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Archiv "Arbeitsplatz Krankenhaus: Der ärztliche Nachwuchs ist unzufrieden" (11.09.2009)

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A 1790 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 37

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11. September 2009

ARBEITSPLATZ KRANKENHAUS

Der ärztliche Nachwuchs ist unzufrieden

Eine groß angelegte Umfrage unter Assistenzärzten und Medizinstudierenden zeigt auf, mit welchen Maßnahmen sich Krankenhäuser als attraktive Arbeitgeber für Ärzte profilieren können.

Holger Buxel

D

ie Rahmenbedingungen, un- ter denen die Krankenhäu- ser in Deutschland ihre Versor- gungsaufgaben wahrnehmen, ver- ändern sich rasant. Ein zentrales Problem ist der Mangel an qualifi- zierten Assistenzärzten, der viele Kliniken vor Rekrutierungspro- bleme stellt. Neben einem erhöh- ten Kostenaufwand für die Per - sonalbeschaffung sowie Umsatz- einbußen wegen Unterbesetzung führt die Engpasssituation zu Un- zufriedenheit und damit zu erhöh- ter Wechselbereitschaft der ver- bliebenen Ärztinnen und Ärzte, weil diese die Unterbesetzung zu kompensieren haben.

Besonders betroffen von den sich ändernden Rahmenbedingungen sind die Berufseinsteiger und Assistenz- ärzte. Hier weisen einige Indikatoren darauf hin, dass bei diesen Gruppen große Unzufriedenheit herrscht. Die daraus resultierenden Motivations- verluste sind mitverantwortlich für den Ärztemangel. Zur Beantwortung der Frage, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsplatzbedin- gungen und damit auch zur Steige-

rung der Mitarbeitermotivation er- griffen werden können, wurden im Winter 2008/2009 zunächst Assis- tenzärzte sowie in einer zweiten Run- de Studierende der Humanmedizin befragt. Ziel war es, Einblicke in die arbeitsplatzbezogenen Bedürfnisse, die Zufriedenheit mit der Arbeitssi- tuation und das Jobwahlverhalten dieser Gruppen zu gewinnen.

Überlastete Assistenzärzte Die Auswertung der Antworten von 729 Assistenzärzten, die sich an der Studie beteiligten, zeichnet ein komplexes, teilweise recht nach- denklich stimmendes Bild.

Befragt nach der grundsätzlichen Zufriedenheit mit der Entschei- dung, Arzt zu werden, ergibt sich zunächst ein sehr positiver Eindruck.

Nur knapp elf Prozent der Befrag- ten sind mit dieser Entscheidung weniger bis gar nicht zufrieden. Die Berufswahl zum Arzt würde aller- dings nur etwa ein Drittel ihren Freunden weiterempfehlen. Schaut man auf die allgemeine Arbeits- platzzufriedenheit, sprechen die Er- gebnisse der Studie eine andere

Sprache: Nur 51,9 Prozent der Be- fragten stimmen der Aussage zu, dass sie alles in allem mit ihrem Ar- beitsplatz zufrieden sind. Um zu klären, wo Ansatzpunkte zur Ver- besserung der Situation liegen, soll- ten die Befragten ihre Zufriedenheit am Arbeitsplatz anhand zentraler Kriterien bewerten.

Hierbei zeigt sich, dass hinsicht- lich ihrer Zufriedenheit entlang der einzelnen Merkmale im Durch- schnitt bei mehr als der Hälfte aller Eigenschaften eine Unzufriedenheit geäußert wird. Bei den übrigen Kri- terien ergibt sich im Durchschnitt keine hohe, sondern eine nur mäßi- ge Zufriedenheitsbewertung (Basis 5er-Skala). Die größte Unzufrie- denheit verursacht der Stress im Berufsalltag (57,2 Prozent der Be- fragten), gefolgt von zu wenig Freizeit (54,6 Prozent), zu geringe Bezahlung oder zu wenig Freizeit- ausgleich von Überstunden (49,6 Prozent), sowie dem Umfang des Weiter- und Fortbildungsangebots (46,8 Prozent). Die größte Zufrie- denheit ergibt sich aus der Sicher- heit des Arbeitsplatzes (74,6 Pro-

GRAFIK

Zufriedenheit und Bindung ans Krankenhaus

Aufgrund meiner Erfahrungen würde ich Freunden und Bekannten mein Krankenhaus als Arbeitgeber weiterempfehlen.

