• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Histomorphologie und Immunpathologie der granulomatösen Entzündung" (19.10.1989)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Histomorphologie und Immunpathologie der granulomatösen Entzündung" (19.10.1989)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DA EDITORIAL

Histomorphologie und Immunpathologie

der granulomatösen Entzündung

Bemo Heyrner

D

as histomorphologische Kennzei- chen der chronisch-granulomatö- sen Entzündung ist das Granulom (5, 35). Bei Granulomen handelt es sich um herdförmige, geordnete Zellinfiltrate, welche in erster Linie aus Ab- kömmlingen des mononukleären Phagozy- ten(MNP-)Systems (Makrophagen, Epitheloid- zellen, Riesenzellen) bestehen (1, 7). Häufig sind noch weitere Zellarten, wie zum Beispiel Lym- phozyten oder Fibroblasten beteiligt. Granulome können lokalisiert oder systemisch, mit oder oh- ne Nekrose auftreten (5, 38). In jedem Falle stel- len sie das Resultat einer sehr komplexen, multi- faktoriellen Auseinandersetzung zwischen ätio- logischem Agens und Wirtsorganismus dar (1, 15-18). Sinn der Granulombildung ist - wie der jeder Entzündungsreaktion - die Beseitigung des auslösenden Agens (5). Dabei kann es allerdings zu einer Gewebsschädigung kommen.

In den vergangenen Jahren wurden bei der Aufklärung der Pathomechanismen der granulo- matösen Reaktion erhebliche Fortschritte erzielt (2, 3, 6, 19, 21, 28, 31, 33-40, 43). Daraus ergibt sich die Frage, ob diese neuen Erkenntnisse das histologische Bild granulomatöser Entzündun- gen in einem anderen Licht erscheinen lassen beziehungsweise die Interpretationsmöglich- keiten histomorphologischer Befunde erweitern.

Ätiologie der

granulomatösen Entzündung

Das Spektrum der medizinisch relevanten granulominduzierenden Faktoren ist außeror- dentlich groß (5, 12, 15). Es hat sich in den ver- gangenen Jahren ständig erweitert und von den alt bekannten infektiösen Ursachen (zum Bei- spiel Mykobakterien, Listerien, Yersinien) zu den unbelebten Ursachen (etwa Fremdkörper, iatrogene Faktoren, inhalative Allergene) ver- schoben (11, 45). Aus diesen wenigen Beispielen

geht bereits hervor, wie inhomogen das Spek- trum der granulominduzierenden Faktoren ist.

Alle besitzen die Fähigkeit, das MNP-System di- rekt oder indirekt (immunologisch) zu aktivieren und über längere Zeit im Gewebe zu persistieren (1, 5, 12). Einen chemisch definierbaren „Granu- lomfaktor" gibt es jedoch nicht (12).

Pathogenese der

granulomatösen Entzündung

Die Tatsache, daß das Immunsystem an vie- len granulomatösen Entzündungsprozessen pathogenetisch beteiligt ist (5, 16, 22-24, 30-36, 47), hat zu der Ansicht geführt: „Granulome stellen eine spezielle Form der Immunreaktion dar" (23). Diese Feststellung ist so pauschal zweifellos unzutreffend. Granulomatösen Ent- zündungen können vielmehr - im Prinzip - drei verschiedene Pathomechanismen zugrunde lie- gen (1, 3, 6, 15-18):

C) Eine unspezifische, nicht immunologisch vermittelte fokale Reaktion des MNP-Systems (Typ: Fremdkörpergranulom).

io

Eine immunologisch induzierte fokale Reaktion des MNP-Systems (Typ: hyperergi- sches Granulom).

® Eine Kombination der beiden Reaktio- nen (Typ: infektiöses Granulom).

Die Existenz dieser Pathomechanismen kann aus folgenden Beobachtungen abgeleitet werden: Während eine immunologisch induzier-

te granulomatöse Reaktion nur in einem sensibi- lisierten Organismus auftritt und durch wieder- holte Auslösung amplifiziert wird (6, 33, 34), ist dies bei der durch inerte Fremdkörper ausgelö- sten Reaktion nicht der Fall (1-3, 6, 18, 46).

