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Archiv "Präventionsgesetz: Mehrheit für modifizierte Neufassung" (16.12.2005)

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P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 50⏐⏐16. Dezember 2005 AA3479

plädiert für eine obligatorische Zusatz- versicherung zur Finanzierung eventu- eller künftiger Leistungsausweitungen.

Mit ihr verbunden oder statt ihrer könnte ein Obligatorium zur Zukunfts- sicherung des Grundschutzes einge- führt werden. Der finanzielle Beitrag der Privaten könnte darin bestehen, dass sich die künftigen Übertreter zur PPV zusammen mit den Kassenmitglie- dern am Aufbau dieses Kapitalstocks zur Entlastung der SPV beteiligen, so- lange sie bei Verbleib in der SPV dem Alter nach durchschnittlich gute Risi- ken geblieben wären. Ein Gedanke, der der PKV keineswegs fremd ist, da hier beim internen Wechsel über den Ver- lust der Alterungsrückstellungen ein Ausgleich zu zahlen ist. Wie hoch der von den Übertretern zu zahlende Ab- stand zu sein hätte, wäre zu prüfen. Ein Anhaltspunkt könnten die Beitragser- sparnisse sein, die die Übertreter von heute im Vergleich zu denen von ge- stern haben. Der Kapitalstock könnte von den Versicherern nach festen ma- thematischen Prinzipien kollektiv zur Abfederung der kommenden demo- graphischen Belastungen der SPV ein- gesetzt werden. Ein Weg, der zwar noch vieler Detailarbeit bedürfte, aber an die Vorzüge des deutschen Systems an- knüpft und ordnungspolitisch und ver- fassungsrechtlich auch seriöser wäre als eine schlichte einmalige Vermi- schung der völlig unvergleichbaren Rückstellungen von SPV und PPV. Al- lerdings: Die Zeit drängt. In spätestens 20 Jahren ist die volle Krise da.

Der neue Bundestag und auch die Partner des Gesundheitswesens werden vor großen Herausforderungen stehen.

Notwendig ist, über den Tellerrand des eigenen Interesses hinaus zu denken und dennoch nicht aus den Augen zu verlieren, was der Präsident der Bundes- ärztekammer, Professor Hoppe, so for- muliert hat: „Wir sollten nicht leichtfer- tig ein System der sozialen Sicherung über Bord werfen, das alle Katastro- phen im letzten Jahrhundert überstan- den hat und vielen Generationen Si- cherheit in der Krankenbehandlung ge- geben hat.“ Dr. jur. Christoph Uleer

E

s war als eine der großen Reform- maßnahmen der rot-grünen Regie- rung geplant: das Präventionsgesetz.

250 Millionen Euro jährlich aus Mitteln der gesetzlichen Kranken- und Renten- versicherung sollten die Gesundheit der Bevölkerung durch präventive Maßnah- men in Bund und Ländern, in den Stadt- teilen, in Kindergärten und Kindertages- stätten, Schulen, Betrieben, Freizeit- und Senioreneinrichtungen, Krankenhäu- sern sowie durch Kursangebote der Krankenkassen verbessern. Damit ver- band sich auch die Hoffnung, durch brei- te Förderung der Gesundheit langfristig das Gesundheitssystem von Kosten für die teure kurative Versorgung chronisch Kranker entlasten zu können.

Nachdem der Bundesrat in letzter Minute grundsätzliche Nachbesserun- gen am Gesetzentwurf verlangte, wurde dieser wenige Wochen vor den Neuwah- len dem Vermittlungsausschuss überwie- sen, wo er nicht mehr behandelt wurde.

In der neuen großen Koalition finden sich inzwischen alle die politischen Ak- teure an einem Tisch wieder, die in der letzten Legislaturperiode maßgeblich an der Erstellung und Diskussion des Entwurfs für ein Präventionsgesetz be- teiligt waren. Gegenwärtig ist jedoch noch unklar, wie es mit dem Gesetzent- wurf weitergehen wird – auch wenn das

Präventionsgesetz im Koalitionsvertrag Erwähnung findet und einige Äußerun- gen aus dem Bundesgesundheitsministe- rium inzwischen eine Neuauflage des alten Gesetzentwurfs andeuten lassen.

