomäne
... 67Ausblick: Identifikation von Membranbindemotiven durch CaM Bindetests ... 68
Literaturverzeichnis
... 71Einleitung
Einleitung
Escherichia coli gehört der Familie der Enterobacteriaceae an, einer Gruppe Gram-negativer Bakterien, deren natürliches Habitat der Darm warmblütiger Organismen ist (Sanderson, 1976). In seiner natürlichen Umgebung sind Fettsäuren, Triacylglyceride und Phospholipide häufig vorkommende Substanzen. Zentraler Bestandteil von Triacylglyceriden und Phospho- lipiden ist Glycerin-3-Phosphat (G3P), das von E. coli entweder für den Membranaufbau oder zur Energiegewinnung genutzt werden kann.
Zentrale Rolle von G3P
Im Metabolismus von E. coli spielt das wasserlösliche G3P eine zentrale Rolle. Einerseits wird es für die Lipidbiosynthese als Grundbaustein von Phospholipiden und als Vorläufer- molekül der polaren Kopfgruppe des Phosphatidylglycerins benötigt (Raetz, 1986). Anderer- seits kann es als Energiequelle in Form von Glycerin, G3P und Glycerophosphatdiester genutzt werden (Lin, 1976). Ist kein externes G3P vorhanden, so wird es von E. coli durch eine NADH-abhängige Reduktion von Glycerinaldehyd-3-Phosphat synthetisiert (Yun et al., 2000). Die Tatsache, dass G3P als Substrat zweier unterschiedlicher Reaktionswege genutzt werden kann, ermöglicht den Bakterien, flexibel und schnell auf die jeweilige Umwelt- situation zu reagieren und stellt sie gleichzeitig vor regulatorische Herausforderungen. Wird die Expression der Strukturgene des Glycerin-Metabolismus nicht mehr reguliert, z.B. durch Mutationen im Glp-Repressor, der die Expression dieser Strukturgene negativ kontrolliert, so führt dies zu einem verstärktem G3P-Abbau, so dass nicht mehr genügend G3P für den Aufbau von Phospholipiden vorhanden ist, was letztendlich die Lebensfähigkeit der Bakterien einschränkt (Holtman et al., 2001b). In E. coli müssen Glycerintransport und –metabolismus folglich auf verschiedenen Ebenen reguliert werden.
Membranaufbau von E. coli
Bakterielle Membranen stellen eine Permeationsbarriere für viele Substrate dar. Die Zellhülle
Einleitung
Membran ist durch einen asymetrischen Aufbau gekennzeichnet, der ungewöhnlich für biolo- gische Membranen ist. Während die äußere Schicht aus Lipopolysacchariden (LPS) besteht, sind in der zum Periplasma gerichteten Schicht Glycerophospholipide enthalten (Raetz und Dowhan, 1990). Die äußere Membran stellt eine Permeationsbarriere dar und bietet der Zelle Schutz vor antimikrobiellen Agenzien. Sie enthält nur wenige Porine, die die äußere Membran gegenüber hydrophilen Substanzen, die kleiner als 600 Da sind, durchlässig machen (Nikaido und Vaara, 1985). Eine Peptidoglykanschicht trennt die innere von der äußeren Membran und bietet der Zelle mechanischen Schutz (Cooper, 1991). Die Aufnahme von Substraten durch die äußere Membran erfolgt durch passive Diffusion, weswegen die Nährstoffkonzentration im Periplasma niedriger als im Extrazellulärraum gehalten werden muss. Da Mikroorganismen meist unter limitiertem Substratangebot leben, kann dies nur erfüllt werden, wenn die Substanzen durch aktiven und spezifischen Transport über die cytoplasmatische Membran schnell entfernt werden. Die cytoplasmatische Membran, bestehend aus einem Glycerophospholipidbilayer mit darin eingelagerten Proteinen, entspricht dem typischen Aufbau von Plasmamembranen.
Abbildung 1: Zellhülle von E. coli (Raetz und Dowhan, 1990)
Einleitung
Die integralen Membranproteine übernehmen verschiedene Funktionen, wie Energieer- zeugung, Transport und Austausch von Nährstoffen und Metaboliten und sind die Vebin- dungsglieder zwischen Umweltbedingungen und physiologischer Antwort. Die wichtigsten Glycerophospholipide von E. coli sind Phosphatidylethanolamin (PE), Phosphatidylglycerin (PG) und Cardiolipin (CL) (Abb2B). Circa 75% des gesamten cytoplasmatischen Phospho- lipidgehalts besteht aus PE (Raetz, 1978). Die relativen Anteile von CL und PG hängen vom Wachstumsstadium der Zellen ab. In der logarithmischen Wachstumsphase wird vermehrt PG gebildet, in der stationären Phase wird ein erhöhter Anteil von CL beobachtet (Ames, 1968;
Cronan, 1968; Raetz, 1986).
Phospholipidsynthese
Die Biosynthese von PE, PG und CL läuft in mehreren Stufen ab (Abbildung 2A). Vorläufer von Fettsäuren und polaren Kopfgruppen werden im Cytoplasma synthetisiert (Raetz, 1986).
Die Endprodukte der Fettsäuresynthese werden zu den an der cytoplasmatischen Membran lokalisierten G3P-Molekülen transferiert. Dort werden sie zu den verschiedenen Phospho- lipidkopfgruppen synthetisiert. Die Synthese der Phospholipide beginnt mit der Acetylierung zu 1-Acyl-Glycerin-3-Phosphat, katalysiert von der G3P-Acyltransferase PlsB (Larson et al., 1984; Raetz, 1986). 1-Acyl-G3P wird durch eine zweite Acyltransferase (Rajasekharan et al., 1988) zu Diacylglycerin-3-Phosphat, auch Phosphatidat genannt, umgewandelt. Aus Phospha- tidat wird Cytosidindiphosphat (CDP)-Diacylglycerin, das gemeinsame Vorläufermolekül von PE, PG und CL. Die von pssA kodierte Phosphatidylserin-Synthase und die von psd kodierte Phosphatidylserin (PS)-Decarboxylase wandeln CDP-Diacylglycerin zu PE um. Diese Reaktion läuft so schnell ab, dass in E. coli kaum PS nachgewiesen werden kann. Die Synthese von PG erfolgt aus CDP-Diacylglycerin über das Zwischenprodukt Phospha- tidylglycerinphosphat (PGP). Die zweistufige Reaktion wird von der pgs-kodierten PG- Phosphatsynthase und der von pgp kodierten PGP-Phosphatase katalysiert. Aus der Konden- sation von zwei PG-Molekülen entsteht durch die von dem cls-Gen kodierte CL-Synthase ein CL-Molekül.
Einleitung
Abbildung 2: A: Syntheseweg der Glycerophospholipide nach Raetz (1986) und B: chemische Struktur von PE, PG und Cl. R und R´ bezeichnen Fettsäurereste.
sn -glycero-3-phosphate
fatty acyl-ACP ACP
phosphatic acid
CTP PPi
CDP-diacylglycerol
phosphatidylserine (PS) phosphatidylglycerol-P
L-serine CMP
sn-glycerol-3-P CMP
CO2
phosphatidylethanolamine (PE)
psd pgp
Pi
phosphatidylglycerol (PG)
cls PG
glycerol
cardiolipin (CL) A
O
CH2 C
R
O O
CH C
R' O
H2C O P O O
O_
CH2 CH2 NH3+
Phosphatidylethanolamine
O
CH2 C
R
O O
CH C
R' O
H2C O P O O
O_
CH2 C
Phosphatidylglycerol
H
OH
CH2 OH
O
CH2 C
R
O O
CH C
R' O
H2C O P O O
O_
CH2
Cardiolipin
C H
OH
CH2 O P O O
O_
CH2
O H2C O C R
HC
O C R' O
B
Einleitung
Charakteristika der Phospholipide
Glycerophospholipide bestehen aus dem Rückgrat-bildenden Glycerin, zwei Fettsäureketten, die den hydrophoben Teil darstellen und einem phosphorylierten Alkohol als Kopfgruppe.
