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Archiv "Medizin in Papua-Neuguinea: Zwischen Korallenriff und Vulkan" (08.10.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 40

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8. Oktober 2010 A 1945 MEDIZIN IN PAPUA-NEUGUINEA

Zwischen Korallenriff und Vulkan

An zwei Krankenhäusern der lutherischen Kirche in Papua-Neuguinea arbeiten insgesamt vier deutsche Ärztinnen und Ärzte.

N

ach der Arbeit die Schwimm- sachen holen, 200 Meter zum Strand schlendern und durch das Korallenriff schnorcheln. Oder sich auf den Rücken drehen und im war- men Wasser des Pazifiks treiben las- sen: vor mir die Insel, die sich wie ein Kegel aus dem Meer erhebt, überbordend von tropischer Vegeta- tion; hinter mir, am Horizont, das Festland von Papua-Neuguinea. Ge- nau so habe ich es mir vorgestellt, Ärztin auf einer Südseeinsel zu sein.

In dem Moment taucht die bekannte Gestalt eines Pflegers am Strand auf, um mich zu einem Notfall zu holen.

Ein junger Mann mit einem rheuma- tischen Aortenvitium ist kardial de- kompensiert. Es gelingt uns, ihn zu stabilisieren. Seine Erkrankung hat in diesem Land allerdings keine gute Prognose.

Das Krankenhaus, über das ich berichte, ist das lutherische Gaubin Hospital auf der Pazifikinsel Kar- kar. Die Insel gehört zu Papua-Neu- guinea, hat etwa 65 000 Einwohner und einen aktiven Vulkan. Zum Einzugsgebiet gehört auch die

Nachbarinsel Bagabag mit etwa 15 000 Einwohnern.

Der lutherische Gesundheits- dienst (LHS) Papua-Neuguineas betreibt medizinische Einrichtun- gen vor allem in ländlichen Regio- nen. Die vier Krankenhäuser des LHS leisten eine fächerübergreifen- de Grundversorgung für einen Ein- zugsbereich von jeweils bis zu 100 000 Menschen. Dazu verfügen die Häuser über 70 bis 180 stationä- re Betten sowie Ambulanz, Kreiß-

saal und OP. Primary-Health-Care- Programme der Krankenhäuser tra- gen Präventionsmaßnahmen in das oft schwer zugängliche Hinterland.

Pro Krankenhaus arbeiten ein bis drei Ärztinnen und Ärzte in einem Team mit einheimischen Pflege- kräften und Hebammen. Wegen des Ärztemangels in Papua-Neuguinea beschäftigt der LHS gegenwärtig vier deutsche Ärzte an zwei Kran- kenhäusern. Entsendet werden die Mediziner von Mission Eine Welt, dem Missionswerk der evange- lisch-lutherischen Kirche Bayerns, und vom nordelbischen Missions-

zentrum. Beide Einrichtungen un- terhalten traditionsreiche Beziehun- gen mit der lutherischen Kirche Pa- pua-Neuguineas.

Zurück zum Arbeitsalltag auf Karkar. Die Herausforderung be- steht vor allem darin, mit begrenz- ten Mitteln die gesamte Bandbreite des medizinischen Spektrums abzu- decken. Von der Placenta praevia bis zum Ulcus der Cornea, von der HIV-Infektion bis zum Hämato - pneumothorax, von der exazerbier- ten COPD bis zur Neugeborenen- sepsis, von der Unterschenkelfrak- tur bis zur zerebralen Malaria. In vielen Fällen lässt sich dabei mehr erreichen, als man angesichts der kargen Ausstattung erwartet.

Die chirurgische Tätigkeit umfasst alle Subdisziplinen – da muss auch mal nach Buch operiert werden.

Häufig sind im abdominalchirurgi- schen Bereich Appendizitiden, trau- matische Milzrupturen und Hernien.

Aus dem gynäkologischen und ge- burtshilflichen Spektrum führen wir vor allem Kaiserschnitte, Salpingek- tomien bei Extrauteringravidität, Tu- benligaturen, Kürettagen und Hyster- ektomien durch. Die Unfallchirurgie muss ohne interne Osteosynthese auskommen. Es wird mit Gips, Trak- tion und Fixateur externe gearbeitet.

Wegen vieler Unfälle bei der Garten- arbeit und eines hohen Maßes an häuslicher Gewalt ist Traumatologie einer unserer Arbeitsschwerpunkte.

Klassisch für eine Südseeinsel ist das Schädel-Hirn-Trauma durch eine herabfallende Kokosnuss. Da wird dann auch einmal die Schädeltrepa- nation zur Entlastung einer epidura- len Blutung nötig.

Ein anderes klassisches Krank- heitsbild ist der Schlangenbiss. Die auf Karkar vorkommenden giftigen Arten führen vor allem zur Atem- lähmung. Meist kann die Vergiftung durch die Gabe von Antiserum be- herrscht werden.

Verzaubert von der Freundlichkeit der Menschen: Die Krankenpflegeschü- ler des Gaubin Hos- pitals und einige Kinder haben sich für einen traditionel-

len Tanz ge- schmückt.

Fotos: Tanja Ihle

S T A T U S

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A 1946 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 40

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8. Oktober 2010 Papua-Neuguinea ist weltweit ei-

nes der Länder mit der höchsten Müttersterblichkeit. Eine von 25 Frauen stirbt an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt. Zu- gleich leidet das Land unter einer Bevölkerungsexplosion – die Ein- wohnerzahl verdoppelt sich alle 25 Jahre. Land zum Anbau von Nahrungsmitteln beginnt knapp zu werden. Geburtshilfe und Familien- planung nehmen in unserer Arbeit deshalb einen wichtigen Raum ein.