Während nach Infektion immunkompetenter Versuchstiere mit Mykobakterien, Listerien usw.

reife Makrophagen- oder Epitheloidzellgranulo- me auftreten, sind nach Infektion immundefek- ter Versuchstiere (Nude-Mäuse, thymektomierte Dt. Ärztebl. 86, Heft 42, 19. Oktober 1989 (39) A-3069

(2)

Mäuse, Cyclosporin-A-konditionierte Mäuse) - abhängig von der Erregerpathogenität - granu- lomartige Herde aus unreifen Makrophagen ( = unspezifische Komponente der infektiösen Gra- nulome), miliare Nekrosen oder eine generali- sierte Histiozytose zu beobachten (16, 32, 41, 47). Das histologische Bild der Läsionen spiegelt also die (fehlende) Beteiligung immunologischer Mechanismen direkt wider (18).

Vermittelt wird der Einfluß des Immunsy- stems auf die Granulombildung durch T-Zellen, die nach Antigenkontakt Lymphokine freisetzen, welche ihrerseits die MNPen aktivieren und - gegebenenfalls - eine Transformation in Epi- theloidzellen sowie Langhans'sche Riesenzellen bewirken (1, 6, 24, 32-36, 47). Nach neueren Un- tersuchungen sind dabei die T4-(Helfer-)Zellen für die Induktion der Granulombildung, die T8- (Suppressor-)Zellen für die Ausreifung („Fokus- sierung") der Granulome zuständig (33, 34).

Histomorphologie der

granulomatösen Entzündung

Ziel der klassischen „Speziellen Pathologie"

war es, das histomorphologische Substrat jeder Erkrankung so exakt wie möglich zu definieren, um möglichst viele Krankheitsentitäten vonein- ander abgrenzen zu können (4, 5). Bei den gra- nulomatösen Entzündungen entstanden daraus umfangreiche Klassifikationen mit Benennung zahlreicher Granulomarten (5, 21, 23). Da das morphologische Reaktionsspektrum des Orga- nismus begrenzt ist, können jedoch nach Ansicht der meisten Histopathologen nur bestimmte Re- aktionsmuster ( = Granulomtypen) unterschie- den werden (38). So zum Beispiel C) Granulome vom Tuberkulosetyp (Tuberkulose, Lepra, Sy- philis, Brucellose); C) Granulome vom Pseudo- tuberkulosetyp (Yersiniose, Tularämie, Lym- phogranuloma inguinale); C) Granulome vom Listeriosetyp; ® Granulome vom Fremdkörper- typ;

e

Granulome vom Sarkoidosetyp (M.

Boeck, M. Crohn, Sarkoidreaktion etwa bei mali- gnen Tumoren); ® Granulome vom RF-Typ (Aschoff-Geipel-Granulom); C) Granulome vom RA-Typ (Rheumatoide Arthritis, Granuloma anulare, Pseudorheumagranulom); ® komplexe Granulomatosen ( = Vaskulitis und Granulome, zum Beispiel M. Wegener).

Aus dieser histomorphologischen Klassifika- tion ist allerdings auch das Dilemma der granu- lomatösen Entzündungen ersichtlich: Granulo- me ein und desselben Typs können eine sehr un-

terschiedliche Ätiologie haben; trotz eines cha- rakteristischen („spezifischen") histologischen Bildes ist die Atiologie vieler Granulombildun- gen nach wie vor unbekannt.

Dennoch liegt es nahe, aus dem Vergleich von Granulomen bekannter Atiologie Schlußfol- gerungen zu ziehen auf die Entstehung von hi- stologisch ähnlichen Granulomen unbekannter Ätiologie. Wie problematisch derartige Analo- gieschlüsse jedoch sein können, geht zum Bei- spiel aus dem Vergleich von Tuberkulose und Sarkoidose hervor. Aus der histomorphologi- schen Ähnlichkeit dieser beiden Erkrankungen wurde lange Zeit die Vermutung einer ähnlichen Ätiologie abgeleitet (4, 5, 23). Diese (falsche) Schlußfolgerung hat die Aufklärung der Patho- genese der Sarkoidose, bei der es sich offensicht- lich um einen T-Zell-vermittelten immunpatho- logischen Prozeß handelt (8, 10, 39, 40, 43), er- heblich gehemmt. Ursache der Fehlinterpreta- tion war vor allem, daß nicht berücksichtigt wur- de, daß das histologische Bild einer Entzündung die Wirkung der jeweils aktivierten Entzün- dungsmediatoren (15), nicht aber ein bestimmtes ätiologisches Agens widerspiegelt (16-18). Dem- entsprechend kann eine T-Zell-induzierte Bil- dung von Epitheloidzellgranulomen bei ätiolo- gisch so unterschiedlichen Erkrankungen wie Tuberkulose, Sarkoidose, Lepra, Berylliose, all- ergischer Alveolitis usw. beobachtet werden (10-15, 23, 38, 40, 43).