Nicht-Bilayer Lipids
Aufgrund seiner kleinen Kopfgruppe ist PE (Abb. 2B) im Gegensatz zu PG und CL nicht in der Lage, sich spontan zu einem Lipidbilayer zusammenzuschließen. Obwohl biologische Membranen Bilayer sind, enthält die Membran von E. coli einen hohen Anteil an Nicht- Bilayer-Lipiden. Diese Lipide bilden eine invertierte hexagonale Phase (Abb. 3B), die jedoch in Biomembranen nicht vorkommt. In Biomembranen induzieren Nicht-Bilayer-Lipide eine kubische Phase (Abb. 3C).
Nicht-Bilayer-Lipide sind in E. coli essentiell, wie die Arbeiten mit dem Stamm AD93 zeigen, der aufgrund einer Mutation im pssA-Gen kein PS synthetisiert und folglich auch kein PE mehr bilden kann (Dechavigny et al., 1991a und 1991b). Unter normalen Wachstums- bedingungen ist diese Mutation lethal. AD93-Zellen können nur durch Zusatz divalenter Kationen wie Calcium, Magnesium und Strontium wachsen (Dechavigny et al., 1991a).
Durch NMR-Analyse wurde gezeigt, dass unter diesen Bedingungen der Übergang von Bilayer- zu Nicht-Bilayer-Strukturen bei Lipiden des AD93-Stammes in einem ähnlichen Temperaturbereich erfolgt wie bei Lipiden des parentalen Stammes W3899 (Rietveld et al., 1993). Rietveld und Mitarbeiter folgern, dass CL zusammen mit Kationen die für die Membranfunktion essentielle Struktur von PE einnehmen kann. Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigen, dass bei AD93-Zellen Calcium-Ionen auf der periplasmatischen Seite wirken und die Bilayer-Struktur der Membran durch die cytosolische Membranhälfte stabilisiert werden (Rietveld et al., 1997).
Die funktionelle Bedeutung von PE besteht folglich darin, dass sich Biomembranen in einem Zustand befinden, der nahe des Bilayer-Nichtbilayer Übergangs ist. Dieser Zustand ist in E. coli von zentraler Bedeutung, da dies eine Neuanordnung der Lipide gemäß ihrer jeweiligen Aufgabe ermöglicht (De Kruijff, 1997b) und ist folglich in E. coli strikt reguliert (Morein et al., 1996; Rietveld et al., 1993).
In AD93-Zellen sind der Einbau und die Funktion wichtiger Transportproteine wie
Einleitung
Faltung integraler Proteine beeinflusst (Cantor, 1999; Curran et al., 1999; De Kruijff, 1997a).
Dies erklärt die Beobachtung, dass eine Membran mit steigender Anzahl an funktionellen Aufgaben einen steigenden Anteil an Nicht-Bilayer-Lipiden aufweist.
Zudem stimulieren die kleinen Kopfgruppen von Nicht-Bilayer-Lipiden die partielle Insertion von Proteinen in die Kopfgruppenregion der Membran (Van Den Brink-Van Der Laan et al., 2001; Van Klompenburg et al., 1998).
Abbildung 3: Organisation von Nicht-Bilayerlipiden. A: Die Assemblierung des Nicht-Bilayer Lipids PE zu einer konkaver Struktur führt zur Bildung von B: einer hexagonalen Phase oder C: einer kubischen Phase. D:
Nicht-Bilayer-Lipide, die in einem planaren Lipid-Bilayer zusamengefasst sind, erzeugen einen höheren lateralen Druck im Inneren der Membran und einen niedrigeren Druck im Bereich der Kopfgruppen. E: Dieses Druckprofil stabilisiert transmembrane Proteine. F: Bilayer-Lipide, wie Phosphatidylcholin haben eine zylindrische Form und führen deshalb zu einer gleichmäßigen Packungsdichte in Bilayern. G: Der laterale Druck in PC-Bilayern ist geringer und führt zu einer relaxierten Orientierung von transmembranen Proteinen (De Kruijff, 1997b).
Anionische Phospholipide
Bei physiologischem pH (7.4) ist PE neutral, PG und CL sind dagegen negativ geladen.
Während die Mutanten noch überlebensfähig sind, die aufgrund eines Defekts im cls-Gen zwar noch PG jedoch kein CL mehr produzieren können, sind Mutationen im pgsA-Gen lethal (Heacock und Dowhan, 1987). Durch die Konstruktion einer Mutante, deren pgsA-Expression durch ein lac-Operon gesteuert ist, wurde der minimale Gehalt an PG für die Überlebens- fähigkeit mit 3% bestimmt. Kikuchi und Mitarbeiter zeigten, dass die pgsA-Mutante
Einleitung
überlebensfähig ist, wenn gleichzeitig die Synthese von Lipoprotein gehemmt ist. Die Autoren folgern, dass PG und CL für elementare Prozesse nicht essentiell sind, da ihre Rolle von Phosphatidsäure übernommen werden kann (Kikuchi et al., 2000).
Anionische Lipide spielen bei der Proteintranslokation (De Kruijff, 1994; De Vrije et al., 1988; Kusters et al., 1991; Kusters et al., 1994) und DNA Replikation (Garner et al., 1998) eine zentrale Rolle. So wurde gezeigt, dass das periphere Membranprotein DnaA, das die Initiation der DNA-Replikation katalysiert, anionische Phospholipide mit einer ein kDa großen Domäne penetriert (Garner und Crooke, 1996; Garner et al., 1998). Die Helical- Wheel-Projektion dieser 18 Aminosäuren zeigt, dass das Fragment eine amphiphile Helix formieren kann. Die Aktivität von SecA, einer cytoplasmatischen Komponente des Protein- Translokationskomplexes, wird durch saure Phospholipide stimuliert (Lill et al., 1990). Es wurde gezeigt, dass SecA in Phospholipid-Monolayer inseriert (Breukink et al., 1992). FtsY, eine GTPase mit Homologie zur α-Untereinheit des eukaryontischen Signalerkennungs- partikel(SRP)-Rezeptors, ist ein cytosolisches Protein, das bei der Proteintranslokation das Preprotein an die Membran transloziert (Luirink et al., 1994). FtsY ist ein cytoplasmatisches Protein, das durch anionische Phospholipide stimuliert wird und durch Insertion in anionische Lipide an die Membran bindet (De Leeuw et al., 2000).
Eine weitere wichtige Funktion anionischer Phospholipide besteht darin, die korrekte Orientierung und Topologie transmembraner Proteine zu kontrollieren (Van Klompenburg et al., 1997; Van Klompenburg und De Kruijff, 1998).
Glycerintransport und -metabolismus
E. coli nutzt unterschiedliche G3P-Quellen. Zum einen das durch Phosphorylierung von Glycerin gewonnene und zum anderen das aus dem Phospholipidabbau stammende G3P.
Transport und Katabolismus von Glycerin, G3P und Glycerophosphatdiester durch die Genprodukte des glp-Regulons sind in Abbildung 4 dargestellt.
Das metabolische System dient im wesentlichen dazu, das aus dem Abbau von Phospholipiden und Triacylgylcerin stammenden Glycerin zu verstoffwechseln.
Glycerophosphatdiester, die deacetylierten Abbauprodukte der Phospholipide (Lin, 1987), werden im Periplasma von der dort lokalisierten Phosphodiesterase GlpQ zu Alkohol und
Einleitung
durch diesen Antiport bereitgestellt und gleichzeitig wird eine Akkumulation des toxisch wirkenden Phosphats verhindert (Xavier et al., 1995).
