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s ist noch keine vier Wo- chen her, da habe ich an dieser Stelle (Heft 42) zum Kauf oder gar zum Zu- kauf der Siemens-Aktie gera- ten.Wie schön, daß die Rea- lität auch einmal die Prognose zu übertreffen vermag. Von den meisten Fachleuten völlig unerwartet, präsentierte das Siemens-Management auf seiner Bilanzpressekonferenz jetzt einen Jahresabschluß mit Prädikatsexamen. Mit ei- nem gewaltigen Sprung beim Konzerngewinn nach Steuern um 37 Prozent auf 3,64 Milli- arden Mark sorgte die Sie- mens AG bei den anwesen- den Journalisten für eine sehr, sehr positive Überraschung.
Die kühnsten Schätzun- gen der Fach-Optimisten gin- gen bestenfalls an die Marke von 3 Milliarden Mark heran.
Die Umsatzzuwächse von plus 14 Prozent auf 134,3 Mil-
liarden Mark lagen indes eher im geschätzten Bereich.
Aber das ist natürlich ge- nau das Salz in der Suppe, das die Börsianer lieben: Wenn bei guten Umsätzen der Ge- winn überproportional zu- legt, dann spricht das für eine solide Grundstruktur in einer Unternehmensarchitektur.
Das exzellente Ergebnis kann Siemens-Chef Heinrich von Pierer guten Gewissens auf entscheidende Weichen- stellungen beim sogenannten
„Zehnpunkteprogramm“ zur nachhaltigen Verbesserung der Ertragskraft verbuchen.
In der Tat schaffte die Sie- mens AG in wichtigen Berei- chen deutliche Gesundungs-
erfolge. So zeichnet sich im Bereich Halbleiter (Infine- on) ein klarer Gewinntourn- around ab, während die bis- her mit Problemen kämpfen- de Verkehrstechnik zwar immer noch rote Zahlen schreibt, aber mit 122 Millio- nen Mark Minus (nach 746 Millionen!) deutlich nach vorne strebt.
Sehr markant sind indes- sen die Erfolge im Handy-Ge- schäft (plus 455 Millionen Mark auf 956 Millionen Mark) und in der vor zwei Jahren noch defizitären Medizintech- nik, wo das Betriebsergebnis heuer auf immerhin 660 Mil- lionen Mark anzog. Einziger Wermutstropfen im Siemens-
Abschluß ist indes immer noch der Bereich Energieerzeu- gung (KWU), wo sich die Zah- len mit minus 261 Millionen Mark sogar noch tiefroter als erwartet einfärbten. Die Divi- dende, die zuletzt 1,50 Mark betrug, wird auf 1,00 Euro er- höht, was umgerechnet 1,96 Mark entspricht. Dazu kommt noch eine Steuergutschrift von 0,84 Mark je Aktie.
Die Börse honorierte die vorgelegten Zahlen mit einem Kursfeuerwerk. Am Tag nach der Veröffentlichung dieser Zahlen stieg der Kurs der Sie- mens-Aktie auf über 90 Euro.
Nach diesem fulminanten An- stieg dürfte aber erst einmal Luftholen angesagt sein. Käu- fe sollten daher auf schwäche- re Tage zurückgestellt wer- den. Wer den Titel bereits hat, darf sich entspannt auf Kurs- gewinne und üppige Dividen- den freuen. So schön kann Börse sein. Börsebius
[52] Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 45, 12. November 1999
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