Unnötige bürokratische Strukturen

Die Bundesärztekammer nutzte die Zeit zwischen dem Scheitern des ersten Entwurfs und der Bundestagswahl und befragte die Verbände, die an den Vor- beratungen des gescheiterten Präventi- onsgesetzentwurfs beteiligt waren: Wo gibt es kritische Einwände, wie stellen sie sich den weiteren Umgang mit dem Gesetzentwurf vor, wo sehen sie wirk- same Ansätze der Gesundheitsförde- rung und Prävention, und wer sollen die Akteure sein?

Befragt wurden im September 111 Organisationen und Verbände, die auf dem Gebiet der Prävention aktiv sind.

Diese wurden anhand der Namensliste für die Sachverständigenanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 9. März 2005 und der Mitgliederliste des Deutschen Forums Prävention und Gesundheitsförderung ausgewählt. Ge- antwortet haben 34 Prozent der Organi- sationen. Die Ergebnisse zeigen, dass

Präventionsgesetz

Mehrheit für modifizierte Neufassung

Bundesärztekammer befragte Verbände, die auf dem Gebiet der Prävention aktiv sind.

Der Autor war bis Mitte 2002 Direktor und Geschäfts- führendes Vorstandsmitglied des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V., Köln.

Grafik 1

Vorschläge zum weiteren Umgang mit dem Präventionsgesetz

Gesetz ist inhaltlich zu überarbeiten kein eigenes Gesetz erforderlich Neueinbringung des Gesetzentwurfs

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

66%

29%

8%

(2)

sich die Mehrzahl für ein Präventions- gesetz ausspricht, das jedoch inhaltlich überarbeitet eingebracht werden sollte (Grafik 1). 29 Prozent sind hingegen der Ansicht, dass es keines Präventionsge- setzes bedürfe, 18,5 Prozent halten zum Beispiel eine Novellierung des gelten- den § 20 SGB V beziehungsweise die Stärkung der Prävention in den beste- henden Sozialgesetzbüchern für völlig ausreichend.

Am Gesetzentwurf wird vor allem der Aufbau unnötiger bürokratischer Struk- turen und die mangelnde Einbeziehung angrenzender Politikfelder jenseits des Gesundheitswesens sowie die Unüber- sichtlichkeit der neu zu schaffenden Präventionsstrukturen kritisiert. Auch wird eine mangelnde Verzahnung der primären, sekundären und tertiären Prävention und der entsprechenden Leistungserbringer kritisch angemerkt (45 Prozent) und die Bedeutung ärzt- licher Präventionsleistungen hervorge- hoben. Die Bundesärztekammer hatte wiederholt auf diesen Schwachpunkt des Gesetzes hingewiesen.

Eine zu hohe Regelungsdichte oder der bloße Empfehlungscharakter der über den Stiftungsrat zu entwickeln- den Präventionsziele, die im Vorfeld der Diskussionen des Entwurfs häufig kritisch angemerkt worden waren, bemängeln allerdings nur noch ver- gleichsweise wenige Organisationen (29 Prozent resp. 21 Pro-

zent der antwortenden Verbände).

Die Vorschläge, die die Befragten zur Nach- besserung des Entwurfs äußern, bilden die er- wähnten Kritikpunkte

spiegelbildlich ab.So werden eine klarere Festlegung der Entscheidungs- und der Finanzverantwortungen, bessere Vorga- ben zur Verzahnung und Kooperation, die Festlegung legitimierter Präventions- ziele und eine Verbreiterung der Finan- zierungsbasis angemahnt. Auf die Frage, ob das im Entwurf vorgesehene Finanz- volumen von 250 Millionen Euro pro Jahr ausreicht, wird dieses in gleicher Häufigkeit entweder als zu gering oder aber als für die Ausgangssituation ange- messen erachtet (jeweils 42 Prozent).