Wird Glycerin aus dem Nährmedium aufgenommen, so gelangt es durch erleichterte Diffusion ins Zellinnere. Dies wird von dem Glycerinfascilitator GlpF katalysiert (Borgnia und Agre, 2001; Heller et al., 1980), der einen substratspezifischen Kanal mit einer Poren- größe von 0.4 nm bildet (Heller et al., 1980). Cytoplasmatisches Glycerin wird sofort von der ATP-abhängigen Glycerinkinase K phosphoryliert, die in ihrer enzymatisch aktiven Form mit dem GlpF-Fascilitator assoziiert vorliegt (Voegele et al., 1993).
Abb. 4: Glycerintransport und –metabolismus
Im Cytosol wird G3P entweder als Ausgangsstoff für die Lipidsynthese oder für die Dissimilation verwendet. Zur Energiegewinnung wird G3P von zwei FAD-abhängigen Dehydrogenasen zu Dihydroxyaceton-Phosphat (DHAP) oxidiert. DHAP kann als Intermediat in die Glykolyse eingehen. Im aeroben Milieu wird diese Oxidation von der aeroben Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (GlpD) katalysiert, im anaeroben Milieu dagegen von der anaeroben G3P Dehydrogenase (GlpABC). Die bei dieser Oxidationsreaktion frei werdenden Reduktionsäquivalente werden von den beiden Flavoenzymen auf einen membranassoziierten Cytochromkomplex übertragen, an dessen Ende ein terminaler
G3P
Aerobic dehydrogenase
Anaerobic dehydrogenase
G3P Oxidoreductase (glpD)
gpsA
(glpACB) DHAP Glyceraldehyde-3-P
Fructose-1,6-P2
Glycerol
Feedback Inhibition
Enzyme IIIGle
Kinase +ATP (glpK) Facilitator
(glpF) Glycerol
Permease (glpT) G3P
ROH P-diesterase (glpQ)
G3P-OR Glycerol
Phosphatidic acid
PE
phosphatidylgycerol-3-P
PG
Cardiolipin
Cytoplasma Periplasma
Extracellular Medium
Einleitung
Elektronenakzeptor sitzt. Im Fall der aeroben Oxidation ist dies molekularer Sauerstoff bzw.
Nitrat, unter anaeroben Bedingungen dagegen Fumarat oder Nitrat (Lin, 1987). Während die Elektronen durch den Cytochromkomplex geschleust werden, wird die frei werdende Energie dazu genutzt, Protonen durch die Membran von der cytoplasmatischen auf die periplas- matische Seite zu pumpen. Mit dem an der Membran erzeugten Protonengradienten ändert sich sowohl das elektrische als auch das chemische Potential, womit die membrangebundene ATPase angetrieben wird und dadurch ATP erzeugen kann.
Das glp-Regulon
Die Expression der Enzyme, die am Glycerintransport und –metabolismus beteiligt sind, wird strikt reguliert. Dies wird durch die strukturelle Organisation der glp-Gene ermöglicht. Das Glycerophosphatregulon (glp) besteht aus fünf Operons, die an drei verschiedenen Genorten auf dem E. coli-Chromosom liegen (Cozzarelli et al., 1968). Alle Gene des glp-Systems stehen unter der Kontrolle des GlpR-Repressors (Schweizer und Larson, 1987). Der Genlocus von glpR liegt bei 75 min und wird im Gegenuhrzeigersinn transkribiert (Lin, 1987). Der Repressor bildet im aktiven Zustand ein Tetramer aus identischen Untereinheiten von 30 kDa (Larson et al., 1987) und bindet spezifisch an die Kontrollregionen des glp-Regulons.
Sekundärstrukturanalysen zeigen, dass die spezifische DNA-Bindung des Repressors durch ein Helix-Schleife-Helix-Motiv in der Nähe des N-Terminus möglich ist (Zeng et al., 1996).
Diese DNA-Bindung kann durch den Induktor G3P aufgelöst werden (Larson et al., 1987).
Durch Versuche mit einer Mutante mit einer inaktiven Glycerinkinase wurde gezeigt, dass für eine Induktion der glp-Gene die Phosphorylierung von Glycerin notwendig ist. Folglich ist G3P der alleinige Induktor (Hayashi und Lin, 1965; Lin, 1976). Als Anti-Induktor wurde D- Galaktose-1-Phosphat identifiziert (Sundarajan, 1963).
Bei 88 min findet man das Operon glpFKX (Cozzarelli und Lin, 1966; Weissenborn et al., 1992), das für den Glycerinfascilitator GlpF und die Glycerinkinase GlpK und eine Fructose-1,6-Bisphosphatase GlpX (Donahue et al., 2000) kodiert. In dem bei 49 min kartierten Operon sind die Gene glpT (G3P-Transporter) und glpQ (periplasmatische Glycerinphosphodiesterase) zusammengefasst, die im Gegenuhrzeigersinn transkribiert werden. Gegenläufig dazu ist das glpABC-Operon angeordnet, dessen Gene für die drei
Einleitung
Funktion von glpG noch unbekannt ist (Zeng et al., 1996), wurden GlpE als Schwefel- transferase und GlpD als aerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (Cozzarelli et al., 1968) identifiziert. Die vom glpE-Gen kodierte saure, cytoplasmatische Rhodanese besteht lediglich aus 108 Aminosäuren mit einem Molekulargewicht von 12 kDa und katalysiert als Dimer die Übertragung von Schwefel auf den Schwefelakzeptor Thioredoxin 1. Welche physiologische Rolle GlpE spielt, ist noch unklar (Ray et al., 2000). Das offene Leseraster des glpD-Gens besteht aus 501 Codons und die translatierte Sequenz kodiert ein Protein mit einem Molekulargewicht von 57 kDa (Austin und Larson, 1991). Das glpG-Genprodukt ist ein basisches, cytoplasmatisches oder membranassoziiertes Protein mit einem Molekulargewicht von 28 kDa (Zeng et al., 1996).
Regulation des Glycerinmetabolismus
E. coli verfügt über ein breitgefächertes kataboles Repertoire. Dabei wird immer diejenige Kohlenstoffquelle bevorzugt, die ein schnelleres Wachstum ermöglicht. Produktion und Konzentration von Syntheseprodukten werden sowohl auf metabolischer Ebene mittels Änderungen von Enzymaktivitäten als auch durch eine regulierte Transkription der jeweiligen Enzyme gesteuert.
Auf genetischer Ebene wird die Expression der glp-Gene negativ durch den Repressor GlpR kontrolliert, der mit unterschiedlichen Affinitäten an die Operatorsequenzen bindet. So zeigt der GlpR-Repressor eine deutlich höhere Affinität zu dem glpD-Operator als zu denen der anderen glp-Operatoren (Lin, 1987). Bei Glycerinmangel resultiert daraus eine niedrige Basalexpression von GlpD. Mutationen in GlpR, die zu einer konstitutiven Expression von GlpD führen, beeinträchtigen die Phospholipidbiosynthese und bewirken ein Ungleichgewicht in der Membranzusammensetzung (Flower, 2001), das letztendlich die Lebensfähigkeit der Bakterien dramatisch einschränkt.
Neben der negativen Regulation durch GlpR unterliegen alle glp-Gene der Katabolit- repression durch den cAMP-CAP (cAMP catabolite gene activator protein)-Komplex (Cozzarelli et al., 1968; Fraser und Yamazaki, 1980). Stehen der Zelle neben Glycerin andere, energiereichere Kohlenstoffquellen zur Verfügung wie beispielsweise die dem PTS (Phosphoenolpyruvat-abhängigen Phosphotransferase)-System angehörigen Zucker (Glucose, Mannitol und Mannose), so wird durch Katabolitrepression die Transkription der glp-Gene verhindert (Übersicht in Postma et al., 1993).