Wenn ich es noch mal zu entscheiden hätte, würde ich mich in diesem Krankenhaus wieder bewerben.

Ich identifiziere mich mit meinem Krankenhaus.

Alles in allem bin ich zufrieden mit meinem Arbeitsplatz.

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

6,7 13,3 22,4 41,1 16,5

9,8 23,7 25,1 32,1 9,4

4,3 20 23,8 43,4 8,5

8,8 23,9 26,3 34,2 6,8

n (gültig) = 698–706

stimme ganz und gar nicht zu stimme eher nicht zu bin unentschieden

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

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11. September 2009 A 1791 zent) und dem Betriebsklima/der

kollegialen Zusammenarbeit am Ar- beitsplatz (74,1 Prozent).

Von den Merkmalen hat das Be- triebsklima für die Befragten die wichtigste Bedeutung (96,8 Pro- zent), gefolgt von der Vereinbarkeit mit dem Privatleben (94,7 Prozent) und der Bezahlung/dem Ausgleich von Überstunden (90,3 Prozent).

Am unwichtigsten werden Teilzeit- arbeitsmöglichkeiten (45,6 Prozent), wenig Stress (23,5 Prozent) und das Image des Krankenhauses (20,6 Pro- zent) eingestuft.

Der höchste Handlungsdruck, um die Zufriedenheit der Befragten zu steigern, besteht demnach bei den Merkmalen Vereinbarkeit mit Privatleben, geregelte Arbeitszei-

ten, familienfreundliche Arbeitszei- ten, Bezahlung oder Ausgleich von Überstunden, Wertschätzung von Leistung sowie bei der Ausgestal- tung von Weiter- und Fortbildungs- möglichkeiten. Bei diesen Kriterien ist die Diskrepanz zwischen Wich- tigkeit und wahrgenommener Zu- friedenheit am größten.

Befragt nach dem Arbeitsalltag, konstatieren 60 Prozent der Befrag- ten, dass die Arbeit in der vorgese- henen Zeit nicht zu schaffen sei.

Von den Befragten fühlen sich hier 70 Prozent ständig überlastet; 45 Prozent bemängeln schlecht organi- sierte Arbeitsabläufe.

Beim Thema Überstunden geben knapp zwei Drittel der Befragten regelmäßige Überstunden ohne

Freizeitausgleich oder Bezahlung an (mindestens fast jede Woche oder häufiger). Als Hauptursachen für diese Überstunden verweisen 80,9 Prozent der Betroffenen auf Personalmangel und 68,4 Prozent auf zu viel Verwaltungsarbeit. Ein Drittel der Befragten verbringt mehr als 50 Prozent der Arbeitszeit mit Verwaltungstätigkeiten.

Für 80 Prozent der Befragten ist es für ihre Stellenwahl von sehr zentraler Bedeutung, ob die Fach- abteilung eine volle Weiterbildungs- ermächtigung besitzt. Trotz dieses hohen Stellenwerts für das Assistenz- arzt-Beschäftigungsverhältnis wer- den von den Befragten erhebliche Mängel in diesem Punkt konsta- tiert: Mehr als 40 Prozent geben an, TABELLE 1

Arbeitsplatzzufriedenheit der Assistenzärztinnen und -ärzte n (gültig) = 688–715

Kriterien

Verdienstmöglichkeiten/Einkommenshöhe Aufstiegs- und Karrierechancen

Vereinbarkeit mit Privatleben/Work-Life Balance Standort des Arbeitsplatzes

Image des Krankenhauses Sicherer Arbeitsplatz Teilzeitarbeitsmöglichkeiten Verantwortungsübernahme Wenig Stress

Viel Freizeit

Selbstständigkeit bei alltäglicher Berufsausübung Geregelte Arbeitszeit

Wenig Zusatzdienste über Arbeitsvertrag hinaus Familienfreundliche Arbeitszeiten

Bezahlung oder Freizeitausgleich von Überstunden Abwechslung und Anspruch im Alltag