Unabhängig vom Präventionsgesetz werden die Gesundheitsförderung und

Setting-bezogene Ansätze in der Präven- tion als besonders wirksam eingeschätzt (jeweils 53 Prozent). Relevante Themen für die Prävention sind nach Ansicht der meisten Verbände Ernährung, Bewe- gung und Gesundheitsförderung am Ar- beitsplatz, aber auch Stressabbau, De- pressionen, Risiko-Lebenswelten sowie Impfprophylaxe werden genannt.

Auf die Frage nach den wichtigsten Akteuren zur Wahrnehmung der Ge- sundheitsförderung beziehungsweise Primärprävention gibt es ein breites Antwortenspektrum, das von staatli- chen Einrichtungen über die Ärzte- schaft bis hin zu Kommunen, Gesund- heitsämtern und Krankenkassen reicht (Grafik 2). Überraschend ist, dass die Ärzteschaft als zweit- wichtigster Akteur ge- nannt wird, obwohl ihr Potenzial in der Ge- sundheitsförderung be- ziehungsweise Primärprä- vention bislang vom Ge- setzgeber nur wenig be- rücksichtigt wurde und in der Frage selbst die traditionellen ärztlichen Handlungsfelder der Sekundär- und Tertiärprävention gar nicht angespro- chen wurden.

Nach Ansicht der Hälfte der Organi- sationen könnte eine größere regionale Bedarfsdeckung für Präventionsange- bote dadurch erreicht werden, dass ver- bindliche Kooperationen und Verant- wortlichkeiten unter den Akteuren fest- gelegt sowie Präventionsexperten vor Ort direkt angesprochen werden.

Die Befragung von mehr als hundert in der Prävention in Deutschland täti-

gen Organisationen zeigt, dass nur eine Minderheit den bisherigen Gesetzent- wurf als brauchbar erachtet. Die Kritik bezieht sich insbesondere auf zu büro- kratische Strukturen, die mit dem Ge- setz geschaffen würden, und eine man- gelnde interne und externe Verzahnung der unterschiedlichen inhaltlichen und strukturellen Ebenen.

Votum der befragten Verbände berücksichtigen

Dennoch scheint die Zeit reif, der Prävention über ein eigenes Gesetz einen besonderen Stellenwert im Ge- sundheitswesen zu geben. Viele halten das vorgesehene Finanzvolumen dafür zunächst für ausreichend. Die Ärzte- schaft wird als wichtiger Akteur auch in der Gesundheitsförderung und Primär- prävention angesehen – und dies nicht nur durch Verbände, die einen ärztli- chen Hintergrund haben. Der Gesetz- geber sollte dieses Votum der relevan- ten, in der Prävention tätigen Verbände bei möglichen Neuberatungen für ein Präventionsgesetz stärker berücksichti- gen. 2006 wollen die Koalitionspartner Gespräche zu grundlegenden Struktur- veränderungen im Gesundheitswesen aufnehmen. Wird die kurze Zeitspanne bis dahin nicht für die Verabschiedung eines überarbeiteten Präventionsgeset- zes genutzt, besteht die Gefahr, dass dann das Thema „Prävention“ in den Grundsatzdebatten untergeht.

Dr. rer. medic. Wilfried Kunstmann Manja Nehrkorn Bundesärztekammer P O L I T I K

A

A3480 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 50⏐⏐16. Dezember 2005

Grafik 2

Präferierte Einrichtung zur Sicherstellung der Primärprävention/

Gesundheitsförderung in Deutschland

Länder Ärzteschaft Staat/Bund

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%

21%

18,5%

18,5%

GKV 16%

Kommunen 13%

Gesundheitsämter 13%

andere 26%

Die Ärzteschaft wird als wichtiger Akteur auch in der

Primärprävention

angesehen.

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