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Archiv "Therapiesymposium '99: Rationale Therapie unter ökonomischen Gesichtspunkten" (21.01.2000)

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herapieentscheidungen in der Praxis werden zunehmend auf dem Boden der Budgetsteue- rung getroffen. Hilfestellung für eine rationale Therapie bei Asthma bron- chiale, Demenz und Depression, die auch den ökonomischen Zwängen Rechnung trägt, präsentierte die Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft beim Therapiesymposium

’99 in Frankfurt. Diese Empfehlungen, so Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghau- sen (Berlin), unterschieden sich von anderen „Leitlinien“ dadurch, dass sie sich strikt an den Kriterien der Evi- denz-basierten Medizin orientieren.

Ihr Ziel sei es, dem niedergelassenen Arzt aktuelle Erkenntnisse zur Phar- makotherapie verständlich und redu- ziert auf das Notwendige, doch ohne Abstriche an Wissenschaftlichkeit zu vermitteln.

Asthma: Was dies konkret be- deutet, machte Prof. Gerhard W.

Sybrecht (Homburg/Saar) anhand des Asthma bronchiale deutlich. Dessen Inzidenz nimmt weiter zu, wobei die Gründe hierfür bislang nicht bekannt sind. Derzeit ist von einer Prävalenz von etwa fünf Prozent bei Erwachse- nen und sogar zehn Prozent bei Kin- dern auszugehen. Therapieziel ist nach Sybrecht die Vermeidung von Asthmaanfällen sowie die Erhaltung einer normalen oder zumindest einer bestmöglichen Lungenfunktion.

Primär muss deshalb dafür Sorge getragen werden, dass Anfallsauslöser möglichst vermieden werden. Selbst- verständlich sollte der Nikotinverzicht sein, und zwar sowohl aktiv wie auch passiv, und es sollte auf Umweltaller- gene und speziell inhalative Noxen am Arbeitsplatz geachtet werden. Beta- blocker verbieten sich nach Sybrecht in jeder Darreichungsform – „auch als

Augentropfen“. Bei bekannter Über- empfindlichkeit ist nach seinen Wor- ten außerdem auf Acetylsalicylsäure und gegebenenfalls andere nicht stero- idale Antirheumatika zu verzichten.

Bei der spezifischen Asthmathe- rapie wird laut Sybrecht zwischen Be- darfsmedikation (Reliever) und der Langzeittherapie (Controller) unter- schieden. Zu den Relievern gehören neben den kurz wirksamen Betamime- tika die Anticholinergika sowie die sy- stemischen Glukokortikoide, da diese Wirkstoffe nur in Einzelfällen als Dau- ermedikation verabreicht werden.

Frühe Intervention und ausreichende Dosierung

Unabhängig davon folgt die Be- handlung nach einem vierstufigen Schema der Deutschen Atemwegsli- ga. In allen Stadien können bei Be- darf kurz wirksame Betamimetika so- wie Anticholinergika eingenommen werden. Bei nur gelegentlichem Asth- ma (Stadium 1) erfolgt keine weitere Therapie. Diese setzt jedoch ab dem Stadium 2 ein, bei dem Patienten ein inhalatives Steroid zur regelmäßigen Einnahme verordnet werden sollte – zu Beginn in niedriger Dosierung, die dann entsprechend dem Erkran- kungsgrad gesteigert werden kann.

Wichtig ist nach Sybrecht, dass früh interveniert und ausreichend hoch dosiert wird, um dem Patienten eine gute Funktion bei (möglichst) medikamentöser Einmalgabe zu si- chern. Der Mediziner sprach sich des- halb für eine Kombinationstherapie unter Einbeziehung fixer Wirkstoff- kombinationen aus, da in kontrollier- ten Studien gezeigt werden konnte, dass ein solches Regime der Monothe-

rapie überlegen ist und sich gleichzei- tig Steroide einsparen lassen. Übli- cherweise werden die Steroide mit ei- nem Betamimetikum kombiniert, eine fixe Kombination von Fluticason und Salmeterol ist nach Sybrecht bereits im Handel, weitere Kombinations- präparate dürften folgen.