Partizipativer Führungsstil des/der Vorgesetzen Kollegiale Zusammenarbeit/Klima im Krankenhaus Wertschätzung von Leistung

Leistungsprinzip hat hohen Stellenwert

Gute interdisziplinäre Kooperation zwischen den Fachabteilungen Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten allgemein

. . . davon Umfang des Bildungsangebots . . . davon Qualität des Bildungsangebots . . . davon Systematik des Bildungsangebots

sehr un- zufrieden

(= 1)

6,8 % 5,6 % 10,4 % 3,9 % 2,3 % 2,0 % 6,2 % 1,8 % 20,2 % 20,2 % 3,1 % 18,0 % 15,0 % 18,4 % 30,3 % 6,9 % 9,9 % 4,3 % 12,5 % 5,8 % 6,3 % 14,0 % 16,7 % 15,3 % 20,1 %

eher un- zufrieden

(= 2)

28,4 % 25,9 % 27,6 % 13,8 % 10,3 % 6,8 % 11,0 % 10,7 % 37,0 % 34,4 % 10,3 % 24,1 % 27,5 % 27,7 % 19,3 % 18,2 % 17,2 % 9,9 % 24,1 % 20,1 % 17,1 % 26,3 % 25,5 % 24,0 % 26,7 %

weder noch (= 3)

19,4 % 40,4 % 21,0 % 18,1 % 39,2 % 16,6 % 47,8 % 20,1 % 26,5 % 27,8 % 16,8 % 21,1 % 31,5 % 29,2 % 12,9 % 24,8 % 24,2 % 11,7 % 27,7 % 50,8 % 28,0 % 25,9 % 26,6 % 28,9 % 30,0 %

eher zufrieden

(= 4)

42,6 % 24,6 % 34,1 % 35,8 % 38,5 % 46,5 % 22,1 % 55,1 % 14,8 % 15,8 % 53,9 % 30,5 % 22,7 % 19,4 % 28,3 % 42,7 % 36,6 % 47,4 % 29,2 % 20,6 % 41,0 % 29,4 % 26,2 % 27,2 % 20,2 %

sehr zufrieden

(= 5)

2,8 % 3,5 % 6,8 % 28,4 % 9,7 % 28,1 % 12,9 % 12,3 % 1,5 % 1,8 % 15,9 % 6,3 % 3,3 % 5,3 % 9,2 % 7,4 % 12,1 % 26,7 % 6,5 % 2,7 % 7,6 % 4,4 % 5,0 % 4,6 % 3,0 %

Durch- schnitt

3,1 2,9 3,0 3,7 3,4 3,9 3,2 3,7 2,4 2,4 3,7 2,8 2,7 2,7 2,7 3,3 3,2 3,8 2,9 2,9 3,3 2,8 2,8 2,8 2,6

Rang

15 13 14 23 20 25 17 21 1 2 22 9 6 4 5 18 16 24 11 12 19 10 7 8 3

Größter Auslöser von Unzufriedenheit sind Stress (Rang 1) und fehlende Frei- zeit (Rang 2). Das gute Klima am Ar- beitsplatz (Rang 24) und die Arbeits- platzsicherheit (Rang 25) sorgen hingegen oft für Zufriedenheit.

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11. September 2009 bei der Weiter- und Fortbildung

nicht angemessen unterstützt zu werden. Bei der Weiterbildung ha- ben nur 30 Prozent der Befragten einen vertraglichen Anspruch auf Weiterbildung, der auch voll erfüllt wird. 49 Prozent der Befragten ha- ben einen vertraglichen Anspruch auf Weiterbildung, der aber nicht erfüllt wird. 21 Prozent besitzen keinen vertraglichen Anspruch auf Weiterbildung oder befinden sich in unsicheren Weiterbildungsverhält- nissen. Diejenigen, bei denen der vertragliche Anspruch auf Weiter- bildung nicht erfüllt wird, nennen als Hauptgründe Personalmangel (74,3 Prozent) und mangelnde Un- terstützung durch Vorgesetzte/Ver- waltung (49,7 Prozent).

