A1228 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 18⏐⏐4. Mai 2007
B R I E F E
Herzinfarkt, paVk) ausgewertet wur- den. Dies war nicht der Fall. Viel- mehr wurden drei verschiedene Studienrekrutierungen, eben bei Patienten mit Schlaganfall, mit Myo- kardinfarkt und mit paVk getrennt durchgeführt und ausgewertet. Dies kann man allein schon daran erken- nen, dass alle drei Gruppen fast die gleiche Patientenzahl (ca. 6 400) aufweisen, was niemals der Fall ge- wesen wäre, wenn Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen konsekutiv in die Studie aufgenom- men worden wären. In der statisti- schen Analyse nach Beendigung der Studien wurden die drei Studien- gruppen zusammengefasst, was aus medizinisch-klinischer Sicht un- zulässig ist, da es sich um drei ver- schiedene Krankheitsentitäten han- delt, und biometrisch unzulässig, da der Heterogenitätstest zwischen den Gruppen statistisch signifikant war.
Daher muss korrekterweise der Ef- fekt von Clopidogrel für die jeweili- gen Studiengruppen betrachtet wer- den, was keinen signifikanten Vor- teil in den Gruppen mit Herzinfarkt und Schlaganfall ergibt.
Prof. Dr. Peter T. Sawicki,Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Dillenburger Straße 27, 51105 Köln
FORTBILDUNG
Die Wissensvermitt- lung gerät oft in den Hintergrund (DÄ 8/2007: „Ärztliche Fortbildung: Inhaltli- cher Anspruch wird zur Nebensache“
von Dr. med. Karl Rheinwalt).
Fortbildungsindustrie
Was der Kollege Rheinwalt schreibt, kann ich nur bestätigen.
Jeder sammelt seine Punkte wie früher im Tante-Emma-Laden die Rabattmarken. Ich habe mich auch schon am sicher sehr gut gemachten Online-Fortbildungsprogramm im DÄ beteiligt, um mein cme-Konto aufzufüllen – und das in Gebieten, die von meinem Fachgebiet sicher meilenweit entfernt sind. Mittler- weile scheint, getreu der marktwirt-
schaftlichen Regel von Angebot und Nachfrage – eine regelrechte Fortbildungsindustrie auf allen Ebe- nen entstanden zu sein. Die häufig hohen Kosten für die Teilnahme (Gebühr, Anfahrt, Hotel) – auch wenn das dann mal steuerlich ir- gendwie absetzbar ist – stehen oft in keinem Verhältnis zu den Inhalten der Veranstaltungen. Realität ist doch, dass nationale, aber auch zu- nehmend regionale Veranstaltungen von Profis ausgerichtet werden, die daran verdienen wollen. Die „einge- ladenen“ Redner bekommen die Auslagen erstattet von der Indus- trie, die sich dort wieder mal prä- sentiert und für diese Präsentation auch noch bezahlt. Die Veranstalter holen sich das Geld von der Indus- trie über die Standmiete und über die Kongressgebühr, von der ein Teil auch an die veranstaltende Ge- sellschaft fließt. Die Teilnehmer, soweit ausreichend unabhängig, zahlen selbst, oder die Teilnahme wird von der Industrie gesponsert, was für die Mehrzahl gilt. Die In- dustrie letztlich verbucht ihre Kos- ten für Standmiete, Festabend, Red- ner, Einladungen etc. unter dem Posten Vertrieb und Marketing und eskomptiert das in den Preisen der Produkte – die wieder von den Krankenkassen getragen werden, dann aber vom Versicherten etc.
Wer die „großen Events“ nicht wahrnimmt, kommt nicht umhin, ei- ne Vielzahl regionaler Veranstaltun- gen aufzusuchen, die ja massiv in ärztlichen Mitteilungen beworben werden – da kann schon mal ein re- gelrechter Feierabendverkehr ein- setzen nach einem langen Arbeits- tag. Über die Notwendigkeit der Fortbildung muss überhaupt nicht diskutiert werden, schon um die in- formationelle Spreu vom Weizen zu trennen; es wird nur wieder über das Ziel hinausgeschossen . . .
Prof. Dr. med. Ulrich Hake,Am Damsberg 6, 55130 Mainz
Nur ein Traum
Es war zu befürchten, dass es ein- mal so weit kommen wird: Barcode und Scanner scheinen zum Arztbe- ruf zu gehören wie Stethoskop und Reflexhammer. Ich frage mich seit
Langem, ob das kindische und für den ärztlichen Stand unwürdige Punktesystem jemals dazu führte, dass ein Patient besser behandelt wurde. Wenn der Beweis hierfür nicht erbracht ist, dann könnte doch das System in toto abgeschafft wer- den. Man stelle sich das einmal vor:
welche Entbürokratisierung, welche Kostenersparnis, welche Freiset- zung von Arbeitskraft. Natürlich weiß ich, dass ich nur einen Traum hatte.
Dr. med. Dr. phil. Reinhard Platzek,
Vorsitzender des Hartmannbundes für Unterfranken, Keplerstraße 23, 63741 Aschaffenburg
SCHWEDEN
Zwei deutsche Ärzte arbeiten seit einiger Zeit als Assistenz- ärzte in Stockholm mit positiver Bilanz (DÄ 8/2007: „Deut- sche Ärzte in Schwe- den: Viel Licht, ein wenig Schatten“ von André Anwar).
Nur sechs dunkle Monate
Der Artikel über deutsche Ärzte in Schweden war sehr informativ und wird vermutlich dazu beitragen, dass noch mehr Ärzte über einen Umzug nach Skandinavien nachdenken . . . In einem Punkt wird der Artikel aber möglicherweise Interessenten für Schweden – ungerechtfertigterweise – abschrecken. Es ist die Rede von
„nordschwedischen Dörfern, in de- nen man zehn Monate im Jahr in ab- soluter Finsternis praktiziert“. Liebe Kollegen, das geht nicht. Das Maxi- mum, was man dunkelheitstechnisch auf unserem Planeten erreichen kann, sind sechs Monate Finsternis (an den Polen), und selbst dort ist die Finsternis nicht durchgehend abso- lut, denn bis zu einem Sonnenstand von 18 Grad unter dem Horizont herrscht immer noch Dämmerung.
Insofern sollte jeder, der jung genug ist, dieses unsägliche Gesundheits- system in Richtung Schweden (oder anderswo) zu verlassen, auch über nordschwedische Dörfer nachden- ken.
Dr. med. Burckhard Schürenberg,Seminarweg 4, 24837 Schleswig