Das Schlüsselenzym im Glycerinmetabolismus ist die Glycerinkinase GlpK, die den
Einleitung
geschwindigkeitsbestimmenden Schritt katalysiert (Zwaig et al., 1970). Sie ist ein wichtiger Regulator zwischen der Genexpression des glp-Systems und dem Angebot an Kohlenstoff- quellen. Die Inhibition durch das nichtphosphorylierte Enzym EIIAGlc des PTS-Systems, auch
‘Inducer Exclusion’ bezeichnet, erfolgt durch spezifische Bindung von EIIAGlc an GlpK, womit eine reduzierte Synthese des Induktors G3P bewirkt wird. Dies ist außergewöhnlich, denn in der Regel bindet EIIAGlc an Transportproteine. In diesem Fall bindet es jedoch nicht an den Fascilitator GlpF, sondern an das metabole Enzym GlpK (De Boer et al., 1986;
Novotny et al., 1985). Ferner wird die Enzymaktivität von GlpK allosterisch durch Fructose- 1,6-Bisphosphat gehemmt (Holtman et al., 2001a). Während die Kinase bereits bei gering induziertem Zustand durch EIIAGlc reguliert wird, tritt die ‘Feedback Inhibition’ durch Fructose-1,6-Bisphosphat erst in voll induzierten Zellen ein (Liu et al., 1994). Durch diese strikte Kontrolle der Glycerinkinase wird verhindert, dass G3P akkumuliert, denn eine intra- zelluläre Konzentration von 20 mM G3P wirkt sich bakteriostatisch aus (Cozzarelli et al., 1965).
Die sn-Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenasen
Die anaerobe und die aerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase befinden sich an zentraler Position zwischen dem Energiestoffwechsel und dem Metabolismus von Membranlipiden (siehe Abb. 4). Beide katalysieren die Oxidation von G3P zu DHAP, übertragen jedoch die bei der Oxidation frei werdenden Reduktionsäquivalente auf unterschiedliche Cytochrom- oxidasen. Im Fall der aeroben Oxidation überträgt GlpD die Reduktionsäquivalente auf das bei hohem O2-Gehalt synthetisierte und vom cyo-Operon exprimierte Cytochrom O. Bei der anaeroben Oxidation von G3P wird die Übertragung durch GlpABC auf das bei niedrigem O2-Gehalt synthetisierte und vom cyd-Operon exprimierte Cytochrom D übermittelt (Kistler und Lin, 1972; Spiro und Guest, 1987). Die Expression der beiden Cytochromoxidasen steht unter der respiratorischen Kontrolle der ArcA und ArcB Produkte, die ein Zweikomponenten- Regulationssystem bilden. Der ‘response-regulator’ ArcA wird bei geringer Sauerstoff- konzentration von dem Sensor ArcB, einer Histidinkinase, phosphoryliert und reprimiert die GlpD-Expression (Iuchi et al., 1990).
Einleitung
1984; Schryvers und Weiner, 1981; Schryvers und Weiner, 1982). Dieser Komplex besteht aus dem Polypeptid GlpA (62 kDa) mit dem nicht-kovalent gebundenen Kofaktor FAD, ferner GlpB (43 kDa), das vermutlich FMN-assoziiert vorliegt, und dem Membrananker GlpC (44 kDa), dessen Aminosäuresequenz auf zwei Eisen-Schwefel-Zentren schließen lässt (Cole et al., 1988).
Die Expression von GlpABC ist das Resultat zweier Einflüsse: einer Fumarat und Nitrat Reduktase (FNR)-abhängigen Regulation (Kuritzkes et al., 1984) und eines weiteren Mechanismus, der über den Redoxstatus der Zelle kontrolliert wird (Iuchi et al., 1990).
Die aerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase
Die aerobe Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (GlpD) liegt im nativen Zustand als homo- dimeres Enzym vor (Schryvers et al., 1978). Sie ist aus zwei identischen Untereinheiten von 58 kDa zusammengesetzt (Schweizer und Larson, 1987) mit FAD als nichtkovalentem Kofaktor (Robinson und Weiner, 1980). Das periphere Membranprotein GlpD katalysiert die aerobe Oxidation von G3P zu DHAP unter Verwendung von molekularem Sauerstoff bzw.
Nitrat als Elektronenakzeptor (Kuritzkes et al., 1984).
Die Transkription von GlpD ist strikt reguliert. Es wurden insgesamt vier Repressor- bindestellen identifiziert, zwei davon außerhalb und zwei innerhalb des offenen Leseraster von glpD (Yang und Larson, 1996). Die Bindung von GlpR an die internen Repressorbinde- stellen führt zu einer fünf- bis siebenfach stärkeren Kontrolle des glpD-Operons im Vergleich zum glpFKX-Operon (Yang und Larson, 1996). Zellen in der stationären Wachstumsphase zeigen eine erhöhte GlpD-Expression (Weichart et al., 1993). Die Autoren diskutieren, dass dies mit der verstärkten Bildung des Induktors G3P als Nebenprodukt der erhöhten Cardio- lipinsynthese zusammenhängt.
Neben der Regulation auf Transkriptionsebene wird die Aktivität von GlpD über die Lokalisation geregelt. In vivo ist enzymatisch aktives GlpD mit der Membran assoziiert (Weiner, 1974). In vitro ist das lösliche GlpD vollständig aktiv, wenn Phospholipide oder Detergenzien zugesetzt werden (Robinson und Weiner, 1980; Schryvers et al., 1978).
Der Bindungsmechanismus von GlpD an die Membran konnte bislang noch nicht aufgeklärt werden. Es kann lediglich ausgeschlossen werden, dass transmembrane Helices das Protein an der Membran verankern. Denn die einzige mögliche transmembrane Helix, die durch Sekundärstrukturvorhersage ermittelt wurde, befindet sich im Bereich der FAD-Binde- domäne (Austin und Larson, 1991).
Einleitung
Möglicherweise ist GlpD in die Lipid A-Biosynthese involviert. Milla und Raetz (Milla und Raetz, 1996) reinigten die Disaccharid-Synthase LpxB, ein Enzym des Lipid A- Syntheseweges, als 8xHis-LpxB-Fusionsprotein, um Interationen mit anderen E. coli Proteinen untersuchen zu können. GlpD konnte selbst bei geringer Expressionsinduktion des 8xHis-LpxB-Fusionsproteins kogereinigt werden. Die Autoren diskutieren, dass eine Inter- aktion zwischen GlpD und LpxB in vivo möglicherweise ein regulatorisches Bindeglied zwischen dem Katabolismus von Glycerophospholipiden und der Lipid A-Biosynthese darstellt.
Außerdem wurde eine spezifische Interaktion zwischen GlpD und eukaryontischem Calmodulin beobachtet (Hellstern, 1997), deren physiologische Bedeutung noch ungeklärt ist.
Klassifizierung peripherer Membranproteine
Aufgrund der Beobachtung, dass die Reinigung von GlpD aus E. coli den Einsatz von Detergenzien und hohen Salzkonzentrationen erfordert, wurde GlpD als peripheres Membranprotein klassifiziert (Weiner und Heppel, 1972). Die Gemeinsamkeit der so bezeich- neten Proteine besteht darin, dass sie sich in ihrem aktiven Zustand an die Membran anheften.