Betrachtet man das Verhältnis der Assistenzärzte zu ihrem Arbeit- geber, ergibt sich ein verbesse- rungswürdiges Bild. Nur 40 Pro- zent der Befragten würden ihren Arbeitgeber weiterempfehlen und können sich mit ihrem Kranken- haus identifizieren. Lediglich knapp 60 Prozent würden sich in ihrem Krankenhaus wieder bewerben, hät- ten sie es noch einmal zu entschei- den. Diesbezüglich zeigt sich auch eine hohe Arbeitsplatzwechselbe- reitschaft: 60 Prozent der Befragten haben schon mal daran gedacht, ih- re jetzige Stellung im Krankenhaus aufzugeben. Zwei Drittel haben sich in den vergangenen drei Mona-

ten mindestens einmal über offene Stellen für Ärzte in Zeitschriften oder im Internet informiert.

Neben den 729 Assistenzärzten wurden auch 316 Studierende der Humanmedizin der letzten Semes- ter zu ihrer Motivation und zur Ar- beitsplatzwahl befragt.

Skeptische Studierende Die Studierenden halten den Arzt- beruf insgesamt für interessant (mehr als 95 Prozent). Circa 85 Prozent der Befragten sind zufrie- den mit ihrer Entscheidung, Medi- zin zu studieren, und rund drei Viertel würden sich wieder für das Studium entscheiden, wenn sie es noch einmal zu entscheiden hätten.

Den Arztberuf halten allerdings nur rund 55 Prozent für attraktiv, bei den Verdienstmöglichkeiten der Ärzte sind es sogar nur circa 30 Prozent.

Bezüglich der Zukunftsaussich- ten des Arztberufs gehen die Stu- dierenden von einer Zunahme der Anzahl der Stellenangebote (90 Prozent) und der Arbeitsplatzsi- cherheit (80 Prozent) aus. Mit Blick auf die Verdienstmöglichkeiten er- warten hingegen knapp 45 Prozent eine Verschlechterung; das Gleiche gilt für die Entwicklung der Ar- beitszeiten (80 Prozent). Zudem er- warten etwa 85 Prozent einen An- stieg der Verwaltungsarbeit und mehr als 45 Prozent eine Ver-

schlechterung des persönlichen Kontakts mit den Patienten.

Befragt nach der Relevanz einzel- ner Arbeitsplatzeigenschaften wer- den von den Befragten das Betriebs- klima (98 Prozent), die Vereinbarkeit mit dem Privatleben (93 Prozent) so- wie die Bezahlung oder Ausgleich von Überstunden (92 Prozent) als die wichtigsten Kriterien eingestuft. Am unwichtigsten werden das Leistungs- prinzip (46 Prozent), viel Freizeit (46 Prozent) und das Image des Kran- kenhauses (41 Prozent) benannt. Die Angaben decken sich weitestgehend mit denen der Assistenzärzte. Be- fragt nach den Zukunftsplänen, fin- den den Beruf als Allgemeinmedizi- ner etwa 20 Prozent attraktiv. In nicht kurativen Berufsfeldern wie der Verwaltung, Wissenschaft oder Wirtschaft zu arbeiten, ist für die überwiegende Mehrheit nicht von größerem Interesse.

Überfällige Maßnahmen Mit Blick auf die möglichen Impli- kationen der Studienergebnisse für die Steigerung der Arbeitsplatzzu- friedenheit der Assistenzärzte einer- seits sowie für die Personalgewin- nung/-sicherung in den Kranken- häusern andererseits zeigt sich, dass die Situation als stark problembe- haftet angesehen werden kann.

Die wahrgenommene Arbeits- platzsituation der Assistenzärzte ist durch eine sehr deutliche Unzufrie-

TABELLE 2

Zukunftspläne Studierende n (gültig) = 312–314

Ich kann mir gut vorstellen, später . . .

als Allgemeinmediziner/Hausarzt zu arbeiten.

dauerhaft als Ärztin/Arzt in einem Krankenhaus zu arbeiten.