Die Tatsache, daß das zelluläre Immunsy- stem an den meisten Granulombildungen mit Ausnahme der durch inerte Fremdkörper ausge- lösten Reaktionen pathogenetisch beteiligt ist (5, 6, 12, 23-25, 30-36), hat zur Folge, daß zum Bei- spiel Infektionen durch „granulominduzierende Keime" bei Patienten mit Immundefekt in histo- morphologisch stark modifizierter Form ablau- fen (18, 26, 44). So finden sich bei Patienten mit AIDS oder SCID (severe combined immunodefi- ciency) nach Infektion mit Mykobakterien keine Epitheloidzellgranulome, sondern - ähnlich ent- sprechenden tierexperimentellen Modellen (16, 32) - miliare Nekroseherde (hoch pathogene Keime, zum Beispiel M. tuberculosis) oder eine generalisierte Histiozytose (gering pathogene Keime, etwa M. avium [18, 26, 44]). Wenn den- noch über das Vorkommen von Epitheloidzell- granulomen bei Mykobakterieninfektion von AIDS-Patienten berichtet wird (20), dann be- weist das nicht, daß derartige Granulome auch ohne zellgebundene Immunreaktion auftreten können, sondern es beweist, daß noch eine (ge- wisse) T-Zell-Funktion vorhanden ist (18). >

A-3070 (40) Dt. Ärztebl. 86, Heft 42, 19. Oktober 1989

(3)

FÜR SIE REFE Schlußfolgerungen

O Da ganz unterschiedliche ätiologische Faktoren ein und denselben Pathomechanismus in Gang setzen und so eine gleichartige Gewebs- reaktion auslösen können, erlaubt das histomor- phologische Bild granulomatöser Entzündungen in erster Linie Rückschlüsse auf die Pathogene- se, nicht aber auf die Ätiologie (15, 17, 18). Aus diesem Grund ist die Schlußfolgerung: Epithe- loidzellgranulom = spezifische Entzündung = Tuberkulose falsch.

• Eine solche Schlußfolgerung ist aber auch deshalb heutzutage nicht korrekt, weil mit dem allgemeinen Rückgang der Tuberkulose (42) diese Erkrankung als Ursache einer Granu- lombildung stark ab- und das Spektrum anderer Ursachen (etwa iatrogene Faktoren) stark zuge- nommen hat (11, 45). Eine Fehlinterpretation derartiger „tuberkuloider" Reaktionen (13, 14) als Tuberkulose muß aber wegen der schwerwie- genden therapeutischen und sozialen Konse- quenzen unbedingt vermieden werden.

• Da das zelluläre Immunsystem an den meisten granulomatösen Reaktionen pathogene- tisch beteiligt ist, verlaufen Entzündungen durch

„granulominduzierende Agentien" (zum Bei- spiel Mykobakterien) bei Patienten mit T-Zell- Defekt (AIDS, SCID usw.) oder immunsuppres- siver Therapie histomorphologisch stark modifi- ziert.

• Welche klinische Bedeutung der histolo- gischen Diagnose „Granulom" zukommt (9, 48), hängt in erster Linie davon ab, ob es sich um ei- nen lokalisierten oder systemischen, einen in den Kontext des klinischen Gesamtbildes passenden Befund oder einen Zufallsbefund handelt.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Litera- turverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Berno Heymer

Abteilung für Pathologie der Universität Ulm Oberer Eselsberg • 7900 Ulm/Donau

Primär extranodale

Non-Hodgkin-Lymphome des Magens

Zehn bis 25 Prozent aller Non- Hodgkin-Lymphome sind primär ex- tranodale Lymphome, wobei im Ga- strointestinaltrakt der Magen - und hier wiederum das Antrum - am häufigsten betroffen ist. Das primär extranodale maligne Lymphom ist je- doch - mit einem Anteil von zwei bis fünf Prozent aller primären Magen- malignome - selten.

In einer retrospektiven Studie wird der Verlauf bei 22 Patienten be- obachtet (neun Frauen, 13 Männer;

Altersmedian: 62 Jahre; mittlere Nachbeobachtungszeit: 42 Monate), bei denen in den Jahren von 1976 bis 1986 beim malignen Lymphom des Magens eine potentiell kurative Re- sektion mehrheitlich als alleinige Be- handlungsmaßnahme durchgeführt worden ist.