Die jeweils zugrunde liegenden molekularen Mechanismen können sehr verschieden sein. Die Bindung an die Membran kann entweder durch Protein-Protein-Wechselwirkungen mit einem integralen Membranprotein dem sogenannten Membrananker, oder durch direkte Protein- Lipid-Interaktion vermittelt werden, die entweder durch Bindung an Phospholipide oder durch Penetration der cytoplasmatischen Schicht des Lipid-Bilayers erfolgt. Die inter- molekularen Kräfte, die die Proteine an der Membran verankern, können auf hydrophoben oder elektrostatischen Wechselwirkungen beruhen. Im Fall von hauptsächlich elektro- statischen Kräften wird eine elektropositive Protein-Oberfläche präsentiert, die mit den elektronegativen Lipid-Kopfgruppen interagiert (Lloyd et al., 1999; Stams et al., 1998). Im Fall von hydrophoben und elektrostatischen Wechselwirkungen kann das periphere Membranprotein eine unpolare α-Helix ausbilden, die eine Lipidschicht des Bilayers penetriert (Picot et al., 1994). Häufiger wird jedoch die Bildung unpolarer Schleifen beobachtet, die den hydrophoben Bereich der Membran penetrieren (Macedo-Ribeiro et al., 1999). In beiden Fällen interagieren polare Aminosäuren mit den Phospholipid-Kopfgruppen.
Einleitung
Eukaryontisches Calmodulin und bakterielle Calmodulin-Bindeproteine
Zwar kommt Calmodulin in Prokaryonten nicht vor, dennoch wurden einige Proteine identi- fiziert, die in vitro spezifisch mit Calmodulin interagieren. Die Adenylatcyclase aus den drei Spezies Anabaena species (Bianchini et al., 1990), Bordetella pertussis (Gordon et al., 1989;
Wolff et al., 1980) und Bacillus anthracis (Gordon et al., 1989; Leppla, 1982) wird von Calcium-gebundenem Calmodulin aktiviert. In E. coli wurden spezifische Interaktionen zwischen Calmodulin und GlpD, GlpC, TraC bzw. SecA beobachtet (Hellstern, 1997). Die physiologische Bedeutung dieser Eigenschaft ist jedoch noch unklar.
Calmodulin ist ein eukaryontisches, hochkonserviertes hitzestabiles Protein mit vier Calcium-Bindestellen, das in Eukaryonten an einer Vielzahl Ca2+-abhängiger Signaltransduktionswege beteiligt ist (Cohen, 1988; Hinrichsen, 1993). Ob Calcium- abhängige Signaltransduktion in Prokaryonten ebenfalls eine Rolle spielen, bleibt spekulativ (Norris et al., 1996).
Die vier Calciumbindestellen des 17 kDa großen Calmodulin liegen paarweise in Helix-Schleife-Helix-Motiven (auch „EF-Hand“ genannt) an beiden Enden des Moleküls (Babu et al., 1988; Kretsinger et al., 1991). Die Bindung von Calcium-Ionen verursacht eine Konformationsänderung, so dass hydrophobe Bereiche präsentiert werden, die von elektro- negativen Aminosäuren flankiert sind (James et al., 1995). Damit kann Calmodulin an die jeweiligen Zielproteine binden. Es wurde gezeigt, dass Calmodulin positiv geladene Peptide bindet, die eine basisch amphipathische α-Helix ausbilden. Zudem wird beobachtet, dass die Calmodulin-Bindedomänen der Zielproteine trotz geringer Sequenzhomologie basisch amphipathische α-Helices aufweisen (O'Neil und Degrado, 1990). Sequenzvergleiche zeigten, dass einige hydrophobe Reste konserviert sind. Aufgrund dieser Homologien können die Helices in drei Bindungsmotivtypen unterschieden werden (Rhoads und Friedberg, 1997).
Ziel dieser Arbeit
Während in Eukaryonten physiologische Prozesse in Organellen kompartimentiert ablaufen, ist die prokaryontische Cytoplasma-Membran zentraler Dreh- und Angelpunkt vieler Reaktionen. Neben der Regulation auf Transkriptions- und Translationsebene ist die Trans- lokation von Proteinen zu ihrem Wirkort eine weitere Regulationsebene.
Einleitung
Die aerobe sn-Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (GlpD) aus E. coli ist ein lösliches Enzym, das aktiv ist, sobald es an die Membran bindet. Der molekulare Mechanismus dieser Anheftung wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht. Zunächst wurde die spezifische Interaktion zwischen GlpD und Calmodulin biochemisch charakterisiert. Da in vivo die identifizierten Calmodulin-Bindeproteine aus E. coli mit der cytoplasmatischen Membran assoziiert sind, können diese Untersuchungen Aufschluss über die Art der GlpD-Membran- Anheftung geben. Die Frage, ob GlpD direkt an die cytoplasmatische Membran bindet, wurde durch Monolayer-Experimente und Vesikelbindungsstudien beantwortet. Mit Hilfe der Monolayer-Technik wurde untersucht, ob GlpD Phospholipid-Monolayer penetrieren kann und welche Phospholipide diese Membraninsertion begünstigen. Mit Vesikelbindungsstudien wurde die Bindung zwischen GlpD und den verschiedenen Lipidtypen quantifiziert. Um den Einfluss von Lipiden auf die biologische Aktivität charakterisieren zu können, wurde die Enzymaktivität von GlpD in Anwesenheit von Liposomen gemessen.
Material und Methoden
Material und Methoden
Verwendete Materialien und deren Bezugsquellen Chemikalien und sonstige Materialien
Agar GibcoBRL, Eggenstein
Agarose GibcoBRL Eggenstein
Alkalische Phosphatase Boehringer Mannheim
Ammoniummolybdat Merck, Darmstadt
Bactotrypton GibcoBRL Eggenstein
CaM-Sepharose 4B Pharmacia, Freiburg Calmidazolium (R24571) Sigma, Deisendorf
Cardiolipin aus Rinderherz Avanti Polar Lipids, Alabaster (USA) Chitin Beads New England Biolabs
Chlorpromazin Sigma, Deisendorf
Compound 48/80 Sigma, Deisendorf Coomassie Brilliant Blue Serva, Heidelberg Coomassie Protein Assay Reagent Pierce, Rockford (USA)
Dialysemembran (Spectra/Por 6, MWCO 3500 Da) Spectrum Medical Industries (L.A., USA) D,L-sn-Glycerin-3-Phosphat Sigma, Deisendorf
Dithiothreitol Serva, Heidelberg
1,2-Dioleoyl-sn-Glycerol-3-Phosphatidylcholin Avanti Polar Lipids, Alabaster (USA) 1,2-Dioleoyl-sn-Glycerol-3-Phosphatidylethanolamin Avanti Polar Lipids, Alabaster (USA) 1,2-Dioleoyl-sn-Glycerol-3-Phosphatidylglycerin Avanti Polar Lipids, Alabaster (USA) DMSO Sigma Chemical Co, St. Louis (USA)
EGTA Fluka, Neu-Ulm
ExpandTM-Polymerase Boehringer Mannheim
FAD Sigma, Deisendorf
Fendilin Sigma, Deisendorf
IPTG BTS (BioTech Trade & Service GmbH)
Luminol Fluka, Neu-Ulm
2-Mercaptoethanol Fluka, Neu-Ulm
Magermilchpulver (Frema Reform) Fink GmbH, Herrenberg Melittin (Bienengift) Merck, Darmstadt Molekulargewichtsstandard, LMW Pharmacia, Freiburg Molecular-Weight-Marker (SDS-PAGE) Sigma, Deisendorf
MTT Sigma, Deisendorf
Naphthalinsulfonamid (W7) Fluka, Neu-Ulm Ni2+-NTA Agarose Qiagen GmbH, Hilden Nitrozellulosemembran (BA 85, 0.45 µm) Schleicher & Schuell, Dassel
Nucleoside Sigma Chemical Co, St. Louis (USA)
Nonidet P-40 ICN, Eschwege
NZ-Amine A (Caseinhydrolysat) Interorgana, Köln
PMS Sigma, Deisendorf
p-Coumarsäure Fluka, Neu-Ulm
Restriktionsenzyme inkl. Puffer Boehringer Mannheim, Gibco, BRL, New England Biolabs, Pharmacia, MBI, USB
Röntgenfilme Fuji-RX Allmedt, Essen
Rotiblock Roth, Karlsruhe
SAWADY Pwo-DNA-Polymerase pEQLab, Erlangen Sepharose 4B Pharmacia, Freiburg
Natriumdisulfit Merck, Darmstadt
Natriumsulfit Merck, Darmstadt
Trifluoperazin Sigma, Deisendorf
Tween20 Sigma, Deisendorf
Material und Methoden
Oligonukleotidprimer
Alle aufgelisteten Oligonukleotide wurden von der Firma MWG-Biotech (Ebersberg) synthetisiert.