In der Pädiatrie sehen wir vor al- lem Pneumonien, Malaria, Gastro- enteritiden. Unbehandelt sind diese Infektionen für die hohe Kinder- sterblichkeit von 98 pro 1 000 Kin- dern unter fünf Jahren verantwort- lich. Mit unseren basalen Mitteln

lassen sie sich meist gut therapie- ren. Auch in der Inneren Medizin stehen Infektionskrankheiten im Vordergrund. Tuberkulose ist im ganzen Land sehr verbreitet. Neben Lungen- und Lymphknotentuberku- lose sehen wir auch seltenere For- men wie Knochentuberkulose, tu- berkulöse Perikarditiden und Me- ningitiden. Das Krankenhaus hat ein eigenes Tuberkuloseprogramm, in dem wir mit 24 Freiwilligen aus den Dörfern der Insel zusammenar- beiten. HIV ist auf dem Vormarsch.

In ländlichen Regionen liegt die Prävalenz um ein Prozent, in den Städten bei fünf bis zehn Prozent.

Unser HIV-Team führt Aufklärung, Beratung und HIV-Tests durch. Seit neuestem verfügen wir auch über die antiretrovirale Therapie. Die größte Herausforderung in der HIV- Arbeit ist es, das gesellschaftliche Stigma und die Diskriminierung der positiven Patienten zu überwinden.

Sehr viele Menschen glauben an bösen Zauber. Jede schwere Erkran- kung, vor allem wenn sie mit Öde- men oder Lymphknotenschwellun- gen einhergeht, wird verdächtigt, das Ergebnis von Zauberei zu sein.

Mehr als 90 Prozent der Neuguineer gehören christlichen Kirchen an, der Glaube an Zauberei lebt jedoch parallel fort. Stirbt ein Patient, so erhält die Familie eine ärztliche Be- scheinigung, dass es sich nicht um einen Tod durch Zauberei handelt – das Krankenhaus besitzt zu diesem Zweck eigens ein Formular.

Noch häufiger als Zauberei wer- den Familienstreitigkeiten als Krank- heitsursache angenommen. Die Be- reinigung von Familienkonflikten trägt zur Heilung bei. Es ist üblich, dass Patienten mitten in der Behand- lung für ein paar Tage nach Hause entlassen werden, damit sie Streitig- keiten beilegen können. Ist die Einig- keit in der Familie wiederhergestellt, kehren die Patienten mit neuen Kräf- ten ins Krankenhaus zurück.

Insgesamt fühlen wir uns durch die Tätigkeit in Papua-Neuguinea um viele berufliche und persönliche Erfahrungen bereichert. Wir sind verzaubert von der Freundlichkeit der Menschen, erschüttert über das Maß an alltäglicher Gewalt unter - einander, fasziniert von ihrer Fähig- keit, das Leben zu nehmen, wie es kommt, und entnervt von der Lang- samkeit. Im Krankenhaus wechselt der Spaß an der Improvisation und daran, aus geringen Ressourcen die bestmögliche Medizin zu machen, mit der Frustration über die man- gelhafte Ausstattung und Organisa- tion des Gesundheitswesens ab. Im- mer wieder motiviert werden wir durch die Einheimischen, die her- vorragende Arbeit leisten. Wer sich für eine ärztliche Tätigkeit bei der Mission Eine Welt in Papua-Neu- guinea interessiert, kann sich an Pfarrer Dr. Traugott Farnbacher wenden; E-Mail: Traugott.Farnbacher

@mission-einewelt.de. ■ Dr. med. Tanja Ihle E-Mail: Tanja_Ihle@yahoo.de

Aufwendungen für Reisen, die voneinander ab- grenzbare berufliche und private Anteile ent- halten, sind grundsätzlich teilbar, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Nach Auffas- sung des Bundesfinanzhofs, der seine bisheri- ge Rechtsprechung damit ändert, kommt als sachgerechter Maßstab in derartigen Fällen das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht.

Bisher hatte die Rechtsprechung die Auf- fassung vertreten, dass das Einkommensteuer-

gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gerech- tigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen verbietet, die sowohl der priva- ten Lebensführung als auch der beruflichen dienen. Im vorliegenden Fall ging es um Auf- wendungen für die Teilnahme an einem sport- medizinischen Wochenkurs am Gardasee. Der Arzt hatte daran teilgenommen, um die Zu- satzbezeichnung „Sportmedizin“ zu erlangen.

Diese Fortbildung wurde von seiner Ärzte- kammer anerkannt. Neben Vortragsveranstal- tungen von 8.00 bis 8.45 Uhr standen danach

bis 15.45 Uhr mit Ausnahme einer Mittags- pause verschiedene Sportarten wie Surfen, Radfahren, Segeln, Tennis und Bergsteigen auf dem Programm, im Anschluss daran Referate.

Dabei ist nach Meinung des Gerichts davon auszugehen, dass die sportmedizinischen Ver- anstaltungen eindeutig der beruflichen Sphäre des Klägers zuzurechnen sind. Die sportprakti- schen Veranstaltungen sind dem Bereich der privaten Lebensführung des Arztes zugeordnet worden, da es sich hierbei um in einem Ur- laubsort verbreitete Sportarten handelt. (Bun- desfinanzhof, Urteil vom 21. April 2010, Az.: VI

R 66/04) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Berufliche Fortbildung: Neue Rechtsprechung

Spenden für das Gaubin Hospital auf Karkar Island:

Mission Eine Welt, Konto 10 11 111 bei der Evangeli- schen Kreditgenos- senschaft eG (BLZ:

520 604 10), Ver- wendungszweck:

Gaubin – medizini- scher Bedarf

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