Als wirksame Therapiealternative bezeichnete er die Kombination eines inhalativen Steroids mit Theophyllin.

Ein nur schwach wirksames Antiasth- matikum stelle dagegen der Wirkstoff Montelukast dar, er verbessere die Lungenfunktion beim belastungsindu- zierten Asthma, sei aber nicht so po- tent wie die lang wirksamen Betami- metika und keinesfalls als Ersatz der topischen Glukokortikoide anzuse- hen. Keinen Platz haben nach Sybrecht in der Asthmatherapie Sekretolytika, Sedativa, Psychopharmaka und Anti- histaminika. Geradezu kontraindiziert seien Antitussiva, da sie den Entzün- dungsprozess verschleiern.

Demenz:Ähnlich wie beim Asth- ma bronchiale ist es auch bei der De- menz das Ziel, die Frühformen zu er- fassen, was in der Praxis anhand psy- chometrischer Testverfahren möglich ist. Prof. Dr. Hermann- J. Gertz (Uni- versität Leipzig) kritisierte jedoch den oft unkritischen Einsatz von Antide- mentiva. Diese seien – trotz hoher Plausibilität – bei leichten kognitiven Störungen nicht indiziert, da es bis- lang keine Studien gebe, die einen therapeutischen Vorteil in solchen Si- tuationen belegten.

Ziel der Behandlung ist laut Gertz die Besserung der Symptoma- tik innerhalb von sechs Monaten so- wie eine Verlangsamung oder ein Stillstand der Krankheitsprogression;

dies könne durch die derzeit verfüg- baren Wirkstoffe allerdings nur in An- A-86 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 3, 21. Januar 2000

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Therapiesymposium ’99

Rationale Therapie unter

ökonomischen Gesichtspunkten

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft stellte ihre aktuellen Therapieempfehlungen zu Asthma, Depression und Demenz vor.

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sätzen realisiert werden; außerdem fehlten Kriterien für die Überprüfung der Behandlung. Liegt eine mittel- schwere bis moderate Demenz vor, so hält der Mediziner eine medika- mentöse Therapie für klar indiziert.

Belegt ist die klinische Wirksam- keit am besten für die Acetylcholine- sterasehemmer. „Das aber heißt nicht, dass diese Substanzen am besten wir- ken; es bedeutet nur, dass ihre Effekti- vität sehr gut dokumentiert ist“, so Gertz. Die klinische Wirksamkeit ist zudem nur für den Morbus Alzheimer belegt, nicht aber für die vaskuläre Demenz. Von einer nachgewiesenen klinischen Effektivität ist den vorlie- genden Studien zufolge außerdem auszugehen bei Nimodipin, Memati- ne, den Ergotalkaloiden, Piracetam, Pyritinol und bei Ginkgo-biloba- Trockenextrakt – und zwar sowohl bei der Alzheimerschen Krankheit als auch bei der vaskulären Demenz.

Relevante Therapieeffekte erst nach sechs Monaten

Die Symptomverbesserung be- trägt in aller Regel 15 bis 20 Prozent gegenüber Plazebo, doch fehlen nach wie vor Vergleichsstudien der Sub- stanzen untereinander. Die Therapie- dauer sollte bei mindestens sechs Mo- naten liegen, vorher sind relevante Ef- fekte nicht zu erwarten. Verschlech- tert sich in dieser Zeit jedoch das klinische Bild, so sollte die Behand- lung abgebrochen werden. Auch wenn die Antidementiva insgesamt als nur schwach wirksam zu bewerten und die erzielten Symptomveränderungen oft schwer objektivierbar sind, lohnt sich nach Gertz dennoch ein Therapiever- such: „Immerhin sehen wir bei rund zehn Prozent der Patienten ausge- prägte Symptombesserungen, die an- ders nicht zu erzielen wären.“

