A 272 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 7|
14. Februar 2014 Das Jahrbuch Intensivmedizin –2011/12 zum ersten Mal aufgelegt – behandelt in fachlich kompeten- ter Weise und sehr übersichtlich wesentliche und auch seltene in - tensivmedizinische Erkrankungen (Schwangere als Intensivpatientin) sowie kontroverse Themen (Organ- spende beim CO-Vergifteten).
In sieben Kompartimenten wird das Komplexbild Intensivmedizin behandelt. Zu den wichtigsten Up- dates gehört zweifelsohne die Be- handlung des Acute Respiratory Distress Syndrome in all seinen Facetten inklusive der extrakorpo- ralen Membranoxygenierung. Auch wird auf die Intensivtherapie bei Schwangeren eingegangen und dar - auf, was am häufigsten zur Sepsis bei diesen Patientinnen führt. Er- krankungen des ZNS (Trauma, In- fekte) sind übersichtlich dargestellt, und es werden nachvollziehbare INTENSIVMEDIZIN
Fachlich kompetent und übersichtlich
Therapien vorgeschlagen. In einem weiteren Abschnitt werden Krankheitsbilder dar- gestellt, deren Ursache in ei- ner vorausgegangenen An- ästhesie zu sehen sind (ma- ligne Hyperthermie, Rhab- domyolyse), wo blitzschnel- le Diagnostik und Therapie vonnöten sind. Das Pro- blem, ärztliche Mitarbeiter für das belastende Fach Intensivmedizin zu motivieren, wird genauso aufge- griffen wie die Frage, wo man ethi- sche Grenzen in der Behandlung setzt; auch das zwiespältige Thema, ob man bei einem CO-Vergifteten Organe entnehmen kann, wird be- handelt.
Ausgesprochen wichtig ist das Kapitel der Notfallversorgung bei Kindern, weil vielen Notfallret- tungs- und Intensivmedizinern hier fundierte Grundlagen vermittelt
werden. Auf dem letzten Stand der Forschung wird über Kreislaufthe- rapie und Pharmakotherapie berich- tet. Da die Adipositas eine Volks- krankheit geworden ist, ist es wich- tig zu wissen, wie man pharmako- logisch dosiert. Auch die Stellung von Hypothermie bei und nach Re- animation findet Berücksichtigung, ein Therapieprinzip, das immer mehr in den Vordergrund tritt unter der Prämisse Sauerstoffverbrauch.
Speziell wird dann noch das Ma- nagement bei der Beatmung be - handelt. Hier ist insbesondere das präklinische Management wichtig.
Goldstandard ist bei Beatmung im Notdienst immer noch die orotra- cheale Intubation. Zunehmend konnte der Autor aber beobachten, dass Patienten mit Larynxmasken in Notaufnahmen der Krankenhäu- ser kommen.
Insgesamt gesehen ist auch diese Auflage eine wieder gelungene Syn opsis von Lehrbuch und Nach- schlagewerk. Karl-Wilhelm Fritz Werner Kuckelt, Pe-
ter H. Tonner (Hrsg.):
Jahrbuch Intensiv- medizin 2014. Pabst Science Publishers, Lengerich 2013, 348 Seiten, gebunden, 40 Euro
ger Beweiswürdigung ist ebenfalls in das Patientenrechtegesetz aufge- nommen worden. Die meisten Dia- gnosefehler sind erfahrungsgemäß nicht durch medizinische Inkom- petenz, sondern durch organisatori- sche Versäumnisse entstanden. Ge- nannt werden unter anderem ein Nichtabwarten der Er gebnisse er- hobener Befunde, eine fehlende Dokumentation oder ein Verlust von Befunden, eine mangelnde Be- achtung externer Hinweise, eine mangelnde Überwachung bezie- hungsweise fehlende Verlaufsbeob- achtung. Hingewiesen wird auch auf die Verpflichtung des Arztes, zufällig erhobene Untersuchungser- gebnisse diagnostisch und gegebe- nenfalls therapeutisch zu berück- sichtigen. Ausführliche Hinweise zum Verhalten im Schadensfall runden diese lesenswerte Zusam- menfassung der verschiedenen medizinischen und rechtlichen Probleme im ärztlichen Alltag ab.
Alle Ärzte und besonders diejeni- gen, die auch gutachterlich tätig sind, werden von diesem Buch profitieren. Erland Erdmann Johannes Köbberling:
Diagnoseirrtum, Diagnosefehler, Befunderhebungsfehler.
Verlag Versicherungs - wirtschaft, Karlsruhe
2013, 181 Seiten, kartoniert, 39 Euro
Zunehmend müssen sich Ärzte mit Vorwürfen über tatsächliche oder vermeintliche Fehler bei diagnosti- schen Maßnahmen und entspre- chenden Haftungsfragen befassen.
Johannes Köbberling, selbst seit vielen Jahren Mitglied der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfeh- ler der Ärztekammer Nord- rhein, hat dazu ein über- sichtliches Buch verfasst.
Die einzelnen Kapitel über die verschiedenen Fehlermöglichkeiten, Irrtü- mer, Hilfen zur Vermeidung von Diagnosefehlern und den richtigen Umgang mit dem eigenen Fehler enthal- ten viele Beispiele aus der Praxis sowie bewertende ärztliche und juristische Erklärungen. Aus- führlich wird die Bedeutung der Beweislast erklärt, und es wird auf die Aufklärungsobliegenheiten hin- gewiesen, die auch für diagnosti- sche Maßnahmen gelten. Etwa ein BEHANDLUNGSFEHLER
Lesenswerte Zusammenfassung
Viertel aller Vorwürfe über Behand- lungsfehler beziehen sich auf Dia - gnosefehler. Den meisten Ärzten sind die rechtlichen Aspekte, die sich im Zusammenhang mit mögli- chen Diagnosefehlern ergeben, nur unzureichend bekannt.
Interessant ist, wie durch ärztli- che Gutachter oder andere Instan- zen die Zuordnung bei der unschar- fen Grenze zwischen „noch vertret- bar“ (Diagnoseirrtum) und „für den gewissenhaften Arzt nicht mehr vertretbar“ (Diagnosefehler) vorge- nommen wird. Diese in der Recht- sprechung entwickelten und in das Patientenrechtegesetz vom Februar 2013 übernommenen Definitionen lassen aber breite Deutungs- und Ermessensspielräume zu.
Ausführlich wird auf den „Be- funderhebungsfehler“ eingegan- gen, der dazu führen kann, dass ein einfacher Diagnosefehler zu einem groben Behandlungsfehler mit Be- weislastumkehr wird. Dieses kom- plizierte Konstrukt mit mehrstufi-