über kurz oder lang als niedergelassene(r) Ärztin/Arzt außerhalb des Krankenhauses zu arbeiten.

als angestelle(r) Arzt/Ärztin in einem Medizinischen Versorgungszentrum zu arbeiten.

bei besseren Gehalts- und Arbeitsbedingungen im Ausland zu arbeiten.

nicht als praktizierende(r) Ärztin/Arzt, sondern in der Wissenschaft zu arbeiten.

nicht als praktizierende(r) Ärztin/Arzt, sondern in der Wirtschaft zu arbeiten (beispielsweise Pharmaindustrie, Consulting).

nicht als praktizierende(r) Ärztin/Arzt, sondern in der Krankenhausverwaltung zu arbeiten.

stimme ganz und gar nicht zu (= 1)

29,3 % 7,6 % 1,0 %

8,0 %

4,1 % 28,8 % 36,7 %

55,0 %

stimme eher nicht zu (= 2)

32,5 % 26,1 % 7,1 %

19,4 %

13,7 % 35,1 % 31,9 %

25,2 % bin unent- schieden (= 3)

16,2 % 21,3 % 32,1 %

32,8 %

15,0 % 16,9 % 14,7 %

13,1 %

stimme eher zu (= 4)

17,2 % 34,1 % 43,6 %

34,1 %

37,9 % 15,3 % 14,7 %

6,1 %

stimme voll und ganz zu (= 5)

4,8 % 10,8 % 16,3 %

5,7 %

29,3 % 3,8 % 1,9 %

0,6 %

Durch- schnitt

2,36 % 3,14 % 3,67 %

3,10 %

3,75 % 2,30 % 2,13 %

1,72 %

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11. September 2009 A 1793 denheit gekennzeichnet, wobei die

Zielgruppe im Durchschnitt eine geringe Bindung an und Identifika- tion mit ihren Arbeitgebern auf- weist. Die Wechselbereitschaft zu einem anderen Arbeitgeber ist groß. Damit zeigt sich für viele Krankenhäuser die Notwendigkeit zum stärkeren Ausbau eines syste- matischen und professionellen Per- sonalmanagements und -marke- tings, um langfristig den Personal- bestand, seine Qualität und damit die eigene Entwicklungsfähigkeit zu sichern.

Die Ergebnisse der Studie wei- sen auf mehrere Ansatzpunkte im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung hin, mit deren Hilfe die Zufrieden- heit der Assistenzärzte und damit die Personalgewinnung/-bindung optimiert werden können:

Strukturierung der Weiterbil- dung. Die Weiterbildung kann als wesentlicher Treiber der Zufrie- denheit mit dem Arbeitsplatz im Krankenhaus angesehen werden.

Hier zeigen sich bei vielen Kran- kenhäusern Defizite, was den Um- fang und die Strukturierung des Angebots, die (vertragliche) Ver- bindlichkeit der Zusicherung so- wie die Umsetzung im Alltagsge- schäft angeht.

Indem die Defizite beseitigt wer- den, kann eine Attraktivitätssteige- rung als Arbeitgeber erreicht wer- den. Dabei muss das Angebot einer umfassenden und strukturierten und vor allem auch gezielten und be- darfsgerechten Weiter- und Fortbil- dung als wichtige „Bringschuld“

der Chefärzte, der weiterbildenden Fachärzte und der Verwaltungslei- tungen begriffen werden. Dazu ist es sinnvoll, die Aus- und Weiterbil- dung mit in die Qualitätsmanage- mentsysteme aufzunehmen, welche bereits in den meisten Krankenhäu- sern eingeführt wurden und eine gute Plattform bieten. Bei der Um- setzung der Prozesse sollten dann vor allem alle Beteiligten systema- tisch in die Umsetzungspflicht im Alltagsgeschäft genommen werden.

Personalentwicklung muss hier als strategische und zentrale Aufgaben- stellung verstanden werden, die nicht allein von der Personalabtei- lung oder den Chefärzten gelöst

und verantwortet werden kann, son- dern eine normative, funktionsüber- greifende Herangehensweise aller Leitungsebenen erfordert. Daneben gilt es, die Personalabteilungen in die Strategieprozesse der Häuser einzubinden.