Depression: Ein in der Praxis schwer fassbares Problem stellt die Depression dar, da sie sich in etwa 70 Prozent der Fälle über somatische Be- schwerden manifestiert. Als wichtig- ste Therapieziele nannte Müller-Oer- linghausen die Linderung von Angst, Unruhe und Schlafstörungen, eine wirkungsvolle Suizidprävention sowie die mittelfristige Besserung von Stim- mung und Antrieb. Nach erfolgter

Remission muss außerdem dem Rezi- div vorgebeugt werden. „Es werden in dieser Hinsicht in der Praxis aber noch Fehler gemacht, weil die Be- handlung sehr oft eben nicht über die erforderlichen sechs Monate nach der Remission hinaus fortgeführt wird“, beklagte der Psychiater. Gegebenen- falls ist nach seinen Angaben eine le- benslange Medikation als Sekundär- prophylaxe weiterer Rezidive und Suizidversuche erforderlich.

Eine medikamentöse Therapie ist indiziert bei moderater bis schwe- rer Symptomatik, rezidivierendem oder chronischem Verlauf oder bei bekanntem gutem Ansprechen auf die Medikation bei früheren Krank- heitsphasen. Weit verbreitet ist der Einsatz nicht selektiver älterer Wirk- stoffe wie der Trizyklika; hinzuge- kommen sind in jüngerer Zeit die se- lektiven Serotonin-Wiederaufnahme- hemmer (SSRI) sowie selektive Rück- aufnahmehemmer von Noradrenalin und Serotonin (NASSA). Therapeu- tisch wirksam sind außerdem MAO- Inhibitoren und Phytopharmaka wie das Johanniskraut.

Es ist nach Müller-Oerlinghausen ein Irrtum anzunehmen, die neueren selektiven Wirkstoffe seien generell mit weniger Nebenwirkungen behaf- tet als die klassischen Trizyklika. Ihr

Vorteil liegt vor allem in der geringe- ren Letalität bei Intoxikationen und in der gleichzeitig guten Wirkung auf Zwänge, Ängste und Ess-Störungen.

Dem stehen allerdings auch Nachteile gegenüber wie der höhere Preis der Medikamente sowie die geringere Er-

fahrung in Bezug auf seltene Neben- wirkungen. Auch wird zum Teil eine zu geringe Sedierung erwirkt, wobei sogar Unruhe, Angst und Schlaf- störungen provoziert werden können.

Vorsicht ist zudem bei Arzneimittel- kombinationen geboten mit Wirkstof- fen, die ebenfalls über das Cyto- chrom-P450-System abgebaut wer- den, da dann Interaktionen drohen.

SSRI sind nach Müller-Oerling- hausen als Mittel der ersten Wahl an- zusehen bei Patienten mit Kontraindi- kationen gegen die klassischen Anti- depressiva, bei Alterspatienten, sol- chen im Delirium, bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen und/oder kli- nisch relevanter Prostatahyperplasie sowie immer dann, wenn eine Sedie- rung nicht erwünscht ist.

Wichtiger als die Frage nach dem geeigneten Antidepressivum erachtet die Arzneimittelkommission eine ge- nerelle Optimierung der Therapie von Depressionen. Dazu gehört nach Mül- ler-Oerlinghausen vor allem, dass die Patienten ausreichend lange behandelt werden; also sechs bis 18 Monate über die Remission hinaus und in ausrei- chend hoher Dosierung. Unterschätzt wird bei der Langzeittherapie nach Müller-Oerlinghausen vor allem die Bedeutung einer Lithiumtherapie. Die- se sei nicht nur gut wirksam und arm an

Nebenwirkungen, sondern habe auch ausgeprägte „antisuizidale“ Effekte.

Die Lithiumtherapie sei zudem 60 Pro- zent preiswerter als die Behandlung mit den klassischen Antidepressiva – eine Chance, die unbedingt genutzt werden sollte. Christine Vetter A-87

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 3, 21. Januar 2000

Gewebeproben nach endobronchialer Biopsie beweisen, dass die Kollagenschicht unterhalb der Basalmembran bei Asthmatikern deutlich dicker (b) ist als bei atemwegsgesunden Personen (a). Foto: Pneumologische Notizen

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