pQE30-glpD.fwd 5´-cgcggatccgaaaccaaagatctgattgtg-3´
pQE30-glpD.rev 5´-gcgcctaggctttggtttctagactaacac-3´
PTYB11-glpD.fwd 5´-ggtggttgctctaccatggaaaccaaagatctgattgtg-3´
pQE30-glpD.rev 5´-ggtggtctgcagtcacgacgccagcgataacc-3´
pQE30-CBRIII.fwd 5´-cgcggatccgaaaccaaagatctgattgtg-3´
pQE30-CBRIII.rev 5´-gggttcgaacccgccttaactgctttttaaagtgc-3´
pQE30-glpD∆(351-372).fwd 5´-cggggtaccccgtattatcagggtattggcccggcatgg-3´
pQE30-glpD∆(351-372).rev 5´-cggggtaccccggccgaataccgacagcagcggtgctttgcc-3´
pQE30-glpD-R359E.fwd 5´-cggtaagctgaccacctacgaaaaactggcggaacatgcg-3´
pQE30-glpD-R359E.rev 5´-cgcatgttccgccagtttttcgtaggtggtcagcttacc-3´
pQE30-glpD-K360E.fwd 5´-ctgaccacctaccgagaactggcggaacatgcg-3´
pQE30-glpD-K360E.rev 5´-cgcatgttccgccagttctcggtaggtggtcag-3´
pQE30-glpD-AH362/4DE.fwd 5´-cctaccgaaaactggacgaagatgcgctggaaaaactaacgc-3´, pQE30-glpD-AH362/4DE.rev 5´-gcgtaagtttttccagcgcatcttcctccagttttcggtagg-3´
Verwendete Bakterienstämme
Stammname relevanter Genotyp Referenz/Quelle
MC4100 F-araD139 ∆ (argF-lac)U169 rpsL 150 (Strr) relA1 flb5301 deoC1 ptsF25 rbsR
(Casadaban, 1976) XL1-Blue F´::Tn10 proA+B+laclq ∆(lacZ)M15/recA1 endA1 gyrA96 (Nalr)
thi hsdR17(rk- mk+) supE44 relA1 lac
(Bullock et al., 1987)
M15[pREP4] F- lac- ara- gal-- mtl- recA+ uvr+ NalS StrS rifS (Villarejo und Zabin, 1974)
W3899 F+ nadB7 supE (Dechavigny et al., 1991a) ER2566 F- λ- fhuA2 [lon] ompT lacZ::T7 gene1 gal sulA11 ∆(mcrC-
mrr)114::IS10 R (mcr-73::miniTn10-TetS) R(zgb-210::Tn10) (TetS) endA1 [dcm]
New England Biolabs
Material und Methoden
Verwendete Plasmide
Plasmid Beschreibung/Genotyp/ Referenz/Quelle
pQE 30 pDS56/RBSII Ampr Stüber et al.,1990 pTYB11 N-terminaler Intein-Fusionsvektor New England Biolabs
pAW4 pQE30-glpD diese Arbeit
pAW7 pTYB11-glpD diese Arbeit
PAW9 pQE30-glpD∆(351-372) diese Arbeit
pAW13 pQE30-CBRIII diese Arbeit
pAW16 pQE30-glpD-K359E diese Arbeit
pAW17 pQE30-glpD-K360E diese Arbeit
pAW18 pQE30-glpD-AH362/4DE diese Arbeit
Verwendete Kulturmedien
Die Medien wurden nach Miller (Miller, 1972) hergestellt. Sie wurden 20 Minuten bei 120° C und einem Druck von 1 bar autoklaviert, auf 50-60° C abgekühlt und anschließend je nach Bedarf mit hitzelabilen Medienzusätzen versetzt.
LB-Medium 1% Bactotrypton (w/v), 0.5% Hefeextrakt (w/v), 0.5% NaCl(w/v) NZA-Medium 1% NZ-Amine-A (w/v), 0.5% Hefeextrakt (w/v), 0.5% NaCl(w/v)
SOC-Medium 2% Bactotrypton (w/v), 0.5% Hefeextrakt (w/v), 10mM NaCl, 2.5 mMKCl, 10 mM MgCl2, 10 mM MgSO4, 20 mM Glucose
2xTSS-Medium 1% Bactotrypton (w/v), 0.5% Hefeextrakt (w/v), 0.5% NaCl(w/v), 20% (w/v) PEG-6000, 10% (v/v) DMSO, 100 mM MgSO4
Für Agarplatten wurden je Liter Medium 20g Select-Agar zugegeben. Nachdem die Medien auf 50-60° C abgekühlt waren, wurden je nach Bedarf Antibiotika zugesetzt.
Mikrobiologische Methoden
Aufbewahrung von Bakterienstämmen
Die verwendeten Bakterienstämme wurden als DMSO-Kulturen bei –70°C aufbewahrt.
Hierzu wurde eine Übernachtkultur mit DMSO [10% Endkonzentration (v/v)] gemischt und als Suspension eingefroren.
Material und Methoden
Wachstumsbedingungen
Flüssigkulturen wurden in Gefäßen, die eine ausreichende Belüftung zuließen, in Reagenz- glasrollständern oder in thermostatisierten Schütteltruhen bei 37°C bzw. 28°C inkubiert.
Bestimmung der Zelldichte in Flüssigkulturen
Die Zellzahl von Flüssigkulturen wurde bestimmt, indem die optische Dichte der Kultur bei einer Wellenlänge von λ = 578 nm (OD578) photometrisch gemessen wurde. Nach Miller entspricht eine optische Dichte OD578 von 1 etwa 107 µg/ml Protein und einer Zellzahl von 109 Zellen pro ml (Miller, 1972).
Molekularbiologische Methoden Standardmethoden
Die routinemäßigen molekularbiologischen Arbeiten wie DNA-Restriktion, Ligation, Ethanolfällung, Dephosphorylierung mit alkalischer Phosphatase, Analyse von Restriktions- fragmenten durch Agarose- bzw. PAA-Gelelektrophorese, Isolation von Plasmid DNA aus E.
coli-Zellen mittels Cäsiumchlorid-Dichtegradienten-Zentrifugation, Transformation durch Elektroporation und Plasmid-Minipräparation (Concert Rapid Plasmid Miniprep Kit, Gibco Karlsruhe) wurden nach Standardprotokollen (Sambrook et al., 1989) bzw. nach Angaben der Hersteller durchgeführt.
Polymerase-Kettenreaktion
Die Polymeraskettenreaktion (PCR) wurde durchgeführt, um glpD bzw. glpD-Fragmente in die Überexpressionsvektoren pQE30 bzw. ptYB11 zu klonieren.