Bei elf Patienten liegt - nach der Ann-Arbor-Klassifikation - ein Sta/

dium IE (isolierter Befall eines exta- lymphatischen Organs) vor, vier Pa- tienten haben ein Stadium II1E (zu- sätzlicher Befall perigastrischer

Lymphknoten), sieben Patienten ein Stadium II2E (zusätzlicher Befall zö- liakaler Lymphknoten). Die Fünf- Jahres-Uberlebenswahrscheinlich- keit des Gesamtkollektivs beträgt 55 Prozent, im Stadium IE 65 Prozent, im Stadium 111E 100 Prozent und im Stadium II2E 14,3 Prozent. Die me- diane Überlebenszeit bei niedrigma- lignen Lymphomen liegt bei 97 Mo- naten, bei hochmalignen bei zwölf Monaten.

Ein hoher Malignitätsgrad (nicht signifikant), die Tumorinfil- trationstiefe (nicht signifikant), ein Befall der zöliakalen Lymphknoten (signifikant) sowie ein Tumordurch- messer von mehr als zehn Zentime- tern (hochsignifikant) haben Einfluß auf die Prognose. Außerdem haben primäre zentrozytisch-zentroblasti- sche Magenlymphome eine signifi- kant bessere Prognose als diffuse hi- stiozytische beziehungsweise immu- noblastische und lymphoblastische Lymphome. Der Stellenwert der Operation ist derzeit nahezu unbe-

stritten, eine kurative Resektion wird angestrebt. Angesichts der po- tentiellen Kurabilität primärer Ma- genlymphome sind die Ergebnisse bei alleiniger Operation jedoch un- befriedigend, sie können durch die kritische Anwendung multimodaler Therapiekonzepte verbessert wer- den. Bei nierigmalignen Lymphomen im Stadium IE reicht die kurative Resektion möglicherweise aus. In den Stadien II1E und II2E sollte ei- ne multimodale Behandlungsstrate- gie mit primär kurativer Resektion angestrebt werden, der die Strahlen- therapie - wegen der relativen Strah- lensensibilität - bei histologisch niedrigem Malignitätsgrad folgt, oder bei histologisch hohem Maligni- tätsgrad die Chemotherapie. mle

Roder, J. D. et al.: Das primär extranodale Non-Hodgkin-Lymphom des Magens, Stel- lenwert der Operation im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes.

Chirurg (1989) 60: 157-162.

Dr. J. D. Roder, Chirurgische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität Kli- nikum rechts der Isar, Ismaninger Straße 22,8000 München 80.

Dt. Ärztebl. 86, Heft 42, 19. Oktober 1989 (43) A-3071

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Meldung von ma- nifesten AIDS-Erkran- kungs- und -Todesfällen sind die an die neue Fall- definition angepaßten Fallberichtsbögen erhält- lich bei den örtlichen Ge-

Großräume und Bundesländer unter Ausschluß der ausgewählten Groß- räume nach der kumulierten Inzi- denz der AIDS-Fälle pro Million Einwohner geordnet. Eine neue Tabelle 6

Wenn man unterstellt, daß 1990 für das Jahr 1989 in gleichem Umfang Nach- meldungen erfolgen wie 1989 für im Jahr 1988 diagnostizierte AIDS-Fälle und daß nur 80 Prozent

An dem für die Beseitigung von Glyoxylat entscheidenden En- zym ist die Bindungsstelle für das Koenzym Pyridoxalphosphat entwe- der so verändert, daß sehr hohe

In der Anwendungsstudie zeigten Patienten, die länger als sechs Wochen therapiert wurden, keine Unterschiede im Therapieerfolg gegenüber denen, die sechs Wochen the-..

Sowohl bei asymptomatisch HIV-Infizierten als auch bei Patien- ten mit AIDS-Symptomatik können Antikörper nachgewiesen werden, die in vitro eine neutralisierende (das heißt

Bei Therapieversagen kann nach sorgfältigem Abwägen des Gesamt- zustandes des Patienten und der vermuteten Prognose, aber auch in Abhängigkeit von der Lokalisation

im Rahmen der medizinischen Beur- teilung zu einer qualitativen Aussage verkürzt werden soll, ist die zunächst quantitative Angabe hilfreich für die Qualitätssicherung.. Sie