Prozessoptimierung im All- tagsgeschäft. Geregelte Arbeits- zeiten und der Ausgleich von Überstunden bilden wichtige Ar- beitsplatzmerkmale, bei denen derzeit große Unzufriedenheit bei der Umsetzung besteht. Als Ursa- che zahlreicher Überstunden kön- nen unter anderem eine zu hohe Belastung der Ärzte durch Verwal- tungsarbeiten sowie unklare Zu- ständigkeiten und schlecht struktu- rierte/personell inflexible Prozesse im Tagesablauf angeführt werden.

Durch eine gezielte Entlastung der Assistenzärzte von Verwaltungsar- beiten sowie optimierte und klare- re/flexible Prozessabläufe mit dy- namischen Optionen können auch die Attraktivität des Arbeitsplatzes und damit die Bindung ans Kran- kenhaus als Arbeitgeber gesteigert werden.

Daneben führt in vielen Kliniken auch die Umsetzung des Arbeits- zeitgesetzes in Form unterschiedli- cher Arbeitszeitmodelle, in denen etwa Überstunden nicht vergütet, sondern durch Freizeitausgleich ab- gegolten werden, zu Dauerstress, weil die Abteilungen unterbesetzt sind. Daneben gibt es Probleme, die Weiterbildungsansprüche im Tages- geschäft qualitativ und quantitativ zufriedenstellend zu erfüllen. Dies betrifft insbesondere kleinere Häu- ser, die naturgemäß Personaleng- pässe bei Dienstbesetzungsfragen stärker treffen. Für den einzelnen Arzt kann in diesem Zusammen- hang ein „Mehr“ an Personaleinsatz in Schichtdiensten, gegebenenfalls auch durch bezahlte Überstunden, durchaus den Stress reduzieren und vielleicht insgesamt – trotz erhöhter faktischer Wochenarbeitszeit – auch ein „Mehr“ an Attraktivität darstel- len (nicht zuletzt auch verbunden mit mehr Einkommen).

Daneben begünstigt eine famili- enfreundliche Personalpolitik die Gewinnung und Bindung von Ärz- ten. Einschlägige familienorientier-

te Maßnahmen, die ergriffen wer- den können, sind die betriebliche Kinderbetreuung, Flexibilisierung von Arbeitszeiten sowie das Ange- bot von Wiedereinstiegs- und Kon- takthalteprogrammen.

Verfestigung sozialer Netz- werke. Als vielleicht wichtigstes Kriterium für die Arbeitsplatzwahl und -zufriedenheit kann das Be- triebsklima und die kollegiale Zu- sammenarbeit angesehen werden.

Erfreulicherweise wird hier kaum Unzufriedenheit geäußert. Über eine gezielte soziale Einbindung und Verstärkung sozialer Kontakte (Stammtische, gemeinsame Sport- aktivitäten et cetera) kann die At- traktivität als Arbeitgeber noch positiver hervorgehoben werden und die Bindung an das Haus ge- festigt werden. Soziale Netzwerke übernehmen in diesem Kontext die Funktion einer Abwanderungs- prävention.

Feedbacksysteme – Anerken- nung respektive Wertschätzung auf Tagesebene. Unzufriedenheit wird oft hinsichtlich der Wertschätzung der Arbeit und ihrer Anerkennung auf Tagesebene geäußert. Hier scheint ein großer Handlungsbedarf zu bestehen hinsichtlich der Eta- blierung von systematischen Feed- backsystemen (immateriell und ma- teriell; beispielsweise Belobigun- gen im Klinikalltag vor dem Team, unterjährige Mitarbeitergespräche pro Quartal, Gratifikationsbeweise) sowie der Sensibilisierung von Füh- rungskräften, diesen Wertschätzungs- bedarf systematischer und stärker zu befriedigen. Eng verbunden mit diesem Punkt ist auch die Frage, in- wieweit die traditionell hierar- chischen Führungsstrukturen in den Krankenhäusern den Herausforde- rungen des Arbeitsmarkts gerecht werden oder stärker partizipative Elemente in den Führungsstruktu- ren umzusetzen sind.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2009; 106(37): A 1790-3

Anschrift des Verfassers Prof. Dr. rer. pol. Holger Buxel Professur für Dienstleistungs- und Produktmarketing, Fachhochschule Münster Corrensstraße 25, 48149 Münster E-Mail: buxel@fh-muenster.de

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