Der Reaktionsansatz setzte sich standardmäßig aus 0.5 µg chromosomaler DNA von E. coli [MC4100] bzw. 10 ng Plasmid-DNA, jeweils 100 pmol Vorwärts- bzw. Rückwärts- Oligonukleotidprimer (Primer), jeweils 4 µM Nukleotide, PCR-Puffer (nach Angaben des Herstellers) und 2.6 Units Polymerase (SAWADY Pwo-DNA-Polymerase). Die Polymerase-
Material und Methoden
voneinander getrennt werden (30 s bei 95°C), einem Annealingschritt, um die Primer mit dem Template (chromosomale DNA) zu hybridisieren (45 s, Tm , s.u.) und einem abschließenden Elongationsschritt, bei dem die Primer komplementär zur Template-DNA von der Polymerase verlängert werden (90 s 72°C).
Die Schmelztemperatur Tm wurde nach folgender Formel bestimmt:
Tm = 69.3°C + 0.41 x (GC-Gehalt in %) – 650/Oligonukleotidlänge – 2°C
Die amplifizierten DNA-Fragmente wurden mit dem Concert Rapid PCR Purification System (Gibco, Karlsruhe) gereinigt.
Gerichtete Mutagenese mittels Fusions-PCR
Punktmutationen sowie Deletionen wurden gerichtet in die kodierenden Sequenzen eingefügt, nach der von Ho und Mitarbeitern etablierten Methode (Ho et al., 1989).
Hierfür wurden flankierende Primer, die das 5´-Ende bzw. das 3´-Ende beinhalten, sowie Mutationsprimer eingesetzt, die in der Mitte die gewünschte Mutation tragen und komplementär zueinander sind. Mit je einem mutierten und einem der flankierenden Primer wurde die vordere bzw. die hintere Hälfte der Sequenz durch PCR amplifiziert. Die beiden PCR-Produkte tragen die Punktmutationen und wurden in einer dritten PCR fusioniert. Da die PCR-Produkte im mutagenisierten Bereich überlappen, hybridisieren sie miteinander und wurden durch die PCR verlängert. Die Ausbeute der Fusions-PCR wurde durch Zusatz der flankierenden Primer gesteigert.
Deletionen wurden ebenfalls durch Fusions-PCR hergestellt. Hierzu wurden Primer upstream bzw. downstream der Deletionsstelle ausgewählt. Da die Primer zusätzlich eine Schnittstelle trugen und in der Restriktionsschnittstelle komplementär zu einander waren, überlappten die PCR-Fragmente und konnten so wie oben beschrieben in einer dritten PCR verlängert werden.
Die PCR-Produkte wurden durch elelektrophoretische Auftrennung, gefolgt von Elution aus einem Agarose-Gel mittels Qiaquick Gelextraction Kit (Qiagen) gereinigt.
Material und Methoden
Konstruktion der Vektoren
Zur Herstellung des Polyhistidin-GlpD-Fusionsprotein kodierenden Plasmids pAW4 wurde das offene Leseraster glpD aus chromosomaler E. coli DNA [MC4100] ohne das Startcodon ATG amplifiziert. Dabei wurden als Vorwärtsprimer pQE30-glpD.fwd und als Rückwärts- primer pQE30-glpD.rev eingesetzt. Das PCR-Produkt sowie der Überexpressionsvektor pQE30 wurden mit den Restriktionsenzymen BamHI und HindIII geschnitten. Das geschnittene PCR-Produkt wurde mit dem geschnittenen und dephosphorylierten Vektor ligiert.
Das C-terminal um 190 Aminosäuren verkürzte, GlpD kodierende Plasmid pAW13 wurde wie oben beschrieben mit den Primern CBRIII-glpD.fwd und CBRIII-glpD.rev erzeugt. Die GlpD∆(351-372)- GlpD-R359E, GlpD-K360E bzw. AH362/4DE kodierenden Plasmide pAW9, pAW16, pAW17 bzw. pAW18 wurden mittels PCR amplifiziert und gerichtet in pQE30-Vektoren kloniert.
Durch gerichtete Klonierung von glpD in den Überexpressionsvektor ptYB11 entstand das Plasmid pAW7, das für ein Intein-GlpD-Fusionsprotein kodiert. Aus chromosomaler E.
coli-DNA wurde glpD mit den Primern glpD-pTYB11.fwd und glpD-pTYB11.rev amplifiziert. Vektor und PCR-Produkt wurden mit den Restriktionsenzymen PstI und SapI geschnitten und ligiert.
Alle klonierten Konstrukte wurde von der Firma GATC (Konstanz) kontrollsequenziert.
TSS-Transformation
Die TSS Transformation nach Chung und Mitarbeitern ist ein schnelle und zuverlässige Methode, E. coli-Zellen mit Plasmid-DNA zu transformieren (Chung et al., 1989).
Einer Übernachtkultur der zu transformierenden Zellen wurde 1:100 mit LB-Medium verdünnt. Die bei 37°C wachsenden Zellen wurden in der logarithmischen Phase aliquotiert (50 µl) und auf Eis mit demselben Volumen von kaltem 2xTSS-Medium versetzt. 10 ng Plasmid-DNA wurde zu den kompetenten Zellen gegeben und 20 min auf Eis inkubiert. Der Transformationsansatz wurde in 1 ml SOC-Medium überführt und bei 37°C im Roller inkubiert. Anschließend wurden die Zellen auf Selektionsplatten ausplattiert.
Material und Methoden
Biochemische Methoden
SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
SDS-PAGE wurde nach der Methode von Laemmli durchgeführt (Lämmli, 1970). Zur Auftrennung von rekombinanten GlpD-Proteinen wurden 10% Polyacrylamid (PAA)-Gele verwendet, die 0.1% SDS enthielten. Die Auftrennung des verkürzten CBRII-GlpD- Fragments erfolgte in 15% PAA-Gelen. Die aufzutrennenden Proben wurden 1:1 (v/v) mit SDS-Probenpuffer (10 mM Tris-HCl pH 8.0. 2.5% SDS, 5% β-Mercaptoethanol, 0.05%
Bromphenolblau) versetzt, 5 min bei 95° C erhitzt und einer SDS-PAGE unterzogen.
Zur Bestimmung des apparenten Molekulargewichts wurden die Molekulargewichts- standards SDS 7B (Sigma) und LMW-Marker (Pharmacia) verwendet.
Coomassie Blue-Färbung von SDS-PAA-Gelen
Nach der gelelektrophoretischen Auftrennung wurden die Proteinbanden mit 0.05%
Coomassie Brilliant Blue R250 in 25% Isopropanol, 10% Essigsäure für mindestens eine Stunde angefärbt. Proteinbanden wurden durch Entfärben in 20% Methanol und 10% Essig- säure sichtbar gemacht.
Western Blot und Immunfärbung von Proteinen
Für einen spezifischen Nachweis wurden die mittels SDS-PAGE aufgetrennten Proteine nach der Semi-dry-Methode 1 h bei einem konstanten Stromfluss von 0.8 mA/cm2 auf eine Nitro- zellulosemembran transferiert (Kyhse-Andersen, 1984).
Die Membran wurde zweimal jeweils 5 min mit TBSI-Puffer (10 mM Tris-HCl pH 7.4, 150 mM NaCl, 0.05% Nonidet P-40) gewaschen. Zur Absättigung der Protein-Binde- stellen wurde die Membran mindestens eine Stunde in einer Blocklösung (Rotiblock, Roth) inkubiert. Nach zweimaligem Waschen (5 min) mit TBSI-Puffer erfolgte die Inkubation mit dem primären anti-GlpD-Antikörper (gelöst in TBSI, 3% BSA, 0.02% NaN3). Dann wurde die Membran 3 x 3 min mit TBSI gewaschen und eine Stunde mit sekundärem Peroxidase- gekoppelten anti-Kaninchen-Antikörper inkubiert. Nach 3 x 3-minütigem Waschen wurde der Blot mit 2 ml ECL-Detektionsreagenz für 1 min inkubiert. Die Chemilumineszenz des sekundären Antikörpers wurde auf einem Röntgenfilm nachgewiesen.
Material und Methoden
Das ECL-Reagenz wurde wie folgt hergestellt:
ECL-Lösung I: 100 mM Tris-HCl (pH 8.5, V = 500 ml) wurde unter ständigem Rühren entgast (Zugabe einiger Tropfen flüssigen Stickstoffs zur Verdrängung von O2). Tropfenweise wurden unter ständigem Rühren 2.5 ml einer 0.18 M p-Cumarsäure (in DMSO gelöst) und 1.2 ml einer 0.5 M Luminol-Lösung (3-Aminophtalhydrazid, unter N2-Begasung in DMSO gelöst) zugegeben. Die Lösung wurde sterilfiltriert und in einer braunen Flasche bei RT aufbewahrt. Luminol-Aliquots wurden bei -20°C gelagert.
ECL II besteht aus einer 18%igen H2O2-Lösung, die dunkel und kühl gelagert wurde.
Die gebrauchsfertige Lösung wurde unmittelbar vor der Anwendung gemischt, wobei 2 ml ECL-Lösung I mit 10 µl ECL II gemischt wurden.
Protein-Präzipitation mit 10% Trichloressigsäure
Durch Trichloressigsäure-Fällung wurden Detergenzien und Lipide aus den Proteinproben entfernt. Hierzu wurde die wässrige Probe mit demselben Volumen an eisgekühlter 10%
Trichloressigsäure gemischt (vortexen) und 20 min auf Eis inkubiert. Nach 15 min Zentrifu- gation (10.000xg, 4°C) wurde der Überstand dekantiert. Trichloressigsäure im Proteinpellet wurde durch mehrmaliges Waschen mit eisgekühltem 80% Aceton und H2O entfernt. Für SDS-PAGE wurden denaturierte Proteinproben mit SDS-Probenpuffer versetzt bzw. zur BCA-Proteinbestimmung in 0.1% SDS gelöst.
Proteinbestimmung
Proteinkonzentrationen wurden mit dem Coomassie Protein Assay Reagent (Pierce) nach der Methode von Bradford (Bradford, 1976) bestimmt. Proben, die Detergenzien oder Lipide enthielten, wurden mit 10% TCA präzipitiert. Die Proteinkonzentration wurde mit dem BCA Detection Kit (Pierce) nach der Methode von Smith (Smith et al., 1985) bestimmt.
Die Konzentration homogener Proteinlösungen mit bekannter Aminosäurezusammen- setzung wurden ferner durch UV-Absorption bei 280 nm nach Lambert Beer mit folgender Formel bestimmt :
Material und Methoden
Wobei c= Proteinkonzentration (g/l), A = Absorption, MW = Molekulargewicht, d= Schichtdicke (cm), der Extinktionskoeffizient ε wurde wie folgt berechnet:
1 1
sin 1340 10 30)
5546
( ⋅ + ⋅ + ⋅ + ⋅ − −
= nTryptophan nTyro nPhenylalanin nCystein mol cm
ε
Enzymaktivitätstest
Die Enzymaktivität der aeroben Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase wurde 10 min lang photometrisch bei Raumtemperatur mittels der PMS-gekoppelten Reduktion von MTT bei einer Wellenlänge von 570 nm gemessen (Kistler und Lin, 1972). Proteinmenge [μg]
Der Testansatz (V=250 µl) enthielt 50 mM Tris-HCl, pH 7.4, 75 mM NaCl, 0.5 mM MTT, 0.2 mM PMS, 10 µM FAD, 75 ng gereinigtes GlpD. Die Reaktion wurde mit 20 mM D,L-Glycerin-3-Phosphat gestartet. Die spezifische Aktivität wurde angegeben in [nmol]
reduziertes MTT pro [µg] GlpD und Minute. Sie wurde nach folgender Formel berechnet:
] [ Pr
5 . 0
1 1 . min
570 oteinmenge g
men Gesamtvolu cm
Aktivität A
spez GlpD
µ
ε ⋅ ⋅
∆ ⋅
=
Der Extinktionskoeffizient ε des reduzierten MTTs beträgt 17 mM-1cm-1 (Kistler und Lin, 1972), ∆A bezeichnet die Absorbtionsänderung.
Material und Methoden
Reinigung von rekombinantem GlpD über Chitinaffinitätschromatographie
Rekombinantes GlpD wurde als Intein-Fusionsprotein überexprimiert und über Chitin- Affinitätschromatographie mit anschließender Abspaltung des Inteinrestes gereinigt.
Das GlpD-Intein-Fusionsprotein (MW = 113 kDa) kodierende Plasmid pAW7 wurde in den Überexpressionsstamm ER2566 transformiert. Für die Reinigung wurde eine Über- nachtkultur des GlpD-Expressionsstamms 1:100 mit NZA-Medium (100 µg/ml Ampicillin, V
= 2 Liter) verdünnt. Nachdem die bei 37°C wachsenden Zellen die logarithmische Wachstumsphase (OD600 = 0.5-0.7) erreicht hatten, wurde die Proteinexpression mit 0.5 mM IPTG induziert. Vor Erreichen der stationären Phase (OD600 = 1.0) wurden die Zellen durch Zentrifugation (8000xg, 30 min, 4°C) geerntet. Alle nun folgenden Schritte wurden bei 4–8°C durchgeführt. Die Zellen wurden 20fach konzentriert in Lysepuffer (20 mM Tris-HCl pH 7.4, 500 mM NaCl, 1 mM EDTA, 1% Tween20) resuspendiert und mittels einer zweifache Passage durch eine French-Pressure Cell Press (12000 p.s.i., 4°C, American Instrument Co, Silver Spring, MD, USA) lysiert. Der Überstand des abzentrifugierten (12000xg, 4°C) Lysats wurde auf eine mit Lysepuffer äquilibrierte Chitinsäule (V = 2 ml, Durchmesser 1 cm) bei einer konstanten Flussrate von 0.25 ml/min aufgetragen. Unspezifisch gebundene Proteine wurden mit 100 ml Waschpuffer (20 mM Tris-HCl pH 8.0, 1 M NaCl, 1 mM EDTA, 0.1%
Tween20) bei einer Flussrate von 1 ml/min entfernt. Die Chitinmatrix wurde anschließend 20 h bei 23°C in einem “Cleavagepuffer“ (20 mM Tris-HCl pH 8.0, 500 mM NaCl, 100 mM DTT, 0.1% Tween20) inkubiert. In Anwesenheit des Thiols DTT erfolgte die Abspaltung (“Splicing“) des rekombinanten GlpD von seinem N-terminalen Inteinrest (MW = 55 kDa), der an die Chitinbeads gebunden hat. Das Protein wurde mit Elutionspuffer (20 mM Tris-HCl pH 7.4, 500 mM NaCl, 1 mM EDTA, 0.1% Tween20) von der Säule eluiert. Eluatfraktionen, die gereinigtes und abgespaltenes Protein enthielten, wurden dreimal gegen Dialysepuffer (1000faches Volumen, 50 mM Tris-HCl pH 7.4, 150 mM NaCl, 0.1% Tween20) dialysiert.
Reinigung der Wildtyp-, CBRIII-, GlpD ∆∆∆∆ (351-372), R349E-, K360E, AH362/4DE-Fusionsproteine über Ni
2+/NTA-Affinitätschromatographie
Rekombinantes GlpD-Wildtyp-Protein sowie das verkürzte CBRIII Fragment, die Deletions-